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Der Zug

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„Es war unser Kleid!“

Nadjas Kummer klang in Erik nach, doch es fiel ihm schwer, sich in sie hineinzuversetzen, da ihm jede Form von Sentimentalität fremd war. Sogar vom Hab und Gut seiner Mutter hatte er sich nach ihrer Beerdigung ohne Bedauern trennen können. Er vertrat den Standpunkt, dass eine devote Wertschätzung von Erbstücken einen geliebten Menschen nicht ersetzen kann. Ihm genügte die Kostbarkeit seiner Erinnerungen, und jedes Mal, wenn er besonders intensiv an seine Mutter dachte, empfand er eine tiefe Traurigkeit.

Aber Nadja war anders als er, das hatte er falsch eingeschätzt. Sie hatte enttäuscht einen leeren Pappkarton geschlossen und dabei gesagt, sie habe das Kleid zur Reinigung gebracht, obwohl es ihr inzwischen zu eng geworden war, weil sie es sauber und ordentlich habe wegpacken wollen, wie es Bräute nach der kirchlichen Trauung mit ihrem Hochzeitskleid zu tun pflegen.

Auch wenn sie so getan hatte, als könne sie sich mit dem Verlust des Kleides abfinden, falls es wirklich nicht mehr auftauchen sollte, stand ihr der Gram darüber in den Augen und nährte Eriks schlechtes Gewissen. Die Idee, eine Anzeige aufzugeben, um die fremde Frau ausfindig zu machen, verwarf er, denn hätte Nadja zufällig davon Wind bekommen, wäre seine Lügengeschichte aufgeflogen. Stattdessen ging er jeden Mittag von der Jahnstraße in die Hanauer Innenstadt und trottete die Salzstraße entlang bis zu dem großen Platz vor dem Rathaus, auf dem das Brüder-Grimm-Denkmal steht und zweimal in der Woche, mittwochs und samstags, der Markt abgehalten wird. Von dort bog er nach rechts in die Fahrstraße ein und lief bis zum Freiheitsplatz, dann die Hammerstraße nach Süden bis zur Römerstraße und zum Steakhaus „Römerhof“, immer in der Hoffnung, die fremde Frau irgendwo bei einem Stadtbummel oder in einem Straßencafé zu entdecken.

Eine Woche lang schaute er vergeblich nach ihr aus, dann verlor er die Zuversicht, ihr noch einmal zu begegnen, und so gab er die Suche auf.

Am Samstag darauf machte er sich auf seine gewohnte Tour für den Wochenendeinkauf. Auf dem Marktplatz vor dem Rathaus wimmelte es vor Menschen, die sich um die Stände drängten, um frisches Obst und Gemüse zu kaufen oder bei einem der Winzer ein Glas Wein zu trinken. In der Römerstraße, die südlich am Markt vorbeiführt, hatte sich vor der Tiefgarage eine lange Autoschlange gebildet, die ruckweise in das Gebäude kroch.

Erik tauchte in das Marktgetümmel ein. Er sollte einen Kopfsalat, eine Gurke („sie darf getrost krumm sein“), Äpfel, Weintrauben und ein Bauernbrot nach Hause bringen. An verschiedenen Ständen blieb er stehen, um die Qualität der Angebote zu prüfen und die Preise zu vergleichen.

Er hatte sich noch nicht entschieden, bei welchen Händlern er kaufen wollte, als ihm eine markante Farbe in den Blickwinkel fiel, die sein Augenmerk zum Verkaufswagen eines Metzgers lenkte. Dort waren nur wenige Menschen unterwegs, so dass Erik freie Sicht hatte und die Frau deutlich erkennen konnte, die sich von dem Metzger bedienen ließ. Ihr Anblick kam für Erik so unerwartet, dass er reglos, als sei er in Trance, zu ihr hinüberstarrte. Nadjas blaugrün schillerndes Kleid passte dieser Frau wie maßgeschneidert, und wie Erik prophezeit hatte, sah sie hinreißend darin aus. Sie war größer, als er sie im Steakhaus geschätzt hatte, so dass das Kleid knapp über ihren Knien endete und ihre schlanken, festen Waden sehen ließ.

Erik und sie trennten nur wenige Schritte voneinander, aber er war so überrascht von ihrem Auftauchen, dass er nicht wusste, wie er handeln sollte. Er blieb einfach stehen und beobachtete sie weiter. Sie ließ sich ein belegtes Brötchen einpacken, das sie in ihrer Umhängetasche verstaute, bevor sie bezahlte und ihr Wechselgeld empfing. Sie hatte Gepäck dabei, einen mittelgroßen, rollbaren Schalenkoffer, der mit den Sehenswürdigkeiten europäischer Metropolen bedruckt war. Obenauf befand sich eine Fototasche, die sie mit einem Vorhängeschloss am Ausziehgriff des Rollkoffers befestigt hatte.

Sie schaute auf ihre Armbanduhr und setzte sich in Richtung Ostseite des Marktes in Bewegung. Erik ging ihr nach, als stünde er unter einem Zauber und hätte keine andere Wahl, als die Anweisung seines Meistermagiers zu befolgen.

In der Lotto-Verkaufsstelle am Parkhaus deckte sich die Frau mit einer Tageszeitung und zwei Zeitschriften ein. Dann rollte sie ihren Koffer die Fahrstraße entlang in Richtung Freiheitsplatz. An der Bushaltestelle der Linie 1, die zum Hauptbahnhof fuhr, stellte sie sich zu den Wartenden. Erik hielt genügend Abstand, um nicht in ihr Blickfeld zu geraten. Als der Bus kam und anhielt, stieg er nach ihr ein und achtete beim Hinsetzen darauf, von anderen Fahrgästen abgeschirmt zu sein und sein Gesicht so wenig wie möglich zu zeigen.

Nach etwa zehn Minuten Fahrt erreichten sie den Hanauer Hauptbahnhof, und die Frau stieg aus. Erik folgte ihr in das Gebäude. Sie ging die Treppe zum Gleis 7 hinauf, setzte sich auf eine der Bänke und begann, in den Zeitschriften zu blättern. Offensichtlich war sie auf eine längere Wartezeit eingestellt.

Erik hielt sich abseits und behielt den Bahnsteig im Blick. Die Frau interessierte sich weder für das Display, noch für die einlaufenden Züge. Erst als gegen 15:30 Uhr der Zug nach Berlin einrollte, blickte sie auf, packte ihre Zeitschriften und die Tageszeitung zusammen und schob sie in ihre Umhängetasche. Dann erhob sie sich und zog ihren Rollkoffer die Waggons entlang, bis sie die richtige Nummer fand, wartete, bis alle Fahrgäste ausgestiegen waren, und kletterte hinauf.

Als sie verschwunden war, stieg Erik ebenfalls ein. Er sah, dass sie nach ihrem reservierten Sitz suchte und sich an einen Fensterplatz in der Mitte des Waggons niederließ. Erik blieb im Türbereich stehen, bis alle Fahrgäste eingestiegen waren und ihre Plätze eingenommen hatten. So verharrte er, bis die Türen geschlossen waren und der Zug sich behäbig wie ein sattes Tier in Bewegung setzte.

Einen Moment lang wunderte sich Erik über sich selbst. Auf was ließ er sich gerade ein? Warum war er nicht rechtzeitig ausgestiegen? Hatte er völlig den Verstand verloren?

Da er keine Antworten fand, schüttelte er die Fragen von sich ab und betrat entschlossen den Großraum des Waggons. Der Zug hatte das Bahnhofsgebäude hinter sich gelassen und Fahrt aufgenommen, so dass der Boden unter Eriks Füßen schwankte und er sich beim Vorwärtspendeln an den Sitzlehnen festhalten musste, bis er den Platz der Frau erreichte.

„Ich wusste es: Das Kleid steht Ihnen ausgezeichnet.“

Sie wandte ihren Blick vom Fenster ab und sah überrascht an Erik hoch. „Sie? Was machen Sie denn hier?“

„Ich wollte Sie wiedersehen. Einfach war’s nicht. Hat mich ziemlich viel Geduld gekostet und wäre auch beinahe schief gegangen.“

„Sie haben gar kein Gepäck dabei. Und für jemand, der auf Reisen geht, sind Sie ziemlich leicht bekleidet.“

Erik sah auf seine hellblaue Leinenhose und die braunen Sandalen hinunter und zuckte die Schultern. „Vor zwei Stunden hatte ich noch keine Ahnung, dass ich in diesen Zug steigen würde.“

Die Frau runzelte die Stirn. In ihren Augen stand Argwohn. „Sie sind nicht etwa auf Drogen … oder? Und Sie wissen hoffentlich, wo Sie wohnen. Was Sie tun, scheinen Sie jedenfalls nicht immer zu wissen.“

„Jahnstraße in Hanau, Altbau, zweiter Stock, Fenster zur Straße. Keine Drogen. Ihre dritte Vermutung stimmt allerdings, sonst hätten Sie ein anders Kleid an, und ich wäre jetzt nicht hier.“

Sie lächelte amüsiert. „Sie müssen völlig verrückt sein.“

„Ganz im Gegenteil, ich habe mich schon lange nicht mehr bei so klarem Verstand gefühlt wie gerade jetzt. Sie fahren bis Berlin?“

Sie nickte. „Prenzlauer Berg. Dort bin ich zu Hause.“

Er deutete auf den leeren Sitz neben ihr. „Darf ich?“

Ohne ihre Antwort abzuwarten, setzte er sich zu ihr.

Ein Schaffner betrat den Waggon, um die Fahrscheine der Reisenden zu kontrollieren. Erik löste bei ihm ein Ticket nach Berlin, was ihn beinahe seine gesamte Barschaft kostete und ihm beim Schließen seines Portemonnaies einen Seufzer entlockte. Die Frau konnte ihr Lachen nicht zurückhalten. „Sie sind wirklich ein total übergeschnappter Kerl. Hoffentlich haben Sie eine Kreditkarte dabei, sonst werden Sie in Berlin nicht weit kommen. Warum tun sie das alles überhaupt, Mr. Crazy?“

Erik blickte einen kurzen Moment zum Fenster hinaus, um über seine Antwort nachzudenken. Draußen schien die Landschaft an ihm vorbeizufliegen. „Mag sein, dass ich einen reichlich schrägen Eindruck auf Sie mache“, gab er schließlich zu, „aber die Wahrheit ist, dass ich Sie nicht noch einmal aus den Augen verlieren will, nachdem ich Sie wiedergefunden habe.“

„Was meinen Sie mit ‚wiedergefunden‘? Sie kennen mich doch gar nicht.“

Statt auf die Frage einzugehen, zog Erik es vor, das Thema zu wechseln. „Verraten Sie mir, wie Sie heißen?“

Sie zögerte kurz, ehe sie antwortete. „Romina Bonero. Meine Freunde nennen mich Romy.“

„Hübscher Name. Gefällt mir.“

„Eigentlich heiße ich Rosa-Maria Müller. Banal und scheußlich altmodisch, finden Sie nicht? Romina Bonero ist mein Künstlername.“

„Oh, und was machen Sie?“

„Was ich mache? Ich sitze in einem Zug und lasse mich auf eine Unterhaltung mit einem durchgeknallten Waggonhopper ohne Gepäck ein, der versucht, mich anzubaggern.“

Erik musste über ihre Schlagfertigkeit lachen. „Der Punkt geht an Sie, Romy Bonero. Also nochmal meine Frage: Was machen Sie künstlerisch, um Ihre Brötchen zu verdienen?“

„Verschiedene Dinge. Modell stehen für Versandhaus-Mode, fotografieren für Zeitschriften. Manchmal bekomme ich auch Aufträge, für Reportagen zu recherchieren. Ich mache alles Mögliche, sozusagen querbeet, solange es sich für mich spannend anhört.“

„Eine ‚Hanna-Dampf in allen Gassen‘ also, die für den Job eines Vorzimmerdrachen nicht zu begeistern wäre.“

„Ich bin gerne unabhängig. Routine und Bürostaub würden mich umbringen.“

„Was haben Sie in Hanau gemacht? Das ist nicht gerade eine der interessantesten Städte in Deutschland. Nicht einmal in Hessen.“

„Sagen Sie das nicht, Mr. Crazy. Wie heißen Sie eigentlich?“

„Erik. Erik Durante. Ich bin siebenundzwanzig Jahre alt, ein verkrachter Student der Soziologie, ohne Berufsausbildung und arbeitslos. Was möchten Sie noch wissen?“

„Das genügt, den Rest sehe ich selbst“, antwortete Romy mit wohlwollendem Blick, der Erik nicht entging. Obwohl er nicht die Jugendausgabe eines Harrison Ford war, fanden ihn die meisten Frauen attraktiv, besonders wegen des Kontrasts seines breiten Kinns und der kräftigen, etwas zu langen Nase mit seinen ansonsten weichen Gesichtszügen. Dazu war er groß und gut gebaut, ein Jogging-Typ.

„Also, Mr. Crazy“, schickte sich Romy an, seine Frage zu beantworten, „ich war hier, um für eine Reportage über die demokratischen Bewegungen in Hanau von 1830 bis zur Revolution von 1848 zu recherchieren. Auch über die damals entstandene erste Eisenbahnstrecke von Hanau nach Frankfurt.“

„Klingt ziemlich anspruchsvoll. Für wen machen Sie das?“

„Für die Berliner Morgenpost. Von Hanau gingen wichtige revolutionäre Impulse aus.“

„Wieso interessiert man sich in Berlin dafür, was vor beinahe zweihundert Jahren in Hanau passierte?“

„Die Reportage ist Teil einer Serie über die gesamte deutsche Revolution.“

„Die gescheitert ist.“

„Wie fast alle Revolutionen.“

Sie schwiegen eine Weile. Erik schaute wieder zum Fenster hinaus, und während er die sonnenbeschienene Landschaft unter dem blauen, wolkenfreien Himmel in sich aufnahm, überkam ihn ein seit langem nicht mehr gekanntes Gefühl der Freiheit.

„Sie können in Fulda aussteigen und zurückfahren“, nahm Romy den Faden wieder auf. „Ehe Ihre Familie eine Vermisstenanzeige aufgibt.“

Erik sah sie an und schüttelte den Kopf. „Ich habe bis Berlin gelöst, und so einfach werden Sie mich nicht wieder los.“

„Ich fürchte, darüber werden Sie noch einmal nachdenken müssen, Mr. Crazy. Wem gehörte eigentlich das Kleid, bevor Sie es für mich vom Himmel fallen ließen?“

„Meiner Lebensgefährtin. Nadja. Sie ist darüber unglücklich und hat sich mit den Leuten von der Reinigung angelegt. Weil ich mich bei ihr damit rausgeredet hatte, man hätte es nicht finden können.“

Romy schwieg eine Weile. Sie schien beeindruckt zu sein, als habe sie eine wild konstruierte Lügengeschichte erwartet, die ihr einen plausiblen Grund unterjubeln sollte, weshalb Erik das Kleid ihr überlassen hatte und ihr eine Woche später bis in den Zug gefolgt war, vielleicht Floskeln wie „meine Frau und ich verstehen uns nicht mehr“ oder „sie hat den Fummel nur noch getragen, um andere Männer anzumachen“ oder „ich bin gerade Single, und das Kleid stammt noch von einer Verflossenen“. Doch offensichtlich nahm sie Erik beim Wort. „Zwischen Ihrem Mädel und Ihnen scheint es nicht mehr zu stimmen.“ Erik antwortete nicht. „Sie haben recht, Mr. Crazy, es geht mich nichts an. Wenn wir in Berlin sind, bekommen Sie das Kleid zurück und können es nach Hause mitnehmen. Ich werde Ihnen die Rückfahrt bezahlen, das fällt für mich unter abrechenbare Spesen. Sie haben mir eine wundervolle Geschichte geliefert, die ich aufschreiben und bei einem der Zeitungsverlage, für die ich arbeite, unterbringen kann.“

Erik hätte am liebsten aufgeschrien: Ich will das Kleid gar nicht zurückbringen, diesen Fetisch des ersten Kusses, dieses nostalgische Etwas, das für mich jede Bedeutung verloren und keine Versprechung gehalten hat, an das ich mich nicht einmal erinnern könnte, wenn Nadja es nicht in die Reinigung gebracht und damit dieses ganze Drama ausgelöst hätte. Ich wollte, sie hätten es in der Reinigung wirklich nicht gefunden. Ich wünschte, mit diesem Kleid wäre auch Nadja aus meinem Leben verschwunden …

Bei seinem letzten Gedanken erschrak Erik vor sich selbst. Er verwirrte ihn, und gerne wäre er ihn wieder losgeworden. Doch wie eine Gewehrkugel war er in sein Gehirn eingedrungen und steckte darin fest. Da war sie also, die Erkenntnis, die er zu ignorieren versucht hatte, weil es zu schmerzhaft gewesen wäre, sich ihr zu stellen. Weil er nicht den Mut hatte, mit Nadja Schluss zu machen und ihr das Herz zu brechen. Weil er nicht wusste, wie sein Leben ohne sie weitergehen sollte, mittellos wie er war.

Das seien Phasen, wie sie in jeder Beziehung vorkommen, hatte er sich jedes Mal beschwichtigt, wenn er sich unglücklich fühlte und ihn bei der Vorstellung, sein Leben wie jetzt weiterführen zu müssen, der blanke Horror überfiel. Aber das Kleid, dieses vermaledeite Kleid! Wie der Schlüssel zu einer verbotenen Tür hatte es einen Raum geöffnet und Erik gezwungen, einzutreten und das darin Verborgene anzuschauen. Seine spontane Handlung, es zu verschenken, war mehr als eine Laune gewesen, mehr als die Bewunderung für eine attraktive Frau, die er gar nicht kannte: Es war eine Symbolhandlung gewesen, erwachsen aus einer in Eriks Unterbewusstsein schlummernden Wahrheit, die sich ihm jetzt glasklar offenbarte.

Er wollte kein Hausmann mehr sein, sich nicht jeden Tag wie ein Laufbursche in die Stadt schicken lassen, nicht mehr mit ansehen, wie Nadja abends ausgelaugt von der Arbeit nach Hause kam, kaum ein Wort mit ihm wechselte, todmüde ins Bett fiel und ihn allein vor dem Fernsehgerät sitzen ließ. Nach dem Tod seiner Mutter hatte er nie wieder von jemandem abhängig sein wollen, aber genau das war ihm passiert. So schleichend, dass er es anfangs nicht bemerkt hatte. Doch inzwischen war es ihm bewusst geworden, und er hatte diesen Zustand satt, restlos satt. Das war die unbequeme, nackte und kompromisslose Wahrheit.

„Alles in Ordnung mit Ihnen?“ Romys Stimme schien von weit her zu kommen. Erik nickte kurz. „Worüber haben Sie denn so intensiv nachgedacht? Sie sahen einen Moment lang ziemlich grimmig aus.“

„Ich dachte darüber nach, was ich Nadja erzählen soll, wenn ich nach Hause komme“, log Erik. „Weshalb ich so lange weg war. Nichts Verrücktes, sondern etwas, das sie mir abnehmen kann.“

„Knifflige Sache, scheint mir.“

„Haben Sie eine Idee?“

„Nein, aber einen Rat: Sagen Sie Ihrer Nadja, in der Reinigung habe man einen Fehler gemacht und das Kleid der falschen Kundin ausgehändigt, Sie seien dann zufällig der Frau begegnet, die es getragen hat, und ihr gefolgt, um es zurückzuholen.“

„Bis nach Berlin?“

„Wohin denn sonst? Oder was tun Sie gerade?“

„Sie haben gut spotten! Nadja wird mich in Stücke reißen, wenn ich ihr das gestehe. Haben Sie keine Idee auf Lager, die weniger erklärungsbedürftig ist?“

„Besser nicht, Herr Durante. Die beste Idee ist die Wahrheit, denn an ihr wird am meisten gezweifelt. Das weiß ich aus Erfahrung. Zu Hause werden Sie eine Feuerprobe zu bestehen haben, darauf sollten Sie sich gefasst machen. Also fangen Sie nicht mit Schwindeleien an, in die Sie sich nur verstricken würden. Erzählen Sie Nadja einfach, wie es wirklich gewesen ist, und zwar, so oft sie will. Sie wird immer die gleiche Geschichte hören, weil sie wahr ist.“

Erik dachte eine Weile über Romys Worte nach, ehe er auf sie einging. „Hört sich ziemlich klug an, Romy Bonero. Und schließlich: Was ist denn schon passiert?“

Die Berlinerin

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