Читать книгу Susen Peters ermittelt - Iris Bleeck - Страница 8

Ole Sponholz

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Als der nächste Morgen dämmerte, fand Anneke schwer aus den Federn, schlurfte mit müden Schritten ins Badezimmer. Kaum zurück, warf sie sich erschöpft in ihr Bett. Alois versuchte mit Frühstück zu locken, aber auch das verschmähte Anneke. Stattdessen vergrub sie sich wieder unter dem üppigen Federbett. Obwohl es draußen warm war, fröstelte sie seit heute Nacht. Erst als es klopfte und Ole an ihrem Bett stand, die Bettdecke wegriss und schimpfte: »Nun hast du dich aber lange genug verbuddelt, raus aus den Federn«, bequemte sie sich murrend aufzustehen.

Interessiert fragte sie: »Ole, weiß du schon, was gestern passiert ist?« Ole nickte. »Alois hat bereits dafür gesorgt, dass sich diese Nachricht in Windes Eile im Dorf verbreitet hat. Dein Onkel wollte, dass es alle wissen, damit die Mädchen sich schützen können. So lange der Mistkerl nicht hinter Schloss und Riegel sitzt, ist hier keine sicher. Alois hat mir erzählt, dass es Frieda er- wischt hat. Ich kenne sie flüchtig, sie ist ein nettes Mädchen. Manchmal hat Frieda mich zu den Rastplätzen der Kraniche begleitet. Na, du kennst das ja alles. Ole machte eine Pause, war sich nicht sicher, ob er Anneke erzählen sollte, was er wusste, und ob es jetzt angebracht ist. Aber er konnte es nicht für sich behalten: »Anneke, weißt du eigentlich, dass der Vater von Frieda, ein berüchtigter Bauunternehmer aus den alten Bundesländern ist?« »Ja und«, antwortete sie etwas gelangweilt, »davon gibt es doch jede Menge seit der Wende auf Rügen.«

»Dieser aber hat mächtig Stunk mit dem NaBu und den Einwohnern von Neklade, weil er um das Dorf acht ha Landschaftsschutzgebiet, dem NaBu vor der Nase bei einer Versteigerung weggeschnappt hat.« Ole machte eine künstliche Pause, um abzuwarten, ob er Annekes Interesse geweckt hat. Als sie nicht reagierte, fuhr er fort: »Wir hatten gesammelt, und von der Hauptgeschäftsstelle eine größere Summer bereitgestellt bekommen, aber unser Geld reichte nicht. Ich saß mit der Vollmacht zum Kauf in der ersten Reihe, und der Typ hat uns gnadenlos überboten. Immer noch eine Schippe Geld draufgelegt. Und wie ein Wunder ist das jetzt bereits Bauerwartungsland, nicht mehr lange, dann ist es Bauland!« Ole schien sich ziemlich aufzuregen. Und Anneke war mal wieder überrascht, weil sie auch keine Ahnung von diesen Problemen hatte: »Wenn es das Mädchen nicht so schlimm erwischt hätte, könnte man meinen, es hat den Richtigen getroffen, »kommentierte Ole bitter. »Ole«, schrie Anneke ihn an, »bist du noch bei Trost, was sagst du da? Du hast das nicht erlebt, diese blutverschmierten Arme, die Todesangst, die wir beide hatten.«

»Anneke, es tut mir leid. Ich hab einen heiligen Zorn auf diese Typen, die sich wertvolle Ecken unserer Insel unter den Nagel reißen. Wälder aufkaufen, dann uralte Bäume, sozusagen lebende Denkmäler, abholzen, Rohstoffgewinnung nennt man das salopp, und in Landschaftsschutz Gebieten Häuser bauen, wo sonst im Frühling und Sommer die Störche und im Herbst die Kraniche nach Futter suchen.« »Ole, das ist mit Sicherheit nicht richtig, aber es gibt genügend positive Beispiele. Denk an die vielen Gutshäuser, die zu DDR Zeiten der Wüstung nah waren und durch Menschen mit Pioniergeist erhalten wurden. Und das waren fast alles Zugezogene, die nicht unbedingt wohlhabend waren und ihren Einsatz oft genug unter eigenen Entbehrungen sozialen Projekten widmeten. Fanatismus, wie du ihn betreibst, macht hart und ungerecht. Das zeigte mir dein Ausspruch eben.«

»Ach, Anneke, mit mir gehen manchmal die Pferde durch, das weißt du doch. Ich bin ein leidenschaftlicher Idiot. Verzeih mir.« »Ole, lass es für heute gut sein. Alles was ich jetzt brauche, ist eine Dusche. Wir sehen uns sicher noch.« Mit diesen Worten schob sie ihn aus ihrem Zimmer. Sie wusste, Ole war ein Hitzkopf, der aber im Grunde seines Herzen keiner Fliege etwas antun würde, und seine Worte ihm längst leidtaten. Außer, dass er als Junge Krähennester geplündert hatte, um bei den Mädchen zu punkten, war er ein netter Kerl. Es gab eine Zeit, da war Anneke ziemlich verliebt in ihn. Als ihr klar wurde, Ole wollte lieber Robin Hood von Rügen werden, hatte sie aufgegeben. Für Anneke wurde es Zeit in die Küche zu Alois zu gehen. Sie schaute neugierig durch die Tür, aber der Onkel hatte bereits das Haus verlassen. Der Tisch war gedeckt, und auf ihrem Stammplatz lag ein Zettel. Anneke beugte sich über das Schreiben und lächelte. Wie früher, dachte sie.

Bin in Altefähr, ein Grab ausschaufeln, kann spät werden, die Erde ist zu trocken, hat lange nicht geregnet. Hol’ dir den Rottweiler von Ole ins Haus, der ist noch bissiger als Ole. Den Hund aber nur so lange, bis ich wieder da bin, ALOIS

Anneke wusste aus Erfahrung, bei diesen Wetterbedingungen konnte Alois Heimkehr dauern.

Sie setzte sich auf ihren Platz, von dem sie die Hofeinfahrt überblicken konnte, und begann lustlos im Essen herumzustochern. Keine Rosenbrötchen und Laugenbrezel aus Graz auf dem Tisch. Soweit habe ich mich schon von meinem eigentlichen Zuhause entfernt, dachte sie, als der Klingelton ihres Telefons sie zurückholte. Susen Peters war am Apparat und fragte: »Ist es Ihnen recht Frau Schöning, wenn ich in etwa zehn Minuten zur Befragung zu Ihnen komme, ich bin in der Nähe?« Auch, weil Alois nicht da war, und sie sich allein in dem Haus fürchtete, war ihr der Besuch der Kommissarin sehr willkommen: »Ja, bitte kommen Sie so schnell Sie können!«, rief sie ihrer Gesprächspartnerin zu. Bei der Gelegenheit würde sie erfahren, wie es Frieda heute geht. In Windeseile machte sich Anneke frisch im Bad, warf ein Sommerkleid über, und stopfte doch noch ein Supermarkt Brötchen in sich hinein. Als dann Susen Peters an die Tür klopfte, beeilte sich Anneke. Nur nicht länger allein sein: »Ich freue mich, Sie zu sehen. Ein bisschen müde sehen Sie schon aus, Frau Peters. Na, mir geht es auch nicht besser. Die vergangene Nacht steckt mir noch in den Knochen, hab kaum geschlafen.« Susen Peters antwortete: »Dann sind wir schon zu zweit, was die vergangene Nacht betrifft.«

Die Kommisssarin hatte an diesem Morgen nur hastig eine Tasse Tee getrunken, um erneut Frieda zu befragen, das war wichtiger, als ein ordentliches Frühstück. Erst vor kurzem war sie nach Bergen gezogen. Hatte sich dort eine kleine Altbauwohnung am Markt gemietet, weil der Weg von ihrem eigentlichen Zuhause auf Mönchgut, in Groß Zicker, im Winter oft verschneit und im Sommer durch Urlauber Karawanen verstopft war. Nun genoss sie es, schneller am Ziel zu sein.

Heute Morgen, hatte sie in aller Ruhe im Krankenhaus mit dem Mädchen im Beisein einer Psychologin sprechen können. Frieda erinnerte sich, dass der Täter nicht sehr groß gewesen war. Er sprach Hochdeutsch und trug Gummihandschuhe. Aus Angst hatte sie sich nicht gewehrt, also gab es keine Hautreste unter ihren Fingernägeln, keine Kampfspuren. Da der Täter ihr die Augen verbunden hatte, waren weitere Aussagen nicht möglich. Das alles brachte Susen nicht viel weiter. Es gab keine Vergewaltigung, wahrscheinlich auch keine DNA. Anscheinend hatten sie es mit einem professionellen Täter zu tun, der nicht spontan handelte, sondern sich auf die Tat vorbereitet hatte.

Susen Peters ermittelt

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