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Kapitel 5

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Es ist Elternsprechtag, und in Manfreds Klassenzimmer sitzen Mutter Elina (in einem “alternativ”-bunten Aufzug) und Vater Konrad (in einem Anzug) in der ersten Bankreihe. Frau Lehrerin Burger lehnt an ihrem Lehrer-Pult und schaut beide auffordernd an, während beide missgelaunt und verstockt schweigen.

Von draußen klingen die Stimmen anderer Eltern, die auf dem Gang warten, gedämpft herein.

Elina massiert ihren schwangeren Bauch und schaut sich im Klassenzimmer um. Konrad hält die Arme verschränkt und betrachtet seine Schuhe.

Die Lehrerin nickt und atmet tief durch. “Gut. Wenn Sie keinen Vorschlag haben, dann mache ich einen.”

Konrad schnaubt, provokant. “Ich bitte darum, damit ich nicht der einzige bin, der sich Gedanken um mein ...” (ärgerlich provokant) “... bereits geborenes Kind macht.”

Elina zischt ihn erbost an. “Ach? Ich bin eine schlechte Mutter für Manfred? Und wer läuft immer nur seinen Geschäften hinterher und dem Geld?”

“Das bin ich. Damit du es verbrauchen kannst. Mit deinen Hippie-Freaks.”

Elina wendet sich an die Lehrerin: “Sehen Sie das Muster? Manfred lernt einfach keine sozialen Fähigkeiten bei diesem ...”

Vater Konrad unterbricht sie, verächtlich. “Wenigstens bin ich nicht so über-sozial, dass ich mit verlausten Studenten in einem Stall lebe und mir drei Monate nach der Scheidung gleich einen neuen Braten ...”

Lehrerin Burger hebt abwehrend die Hände, geht hinter ihr Pult (als wolle sie sich dort verschanzen) und greift nach Papieren. “Konzentrieren wir uns bitte auf Manfred, es ist wirklich nötig.”

Konrad springt auf und folgt ihr, gestikulierend. “Ich konzentriere mich immer auf Manfred! Im Gegensatz zu diesen kommunistischen Polygamisten.”

Elina hält sich den Bauch und schnaubt, bitter. “Ich führe endlich eine funktionierende Ehe, und Manfred fühlt sich bei uns sehr wohl! Und genau das ist es, was dich so stört, gibt’s ruhig zu!”

“Pah! Ein Dauer-Woodstock ist das! Ständig kommen irgendwelche neuen Aussteiger –“

Elina unterbricht ihn empört und wendet sich an Frau Burger. “Es ist eine Bio-Farm, wie Sie wissen. Wir haben Praktikanten und Studenten, die mit Harry, das ist mein Lichtpartner, ein Professor mit renommierter Expertise in makrobiotische Ernährung –“

“Pah! Den Titel hat er sich selber gegeben!” Konrad patrouilliert vor der Tafel, gestikulierend. Elina beobachtet ihn verächtlich. Die Lehrerin macht eine Geste, um sich Rederaum zu schaffen. “Es scheint mir so, als ob Manfred auf gewisse Weise ... überfordert wäre. Und zugleich unterfordert. All seine Energie wird verbraucht, noch ehe er sie in die Schule investieren kann. Aber zugleich hat er soviel mentale Kapazität, die er zurückhält.”

“Die Konsumgesellschaft ist ein Energie-Räuber, das ist bewiesen.” Elina ballt die Fäuste und schaut sich im Klassenzimmer um. “Diese materialistische Umgebung kann ja nur giftig sein! Und all das Plastik überall! Niemand sollte dem ausgesetzt sein! Mein Mann und ich kämpfen ...”

Konrad holt bereits Luft für eine saftige Entgegnung, als Lehrerin Burger schnell wieder das Wort ergreift. “Eventuell wäre professionelle Beratung günstig, um herauszufinden, wie Sie beide am besten –“

“Wir sind gottlob geschieden! Wir brauchen keine Beratung mehr!” Elina seufzt bitter. “Hätten wir einmal gebraucht, ja, aber Herr Blüm hier war ja immer schon unfähig, ein Thema auch nur länger als eine halbe Minute –“

Konrad wendet sich an Lehrerin Burger, mühsam beherrscht. “Und da wundern Sie sich, dass mein Sohn verwirrt ist! Sie kommt mit Sachen daher, die nicht das geringste mit dem Problem zu tun haben. Sie hetzt Manfred ständig gegen mich auf mit solchen Verleumdungen!”

“Ich? Absolut nicht!” Elina wendet sich heftig an die Lehrerin. “In unserem Weltbild geht es um Holismus.” Konrad schnaubt, verächtlich.

Die Lehrerin hebt beide Hände und spricht streng. “Ich schlage vor , wir konzentrieren uns auf Manfred.”

Konrad zischt Elina an. “Ein Haufen Loser, das seid ihr! Faule Säcke, die nichts als meditieren und herumsingen!”

Elina zischt ihn genauso bitter an. “Wir retten den Planeten, den du zugrunde richtest, mit deinen Chemikalien!” (zu Lehrerin Burger) “Er verkauft Pillen und Präparate, die niemand braucht! Aber Millionen Tiere sterben dafür!” (den Tränen nahe) “Auch Delphine.”

Sie massiert nervös-verzweifelt ihren Bauch, und die Lehrerin sieht es, besorgt: “Bitte, beruhigen Sie sich. Es geht jetzt wirklich um Hilfe für Manfred.”

Konrad starrt Elina zornig an. “Und woher bekommst du deine Antibiotika? Und Beruhigungs-Pillen? Und Schminke?”

Lehrerin Burger gestikuliert heftiger, ungeduldig werdend, aber Elina ignoriert sie auch und faucht Konrad an. “Wenn deine Sorte den Planeten nicht versauen würde, gäbe es gar keinen Grund, krank zu werden!” (wendet sich an die Lehrerin) “Es viele natürliche Antibiotika! Und ich mache mir meine Cremes selber und schminke mich nur mit Naturfarben!”

Konrad starrt sie an. “Meine Sorte?” Er springt auf und gestikuliert wild. “So redet ihr über mich, du und dein Schlammfresser, vor Manfred? Ihr tickt ja nicht richtig!” (zur Lehrerin) “Sie beten Bäume an!” (höhnisch) “Das ist ganz besonders konstruktives Arbeiten an einer besseren Welt!”

Lehrerin Burger schaut auf die Uhr und räuspert sich. “Ich bitte Sie wirklich, jetzt ...”

Elina unterbricht sie und rutscht auf dem Sessel nach vorne, um aufzustehen. “Da sieht man, was für ein dummer ...” (beherrscht sich mühsam, mit einem Seitenblick auf die Lehrerin) “... du bist! Wir beten keine Bäume an, du Klugscheißer, wir –“

“Hab’ ich doch selber gesehen! Und ihr streichelt Regenwürmer”, zur Lehrerin, “... bevor sie damit fischen gehen!”

Lehrerin Burger holt tief Luft und tritt hinter ihrem Pult hervor, klatscht nun in die Hände, wie sie es mit ihren Schülern tun würde. Mutter Elina verharrt in ihrer halb aufgerichteten Stellung und hält sich an einem Schultisch fest.

“Schluss jetzt! Ruhe! Alle beide!”

Mutter Elina klopft auf ihren Bauch, um ihr Ungeborenes zu beruhigen, aber sie schwankt, und Lehrerin Burger eilt besorgt herbei, um sie zu stützen. Sie schaut Konrad vorwurfsvoll an. “Sie könnte stürzen?”

Vater Konrad zuckt die Schultern. “Ich darf sie nicht berühren, das schadet dem ... Ding da drinnen.”

Elina nickt Lehrerin Burger dankbar zu und steht vollends auf. “Danke. Es geht schon.”

Lehrerin Burger tritt einige Schritte zurück, sodass sie beide ansehen kann. “Faktum ist, Manfred wird diese Klasse nicht schaffen, wenn er keine Hilfe bekommt. Wollen Sie, dass Ihr Sohn wieder sitzen bleibt?”

Beide Eltern schütteln den Kopf. Konrad zuckt die Schultern. “An mir liegt es nicht.”

“Und ich war in der Schule immer eine der Besten. Also liegt’s ganz sicher nicht an mir.”

Die Lehrerin ignoriert die Bemerkungen und spricht eindringlich. “Er braucht Hilfe beim Lernen.”

Elina reibt ihren Bauch. “Wir haben ihm schon Nachhilfe gegeben!”

Konrad schnaubt, aufgebracht. “Ja. Er hat alles über essbares Besteck gelernt. Und über Sprossen. Über Maden und ...” (zur Lehrerin) ... Geschlechtsverkehr bei Hühnern.”

Lehrerin Burger kritzelt etwas auf einen Zettel, den sie beiden präsentiert, während Elina nach Luft schnappt, um wieder etwas Heftiges zu entgegnen.

“Ich habe vier Nachhilfelehrerinnen zur Auswahl aufgeschrieben. Junge Pädagoginnen und Studentinnen –“

Derweil faucht Elina Konrad an. “Das war Ernährungslehre, du Oberaffe!” (fuchtelt) “Und du hast Ashandra vergrault!” (zur Lehrerin) “Eine reizende Studentin! Nur weil sie Haare unter den Armen hatte!”

“Sie hat stundenlang Korn gemahlen. Und ist Kopf gestanden. Summend!”

“Ach! Brotbacken nennst du nichts beibringen?”

Lehrerin Burger wischt sich verzweifelt übers Gesicht und winkt den beiden mit dem Zettel. “Also ... es sind junge Frauen in Ausbildung.”

Konrad ignoriert die Lehrerin und faucht Elina höhnisch an. “Sicher! Das Mehl hat toll genützt beim Rechnenlernen! Und der Anblick von einem geilen Hahn!”

Elina ringt nach Worten und legt sich stöhnend die Hand auf den Bauch, wo das Baby sich anscheinend gerade “zu Wort meldet”.

Lehrerin Burger schaut entgeistert zu und bewegt sich zur Tür. “Und ein Termin mit der Schulpsychologin könnte nicht schaden. Ich darf Sie nun bitten ...”

“Das wird schon. Mein Sohn hat uralte Weisheit in sich!” Elina schließt die Augen und stimmt ein Summen an.

“Und neunjährige Dummheit!” Konrad schnippt mit den Fingern vor Elinas Gesicht. “Es ist ein Kind!”

Lehrerin Burger drückt den Adresszettel Konrad in die Hand und deutet dann beschwörend zur Tür. “Vielen Dank für Ihr Kommen! Es warten noch viele Eltern auf ein Gespräch, also ...”

Sie will Elina die Hand zur Verabschiedung reichen, aber Elina hält sich ächzend an ihr fest. ”Er könnte bei meiner Mutter Nachhilfe bekommen.”

Konrad stößt einen entsetzten Laut aus. “Was? Dass sie mit ihm in den Dschungel abhaut?” (zur Lehrerin) “Es ist eine drogensüchtige Alt-Hippie-Hysterikerin!”

“Ach ja? Und bei deiner versoffenen Mutter versauert er vor der Glotze!”

Konrad wendet sich vorwurfsvoll zur Lehrerin. “Meine Ex-Schwiegermutter ist mit einem schwarzen Medizinmann verheiratet, der halb so alt ist wie ich!”

Lehrerin Burger wendet sich der Tür zu und hüstelt, während Elina eifrig gestikuliert: “Und doppelt so intelligent! Und deine Mutter redet mit den Socken und Decken und Pullover, die sie strickt!”

“Und verschenkt, an Bedürftige! Wer weiß, vielleicht braucht ihr ja bald etwas!”

Lehrerin Burger drängt beide zur Tür und seufzt erschöpft. “Bitte besuchen Sie mich in drei Wochen wieder, damit wir besprechen können, wie sich der Nachhilfeunterricht auswirkt.”

Elina und Konrad giften einander an, während die Lehrerin die Tür öffnet: “Alles Gute!”

“Was fällt dir ein, meine Mutter da reinzuziehen? Sie liebt Manfred!”

Konrad schnaubt, erregt. “Sie hat vierzehn Adoptivkinder!”

“Er lernt Sozialverhalten!”

“Er ist kein Hund, du ...” Konrad wendet sich der Lehrerin zu. “Verstehen Sie, ich will nicht, dass mein Sohn in so einer esoterischen Halbwelt aufwächst!”

Elina fuchtelt, empört. “Halbwelt? Du missverstehst aber auch alles! Es geht um das Ganzheitliche!” (zu Lehrerin Burger) “Alles ist miteinander verbunden, wächst und stirbt ...”

Die Lehrerin Burger nickt, bekräftigend, während sie die Tür aufhält. Am Gang und im Pausenraum sitzen die anderen Eltern auf den Garderobebänken, schweigend, und starren Elina und Konrad an. “Nachhilfe ist der wichtigste Schritt für Manfred. Etwas Spiritualität kann sicher nicht schaden. Und Bodenständigkeit.”

Sie gestikuliert höflich, dass die beiden nun die Klasse verlassen sollen, aber Mutter Elina lehnt sich gegen die Tür und schaut die Lehrerin entrüstet an.

Kann nicht schaden? Es ist die kosmische Grundlage allen Seins!”

Konrad prustet aggressiv. “Und die Kohle, die ich dir jeden Monat überweise, wie macht sich die als Grundlage?”

Er drängt Elina von der Tür weg und tritt hinaus, nickt Lehrerin Burger zu. “Bei mir ist für alles gesorgt.”

Mutter Elina holt Luft, um zu antworten, aber Lehrerin Burger nötigt beide zum Verlassen des Klassenzimmers;

Die anderen Eltern schauen neugierig. Yilmaz’ Vater Güngör und Ewas Mutter Sonia sind auch darunter.


Mutter Elina eilt voraus, den Korridor entlang, damit sie nicht mit Vater Konrad gemeinsam gehen muss. Beide ziehen sofort ihre Telefone hervor.

“Harry? Ja. Fertig. Zünde bitte ein paar Stäbchen an! Und bereite den Med-Raum vor. Ich werd’ einiges abarbeiten müssen. Was macht er?” (lauscht) “Gut. Sag’ ihm, ich bin zum Gebet zurück.”

“Hallo? Judith? Konrad hier. Sicher. Ja, ich komme zum zweiten Teil der Schulung.” (lauscht) “Oh. Gut. Dann können wir ja gleich über die Lieferbedingungen reden. Und würdest du die Neapel-Konferenz übernehmen? Oh, ich werde mich erkenntlich zeigen, und wie ...”

Beide erreichen den Schul-Ausgang.

Von draußen drängen sich Leute herein, und Elina und Konrad müssen nebeneinander warten, telefonierend, bis die anderen hereingekommen sind.

“Danke. Du bist eine Perle.” Konrad dreht sich von Elina fort und spricht mit einem flirtenden Unterton. “Aber sicher ... und ob. Das ist es mir wert.” (flüstert) “Nimm meine Kreditkarte. Kein Problem.”

Elina schmatzt derweil einen Kuss in ihr Telefon. ”Oh, ich liebe deine Aura jetzt, in diesem Moment. Sie durchdringt mich, trägt mich ...” (lauscht, grinst versonnen) “Und ob mich das entspannen wird! Ja, ich besorge noch Decken. Namaste.”

Beide drängen sich nun durch die Tür hinaus. Konrad lässt Elina nicht den Vortritt. Elina legt ihr Telefon auf und giftet Konrad an, der noch spricht. “Ja. Es muss heute sein. Ab morgen habe ich Manfred wieder.”

Beide eilen in verschiedene Richtungen davon, ohne einander zu grüßen oder noch einmal anzusehen.


Monkey, Monkey

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