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Ein Visionär aus Leipzig

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„Sachsenhöhe“, „Sächsischer Hof“, „Sächsischer Modellbau“ oder die „Sachsenklinik“. Sachsen im Stadtbild, in Straßennamen, alten und neuen Unternehmensbezeichnungen. Doch um derartige Dinge soll es hier gar nicht gehen, sondern um einen Sachsen. Genau genommen um Friedrich Gottlob Hoffmann (1741 - 1806).

Es ist nicht verwunderlich, wenn Sie den Namen (noch) nicht kennen, denn die Arbeit des Leipziger Kunsttischlers ist der breiten Masse bisher nicht bekannt. Dabei ist sein Leben und Wirken allemal interessant und ein Teil der sächsischen und vor allem Leipziger Geschichte.

Der spätere Kunsttischler ist auf dem Rittergut Puschwitz bei Belgern in Sachsen geboren und kommt 1758 als 17jähriger Tischlergeselle nach Leipzig. Währenddessen findet er im Barfußmühlhaus auf dem Fleischerplatz vor dem Ranstädter Tor Unterkunft. Der Sachse entwickelt sich schnell zu einem Propheten des neuen Stils: Er wandelt die nach französischem Vorbild entworfenen Barock- und Rokokomöbel um, indem er den Protz reduziert und nach englischem Vorbild einfacher und klassischer gestaltet. So nimmt er beispielsweise schlichtes Birnbaumholz, wertet es optisch durch edle Furnierung auf. Damit genügt es repräsentativen Ansprüchen, schont aber den Geldbeutel. Dies kommt bei den solventen Bürgern gut an.

Im 18. Jahrhundert gibt es noch keine Versandhäuser, die Möbel nach Hause liefern. Das bringt den Leipziger Kunsttischler Friedrich Gottlob Hoffmann auf eine Idee. 1789 lässt er den ersten Möbelkatalog im deutschsprachigen Raum drucken und bringt ihn während der dreimal im Jahr stattfindenden Messen an den Mann. Was wir heute als selbstverständlich hinnehmen, war zur damaligen Zeit ein absoluter Coup. Die aufwendig illustrierten Verzeichnisse kosteten in der Herstellung zwischen ein bis drei Taler. Doch anders als heute wanderten diese nicht kostenlos in die Briefkästen der Kunden, sondern konnten gegen bar gekauft werden. Dieser Schachzug machte Hoffmann zu einem der erfolgreichsten deutschen Möbelhersteller.

Eine weitere geniale Idee war, dass Hoffmann, anders als zur damaligen Zeit üblich, auf Vorrat produzierte und nicht nur einzelne Auftragsstücke anfertigen ließ. In seiner Werkstatt am Thomaskirchhof, nahe seinem neuen Familienheim erfand er immer wieder neue Funktionselemente und ging dabei vor allem auf die Bedürfnisse seiner Kunden ein. Seine hilfreichen Methoden, Verfahren und Handlungsoptionen sind groß. Elegant sind seine Werke und haben das gewisse Etwas. So wirkt beispielsweise eine vermeintliche Kommode nach außen weltmännisch repräsentativ. Doch wer sie öffnet, findet im Inneren, höchst privat und intim, Bad, WC und Bidet. Die verborgene Raffinesse – ein Markenzeichen von Friedrich Gottlob Hoffmann.

Hoffmanns fortschrittliche Arbeitsweise und der weltumspannende Ruf der Leipziger Messestadt brachten ihm zahlreiche Kunden sowohl im Bürgertum als auch aus dem Adel. Ja, selbst der Dichterfürst von Goethe kaufte bei ihm. Doch heute wie auch damals hat alles seine zwei Seiten. So hatte Tischlermeister Hoffmann nämlich auch Widersacher unter den Handwerkern in der Stadt der Linden und immerzu Ärger mit der Leipziger Tischlerinnung. Man warf ihm unter anderem vor, dass er sich nicht an die (Spiel)Regeln hält und auch mehr Gesellen beschäftigte, als erlaubt waren.

Abhilfe schuf seine Ernennung zum „chursächsischen Hoftischler“, die ihn fortan von allen Einschränkungen befreite.

Ich hatte das große Glück, mich im Grassi-Museum für angewandte Kunst vor Ort im Rahmen einer Sonderausstellung über die Visionen und die Kreativität des Hoftischlers und Unternehmers Friedrich Gottlob Hoffmann überzeugen zu dürfen. Zumal sich ein großer Teil der Exponate in Privatbesitz befindet und bisher noch nie öffentlich zugänglich waren.

Akte »M-S-K«

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