Читать книгу Dennis und Guntram - Zaubern für Profis (Band 3) - Hubert Wiest - Страница 5

1. Das Eis

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„Bitte Papa! Guntram und ich würden so gerne ein Eis essen“, bat Dennis. Sehnsüchtig sah er zu dem knallrot lackierten Eiswagen hinüber. Der dreirädrige Wagen war halb Motorrad, halb Lieferwagen. Die polierten Felgen glitzerten in der heißen Julisonne. Ein rot-weiß gestreifter Sonnenschirm gab ein wenig Schatten. Der Verkäufer trug eine tadellos weiße Jacke. Seine Kappe hatte er in den Nacken geschoben. An der Seite des Eiswagens stand in silbernen Buchstaben, die einen Halbkreis schlugen: Luigis Eis.

Herr Blauberg lächelte einen Moment still vergnügt in sich hinein. Dann sagte er: „Als Kind habe ich auch schon bei Luigi Eis gegessen. Er macht wirklich das beste Eis in der ganzen Stadt. Kommt, Kinder. Ich werde mir heute auch eine Waffel gönnen.“

Dennis strahlte.

Der Eisverkäufer zog seine Kappe ein wenig nach vorne und klapperte mit seiner Eiskugelzange. „Ja bitte?“

„Ich will Mandeleis und Karamell“, sagte Dennis.

„Himbeere, es muss Himbeereis sein. Das schmeckt so schön rosa“, kicherte Guntram. „Mit ganz viel Sahne.“

„Ein Blauberg isst nur Blaubeer(g)eis“, sagte Dennis' Papa und wartete auf einen Lacher. Dennis drehte seine Augen zum Himmel. Er konnte diesen Witz seines Vaters nicht mehr hören und auch Guntram verzog keine Miene.

„Eine kleine Waffel oder darf es eine große sein?“, fragte der Eisverkäufer und zeigte auf die knusprig gebackenen Waffelhörnchen. Dennis lief das Wasser im Mund zusammen. Die Waffeln dufteten herrlich.

Herr Blauberg deutete mit dem Zeigefinger zwischen beiden Waffeln hin und her, als wäre es ein Glücksrad. Doch dann fuhr sein Arm an den Waffeln vorbei nach rechts und deutete auf die Preistafel. In unschuldigen Kreideschwüngen stand dort zu lesen: Eine Kugel 3 Euro, zwei Kugeln 5 Euro.

Herrn Blaubergs Finger blieb in der Luft hängen. Sein Gesicht schimmerte matt weiß wie die gestärkte Jacke des Eisverkäufers.

„Also ich nehme Himbeer- und Pistazieneis und Melone und ganz viel Sahne“, hatte sich Guntram jetzt entschieden.

Dennis merkte, dass mit seinem Vater etwas nicht stimmte. „Papa, ist dir nicht gut?“ Er griff nach dem Arm seines Vaters und versuchte, ihn zu stützen.

Der rot-weiß gestreifte Sonnenschirm flatterte lustig im Wind und der Eisverkäufer lächelte dazu.

„3 Euro für eine Kugel Eis“, japste Herr Blauberg fassungslos, um im nächsten Moment loszupoltern: „Das ist eine Frechheit, eine Unverschämtheit. Als ich ein Junge war, kostete die Kugel Eis nur 30 Pfennig.“

„Mein Herr“, meinte der Eisverkäufer und lächelte immer noch höflich, „ohne Ihnen zu nahe treten zu wollen, das ist sicher schon ein paar Jahre her. Und sehen Sie, die Waffeln sind alle von Hand gebacken. Und das Eis …“

Herr Blauberg strich sich die Haare über den Kopf, dorthin, wo nicht mehr ganz so viele wuchsen, und schimpfte weiter: „Das ist Wucher. Mehr als einen Euro bezahle ich nicht für eine Kugel.“

Guntram blickte Herrn Blauberg überrascht von der Seite an. Dennis erschrak. Das Mandel- und Karamelleis zerrann vor seinen Augen.

Der Eisverkäufer verbeugte sich höflich und erklärte: „Mein Herr, es tut mir leid. Ich kann Ihnen das Eis nicht für einen Euro geben. Den Preis legt Luigi fest, mein Chef.“

Herr Blauberg hielt seinen Zeigefinger immer noch zitternd auf die Preistafel gerichtet.

„Papa, bitte“, drängte Dennis. „Du hast doch versprochen, dass wir heute ein Eis bekommen.“

„Aber nicht von diesem Räuber und Wegelagerer“, schimpfte Herr Blauberg und drehte sich zu Dennis und Guntram um. „Wir haben früher unser Eis meistens selbst gemacht, einfach einen Becher Limonade in den Gefrierschrank gestellt, einen Löffel hineingesteckt und fertig. In der Eisdiele durften wir uns nur ganz selten ein Eis kaufen. 30 Pfennig waren damals richtig viel Geld.“

„Siehst du, und heute sind 3 Euro richtig viel Geld“, sagte Dennis trotzig und kickte mit dem Fuß gegen den Sonnenschirmständer. Der gestreifte Sonnenschirm schwankte.

„Gefrorene Limonade schmeckt voll eklig“, sagte Guntram. „Das haben wir ausprobiert. Das taugt nichts.“

Der Eisverkäufer stand hinter der Kühltheke und lächelte freundlich.

„Sie halten sich da gefälligst raus“, raunzte Herr Blauberg den Verkäufer an und klopfte mit dem Zeigefinger auf die Theke, dort, wo die Waffeln standen und die kleinen rot-weiß gestreiften Papierschirmchen, die man ins Eis stecken konnte.

Der Eisverkäufer zog die Schultern hoch und hob die Hände. „Entschuldigung“, murmelte er.

„Papa, wenigstens eine Kugel Eis für jeden“, bettelte Dennis. „Versprochen ist versprochen.“

Grimmig starrte Herr Blauberg den Eisverkäufer an und fauchte: „Dann geben sie uns wenigstens die Kugel für 2 Euro.“

Guntram stupste Dennis an und flüsterte: „Dein Vater hat aber miese Laune.“

Dennis zischte: „Ja, manchmal glaube ich, er hat die letzten Jahre einfach verschlafen.“ Und dann sagte er laut: „Wir können von unserem Taschengeld etwas dazugeben.“

Herr Blauberg drehte sich zu Dennis und Guntram um: „Kommt überhaupt nicht infrage, dass ihr diesem Banditen auch noch euer gutes Taschengeld in den Rachen werft.“

Der Eisverkäufer blieb ganz ruhig. Dennis meinte sogar zu sehen, wie er ihnen zuzwinkerte, als er sagte: „Entschuldigen Sie, mein Herr, das kleine Eis mit einer Kugel kostet 3 Euro. Es schmeckt wirklich ausgezeichnet. Das kann ich Ihnen versichern. Sogar Kevin Pattke, der Fußballspieler, ist hier Stammgast. Er liebt unser Mandeleis.“

„Mandeleis“, schwärmte Dennis und fühlte sich selbst wie ein Fußballstar.

„Pattke verdient auch zehnmal so viel wie ich“, moserte Herr Blauberg.

„Papa“, flehte Dennis.

„Herr Blauberg, bitte“, drängte Guntram.

Herr Blauberg starrte immer noch ärgerlich auf das Preisschild.

„Na gut“, gab sich der Eisverkäufer schließlich einen Ruck. „Wenn Sie drei kleine Eis kaufen, bekommen Sie eine Kugel extra.“

Dennis drückte seine Daumen und hoffte inständig: „Bitte, kauf das Eis!“

Herr Blauberg holte tief Luft. Dann sagte er ganz schnell: „In Ordnung, so machen wir das. Das Eis mit den zwei Kugeln nehme ich: Heidelbeere und Pflaume. Jungs, was für ein Eis wollt ihr?“

Dennis wollte es nicht glauben, sie bekamen nur eine Kugel und Papa riss sich zwei unter den Nagel. Eine schreiende Ungerechtigkeit war das!

Guntram murmelte: „Dein Vater hat heute wirklich einen miesen Tag. Hat seine Fußballmannschaft verloren?“

Dennis bestellte ein Mandeleis, Guntram Himbeere. Der Eisverkäufer drückte den Jungs eine ordentliche Kugel in die Waffel. Herr Blauberg bekam deutlich kleinere. Grummelnd zog er seinen Geldbeutel aus der Hosentasche und zählte aus seinem Kleingeld 9 Euro ab. „Wirklich wahnsinnig teuer“, nörgelte er.

Der Eisverkäufer lächelte freundlich und sortierte die Münzen in seine Kasse. Dennis und Guntram nahmen ihr Eis in Empfang. Dennis konnte keine Sekunde warten. Der Geschmack der süßen, kühlen Creme schien auf seiner Zunge zu explodieren. Köstlich! Wahnsinn! Das beste Eis, das er jemals gegessen hatte! Schmeckte herrlich nach Mandeln, und die Stücke darin, und so sahnig!

Guntram lächelte verzückt, als er von seinem Himbeereis aß. Und dann flüsterte er Dennis zu: „Ich finde deinen Vater wirklich ungerecht. Soll ich ihm den Spaß am Eis verderben? Vielleicht gibt er uns dann sein Eis?“

„Wie willst du das denn anstellen?“, fragte Dennis

„Ich habe da so eine Idee“, grinste Guntram.

Dennis nickte seinem Freund zu und leckte noch einmal vom weltbesten Mandeleis.

Herr Blauberg hatte seinen Geldbeutel umständlich in der Tasche verstaut. Stolz nahm er sein Zweikugeleis von der Theke, hielt es triumphierend in die Höhe und murmelte zu sich: „Zwei Kugeln für 3 Euro, das ist gut. Man muss nur mit den Leuten reden.“

Er wandte sich zum Gehen und schlenderte in Genießerlaune davon. Er hielt sein Eis vor den Mund und sah es noch einmal an wie eine Katze die gefangene Maus.

„Das würde ich nicht tun, Herr Blauberg“, sagte Guntram Mempelsino von Falkenschlag.

Verdutzt blickte Herr Blauberg zur Seite. „Was würdest du nicht tun?“, fragte er ein wenig gereizt.

„Na, von dem Eis essen.“

„Wieso denn nicht? Natürlich werde ich von dem Eis essen“, sagte Herr Blauberg und streckte seine Zunge wie ein Frosch ganz weit heraus, berührte schon fast das violette Blaubeereis.

„Ich habe gesehen, wie der Eisverkäufer hineingespuckt hat, in dem Moment, als Sie das Geld zusammengesucht haben“, erklärte Guntram.

Dennis musste grinsen. Jetzt nur nicht lachen.

„Das kann doch nicht sein“, wetterte Herr Blauberg, aber seine Zunge zuckte zurück. „Wirklich?“

„Mmmh“, macht Guntram, den Mund voller Himbeereis. Interessiert drehte er seine Waffel zwischen den Fingern.

Dennis biss sich auf die Lippen. Sein Vater starrte plötzlich angewidert auf das Eis.

Guntram meinte wie nebenbei: „Mir macht das nichts aus, Herr Blauberg. Ich würde das Eis schon essen. Wir könnten tauschen.“

Dennis kniff seinen Mund zusammen.

Verdattert streckte Herr Blauberg den Arm aus, wollte sein Eis Guntram geben. Doch dann überlegte er es sich anders. Sein Gesicht verfärbte sich violett wie das Blaubeereis. Wütend drehte er um und stapfte zum Eiswagen zurück. „Das ist ja wohl die Höhe. Das lasse ich mir nicht bieten!“, schimpfte er. Auge in Auge stand er dem Eisverkäufer gegenüber, stierte ihn an, als würde er ihn sofort erdolchen.

„Ja, bitte?“, lächelte der Verkäufer ein wenig verunsichert.

„Sie haben in mein Eis gespuckt!“, regte sich Herr Blauberg auf.

„Nein, ganz bestimmt nicht“, sagte der Verkäufer und verbeugte sich.

Dennis ging zu seinem Vater und zog ihn am Arm: „Papa, ich muss dir etwas sagen.“

Doch Herr Blauberg schien Dennis nicht einmal zu bemerken. Er regte sich furchtbar auf: „Sie unverschämter Kerl. Sie, Sie …“

Und dann nahm Herr Blauberg sein Eis dicht vor den Mund und spuckte hinein.

„Jetzt können Sie von meinem Eis probieren“, rief Herr Blauberg wutentbrannt und hielt dem verdatterten Eisverkäufer die Waffel hin.

„Lass das, Papa! Hör mir doch mal zu!“ Dennis zerrte an Herrn Blaubergs Arm. Doch der schüttelte ihn einfach ab.

„Ich möchte nicht von Ihrem Eis essen. Sie haben doch gerade hineingespuckt“, sagte der Eisverkäufer.

„Eben darum“, forderte Herr Blauberg.

In diesem Moment hielt ein roter Sportwagen an. Ein rundlicher Mann mit grauen Haaren und einem eleganten Anzug kletterte heraus.

Der Eisverkäufer strahlte über das ganze Gesicht: „Gut, dass Sie kommen, Chef. Hier gibt es Probleme. Der Kunde hier hat in sein Eis gespuckt und möchte, dass ich davon esse.“

Luigi verstand offensichtlich gar nichts und sah Herrn Blauberg verwundert an.

„Nein, nein, nein“, rechtfertigte sich dieser, „Ihr Verkäufer hat in mein Eis gespuckt.“

Luigi drehte sich zum Eisverkäufer und dann wieder zu Herrn Blauberg. Sein Mund blieb offen stehen.

Da meldete sich Guntram Mempelsino von Falkenschlag: „Ich war's.“

„Du hast ins Eis gespuckt?“, fragten Herr Blauberg, der Eisverkäufer und Luigi wie aus einem Munde.

„Nein“, antwortete Guntram und erzählte die ganze Geschichte.

Luigi lachte, dass sein Bauch wackelte und sagte: „Wir wollen uns an diesem herrlichen Sommertag doch nicht streiten. Ich lade euch alle ein. Jeder bekommt so viel Eis wie er möchte. Und damit niemand hineinspucken kann, steckt ihr am besten diese kleinen Papierschirmchen auf euer Eis.“ Luigi nahm eines von der Theke, schob es auf und drehte es zwischen Daumen und Zeigefinger. Alle mussten lachen.

Dennis und Guntram bestellten die größten Eisbecher mit einem halben Dutzend Kugeln und Sahne und einer Waffel obendrauf.

Herr Blauberg leckte säuerlich an seinem Zweikugeleis. Doch schließlich überwand er sich, ging zu dem Eisverkäufer und sagte: „Entschuldigen Sie bitte. Es tut mir wirklich leid.“

Der Eisverkäufer lächelte: „Das ist schon in Ordnung. Möchten Sie noch eine große Kugel Blaubeereis?“

Dennis und Guntram - Zaubern für Profis (Band 3)

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