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1 – Boxhieb mit Folgen

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Ich weiß noch ganz genau den Sekundenbruchteil, in dem mein Leben mit einem Schlag auf den Kopf gestellt wurde.

Es geschah an einem sommerlichen Samstagnachmittag, als ich dem heißblütigsten, kältesten, härtesten und zerbrechlichsten Wesen begegnete, das mir je untergekommen war, und von ihm mit einem wuchtigen Hieb in den Solarplexus niedergestreckt wurde. Kein Boxer der Welt hätte es besser machen können.

Nathalie!

Sie war eine absolut faszinierende Frau. Wie faszinierend sie in Wirklichkeit war, sollte ich erst noch herausfinden.

Doch davon bekam ich zuerst nichts mit, da ein heftiger Schmerz sofort in meinen Eingeweiden explodierte. Ihr Schwinger war so stark gewesen, dass ich wie ein Springmesser zusammenklappte, das Gleichgewicht verlor und mit dem Hintern schmerzhaft auf den Asphalt prallte, wodurch mir die Luft pfeifend aus meinem weit aufgesperrten Mund gepresst wurde. Gleichzeitig versuchte ich, sie wieder gierig in meine pochenden Lungen zu saugen, um nicht das Bewusstsein zu verlieren.

»Verdammt!« hörte ich jemanden undeutlich fluchen, ehe er das Weite suchte.

Trotz dem bohrenden Stechen in meinem Bauch musste ich unwillkürlich schmunzeln, wenn auch ziemlich verkrampft. Erwartungsvoll sah ich auf, die Arme fest um meinen Leib geschlungen. Doch von dem roten Wirbelwind, den ich kurz vor dem überraschenden Knockout noch flüchtig wahrgenommen hatte, fehlte jede Spur.

Selbstredend hätte ich von ihm kaum etwas erkennen können, denn Dutzende von feurigen Ringen tanzten vor meinen Augen und ließen mich alles nur noch undeutlich sehen.

»Geht es Ihnen gut?«

Nur wie durch dicke Watte vernahm ich die besorgte Stimme, die sich einfühlsam neben mir in meine Wahrnehmung drängte.

Sofort nickte ich benommen und wedelte mit einer Hand in der Luft herum, während ich mir die andere weiterhin auf den Bauch presste. Einen guten Samariter konnte und wollte ich nun wirklich nicht an meiner Schmach teilhaben lassen. Es war schon so peinlich genug, von einem einzigen Boxhieb niedergestreckt worden zu sein – noch dazu von einer solch zierlichen Person.

Anscheinend konnte ich den Zaungast beruhigen, denn daraufhin verloren sich eilige Schritte in der Ferne. So saß ich weiter zusammengesunken auf dem Boden und bemühte mich wieder zu Kräften zu kommen, während ich immer noch gierig Luft in meine berstenden Lungen sog. Eine Ohnmacht hätte garantiert gar nicht gut ausgesehen. Nur langsam klärten sich meine Sinne und ich konnte wieder deutlicher etwas wahrnehmen.

Nach ein paar Minuten fühlte ich mich wieder stark genug, um mich behutsam vom Gehsteig aufzurappeln. Ich hatte die Aufmerksamkeit der Passanten genügend auf mich gezogen. Gerade als ich dazu ansetzte, legte sich eine Hand energisch auf meine rechte Schulter, die mich mit Nachdruck daran hinderte.

»Unten bleiben!« zischte eine entschiedene Stimme mir heiß ins Ohr.

Verwirrt hob ich den Kopf und wurde angenehm überrascht. Der rote Wirbelwind war zurückgekehrt und entpuppte sich als eine junge Frau, deren feuerrote Mähne ein äußerst hübsches Gesicht wie eine Wolke umrahmte.

Wollte sie sich bei mir etwa entschuldigen?

Aber dem war nicht so. Vielmehr ging sie neben mir in die Hocke und spähte mit zusammengekniffenen Augen angestrengt in alle Richtungen.

»Verdammt!« fluchte sie abermals.

Natürlich stahl sich sofort wieder ein Grinsen auf meine Lippen, obwohl ich nicht die geringste Ahnung hatte, was jetzt schon wieder los war. Allerdings schien dies eindeutig eines ihrer Lieblingswörter zu sein.

Ihre hellgrünen Augen blitzten gefährlich auf, als sie es bemerkte.

Oh, Mann! Das konnte ja noch heiter werden.

Daher zog ich es vor, nur noch ihre schlanken Hände zu beobachten, mit denen sie unablässig komplizierte Bewegungen vollführte. Dass sie dabei seltsame Worte vor sich hinmurmelte, beachtete ich kaum.

Umso verdutzter war ich, als sich plötzlich eine bläulich schimmernde Blase über uns wölbte. Noch während ich zu begreifen versuchte, wie so etwas möglich sein konnte, schlug ein greller Blitz in sie ein. Tausende von gezackten Strahlen zuckten und flossen darüber hinweg. Woher er gekommen war, hatte ich nicht gesehen.

Geblendet schloss ich die Augen. So bekam ich nichts mehr davon mit, was um mich herum geschah. Ich hatte genug damit zu tun, gegen den starken Brechreiz ankämpfen, der durch den Ozongeruch ausgelöst worden war, der unvermittelt die Blase ausfüllte. Wenn ich mich jetzt auch noch übergeben müsste, wäre das die absolute Körnung gewesen.

»Wa …?« setzte sich würgend an.

»Scht!« zischte sie, drückte mich noch fester auf den Asphalt und begann abermals unverständlich seltsame Worte zu murmeln.

Nur Sekundenbruchteile später dröhnte eine gewaltige Explosion über uns, deren greller Schein selbst durch meine geschlossen Augen drang und meine Ohren klingeln ließ. Instinktiv duckte ich mich noch dichter an den Boden und wartete angespannt darauf, was als Nächstes geschehen würde, obwohl ich schon jetzt nicht mehr ein noch aus wusste.

Was ging hier nur vor sich?

Zu meiner Überraschung blieb es danach erstaunlich ruhig. Als nach einiger Zeit nichts weiter geschah, wagte ich es zögerlich meine Augen wieder zu öffnen. Verwundert sah ich mich um und musste dabei feststellen, dass wir von den anderen Passanten völlig ignoriert wurden.

Hatten sie etwa nichts von den ungewöhnlichen Ereignissen mitbekommen, die um mich herum vorgefallen waren?

Verwirrt schüttelte ich den Kopf.

»Wa …?« setzt ich abermals an, wurde jedoch abermals mit einer energischen Geste dazu aufgefordert, meine Fragen auf später zu verschieben.

Wachsam beobachtete sie weiterhin die Umgebung. Zwar konnte ich nichts entdecken, als ich es ihr gleich tat, aber das musste ja nichts heißen. Nur eins spürte ich überdeutlich. In der jungen Frau neben mir brodelte ein Vulkan – und der stand kurz vor dem Ausbruch.

Das einzige Außergewöhnliche war das heißblütige Geschöpft neben mir.

Schließlich entspannte sie sich sichtlich mit einem leisen Seufzer. Mit einem leisen Ploppen zerstob die seltsame Blase, die uns anscheinend vor was auch immer beschützt hatte.

»Ausgezeichnet«, verkündete sie sichtlich zufrieden mit einem feinen Lächeln auf ihren sinnlichen Lippen, richtete sich auf und reichte mir die Hand. »Du kannst jetzt auch wieder aufstehen.«

Ohne große Mühe zog sie mich mit einer einzigen fließenden Bewegung auf die Füße. Anscheinend steckte viel mehr Kraft in ihrem zierlichen Körper als ich angenommen hatte.

Erst jetzt schienen uns auch wieder die anderen Passanten wahrzunehmen, denn nicht wenige verwunderte Blicke wurden uns verstohlen zugeworfen.

»Alles in Ordnung mit dir?« erkundigte sich die Frau und musterte mich mit ihren unergründlichen hellgrünen Augen von oben bis unten.

»Es geht schon wieder«, winkte ich ab. »Es ist ja zum Glück nichts weiter passiert.«

»Das kannst du laut sagen«, erwiderte sie, wobei ich darüber rätselte, worauf sie sich bezog.

»Es tut mir schrecklich leid, dass ich dir vorhin so unglücklich diesen etwas unglücklichen Boxhieb verpasst habe«, entschuldigte sie sich dann immerhin noch. »Manchmal kann ich echt ein solches Trampeltier sein. Entschuldige vielmals.«

»Das kann ich mir nun überhaupt nicht vorstellen«, lächelte ich, was ein Lächeln auf ihr hübsches Gesicht zauberte und ihre Augen strahlen ließ.

Deutlich konnte ich sehen, wie die Anspannung, die sie in den letzten Minuten im Griff gehalten hatte, aus ihr heraus floss.

»Danke«, murmelte sie verlegen.

»Nicht der Rede wert.«

»Ich heiße übrigens Nathalie«, stellte sie sich vor.

»Und ich Jürgen.«

»Nett, dich kennenzulernen. Wenn auch nicht gerade unter normalen Umständen.«

»Das kann man wohl laut sagen. Bis jetzt hat mich auch noch nie eine Frau so ausgeknockt.«

Jetzt wurde ihr Lächeln noch breiter und erhellte ihr Gesicht. Feine Grübchen zeichneten sich in ihren Wangen ab.

»Was hatte denn das alles eigentlich zu bedeuten?« wagte ich endlich die Frage zu stellen, die mir schon die ganze Zeit auf der Zunge brannte.

»Nicht hier und jetzt!« wehrte sie ab.

Wild und unbändig flog ihre rote Haarpracht umher, als sie entschieden den Kopf schüttelte.

»Dazu werden wir später noch Zeit haben«, fügte sie dann hinzu. »Zunächst einmal würde ich dich gerne auf eine Tasse Kaffee einladen, um dich für den Rempler zu entschädigen, den ich dir vorhin ungewollt verpasst hatte.«

Noch ehe ich auf ihre Einladung eingehen konnte, kniff sie die Augen wieder zusammen und sah sich aufmerksam um.

Sieben Schwestern - Geheimnisvolle Zauberwelten

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