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Kapitel - 2

Die Entscheidung

Der Sitzungssaal war einer der größten Räume im Gebäude.

Die Wände waren mit edlem Holz vertäfelt und die in etwa drei Metern Höhe befindliche Decke war reichlich mit Stuck verziert. An der Ostseite befanden sich große Fenster, sodass die Lichtverhältnisse optimal waren.

Die Tische waren in U-Form aufgestellt und an der Stirnseite stand ein schwerer Eichentisch, der dem Prinzregenten und seinen Beratern vorbehalten war.

Als Heydte und seine Begleiter den Raum betraten, waren schon einige Minister, Staatssekretäre und hohe Beamte anwesend.

Auf den Tischen waren Namenskärtchen platziert und so nahm die ganze Gesellschaft Platz.

Ein Diener in Livree gekleidet stand an der doppelflügeligen Türe aus massiver Eiche und läutete eine kleine Glocke. Dies war das Zeichen, dass nun der Prinzregent samt Gefolge in den Saal kam.

Die anwesenden Herren erhoben und verbeugten sich ehrfürchtig, als der Prinzregent den Saal betrat und majestätisch zu seinem Platz ging und sich setzte.

Erst danach nahmen auch alle anderen ihren Platz ein und für einen Moment war es totenstill.

Nach einer kurzen Ansprache wurde von der Heydte das Wort erteilt.

So wie es seiner Persönlichkeit entsprach, hatte sich der Polizeipräsident akribisch auf diesen Moment vorbereitet. Für ihn ging es nicht nur um die Bewilligung eines Bauwerks, sondern auch um die Gestaltung der Zukunft seines geliebten Landes.

Er spannte einen weiten Bogen von der neuen Technik mit all seinen Möglichkeiten bis zum für das Land wichtigen Fortschritt.

Am Ende des Vortrages bedankte er sich unterwürfig für die wohlwollende Zustimmung des Landesherren, dieses Projekt im Plenum vorstellen zu dürfen und für die Aufmerksamkeit der übrigen Minister und Staatssekretäre.

Heydte nahm wieder Platz und registrierte einen eher mäßigen Applaus. Danach durfte Brose referieren.

Im Gegensatz zu seinem Vorgänger schritt Brose in die Mitte des Saales und stellte sich in unmittelbarer Nähe zu dem auf einem Tisch abgestellten Holzkasten.

In beinahe völlig überzogenem Pathos bedankte er sich zunächst im Namen des Kaisers für die Einladung und die Möglichkeit, zu dieser Angelegenheit einen Vortrag halten zu dürfen. Es entging von der Heydte nicht, dass einige der Anwesenden sichtlich beeindruckt waren vom Auftritt des kaiserlichen Gesandten.

Brose tat so, als ob er dies nicht bemerkte und fuhr fort. Auch er verwies auf die eminente Bedeutung des Projektes und als er nach wenigen Sätzen zur Technik der Anlage referieren wollte, gab er seinen Mitarbeitern ein kleines Zeichen.

Diese eilten herbei und entfernten den Holzdeckel des auf dem Tisch platzierten Kastens und klappten anschließend die Seitenteile herunter.

Zum Vorschein kam ein detailgetreues Modell der geplanten Funkanlage mit allen Gebäuden und natürlich den beiden Funktürmen.

Ein Raunen ging durch den Saal und Brose wusste sofort, dass es allein in seiner Hand lag, die Anwesenden zu überzeugen.

Zunächst deutete er auf ein dreigeschossiges Haus in gelber Farbe.

Hier meine Herren werden die Polizeifunker samt ihren Familien untergebracht. Die Wohnungen sind sehr geräumig und nach dem neuesten Stand der Technik ausgestattet. So befindet sich etwa in der Mitte der Räumlichkeiten ein großer Kachelofen, der so ausgelegt ist, dass damit die ganze Wohnung beheizt werden kann.

Das Bad und die Toilette sind natürlich getrennt und im Bad befindet sich ein kleiner beheizbarer Wasserboiler und selbstverständlich eine Badewanne. Die Herren lachten und so lockerte sich etwas die Stimmung.

Die Doppelfenster garantieren auch bei größerer Kälte die erforderliche Wärmedämmung und zu jeder Wohnung gehört eine kleine Parzelle für den Anbau von Gemüse für den Eigenbedarf.

Brose deutete mit seinem rechten Zeigefinger auf einen kleinen Garten direkt vor dem Haus, der mit einem kleinen Holzzaun, der auf einen Betonsockel montiert war, umgeben war.

Auf der anderen Seite war ein eingeschossiger Anbau im Karree, sodass sich in der Mitte ein kleiner Innenhof befand.

Hier war sogar ein kleiner Fahnenmast mit der bayrischen Flagge in das Modell eingebaut.

In diesen Räumen meine Herren wird die ganze Funktechnik untergebracht. Dies ist sozusagen der Arbeitsplatz der Funker. Vor dem Haus und in der Nähe eines Funkturmes werden jeweils ein Bunker gebaut.

In diesen unsicheren Zeiten halten wir es für geboten, den Schutz unserer Mitarbeiter zu gewährleisten. Brose streckte seinen rechten Zeigefinger nach oben und deutete damit die Gefahr möglicher Luftangriffe an.

Dann kam er zum wesentlichen Teil seiner Rede - die beiden Funktürme. Einer sollte etwa 80 Meter hoch und etwa 50 Meter vom Haus entfernt positioniert werden.

Der andere war mehrere Hundert Meter entfernt und ragte etwa 110 Meter in die Höhe. Das Fundament der Türme bildeten jeweils vier mächtige Betonklötze mit einer Kantenlänge von knapp 4 Metern und einer Höhe von etwa 3 Metern.

Auf technische Details ging Brose bewusst nicht ein. Einerseits traute er den Anwesenden in dieser Hinsicht wenig Sachwissen zu und andrerseits wollte er keine Angriffsflächen für die Befürworter des Agrarstaates liefern.

Daher machte er einen Schwenk zu einem bisher nicht bedachten beziehungsweise erwarteten Thema. Nämlich dem Standort der gesamten Anlage betreffend. Nun gab er wieder ein kleines Zeichen an einen seiner Mitarbeiter.

Dieser eilte mit einem Stativ und dem mitgebrachten Holzzylinder an die offene Seite der Tischformation. Nachdem er das Stativ mit wenigen Handgriffen aufgestellt hatte, zog er eine große Landkarte aus dem Zylinder und hängte diese auf.

Dann zog er noch einen Holzstab aus dem Zylinder und übergab diesen Brose.

Nun begann der beinahe geniale Schachzug des preußischen Majors. Wie er an die Informationen gekommen war, blieb sein Geheimnis.

Er wusste aber, dass die Standortfrage selbst bei den Gegnern des Projektes nie ausreichend bedacht worden war, für die Entscheidung allerdings sehr wichtig sein konnte.

Nun meine Herren fuhr Brose fort. Wir haben lange überlegt, wo diese Anlage gebaut werden soll und haben nur etwa 30 Kilometer vom Stadtkern entfernt, südwestlich von München, einen idealen Standort entdeckt. Wie Sie auf der Karte sehen, verläuft nördlich der Anlage ein kleiner Fluss, die Amper.

Dieser Fluss ist an den Ufern stark bewachsen und hat eine hohe Fließgeschwindigkeit. Daraus ergibt sich ein natürlicher Schutz vor Neugierigen.

Ferner liegt dieser Standort weit weg von den nächsten Ortschaften und da das Gebiet ziemlich bewaldet und schwer zugänglich ist, sollten Unbefugte ferngehalten werden.

Dies war entscheidend dafür, dass die Wohnungen der Angestellten mit höchstmöglichen Komfort gebaut werden, damit sich die Menschen auch wohl fühlen.

Die Versorgung der Funkerfamilien wird mit einem monatlichen Gütertransport aus München sichergestellt.

Ach ja, beinahe hätte ich es vergessen. Zu jeder Wohnung gehört eine kleine Laube für die Entspannung oder wahlweise gemeinsame Abende mit den Kollegen.

Dieser Standort hat noch einen weiteren Vorteil.

Da er sehr abgelegen ist und man von außen wenig erkennen kann, dürften die umliegenden Bewohner nicht den Zweck der Anlage erkennen und so können beunruhigende Gerüchte vermieden und für das Land Bayern kann ungehindert geforscht und entwickelt werden.

Das hatte gesessen. Ein Raunen ging durch den Saal und Brose spielte wieder den Unterwürfigen. Er wandte sich dem Prinzregenten zu und machte wohl den tiefsten Diener seines Lebens.

Eure Majestät, ich versichere Ihnen, dass im Falle einer positiven Entscheidung eine Signalwirkung für das ganze Königreich Bayern entsteht und der technische Fortschritt ungeahnte wirtschaftliche und kulturelle Entwicklungen zum Wohle des Landes bringen wird.

Ich möchte ferner nicht versäumen darauf hinzuweisen, dass der Kaiser höchstpersönlich dieses Projekt unterstützt und daher von Berlin die Hälfte der gesamten Kosten übernommen werden.

Er machte noch eine leichte Verbeugung in Richtung der übrigen Anwesenden, bedankte sich für die Aufmerksamkeit und ging zu seinem Platz zurück.

Nicht nur von der Heydte sondern auch alle Übrigen waren sichtlich von Broses Auftritt beeindruckt und so konnte bereits der Verzicht des Landwirtschafts-ministers auf seine Rede als gutes Omen gewertet werden.

Die Gesellschaft samt Prinzregenten zog sich nun zu Beratungen in diverse Nebenräume zurück. Nur Heydte und Brose blieben auf ihren Plätzen.

Als alle draußen waren drehte Brose sich zu seinem Nebenmann und sagte mit einem breiten Grinsen: Na Heydte, ich sagte doch bereits, wir werden det Kind schon schaukeln.

Heydte war immer noch stark beeindruckt, nickte leicht mit seinem Kopf und starrte wie gebannt auf das Modell der Anlage.

Brose stand auf und ging in Richtung Ausgang. Ick brauch mal frische Luft und dann zog er grinsend eine Zigarre aus der Innentasche seines Jacketts.

Nach einer halben Stunde kam er zurück und wenige Minuten danach füllte sich wieder der Saal.

Der Prinzregent ergriff das Wort. Meine Herren ich will es kurz machen. Wir haben bereits im Vorfeld in langen Debatten das Für und Wider erläutert und abgewogen. Ich gebe zu, dass eine gewisse Skepsis nie gänzlich zerstreut werden konnte.

Aber der heutige Vortrag des jungen Gesandten unseres Kaisers war so beeindruckend für mich, dass ich mir durchaus ein Gelingen dieses Projektes vorstellen kann.

Ich möchte die Minister und Staatssekretäre daher bitten, mir ihre Loyalität dem Königshaus und vor allem dem Königreich gegenüber zu zeigen und meinem Beispiel zu folgen.

Im Saal brach Jubel aus und man applaudierte dem Monarchen. In diesem Fall, sagte der Prinzregent, ist wohl eine Abstimmung unnötig geworden und wandte sich anschließend mit strengem Blick Brose zu.

Junger Mann, Sie haben es geschafft, mich zu überzeugen. Aber ich warne Sie, enttäuschen Sie mich nicht. Denn dann werde ich sie persönlich zur Verantwortung ziehen.

Brose schoss direkt aus seinem Stuhl hoch und verbeugte sich abermals so tief er konnte. Eure Majestät. Ich versichere Ihnen, dass ich alles in meiner Macht stehende unternehmen werde, damit das Projekt gelingt. Ich danke Ihnen von ganzen Herzen.

Der Prinzregent verließ nun den Saal und es bildeten sich kleine diskutierende Gruppen. Die meisten versammelten sich um das Modell und die Landkarte.

Es war bereits später Nachmittag und langsam wurde es dunkel. Brose gesellte sich zu dem Polizeipräsidenten. Heydte wissen Sie was, jetzt wird gefeiert. Ich habe bereits im Bayrischen Hof ein Dinner arrangiert und möchte Sie herzlich dazu einladen.

Heydte war überrascht und angetan von dieser Herzlichkeit. Er hatte aber andere Pläne für diesen Abend und sagte mit großem Bedauern ab. Macht nichts sagte Brose, wir finden bestimmt einen anderen Termin.

Aber jefeiert wird auf alle Fälle oder ? Heydte nickte und lächelte. Ja lieber Brose, das lassen wir uns nicht entgehen. Ehrenwort!

Er ging zur Garderobe und holte seinen Mantel und den Hut. Dann lief er die Treppe hinunter und rannte auf die Straße. Er hätte in diesem Moment vor Stolz und Freude platzen können.

So viel Arbeit und immer gegen den Widerstand der ewig Gestrigen. Nun war es geschafft und er konnte sich in der kommenden Zeit der Realisation des Projektes widmen. Er hätte am liebsten die ganze Welt umarmt oder wenigstens München.

Die Luft war klar und aufgrund der Minustemperaturen knirschte der Schnee unter seinen Füssen.

Es schneite wieder, aber nur leicht und im mageren Schein der Straßenlaternen ging er die Prannerstrasse etwa 500 Meter stadtauswärts und bog dann in eine kleine Nebenstraße ein.

Er kannte den Weg. Die Gegend war ihm vertraut. Wieder bog er ab und je näher er seinem Ziel kam, desto nervöser wurde er.

Heydte schaute sich mehrfach um, als wenn er Angst vor einer Verfolgung hatte.

Dann stand er plötzlich vor der Haustüre eines typischen Arbeiterwohnblocks und öffnete die unverschlossene Haustüre.

Er konnte kaum etwas erkennen, aber er wusste, wie er an sein Ziel kam.

Die Wohnung lag in der zweiten Etage und Heydte öffnete mit einem mitgebrachten Schlüssel die Wohnungstür und trat ein.

Der Polizeisender

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