Читать книгу Heimkehr - Jan Eik - Страница 8

VIER

Оглавление

ALMA UMBREIT hatte Kuchen gebacken. Vor zwei Tagen schon, aber das machte nichts. Der einzigen Art von Kuchen, die man in diesen Zeiten backen konnte, machten ein paar Tage Lagerung mehr oder weniger nichts aus. «Kaffeegrund altert nicht», meinte auch die Nachbarin, von der das Rezept für die Kaffeetorte stammte, die zum größten Teil aus Kaffee-Ersatz bestand. Hinzugefügt hatte Alma sehr wenig Mehl und Grieß, kaum Fett und ein bisschen von dem braunen Zeug, das es im Vormonat auf die Zuckermarken gegeben hatte.

Es war so eine Sache mit der alliierten Versorgung, die vierteljährlich wechselte. Bei den Russen gab es Schwarzbrot und Kartoffeln, die Amerikaner lieferten duftendes Weißbrot, das nicht sättigte, und gelben Maisgrieß, dazu Trockenkartoffeln, die hart wie Bonbons waren oder nur einen mehligen Brei ergaben. Die eimerhohen französischen Kartoffelkonserven schmeckten abscheulich. Aber was es auch gab, satt wurde man nie. Schon gar nicht, wenn man wie Alma Umbreit die Karte V für Sonstige bezog. Zum Sterben eine Spur zu viel, zum Leben viel zu wenig.

Und doch hatte sie sich die Zutaten für die Kaffeetorte vom Munde abgespart, und in der Speisekammer wartete die Leberwurst im Napf darauf, endlich aufs klitschige Brot geschmiert zu werden. Natürlich keine echte Leberwurst, an deren Geschmack sich Alma Umbreit erinnerte. Nur ein Gemisch aus Mehl und Majoran mit allerhand anderen Zutaten, die ein Wurstaroma vortäuschten. Auch dies war ein Rezept der findigen Nachbarin, ohne deren Hilfe und gute Ratschläge sie vielleicht nicht mehr am Leben gewesen wäre. Alma war 63 Jahre alt und wohnte seit über zwanzig Jahren in Neukölln, Prinz-Handjery-Straße, Vorderhaus drei Treppen hoch, zwei Zimmer und Küche mit Bad, was schon beinahe als Luxus gelten musste.

Bis vor zwei Jahren war der Blick aus ihrem stets blitzblank geputzten Küchenfenster in den verwinkelten Hof des benachbarten Eckhauses gefallen. Als Alma sich an einem frühen Junimorgen nach dem gewohnten Bombenangriff aus dem Luftschutzkeller hinaufgequält hatte und ihre zentimeterdick mit Staub bedeckte Küche betrat, hielt sie den Lichtschein, der durch das zerborstene Fenster fiel, zunächst für den Widerschein der Brände ringsum. Doch dann erkannte sie, dass es sich um ein Ereignis handelte, das sie als Großstädterin kaum je in ihrem Leben beobachtet hatte. Das nahe Eckhaus war zu einem qualmenden Trümmerhaufen zusammengesunken. Almas Blick reichte daher plötzlich bis weit über den alten Friedhof und die Baumwipfel hinweg, hinter denen die Sonne aufging. Ihr blieb wenig Zeit, die neue Aussicht aus Küche und Schlafzimmer zu genießen. Dafür sorgten die Papptafeln, welche die Fensterscheiben bald ersetzten. Nur an schönen Tagen standen alle Fenster weit offen – so wie heute, obwohl es ein eher kühler Septembertag war. Alma fror ein wenig. Mit Schrecken dachte sie an den nahenden Winter und an die spärlichen Kohlevorräte in ihrem Keller, den sie nun auch noch mit diesen schrecklichen Leuten teilen musste, die man ihr in das schöne Vorderzimmer gesetzt hatte. Was sollte das werden?

Doch sofort brach sich ihr angeborener Optimismus Bahn: Alles würde sich wie von selbst lösen, wenn der Junge wieder da war. Heute musste er kommen, das spürte sie einfach. Immer wieder trat sie ans Küchenfenster und blickte über die Trümmer weg hinunter auf die Straße, soweit die sich überblicken ließ. Dabei konnte sie nicht einmal sicher sein, aus welcher Richtung er kommen würde. Aber wenn, dann gab es keinen Zweifel, dass sie ihn erkannte.

Drei lange Jahre hatte sie ihn nicht gesehen. Die Gewissheit, dass er überlebt hatte, war nie in ihr erloschen. Sie war ein gläubiger Mensch, und die Annahme, der Herr im Himmel könne eine ganze Familie zugrunde richten und nur sie, das letzte unfruchtbare Glied, übrig lassen, schien ihr unvorstellbar. Als daher vor einigen Tagen die Nachbarin, die es sich leistete, eine Tageszeitung zu abonnieren, ganz aufgeregt bei ihr geklingelt und ihr in dieser Zeitung den Namen Heinz Umbreit schwarz auf weiß gezeigt hatte, war eine Zentnerlast von ihrer Seele gefallen. Wirklich überrascht hatte es sie nicht, ihren Heinz unter den in den nächsten Tagen aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft Heimkehrenden zu finden. Angeblich hatten die Russen schon an die hunderttausend entlassen, und täglich kamen vier- bis fünftausend hinzu. Einmal war sie sogar voller Hoffnung zu einem Heimkehrerlager ganz in der Nähe von der Wohnung dieser Irmgard gefahren, hatte aber nichts erfahren oder ausrichten können. Nun also stand es sogar in der Zeitung!

Heinz war ihr Patenkind, der einzige und wohlgeratene Sohn ihres Bruders Karl. Der war im Sommer 1944 zusammen mit seiner Frau Emmi unter den Trümmern eines Wohnblocks in der Annenstraße umgekommen. Und Heinz’ junge Frau Irmgard lebte vermutlich ebenfalls nicht mehr. Anstelle des Hauses am Lichtenberger Polizeipräsidium in der Alfredstraße, in dem diese Irmgard möbliert gewohnt hatte, erhob sich nur noch eine Brandruine. Niemand wusste, was aus den Bewohnern geworden war.

Alma hatte denn auch keine weitere Mühe aufgewandt, nach Irmgard zu suchen. Das war sowieso keine passende Frau für ihren Heinz gewesen, zu albern und leichtfertig und außerdem viel zu schnippisch einer alten Frau gegenüber, die wahrhaftig Besseres verdient hatte. Geschminkt und die Haare gefärbt, von solchen Frauen hielt Alma nun einmal nichts. Ihr Heinz würde leicht eine andere finden, so gut, wie er aussah, und so gebildet, wie er war. Außenhandelskaufmann hatte er gelernt, und nur der schreckliche Krieg hatte verhindert, dass ein tüchtiger Geschäftsmann aus ihm geworden war.

Jetzt würde er einen neuen Anfang finden und zeigen, was er konnte. In der Zeitung der Nachbarin stand alle Tage, dass es aufwärtsging, und wenn sie selbst auch nichts davon spürte – der Junge würde seine Chancen zu nutzen wissen! Wohnen konnte er bei ihr. Bis sie gemeinsam die fremden Eindringlinge aus ihrem einstigen Wohnzimmer vertrieben hatten, würde sie ihm ihre Stube überlassen und selber auf dem roten Plüschsofa in der Küche schlafen. Ein Grund mehr, die Fremden möglichst gar nicht mehr in die Küche zu lassen. War schon schlimm genug, dass man mit solchen Leuten die Toilette teilen musste. Fehlte bloß noch, dass die in ihrer Wanne baden wollten! In den nächsten Tagen würden die wohl ihre Laube, in der sie im Sommer hausten, verlassen und hier auftauchen.

Sobald Heinz da war, musste sie mit ihm das Sofa in die Küche tragen. Zusammen mit der stets hilfsbereiten Nachbarin hatte sie es nicht geschafft. Schon vor ihrem nächtlichen Unfall auf der Treppe hinunter in den Luftschutzkeller war sie nie besonders kräftig gewesen, hatte für die schweren Arbeiten oft Hilfe gebraucht. Seit dem schrecklichen Selbstmord der Eltern in den Inflationstagen war der Bruder Karl immer für sie da gewesen. Später war es dann der heranwachsende Heinz, ein lieber Junge, der ihr jeden Wunsch von den Augen ablas.

Sehnsuchtsvoll stand sie am offenen Fenster und starrte hinaus. Kein Heinz weit und breit. Nur ein alter Mann, der eine dieser zweirädrigen Karren schob, mit denen auch die Untermieter alles transportierten. Alma besaß nur einen einfachen Bollerwagen, aber der war kaputt. Heinz mit seinen geschickten Fingern würde ihn reparieren. Wenn der Junge nur erst da wäre …

Vielleicht ging er ja zuerst in die Alfredstraße und fand dort die Ruine vor. Dann blieb ihm gar nichts anderes übrig, als sich auf den Weg zu ihr zu machen. Wo seine Tante Alma wohnte, hatte er gewiss nicht vergessen. Die U-Bahn fuhr von Lichtenberg wieder bis zum Alex und von dort zur Leinestraße. Oder er nahm die S-Bahn …

Und dann setzte für einen Augenblick ihr Herzschlag aus. Es klingelte! Zwar lang und kräftig, nicht zweimal kurz, wie sie es von Heinz gewöhnt war – dennoch! Der Junge durfte ja so klingeln, wie er wollte!

«Ja!», schrie sie, so laut sie konnte, und hatte die Küchentür schon aufgerissen, hinkte in den Korridor und kriegte vor Aufregung kaum die Sperrkette aus der Halterung. «Ja, ja!», sagte sie noch einmal, und dann war die Tür endlich offen, und im schummrigen Licht des Treppenhauses stand ein Landser in seiner lumpigen Kluft vor ihr, die Schirmmütze beinahe demütig in der Hand.

«Fräulein Umbreit?», fragte er, und ihr Herz tat einen weiteren schmerzhaften Sprung, denn das war nicht ihr Heinz, der da vor ihr das spärliche Licht verdunkelte. Das war nicht die vertraute, die ersehnte Stimme. Es handelte sich um einen gänzlich Fremden, dessen Gesicht sie nicht einmal zu erkennen vermochte.

Und sie hatte ihm, gegen alle Gewohnheit, bereitwillig die Tür geöffnet und stand ihm nun hilflos gegenüber. Dass sie Umbreit hieß, war über der Klingel zu lesen, das gehörte zu den Tricks solcher Kerle! Hatte sie nicht gerade erst in der Zeitung etwas über die falschen Grußbesteller, eine Seuche der Nachkriegszeit, gelesen? Die zogen umher, bestellten Grüße vermisster Angehöriger, denen es in Lagern angeblich schlechtging, kassierten Geld oder Lebensmittel oder quartierten sich gar für einige Tage bei den Gutgläubigen ein, um sie dann auszuplündern. Stand so einer vor ihr?

Der Mann redete ruhig und besonnen auf sie ein. Die Stimme klang nicht unangenehm. Und er hatte sie als Fräulein Umbreit angesprochen. Er wusste also, mit wem er es zu tun hatte. Für einen Augenblick fühlte sie sich beruhigt, bevor neues Misstrauen in ihr aufflammte. Wo überall im Haus hatte der bereits geklingelt? Irgendeine gedankenlose oder bösartige Person mochte ihm gesagt haben: «Versuchen Sie es mal bei Fräulein Umbreit. Die wartet schon lange auf ihren Neffen …»

Und richtig, während sie ihn von unten her anstarrte und ihm gar nicht richtig zuhörte, weil ihr so viel gleichzeitig durch den Kopf schoss, fiel Heinz’ Namen. «Sie sind doch seine Tante. Hält er sich nicht bei Ihnen auf?»

«Wie kommen Sie denn darauf?» Es klang viel patziger als beabsichtigt, und es tat ihr im selben Augenblick leid.

Der Mann wich einen halben Schritt zurück. Jetzt sah sie ihn im Profil. Ein scharf geschnittenes Jungengesicht mit einer markanten Nase und tiefliegenden Augen unter einem dicken Kopfverband. Ein bisschen unheimlich, aber keine Verbrechervisage. Nur, was wollte das schon sagen, in solchen Zeiten?

«Er hat oft von Ihnen gesprochen», sagte der junge Mann beinahe entschuldigend. «Deshalb hat er mir die Adresse gegeben, falls ich ihn nicht in der Alfredstraße antreffe.»

Alma horchte auf. Von Heinz’ Frau in der Alfredstraße wussten nicht allzu viele Leute. Heinz hatte eigentlich nur während seiner letzten kurzen Urlaubsaufenthalte in Berlin bei der gewohnt. Anfangs, in Holland, war es ihm noch gutgegangen, und er durfte ein paarmal nach Berlin reisen. Eine wundervolle Strickjacke hatte er Alma mitgebracht, reine Schafwolle und Gold wert im Winter. Heinz hatte bei einem solchen Kurzurlaub dann diese Irmgard kennengelernt und beim nächsten gleich geheiratet, der dumme Junge. Gegen ihren Rat natürlich, aber mit Karls ausdrücklicher Zustimmung. Männer eben.

Männer waren Alma zeitlebens ein wenig unheimlich geblieben, von Karl und Heinz einmal abgesehen. Sie fühlte sich unter Frauen wohl – wie in dem Büro, in dem sie viele Jahre gearbeitet hatte. Dort hatte sie nur Bojar gefürchtet, den unerbittlichen Chef, dem sie ein Gutteil ihres Unglücks verdankte. Hatte der nicht alle gezwungen, in die Partei einzutreten? Gewiss, keine der Frauen setzte dem etwas entgegen. Alle bewunderten den Führer. Auch Alma. Ihr Beitrag für die Winterhilfe war immer der höchste gewesen. Dann kam der Krieg, und all das schreckliche Unglück begann, die Bomben, die Ruinen, die Toten, die Soldaten, die irgendwo in der Fremde fielen. Und ihr Heinz mitten unter ihnen!

«Unsere Mauern brechen, unsere Herzen nicht», hatte es zum Schluss geheißen. Da war Almas Herz längst gebrochen. Für den Führer schlug es jedenfalls nicht mehr, nachdem Karl und Emmi auf so furchtbare Weise ums Leben gekommen waren und von Heinz jede Nachricht fehlte.

Irgendwer im Haus musste sie dennoch als Pg., als Parteigenosse also, denunziert haben. Seit einer Woche lag die Vorladung in der Schale auf dem Vertiko. Entnazifizierungskommission – wie sich das schon anhörte! Wer wollte da den Stab über sie, eine alte, gehbehinderte Frau, brechen? Eine Horde von Männern sicherlich, alles vorbildliche Antifaschisten. Wo die wohl alle den Krieg verbracht hatten? Wahrscheinlich würden sie versuchen, sie als Trümmerfrau zwangszuverpflichten. Das hatte sie schon von anderen Frauen gehört. Davor schützte sie glücklicherweise ihr lahmes Bein.

Jetzt aber stand erst mal dieser verdächtige Landser vor ihr im Treppenflur. «Was wollen Sie denn eigentlich?», fuhr sie ihn an und schielte gleich erschrocken zur Nachbarwohnung. Von da war keine Hilfe zu erwarten. Die Nachbarin war zur Markthalle gegangen. Wenn es dort etwas gab, konnte es Stunden dauern.

«Ich wollte mit Heinz reden», sagte der Landser. Es klang müde. «Das hatten wir so verabredet vor unserer Entlassung. Er weiß ja in Berlin viel besser Bescheid …»

Der junge Mensch machte einen ziemlich erschöpften Eindruck. War er tatsächlich mit Heinz zusammen entlassen worden? «Was wissen Sie denn sonst noch von Heinz?», fragte Alma, immerhin um einige Grade freundlicher.

Er winkte ab. «Wir sind beide halbe Invaliden», sagte er müde. «Ihn hat’s im Rücken und an der Hüfte erwischt und mich am Kopf.» Er wies auf den schmutzigen Verband.

«Das meine ich nicht. Hat er Ihnen sonst nichts von seiner Familie erzählt?»

Der Mann schien sie nicht gleich zu verstehen. Schließlich sagte er zögernd: «Seine Frau heißt Irmgard. Und die Eltern hießen Karl und Emmi. Sie sind in der Annenstraße umgekommen …»

Alma atmete auf. Das konnte er nur von Heinz wissen. Wenn er ihr hätte etwas antun wollen, war dazu ausreichend Gelegenheit gewesen. «Kommen Sie rein!», sagte sie kurz entschlossen. Die Nachbarin würde ihr die Hölle heiß machen wegen dieser Unvorsichtigkeit. Das war jetzt egal. Der Mann wusste etwas über ihren Heinz. Nur darauf kam es an.

In der Küche stand der Kuchen auf dem Tisch, und sein hungriger Blick entging ihr nicht. «Ich habe mich nicht einmal vorgestellt», sagte er. Er war größer als Heinz und wahrscheinlich älter. «Werner Böhnisch.» Er streckte seine Hand aus, die sie zögernd ergriff. «Aus Gartz an der Oder. Aber da liegt alles in Trümmern …» Er war unrasiert und roch streng.

Sie bot ihm einen Stuhl an.

Er sank darauf nieder, als hätte er seit Wochen nicht mehr gesessen. «Hat Heinz meinen Namen nicht erwähnt?», fragte er. «Wann kommt er denn zurück?»

«Das frage ich Sie!», entgegnete Alma, und die Tränen traten ihr in die Augen. «Hier hat er sich jedenfalls noch nicht gemeldet.» Sie baute sich mit einigen Schritten Abstand vor ihm auf und musterte ihn erwartungsvoll. «Ich denke, Sie sind zusammen entlassen worden?»

Er schüttelte den Kopf. Seine blonden Haare über dem schmutzigen Verband sahen ungewaschen und strähnig aus. Hoffentlich hatte der keine Läuse!

«Nicht direkt», sagte er. «Wir sind nur bis Frankfurt/Oder zusammen gewesen. Er müsste eigentlich schon vor zwei, drei Tagen entlassen worden sein.»

Alma nickte. So lange erwartete sie ihn ja. Ihr fiel etwas ein. «Aber Sie heißen Böhnisch mit B, und er heißt Umbreit mit U.»

Wieder schüttelte Böhnisch den Kopf. «Bei den Russen geht es nicht nach dem Alphabet», sagte er. «Die haben ihr eigenes System. Wer mit dem Hintern nicht mehr hochkommt, den entlassen sie. Die anderen …», er machte eine ungewisse Handbewegung, «… ab nach Sibirien.»

Alma schauderte es. «Sie meinen, dass die Heinz noch in letzter Minute …»

«Das glaube ich eigentlich nicht. Er hatte alle Papiere und hat sich von mir verabschiedet. ‹Wiedersehen in Berlin›, hat er gesagt. ‹Vergiss die Adressen nicht!›» Er blickte Alma, deren zerfurchtes Gesicht sich auf gleicher Höhe mit dem seinen befand, ungläubig an. «Und nun sagen Sie, er ist hier noch gar nicht aufgetaucht?»

Alma nickte beklommen. Das hatte sie insgeheim die ganze Zeit befürchtet, dass alles nur Propaganda war und gar nicht alle entlassen wurden, deren Namen in der Zeitung standen. Vielleicht hatte Heinz gutgläubig ihren Namen genannt und ihre Adresse, und sie hatten herausgefunden, dass sie demnächst vor diese Kommission musste, und hielten ihn deshalb zurück. Aber das konnte sie diesem Böhnisch nicht erzählen, wer weiß, was das für einer war. Zwölf Jahre lang hatten die Leute Angst davor gehabt, denunziert zu werden, und nun war alles noch genauso schlimm …

Ach was! Entschlossen ging sie zum Gaskocher und griff nach dem Kessel. «Ich brühe Ihnen wenigstens einen Kaffee auf», sagte sie. «Was anderes kann ich Ihnen nicht anbieten.»

Mit seinem Blick verschlang er den Kuchen.

«Den habe ich für Heinz gebacken», sagte Alma widerstrebend, bevor sie das Schubfach aufzog, um ein Messer herauszunehmen.

Heimkehr

Подняться наверх