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Drittes Kapitel.
Es giebt keine angebornen praktischen Grundsätze

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Inhaltsverzeichnis

§ 1. (Kein moralischer Grundsatz ist so klar und allgemein anerkannt als die vorerwähnten theoretischen Grundsätze.) Wenn jene theoretischen Sätze, von denen ich in dem vorigen Kapitel gehandelt habe, nicht bei allen Menschen thatsächliche Zustimmung haben, wie dort gezeigt worden, so erhellt, dass den praktischen Grundsätzen noch viel mehr zur allgemeinen Annahme fehlt. Man wird schwerlich eine Moralregel anführen können, die eine so allgemeine und schnelle Zustimmung beanspruchen könnte, als der Satz: Was ist, das ist; öder deren Wahrheit so offenbar ist, wie die des Satzes: Es ist unmöglich, dass dasselbe Ding ist und nicht-ist. Sie haben deshalb noch weniger Anspruch darauf, angeboren zu sein, und der Zweifel, ob sie der Seele von Natur eingeprägt seien, ist hier stärker als bei jenen Sätzen. Nicht, dass ihre Wahrheit damit in Frage gestellt werden soll; sie sind vielmehr ebenso wahr und nur nicht ebenso einleuchtend. Die theoretischen Sätze führen ihre Selbstgewissheit mit sich, aber die moralischen Grundsätze verlangen Nachdenken, Begründung und einige Verstandesübung, um die Gewissheit ihrer Wahrheit zu erkennen. Sie liegen nicht, wie von Natur eingegebene Schriftzeichen, offen in der Seele vor; denn sonst müssten sie durch sich selbst erkennbar und durch ihr eigenes Licht gewiss und Jedermann bekannt sein. Damit soll ihrer Wahrheit und Gewissheit nichts entzogen sein; auch die Wahrheit und Gewissheit, dass die drei Winkel eines Dreiecks zweien rechten gleich sind, leidet ja dadurch nicht, dass dieser Satz nicht so einleuchtend ist, als der, dass das Ganze grösser ist als ein Theil, und dass man jenem bei dem ersten Hören nicht ebenso gleich beistimmen kann wie diesem. Es genügt, dass diese Moralregeln bewiesen werden können; wenn wir also zu keiner solchen Kenntniss derselben gelangen, so ist es nur unsere eigene Schuld. Indess ist die Unwissenheit, in der sich Viele in Bezug auf sie befinden, und die Langsamkeit, mit der Andere ihnen zustimmen, doch ein klarer Beweis, dass sie nicht angeboren sind, und dass sie sich dem Blick nicht ohne Suchen darbieten.

§ 2. (Treue und Gerechtigkeit werden nicht von Jedermann als Grundsätze anerkannt.) Ich berufe mich auf Alle, die sich nur etwas mit der Geschichte der Menschheit bekannt gemacht und über den Rauch ihrer Feueresse hinweggesehen haben, ob es Moralsätze giebt, in denen alle Menschen übereinstimmen. Wo ist die praktische Wahrheit, die ohne Zweifel und Bedenken allgemein so anerkannt würde, wie es bei einer angeborenen Wahrheit sein muss? In der Gerechtigkeit und in der treuen Erfüllung der Verträge scheinen noch die meisten Menschen übereinzustimmen; dieser Grundsatz erstreckt sich selbst auf die Höhlen der Diebe und auf die Verbindungen zwischen den verworfensten Menschen; selbst die, welche in der Verleugnung aller Menschlichkeit am weitesten gehen, halten doch einander noch Wort und untereinander auf Gerechtigkeit. Ich gebe zu, dass selbst Geächtete dies gegen einander beobachten, aber nicht, weil sie sie als angeborene Gesetze der Natur anerkennen. Sie befolgen sie in ihren Gemeinschaften als Regeln der Zweckmässigkeit; aber derjenige kann unmöglich die Gerechtigkeit als einen praktischen Grundsatz erachten, der bei seinen Raubgenossen ehrlich danach handelt, aber gleichzeitig den ersten ehrlichen Mann, der ihm begegnet, plündert oder tödtet. Gerechtigkeit und Wahrhaftigkeit sind das gemeinsame Band der Gesellschaft, und es müssen deshalb selbst Geächtete und Räuber, die sonst mit aller Welt gebrochen haben, unter sich auf Treue und Billigkeit halten, da sie ohnedem nicht zusammen bestehen können; kann man aber deshalb sagen, dass die, welche vom Betruge und Raube leben, angeborene Grundsätze der Gerechtigkeit und Wahrheit haben, welche sie anerkennen und denen sie zustimmen?

§ 3. (Der Einwurf wird beantwortet, dass die Menschen zwar in der Ausübung sie verleugnen aber sie doch innerlich anerkennen.) Vielleicht entgegnet man, dass ihre stillschweigende Zustimmung das anerkennt, dem ihr Handeln widerspricht. Ich antworte zunächst, dass ich die Handlungen der Menschen immer für die besten Ausleger ihrer Gedanken genommen habe. Indess ist es sicher, dass viele Menschen durch ihre Handlungen und mancher durch offene Erklärungen diese Grundsätze entweder bezweifelt oder geleugnet haben. Man kann daher keine allgemeine Zustimmung behaupten (selbst wenn man hierbei blos auf die Erwachsenen achtet), und ohnedem kann man sie auch nicht als angeboren anerkennen. Zweitens wäre es sonderbar und unvernünftig, angeborne praktische Grundsätze anzunehmen, die sich blos darauf beschränken, sie denkend zu betrachten. Praktische Grundsätze, die von der Natur abgeleitet werden, gelten für das Handeln, und sollen die Einstimmigkeit im Handeln und nicht blos die theoretische Zustimmung zu ihrer Wahrheit herbeiführen; sonst wäre es nutzlos, sie von den theoretischen Sätzen zu sondern. Die Natur hat, wie ich anerkenne, in den Menschen das Begehren nach Glück und den Abscheu vor Unglück gelegt; dies sind wahrhafte angeborene Grundsätze, die (wie solche es sollen) fortwährend wirksam sind und alle unsere Handlungen ohne Unterlass bestimmen; dies kann man an allen Personen jedes Alters stetig und allgemein bemerken; allein dies sind Neigungen aus dem Begehren nach dem Guten und keine Einprägungen von Wahrheiten in den Verstand. Ich bestreite nicht, dass der menschlichen Seele von Natur gewisse Bestrebungen eingeprägt sind, und dass mit Beginn des Wahrnehmens und Vorstellens manche Dinge als angenehm und andere als unangenehm gelten; dass man zu manchen neigt und vor anderen flieht; aber dies führt nicht zu angeborenen Schriftzeichen in der Seele, welche als Grundsätze der Erkenntniss unser Handeln regeln sollen. Dergleichen bestätigt so wenig natürliche Eindrucke auf den Verstand, dass es vielmehr gegen sie spricht; denn gäbe es wirklich dergleichen Eindrücke, ähnlich den Grundsätzen der Erkenntniss, so müsste man ihre stetige Wirksamkeit auf die Erkenntniss doch in sich bemerken, wie dies mit jenen andern auf den Willen und das Begehren geschieht; denn diese sind ohne Unterlass die Triebfedern und Beweggründe für all unser Handeln, und wir fühlen sehr deutlich, wie sie uns fortwährend dazu antreiben.

§ 4. (Die Moralvorschriften bedürfen eines Beweises, deshalb sind sie nicht angeboren.) Ein anderer Grund, weshalb ich an dergleichen angebornen praktischen Grundsätze zweifle, ist, dass schwerlich eine Moralvorschrift aufzustellen ist, für welche man nicht mit Recht einen Grund verlangen kann. Dies wäre ganz verkehrt und lächerlich, wenn sie uns angeboren oder selbstverständlich wären, was jeder angeborne Grundsatz sein muss, der weder eines Beweises zur Begründung seiner Wahrheit, noch eines Grundes zur Erlangung seiner Billigung bedarf. Man würde Den für ganz unverständig halten, der für den Satz, dass dasselbe Ding unmöglich sein und nicht-sein kann, nach einer oder der anderen Seite hin einen Grund verlangte. Dieser Satz führt sein eigenes Licht und seine Gewissheit mit sich und braucht keinen andern Beweis; wer die Worte versteht, stimmt ihm als solchem bei; nichts Anderes könnte ihn dazu bestimmen. Wenn man dagegen die sicherste Moralregel und die Grundlage aller gesellschaftlichen Tugend, nämlich, dass man dem Andern das thun solle, was man selbst für sich gethan verlangt, Jemandem sagt, der sie nie gehört hat, aber sie zu verstehen fähig ist, sollte der nicht mit vollem Recht nach ihrem Grunde fragen dürfen? und ist der, welcher sie aufstellt, nicht verpflichtet, ihm ihre Wahrheit und Vernünftigkeit darzulegen? Dies zeigt klar, dass dieser Satz nicht angeboren ist; denn wäre er es, so würde man einen Beweis dafür weder verlangen noch erhalten können, vielmehr müsste der Satz (wenigstens bei dem ersten Hören und Verstehen) angenommen und ihm als eine unzweifelhafte Wahrheit zugestimmt werden, bei der Niemand Bedenken haben kann. Deshalb hängt die Wahrheit aller Moralregeln von andern ihnen vorgehenden ab, aus denen sie abgeleitet werden müssen; dies könnte aber nicht sein, wenn sie angeboren, oder so viel als selbstverständlich wären.

§ 5. (Der Fall mit dem Halten der Verträge.) Dass die Menschen ihre Verträge halten sollen, ist sicherlich eine wichtige und unbestreitbare Regel der Moral. Fragt man indess einen Christen, mit seiner Aussicht auf Glück oder Elend in einem andern Leben, weshalb ein Mann sein Wort halten müsse, so wird er als Grund angeben, weil Gott, der die Macht über ewiges Leben und ewigen Tod habe, es so von uns verlange. Fragt man aber einen Anhänger von Hobbes, so wird er sagen, weil das Publikum es verlangt und Leviathan den strafen würde, der dem entgegenhandelt; wäre aber einer der alten Philosophen gefragt worden, so hätte er geantwortet, weil es unanständig, unter der Würde des Menschen sei und der Tugend, als der höchsten Vollkommenheit der menschlichen Natur, widerspreche, wenn man anders handle.

§ 6. (Die Tugend wird im Allgemeinen nicht, weil sie uns angeboren, sondern weil sie uns nützlich ist, gebilligt.) Daher kommt es, dass die Ansichten über die Regeln der Moral bei den Menschen nach den verschiedenen Arten von Glück, das sie erwarten oder erstreben, so verschieden sind. Dies wäre unmöglich, wenn die Grundsätze des Handelns uns angeboren und durch Gottes Hand unmittelbar unserer Seele eingeprägt worden wären. Allerdings ist das Dasein Gottes in so vieler Weise offenbar, und der ihm schuldige Gehorsam stimmt so mit dem Licht der Vernunft überein, dass viele Menschen dies Gesetz der Natur bezeugen; allein dennoch muss man anerkennen, dass sehr viele Moralregeln eine allgemeine Anerkennung bei Menschen finden, die den wahren Grund der Moralität weder kennen noch zulassen, welcher nur in dem Willen und dem Gebote eines Gottes bestehen kann, der den Menschen in der Finsterniss sieht, in seiner Hand Lohn und Strafe hält und mächtig genug ist, auch den frechsten Uebertreter zur Rechenschaft zu ziehen. Denn da Gott Tugend und allgemeines Glück unzertrennlich mit einander verknüpft hat, und daher die Hebung derselben für die Erhaltung der Gesellschaft unentbehrlich ist, und ihre wohlthätigen Folgen für Alle, mit denen ein tugendhafter Mann zu thun hat, augenfällig sind, so kann man sich nicht wundern, wenn Jedermann diese Regeln nicht blos anerkennt, sondern auch empfiehlt und preist, denn er hat von deren Beobachtung einen sichern Nutzen für sich zu erwarten. Er wird sowohl aus Interesse wie aus Ueberzeugung das für heilig erklären, was, wenn einmal niedergetreten und entheiligt, ihn selbst seines Wohls und seiner Sicherheit beraubt. Obgleich dies der moralischen und ewigen Verbindlichkeit, die diesen Regeln offenbar einwohnt, nichts entzieht, so zeigt es doch, dass die äussere Anerkennung, welche die Menschen ihnen in ihren Worten zollen, noch kein Beweis ist, dass sie angeboren seien, ja nicht einmal, dass die Menschen ihnen innerlich als den unverletzlichen Regeln ihres Handelns zustimmen; der eigene Vortheil und die Rücksichten im Leben lassen vielmehr Viele diese Regeln äusserlich bekennen und billigen, obgleich ihre Handlungen klärlich zeigen, dass sie wenig auf den Gesetzgeber achten, der diese Gebote erlassen, und auf die Hölle, welche er als Strafe den Uebertretern angedroht hat.

§ 7. (Die Handlungen der Menschen zeigen, dass die Regeln der Tugend nicht Grundsätze in ihrem Innern sind.) Vertraut man nicht aus Höflichkeit zu sehr den Versicherungen der meisten Menschen, sondern nimmt man ihre Handlungen für die Dolmetscher ihrer Gedanken, so findet man keine solche innere Verehrung für diese Regeln bei ihnen, und keine so volle Ueberzeugung von ihrer Gewissheit und Verbindlichkeit. Der grosse Grundsatz der Moral, Andern das zu thun, was man sich selbst gethan verlangt, wird mehr empfohlen als geübt. Aber die Verletzung dieses Grundsatzes gilt nicht für ein so grosses Laster, wie es für Tollheit gelten würde, wenn man Andern lehren wollte dieser Satz sei keine Moralregel und habe keine Verbindlichkeit, und laufe nicht gegen den eigenen Vortheil, dem zu Liebe man doch diese Regel übertritt. Vielleicht entgegnet man, dass das Gewissen uns für solche Uebertretungen straft, und dass dadurch die innere Verbindlichkeit und Geltung der Regel bewahrt bleibe.

§ 8. (Das Gewissen beweist nicht, dass irgend eine Moralregel angeboren ist.) Hierauf antworte ich, dass unzweifelhaft Viele, ohne dass es in ihr Herz geschrieben ist, auf demselben Wege, auf dem sie zur Kenntniss anderer Dinge gelangen, auch zu der Zustimmung zu manchen Moralregeln gelangen und von deren Verbindlichkeit überzeugt werden. Andere kommen zu derselben Gesinnung durch ihre Erziehung, ihren Umgang und die Sitten ihres Landes. Wie auch diese Ueberzeugung erlangt sein mag, so dient sie doch, das Gewissen in Wirksamkeit zu bringen, da dasselbe nur die eigene Meinung oder Ansicht von der moralischen Rechtlichkeit oder Schlechtigkeit unserer Handlungen ist. Wäre das Gewissen ein Zeichen angeborener Grundsätze, so wären die entgegengesetzten Grundsätze angeboren, da der Eine aus demselben Gewissensdrang das erstrebt, was der Andere vermeidet.

§ 9. (Beispiele von Ungeheuerlichkeiten, die ohne Gewissensbisse verübt worden.) Wie könnte Jemand diese Moralregeln vertrauensvoll und heiter übertreten, wenn sie angeboren und der Seele eingeprägt wären? Allein man sehe nur ein Heer, was eine Stadt plündert, und suche nach der Beobachtung jener Moral-Grundsätze, nach dem Gefühl für solche oder nach den Gewissensbissen für alle dabei verübten Gräuelthaten. Raub, Mord, Nothzucht wird die Lust derer, die vor Strafe und Tadel gesichert sind. Hat es nicht ganze Völker, selbst in den gebildetsten Erdtheilen gegeben, bei denen das Aussetzen der Kinder, die man auf dem Felde dem Hungertode oder wilden Thieren überliess, eine Sitte war, die so wenig verdammt oder verdächtigt wurde, wie die Erzeugung derselben? Wird nicht in manchen Ländern das neugeborene Kind in dasselbe Grab mit der Mutter gelegt, wenn sie bei der Niederkunft gestorben ist? und schafft man es nicht auf die Seite, wenn ein vermeintlicher Sterndeuter erklärt, dass die Sterne ihm ungünstig seien? Giebt es nicht Gegenden, wo die Eltern, wenn sie alt geworden, ohne alle Gewissensbisse ausgesetzt oder getödtet werden? In einem Theile Asiens werden die Kranken, sobald man an ihrem Aufkommen verzweifelt, schon vor ihrem Tode hinausgetragen und auf die Erde gelegt, wo man sie, dem Winde und Wetter Preis gegeben, ohne Mitleid oder Hülfe umkommen lässt. Unter den Mingreliern, einem das Christenthum bekennenden Volke ist es Sitte, die Kinder lebendig zu begraben, ohne dass man sich dar über ein Bedenken macht; an andern Orten werden die eigenen Kinder verzehrt. Die Caraiben pflegten ihre Kinder zu entmannen, um sie fett zu machen und dann zu verzehren. Garzilasso de la Vega erzählt von einem Volke in Peru, was die Kinder zu mästen und zu verzehren pflegte, die sie mit gefangenen Frauen erzeugt hatten, welche sie zu dem Ende sich als Beischläferinnen hielten, und wenn diese über die Zeit des Gebärens hinaus kamen, so wurden auch sie getödtet und verzehrt. Die Tuupinambos glaubten nur durch die Tugend, dass sie sich an ihren Feinden rächten und möglichst viele von ihnen verzehrten, das Paradies gewinnen zu können. Sie haben nicht einmal einen Namen für Gott und weder Religion noch Gottesverehrung. Die, welche unter den Türken für heilig erklärt worden sind, haben ein Leben geführt, was man ohne Verletzung des Anstandes nicht schildern kann. In Baumgarten's Reisen, einem seltenen Buche, findet sich hierfür eine Stelle, die ich in der Sprache des Verfassers hier wiedergebe. Er sagt: »In Belbec in Egypten sahen wir einen Sarazenischen Heiligen unter Haufen von Spinnen so nackt sitzen, wie er aus dem Mutterleibe gekommen war. Es ist, wie wir hörten, bei den Mohamedanern Sitte, dass die Blödsinnigen und Wahnsinnigen als Heilige betrachtet und verehrt werden. Auch Die, welche lange ein verruchtes Leben geführt haben, aber dann freiwillig die Reue und Armuth auf sich nehmen, halten sie wegen ihrer Heiligkeit für verehrungswürdig. Solche Heilige geniessen einer zügellosen Freiheit; sie können nach Belieben in die Häuser eintreten, essen, trinken, ja den Beischlaf mit den Frauen vollziehen, und entsteht eine Nachkommenschaft daraus, so gilt auch diese für heilig. So lange diese Menschen leben, wird ihnen alle Ehre erwiesen und nach ihrem Tode werden ihnen Tempel und kostbare Denkmäler errichtet, und sie halten den Ort für glücklich, wo deren Leichnam hinkommt und beerdigt wird. Wir hörten dergleichen durch den Dolmetscher von unserm Macrelus. Uebrigens wurde jener Heilige, welchen wir dort sahen, vorzugsweise als ein göttlicher und besonders rechtlicher Mann gerühmt, weil er weder mit Frauen noch mit Knaben seiner Sinnlichkeit fröhnte, sondern nur mit Eselinnen und Mauleselinnen.« Man sehe die Reisen von Baumgarten Buch II. Kap. 1, Seite 73. Mehr dergleichen in Betreff dieser kostbaren Heiligen bei den Türken findet man bei Pietro della Valle in seinem Briefe vom 26. Januar 1616. Wo bleiben da jene angeborenen Grundsätze der Gerechtigkeit, Frömmigkeit, Dankbarkeit, Billigkeit und Keuschheit? Und wo ist jene allgemeine Zustimmung da zu finden, die uns solcher angeborenen Regeln vergewissern soll? Morde beim Duell werden, wo die Mode sie zur Ehrensache gemacht hat, ohne Gewissensbisse vollbracht, und an manchen Orten gereicht die Unschuld in solchem Falle zur grössten Schande. Ueberschaut man die Menschen, wie sie sind, so zeigt sich, dass sie an dem einen Ort Gewissensbisse über Handlungen oder Unterlassungen haben, die an einem andern Orte als verdienstlich gelten.

§ 10. (Es bestehen praktische Grundsätze, die sich widersprechen.) Wer die Geschichte der Menschheit sorgfältig liest, sich unter den verschiedenen Volksstämmen umsieht und ihre Handlungen ohne Vorurtheil betrachtet, kann sich überzeugen, dass man kaum einen moralischen Grundsatz angeben oder eine Tugendregel auffinden kann (die ausgenommen, welche die Gesellschaft zu ihrem Bestehen nicht entbehren kann, obgleich selbst diese gewöhnlich zwischen mehreren Gesellschaften nicht beachtet werden), die nicht in einer oder der andern Weise von der allgemeinen Mode ganzer Gesellschaftsklassen verspottet oder verurtheilt wird, deren praktische Ansichten und Lebensregeln ganz denen Anderer entgegenlaufen.

§ 11. (Ganze Völker verwerfen manche Moralregeln.) Man erwidert hier vielleicht, dass es nichts gegen die Kenntniss einer Regel beweise, wenn sie übertreten werde. Ich erkenne diesen Einwurf da an, wo die Menschen die Gesetze trotz der Uebertretung nicht verleugnen, und wo die Furcht vor Schande, Tadel oder Strafe ein Zeichen bleibt, dass das Gesetz ihnen noch eine gewisse Ehrfurcht einflösst. Aber unmöglich kann ein ganzes Volk das verwerfen und verleugnen, was jeder Einzelne sicher und untrügerisch als Gesetz anerkennt, und doch müsste es sich so verhalten, wenn das Gesetz von Natur dem Gemüthe des Einzelnen eingeprägt wäre. Allerdings kann es kommen, dass Menschen sich für Moralregeln aussprechen, welche sie innerlich nicht für wahr halten, allein sie wollen dann damit nur ihren guten Ruf und ihre Achtung sich bei denen erhalten, welche an die Verbindlichkeit dieser Regeln glauben. Eine ganze Gesellschaft kann aber unmöglich offen und ausdrücklich eine Regel verleugnen und verwerfen, welche die Einzelnen in ihrem Innern doch als ein unzweifelhaftes Gesetz anerkennen müssen, und von der sie wüssten, dass Alle, mit denen sie verkehren, ebenso dächten. Deshalb müsste Jeder fürchten, dass die Andern ihn so verachten und verabscheuen, wie es der verdient, welcher sich aller Menschlichkeit bar erklärt; und der, welcher die natürlichen und anerkannten Vorschriften über Recht und unrecht vermengt, kann nur als der erklärte Feind ihres Friedens und Glückes angesehen werden. Ein praktischer Grundsatz, der angeboren wäre, müsste von Jedermann für einen gerechten und guten gehalten werden. Deshalb ist es beinah ein Widerspruch, zu behaupten, dass ganze Völker in ihren Reden und Handeln einstimmig und allgemein das verleugnen sollten, was jeder Einzelne mit untrüglicher Gewissheit als wahr, recht und gut anerkennte. Dies zeigt somit, dass eine praktische Regel, die irgendwo allgemein und mit offener Billigung oder Nachsicht übertreten wird, nicht angeboren sein kann. Indess habe ich noch mehr auf diesen Einwurf zu erwidern.

§ 12. Man sagt, die Uebertretung einer Vorschrift ist noch kein Beweis, dass sie unbekannt ist. Dies gebe ich zu; wenn aber irgendwo die Uebertretung allgemein zugelassen wird, so beweist dies, dass sie nicht angeboren ist. Wir wollen beispielsweise eine von den Regeln nehmen, die am unmittelbarsten aus der Vernunft sich ergeben, mit den natürlichen Neigungen der meisten Menschen stimmen, und die nur wenige Völker frech verleugnet oder unbedachtsam bezweifelt haben. Ist irgend eine Regel von Natur eingeprägt, so hat keine mehr Anspruch darauf, als die, dass Eltern ihre Kinder schützen und lieben sollen. Was soll es nun heissen, wenn man sagt, diese Regel sei angeboren? Entweder ist sie dann ein angeborener Grundsatz, der bei jeder Gelegenheit das Handeln Jedermanns bestimmt und leitet, oder sie ist eine Wahrheit, die in Jedermanns Seele eingeprägt und deshalb gekannt und gebilligt wird. Aber weder in diesem noch in jenem Sinne ist sie angeboren. Denn erstens bestimmt sie nicht das Handeln aller Menschen, wie ich durch die obigen Beispiele dargelegt habe; auch braucht man nicht bis Mingrelien und Peru zu gehen, um solche Vernachlässigung und Misshandlung, ja Vernichtung der Kinder zu finden; auch kann dies nicht blos als die rohe Sitte einiger wilden und barbarischen Völker angesehen werden; man erinnere sich nur der Griechen und Römer, bei denen es gewöhnlich und straflos war, die unschuldigen Kinder ohne Mitleid und Gewissensbedenken auszusetzen. Ebenso ist es zweitens falsch, dass diese Regel eine angeborene Wahrheit sei, die alle Menschen kennen. Diese Regel, dass Eltern ihre Kinder schützen und ernähren sollen, ist nicht blos keine angeborene, sondern überhaupt keine Wahrheit; denn es ist ein Gebot und kein Lehrsatz, und daher kann sie weder wahr noch falsch sein. Um eine Zustimmung zu ihr als eine Wahrheit zu erlangen, müsste sie in einen Lehrsatz, etwa der Art umgewandelt werden: »Es ist eine Pflicht der Eltern, ihre Kinder zu erhalten.« Allein was eine Pflicht ist, kann ohne Gesetz nicht eingesehen werden, und ein Gesetz giebt es nicht ohne Gesetzgeber oder ohne Lohn und Strafe. Daher kann weder dieser noch ein anderer praktischer Grundsatz angeboren sein, d.h. der Seele als eine Pflicht eingeprägt sein, wenn nicht auch die Begriffe von Gott, Gesetz, Verbindlichkeit, Strafe und einem jenseitigen Leben ebenfalls angeboren sind. Denn die Strafe folgt der Uebertretung dieser Regel nicht in diesem Leben, und deshalb ist klar, dass sie in Ländern nicht die Kraft eines Gesetzes haben kann, wo die allgemein zugelassene Sitte dagegen geht. Jene Begriffe (die sämmtlich angeboren sein müssten, wenn es so etwas wie eine Pflicht geben soll) sind aber so wenig angeboren, dass sie weder bei allen fleissigen und denkenden Menschen, und noch weniger bei allen lebenden Menschen klar und deutlich bestehen. Dies gilt selbst für den Begriff, der noch am meisten als angeboren angenommen werden könnte (nämlich den Begriff von Gott). Dies wird im nächsten. Kapitel sich hoffentlich für jeden denkenden Leser herausstellen.

§ 13. Aus dem Bisherigen ergiebt sich wohl unbedenklich, dass eine Regel, die irgendwo allgemein und ohne Tadel übertreten wird, nicht angeboren sein kann; denn es ist unmöglich, dass Menschen ohne Scheu und Furcht dreist und offen eine Regel übertreten sollten, von der sie klar wüssten (und dies müsste sein, wenn sie angeboren wäre), dass Gott sie aufgestellt habe und ihre Uebertretung mit einer Strafe sicher belegen werde, welche die Sache für den Uebertreter zu einem schlechten Geschäfte mache. Ohne ein solches Wissen kann Niemand sicher sein, dass ihm Etwas als Pflicht obliegt. Kennt man ein Gesetz nicht, oder bezweifelt man es, oder hofft man der Wissenschaft und Macht des Gesetzgebers zu entgehen, so kann vielleicht eine gegenwärtige Begierde die Uebermacht gewinnen; sieht man aber den Fehler und die dabei liegende Peitsche und ein Feuer, als die bereite Strafe der Uebertretung; oder sieht man einen lockenden Genuss, aber zugleich die Hand des Allmächtigen, der sie erhebt und Rache zu nehmen bereit ist (und dies muss der Fall sein, wenn eine Pflicht der Seele eingeprägt ist), dann möchte ich wissen, ob bei einer solchen Aussicht und einer solchen sichern Kenntniss, Jemand in Uebermuth und Gewissenlosigkeit das Gesetz übertreten könnte, was er in unvertilgbaren Schriftzügen in sich trüge, und was ihm in das Gesicht starrte, während er es verletzte? Kann wohl Jemand, wenn er das eingeprägte Gebot eines allmächtigen. Gesetzgebers in sich fühlt, ruhig und vergnügt dessen heiligste Gebote übersehen und mit Füssen treten? Und wäre es endlich wohl möglich, dass, wenn Jemand so offen dem angebornen Gesetz und dem höchsten Gesetzgeber Trotz bietet, alle Umstehenden und selbst die Leiter und Führer des Volkes, die in gleichem Sinne das Gesetz und den Gesetzgeber in sich fühlen, dem schweigend nachsehen, ihr Misfallen nicht aussprechen und nicht den leisesten Tadel darüber ausdrücken sollten? Allerdings sind Grundsätze des Handelns in den Trieben des Menschen enthalten; aber sie sind keine angebornen Moralregeln, da, wenn man ihnen volle Freiheit gäbe, sie die Menschen zur Vernichtung aller Moralität führen würden. Moralische Gesetze sind eine Kinnkette und ein Zügel gegen jene übermässigen Begierden; aber sie können es nur durch Strafen und Belohnungen sein, welche der zu erwartenden Last aus der Gesetzesübertretung das Gleichgewicht halten. Ist daher irgend Etwas der menschlichen Seele als Gesetz eingeprägt, so müsste es die sichere und unvermeidliche Kenntniss sein, dass eine gewisse und unvermeidliche Strafe der Uebertretung des Gesetzes folgt. Kann man aber über angeborne Grundsätze noch zweifeln, so hat die Behauptung und Geltendmachung von solchen keinen Zweck; dann sind Wahrheit und Gewissheit (um die es sich handelt), nicht voll durch sie gesichert, und der Mensch bleibt in derselben unsichern, schwankenden Lage, als gäbe es deren gar nicht. Jedes angeborne Gesetz muss mit dem sichern Wissen verbunden sein, dass seiner Uebertretung eine unvermeidliche Strafe folgt, die gross genug ist, um von der Uebertretung abzuschrecken; man müsste dann mit einem angebornen Gesetz zugleich ein angebornes Evangelium annehmen. Indess missverstehe man mich nicht. Wenn ich die angebornen Gesetze leugne, so will ich damit nicht alle andern Gesetze, die positiven ausgenommen, verleugnen. Es ist ein grosser Unterschied zwischen angebornen und natürlichen Gesetzen; zwischen dem, was in Urschrift in unsere Seele eingeprägt sein soll, und dem, was wir zwar nicht kennen, aber durch Gebrauch und die rechte Anwendung unserer natürlichen Fähigkeiten lernen können. Dagegen scheint mir, dass man in beiden Fällen die Wahrheit einbüsst, mag man ein angeborenes Gesetz behaupten oder mag man leugnen, dass ein Gesetz durch das natürliche Licht, d.h. ohne die Hülfe einer wirklichen Offenbarung, erkannt werden könne.

§ 14. (Die Vertheidiger angeborner praktischer Grundsätze geben dieselben nicht näher an.) Der Zwiespalt der Menschen über praktische Grundsätze ist so offenbar, dass nach dem Gesagten es unmöglich sein dürfte, mittelst des Kennzeichens der allgemeinen Zustimmung eine angeborne praktische Regel aufzufinden; und es muss schon deshalb die Annahme solcher angebornen Grundsätze bedenklich scheinen, weil die, welche so sicher davon sprechen, doch sehr zurückhaltend werden, wenn sie solche angeben sollen. Und doch kann man dies mit Recht von Männern verlangen, die auf diese Meinung so grosses Gewicht legen. Man möchte entweder ihrem Wissen oder ihrer christlichen Liebe misstrauen, wenn sie behaupten, dass Gott die Grundlagen der Erkenntniss und die Regeln des Lebens der Seele des Menschen eingeprägt habe, und sie doch für die Belehrung ihrer Nachbarn und die Ruhe der Menschen diese Grundsätze nicht aus der Menge solcher, die die Menschen verwirrt, herausheben mögen. Allerdings würde solche Belehrung nicht nöthig sein, wenn es wirklich solche angeborne Grundsätze gäbe; denn wenn der Mensch solche angebornen Sätze in seiner Seele eingeprägt fände, so würde er sie leicht von andern Wahrheiten unterscheiden können, die er später gelernt und daraus abgeleitet hat, und nichts wäre leichter, als die Art und Zahl dieser Sätze zu kennen. Man würde über ihre Zahl so wenig, wie über die Zahl unserer Finger zweifeln, und jedes System würde sie dann bereitwillig aufzählen. Allein, so viel ich weiss, hat bis jetzt noch Niemand ein Verzeichniss derselben gegeben, und man kann daher Die nicht tadeln, welche, dergleichen angeborne Sätze in Zweifel stellen, da selbst Jene, welche von uns verlangen, dass wir an solche angeborne Sätze glauben, diese selbst nicht angeben. Wenn Menschen verschiedener Sekten es unternehmen, ein Verzeichniss dieser angebornen Grundsätze aufzustellen, so würde Jeder offenbar nur solche aufnehmen, die seinen besonderen Ansichten entsprächen und die Lehren seiner besonderen Schule oder Kirche unterstützten; dies zeigt klar, dass es dergleichen angeborne Grundsätze nicht giebt. Ja Viele sind so fern von Annahme solcher Grundsätze, dass sie dem Menschen sogar die Freiheit abstreiten und sie zu blossen Maschinen machen, obgleich sie damit nicht blos die angebornen, sondern alle moralischen Regeln über den Haufen werfen und denen die Möglichkeit des Glaubens daran nehmen, welche nicht begreifen können, wie ein Gesetz noch einen Sinn für Wesen haben könne, denen die Freiheit fehlt. Aus einem solchen Grunde müssen natürlich alle Gebote der Tugend von Denen verworfen werden, welche Moralität und Mechanismus nicht vereinigen können; und die Versöhnung oder Verträglichkeit beider dürfte nicht leicht zu bewerkstelligen sein.

§ 15. (Die angebornen Grundsätze von Lord Herbert werden geprüft.) Als ich dies geschrieben hatte, hörte ich, dass Lord Herbert in seinem Buche: »Ueber die Wahrheit« diese angebornen Grundsätze angenommen habe; ich holte mir deshalb bei ihm Rath und hoffte, von einem so geistvollen Manne Etwas zu erfahren, was mir hier genügte und meinen Untersuchungen ein Ende machte. In seinem Kapitel über den natürlichen Instinkt (S. 72 der Ausgabe von 165 fand ich folgende sechs Kennzeichen der von ihm angenommenen gemeinsamen Erkenntnisse: Ursprünglichkeit, Unabhängigkeit, Allgemeinheit, Gewissheit, Nothwendigkeit, d.h. nach seiner Erklärung, dass sie zur Erhaltung des Menschen beitragen; und die Weise der Einstimmung; d.h. eine sofortige Zustimmung. In seiner kleinen Abhandlung: »Ueber die Religion des Laien« sagt er am Ende über diese angebornen Grundsätze Folgendes: »Diese Wahrheiten, welche überall gelten, werden nicht durch das Geltungsgebiet einzelner Religionen beschränkt; denn sie sind in die Seele vom Himmel aus eingeschrieben und bedürfen weder einer geschriebenen noch ungeschriebenen Ueberlieferung«, und Seite 3: »Unsere katholischen Wahrheiten, die als die unzweifelhaften Aussprüche Gottes in das Innere eingeschrieben sind«. Nachdem er so die Kennzeichen der angebornen Grundsätze oder allgemeinen Begriffe gegeben und behauptet hat, dass sie von Gottes Hand in die Seele der Menschen eingeprägt worden, zählt er als solche folgende auf: 1) Es giebt ein höchstes Wesen. 2) Dieses Wesen muss verehrt werden. 3) Die mit Frömmigkeit verbundene Tugend ist die beste Art, Gott zu verehren. 4) Man muss von den Sünden wieder zu sich kommen. 5) Nach diesem Leben giebt es einen Lohn und eine Strafe. – Ich gebe zu, dass dies klare Wahrheiten sind, denen, wenn sie richtig erklärt werden, von jedem vernünftigen Wesen zugestimmt werden muss; aber der Beweis, dass sie dem Innern eingeprägte und angeborne Grundsätze seien, ist, meines Erachtens, nicht geführt.

§ 16. Ich erlaube mir zuerst zu bemerken, dass man an diesen fünf Grundsätzen entweder zu wenige oder zu viele hat, wenn sie als die allgemeinen Begriffe gelten sollen, die Gottes Finger in unsere Seele geschrieben habe; sofern man dergleichen überhaupt vernünftiger Weise annehmen kann. Es giebt noch mehr Sätze, die nach des Verfassers eigenen Regeln denselben Anspruch erheben und als angeborne Grundsätze zugelassen werden können, wie diese fünf; z.B.: »Handle so, wie Du willst, dass man gegen Dich handle«; und vielleicht finden sich bei genauer Betrachtung noch hundert andere gleicher Art.

§ 17. Zweitens findet sich keines der von ihm aufgestellten Kennzeichen an diesen fünf Sätzen; sein erstes, zweites und drittes Kennzeichen stimmt mit keinem, und das erste, zweite, dritte, vierte und sechste passen nur schlecht auf seinen dritten, vierten und fünften Satz. Denn die Geschichte lehrt uns, dass nicht blos Einzelne, sondern ganze Völker diese Sätze sämmtlich oder zum Theil bezweifeln oder nicht daran glauben. So kann ich nicht einsehen, wie der dritte: dass Tugend mit Frömmigkeit die beste Gottesverehrung sei, ein angeborener Satz sein soll, denn das Wort oder der Laut: Tugend ist seinem Sinne nach schwer zu verstehen, unterliegt vielen Unsicherheiten, und der damit bezeichnete Gegenstand ist bestritten und schwer zu erkennen. Deshalb kann dieser Satz nur eine sehr unsichere Regel für das menschliche Handeln abgeben, für die Führung unseres Lebens nur wenig nützen, und ist daher zu einem angeborenen Grundsatz völlig ungeeignet.

§ 18. Erwägt man den Sinn dieses Satzes (denn dieser Sinn und nicht der Laut macht den Grundsatz oder den Gemeinbegriff aus), so heisst: Tugend ist die beste Gottesverehrung, so viel, als sie ist Gott die angenehmste. Versteht man nun unter Tugend, wie gewöhnlich, das Handeln, was nach den verschiedenen Meinungen der Länder als lobenswerth gilt, so ist dieser Satz nicht blos ungewiss, sondern auch unwahr. Wird dagegen unter Tugend das Handeln verstanden, was Gottes Willen oder seinen Vorschriften entspricht, und dies ist der wahre und alleinige Maassstab der Tugend, wenn man damit das bezeichnet, was seiner Natur nach recht und gut ist, so ist der Satz allerdings wahr und gewiss, aber für das Leben wenig nütze, weil er dann nur sagt, dass Gott sich der von ihm befohlenen Handlungen erfreut. Man kann einen solchen Satz für wahr halten und doch nicht wissen, was Gott befiehlt, und man entbehrt, mit ihm, ebenso wie ohne ihn, jeder Regel und jedes Grundsatzes für das Handeln. Schwerlich wird ein Satz, der nur sagt, dass Gott sich an den von ihm befohlenen Handlungen erfreut, für einen angebornen Moralgrundsatz gehalten werden, der in jede Seele eingeschrieben sein soll (mag er auch noch so wahr und gross sein), da er so wenig besagt. Wer dem beistimmt, muss mit gleichem Recht noch hundert andere Grundsätze für angeboren halten; viele haben ebenso viel Recht dazu, wie dieser, obgleich noch Niemand sie zu angeborenen Grundsätzen erhoben hat.

§ 19. Ebensowenig belehrend ist der vierte Satz, dass die Menschen ihre Sünden bereuen sollen, bevor nicht bestimmt ist, welche Handlungen als sündhaft gelten sollen. Das Wort peccata oder Sünden bezeichnet gewöhnlich die bösen Thaten überhaupt, welche eine Strafe für den Thäter nach sich ziehen; wie kann da der Ausspruch, zu sorgen, dass wir nicht das thun, was uns Unglück bringt, ein grosser moralischer Satz sein, wenn man dabei die Thaten nicht kennt, die diese Folge haben? Der Satz ist gewiss wahr, und man hat ihn zu merken und sich einzuprägen, wenn man zuvor belehrt worden, welche Art Handlungen sündhaft seien; aber weder dieser noch der vorige Satz können als angeborene gelten, noch selbst, wenn dies der Fall wäre, etwas nützen, wenn nicht gleichzeitig die besondern Schranken und Grenzen aller Tugenden und Laster in die menschliche Seele eingeschriebene und angeborne Grundsätze sind; und dies möchte sehr zu bezweifeln sein. Gott dürfte daher wohl schwerlich Grundsätze in der Menschen Seele in Worten eingegraben haben, die, wie Tugend und Sünde, schwankende Bedeutungen haben und bei verschiedenen Menschen auch Verschiedenes bezeichnen; ja, man kann nicht denken, dass es überhaupt in Worten geschehen ist, da sie in diesem Grundsatze nur eine sehr allgemeine Bedeutung haben und nur verstanden werden können, wenn man das Einzelne darunter Befasste kennt. In den einzelnen Fällen muss das Urtheil nach der Kenntniss der Handlungen selbst und deren Regeln sich bestimmen, die von Worten entnommen sind, welche der Kenntniss der hohem Begriffe vorausgehen, und diese Regeln muss man kennen, gleichviel ob man Englisch oder Japanesisch spricht oder gar keine Sprache gelernt hat und der Worte sich nicht bedienen kann, wie bei Taubstummen der Fall ist. Wenn man es erreichen kann, dass Menschen, ohne Kenntniss der Worte und der Gesetze und Sitten ihres Landes wissen, es gehöre zur Gottesverehrung, Niemand zu tödten, nur ein Weib zu erkennen, die Leibesfrucht nicht abzutreiben, die Kinder nicht auszusetzen, Niemand das Seinige zu nehmen, auch wenn man selbst Mangel leidet, vielmehr ihm zu helfen und in seiner Noth beizustehen, und im Falle dagegen gehandelt worden, es zu bereuen, sich darüber zu bekümmern und sich zu entschliessen, es nicht wieder zu thun; wenn, sage ich, alle Menschen diese und tausend ähnliche Regeln wissen und anerkennen, die sämmtlich unter die oben gebrauchten allgemeinen Worte von »Tugenden und Sünden« fallen, so hätte man erst dann mehr Grund, diese und ähnliche Worte für Gemeinbegriffe und praktische Grundsätze anzuerkennen. Nach Allem also kann die allgemeine Zustimmung (wenn es eine solche bei Moralsätzen giebt) zu Wahrheiten, deren Kenntniss auf andere Weise erlangt werden kann, schwerlich beweisen, dass sie angeboren sind, und dies allein ist es, was ich behaupte.

§ 20. (Der Einwand, dass angeborene Grundsätze verdorben werden können, wird beantwortet.) Es ändert hierbei nichts, wenn man mit der geläufigen, aber nicht viel bedeutenden Erwiderung kommt, dass angeborene Moral-Grundsätze durch Erziehung, Beispiel und die allgemeine Meinung der Umgebung verdunkelt und zuletzt aus der Seele ganz ausgetilgt werden können. Wäre diese Behauptung wahr, so würde sie den aus der allgemeinen Zustimmung entnommenen Grund umstossen, durch welchen man beweisen will, dass diese Grundsätze angeboren seien; diese Personen müssten denn die Ueberzeugungen ihrer selbst und ihrer Partei für die allgemeine Zustimmung halten. Dies geschieht allerdings nicht selten; Menschen, die sich für die alleinigen Meister der wahren Vernunft halten, werfen die Ansichten und Meinungen der übrigen Menschen als der Beachtung unwerth bei Seite; dann lautet ihr Beweis: »Die von allen Menschen für wahr anerkannten Grundsätze sind angeboren; die von vernünftigen Menschen anerkannten Grundsätze sind solche von allen Menschen anerkannte; wir und unsere Genossen sind vernünftig, des halb erhellt, dass unsere Grundsätze angeboren sind«; was allerdings eine ganz hübsche Art zu beweisen ist, bei welcher der Schritt bis zur Untrüglichkeit sehr kurz ist, zumal es ohnedem schwer ersichtlich wäre, wie es Grundsätze geben kann, welche alle Menschen wissen und anerkennen, und wo dennoch jeder dieser Grundsätze durch Gewohnheit und schlechte Erziehung verdorben und aus der Seele wieder vertilgt werden kann. Dies hiesse so viel, als: »Alle Menschen erkennen es an, aber einige Menschen bestreiten es und sind anderer Ansicht.« In Wahrheit kann die Annahme solcher obersten Grundsätze uns wenig nützen; wir sind mit ihnen und ohne sie in der gleichen Verlegenheit, wenn durch menschliche Macht, nämlich durch den Willen der Lehrer und die Meinungen unserer Umgebung, sie verändert oder verloren werden können. Trotz allen Pochens auf solche oberste Grundsätze und dies angeborene Licht bleibt man ebenso in der Dunkelheit und Ungewissheit, als wenn es dergleichen gar nicht giebt; es ist gleich, ob man keine Regel oder nur eine solche hat, die sich bei jeder Gelegenheit verbirgt, oder ob man unter verschiedenen und entgegengesetzten Regeln die rechte nicht kennt. In Betreff des Angeborenseins der Grundsätze bitte ich deren Vertheidiger, mir zu sagen, ob sie durch Erziehung und Gewohnheit ausgelöscht und vertilgt werden können oder nicht? Ist Letzteres der Fall, so müssen sie bei allen Menschen gleich und überall klar sein, und wenn sie von hinzukommenden Begriffen leiden, so müssen sie, je näher der Quelle, um so klarer und erkennbarer sein, d.h. bei Kindern und Ungebildeten, die noch die wenigsten fremden Eindrücke empfangen haben. Welche Wendung die Vertheidiger dieser angeborenen Grundsätze auch nehmen, sie werden immer finden, dass sie mit den klaren Thatsachen und den täglichen Wahrnehmungen in Widerspruch gerathen.

§ 21. (Es giebt entgegengesetzte Grundsätze in der Welt.) Ich gebe gern zu, dass es viele Ansichten giebt, welche von Personen verschiedener Länder, Erziehung und Temperament als oberste und unzweifelhafte Grundsätze angenommen und festgehalten werden, obgleich viele davon, sowohl wegen ihrer Verkehrtheit, wie wegen ihres gegenseitigen Widerspruchs unmöglich wahr sein können. Allein trotzdem dass alle diese Sätze der Vernunft gerade entgegen sind, werden sie doch hier oder da für heilig gehalten, so dass selbst Menschen, die sonst verständig sind, lieber ihr Leben und ihre theuersten Güter hingeben, als dass sie sich selbst gestatteten, an deren Wahrheit zu zweifeln, oder Anderen, sie in Frage zu stellen.

§ 22. (Wie die Menschen meist zu ihren Grundsätzen kommen.) Es mag dies seltsam scheinen, aber die tägliche Erfahrung bestätigt es, und es erscheint viel leicht nicht so wunderbar, wenn man die Wege und Mittel betrachtet, woher es kommt und wie es möglich ist, dass Lehren, die aus keiner bessern Quelle als dem Aberglauben der Ammen und dem Ansehen eines alten Weibes stammen, endlich durch die Länge der Zeit und die Uebereinstimmung der Nachbaren zur Würde von Grundsätzen in der Religion und Moral emporsteigen. Denn Personen, die (wie sie sagen) Kindern gute Grundsätze beibringen wollen (und es giebt nur Wenige, die nicht eine Reihe solcher Grundsätze bei der Hand haben, an die sie glauben), flössen in den sorglosen und noch uneingenommenen Verstand derselben (denn weisses Papier nimmt alle Schriftzüge an) die Lehren ein, welche die Kinder behalten und bekennen sollen. Diese Sätze lehrt man ihnen, sobald sie nur überhaupt Etwas fassen können, und wenn sie heranwachsen, hören sie deren Bestätigung durch offenes Bekenntniss oder stillschweigende Zustimmung Aller, mit denen sie zusammenkommen oder wenigstens Derer, die sie wegen ihrer Weisheit, Kenntnisse und Frömmigkeit hoch schätzen, und die von diesen Sätzen nur als dem Boden und der Grundlage sprechen, auf welchen Religion und Sitte errichtet sind. So gelangen diese Sätze zu dem Ansehen unzweifelhafter selbst gewisser und angeborener Wahrheiten.

§ 23. Dem kann man noch zufügen, dass, wenn so unterrichtete Menschen erwachsen sind und auf ihr Inneres blicken, sie darin nichts finden können, was älter wäre als diese Ansichten, die ihnen gelehrt wurden, ehe noch ihr Gedächtniss ein Verzeichniss ihrer Handlungen führen und die Zeit merken konnte, wo etwas Neues ihnen begegnete. Sie schliessen deshalb mit Sicherheit, dass diese Sätze, von denen sie den Ursprung nicht auffinden können, von Gott kommen und der Natur ihrer Seele eingeprägt worden, und dass Niemand anders sie ihnen gelehrt habe. Mit Ehrfurcht halten sie sie fest und unterwerfen sich ihnen, wie Viele es ihren Eltern gegenüber thun, nicht, weil es natürlich ist, da Kinder, denen es nicht gelehrt ist, nicht so handeln; sondern sie halten es für natürlich, weil sie immer so erzogen worden sind und sich des Anfanges dieser Ehrfurcht nicht mehr entsinnen können.

§ 24. Ein solcher Vorgang erscheint natürlich und beinah unvermeidlich, wenn man die menschliche Natur und die menschlichen Zustände und Verhältnisse berücksichtigt. Die meisten Menschen können sich nur das Leben fristen dadurch, dass sie ihre Zeit zu den Arbeiten ihres Berufs verwenden; sie können daher in ihrem Innern nicht ruhig sein, wenn sie nicht eine Grundlage oder einen Grundsatz haben, an dem sie in ihren Gedanken sich halten können. Selten ist Jemand so schwankend und oberflächlich in seinem Denken, dass er nicht einige hochgeehrte Sätze hätte, die für ihn die Grundlage abgeben, auf welche er seine Beweise stützt, und nach welchen er über Wahrheit und Irrthum, Recht und Unrecht sich entscheidet. Entweder fehlt ihm das Geschick und die Müsse, oder die Neigung; oder man hat ihm gelehrt, dass diese Sätze nicht geprüft werden dürfen. Deshalb nehmen die Meisten aus Unwissenheit, Trägheit oder in Folge ihrer Erziehung oder Voreiligkeit sie für die baare Wahrheit.

§ 25. Offenbar findet dies bei allen Kindern und jungen Personen Statt; die Gewohnheit hat eine grössere Macht als die Natur selbst und lässt sie das als göttlich verehren, wovor ihr Inneres zu beugen und ihren Verstand zu unterwerfen, man ihnen eingeprägt hat. Es ist deshalb kein Wunder, wenn Erwachsene, die mit der täglichen Arbeit beladen sind, oder die nur nach dem Vergnügen jagen, sich um die ernstliche Prüfung ihrer Grundsätze nicht bekümmern, zumal wenn einer dieser Grundsätze verlangt, dass sie überhaupt nicht geprüft werden dürfen. Selbst wenn Jemand Müsse, Geschick und guten Willen hat, wird er es nicht wagen, die Grundlagen all seines frühem Denkens und Handelns zu erschüttern und sich die Schmach zuzuziehen, dass er lange Zeit in Irrthümern und Missverständnissen sich befunden habe. Wer fühlt sich fest genug zum Kampf mit dem Tadel, der überall für die bereit gehalten wird, welche es wagen, von den herrschenden Meinungen ihres Landes oder Standes abzuweichen? Welcher Mann wird sich gelassen darauf vorbereiten, dass er den Namen eines Sonderlings, Zweiflers oder Gottesleugners bekomme, der ihm sicherlich gegeben wird, sobald er den leisesten Zweifel an dem hegt, was die allgemeine Meinung fordert. Er wird um so mehr sich scheuen, diese Grundsätze in Frage zu stellen, da er sie, wie von den Meisten geschieht, für die Schriftzeichen hält, die Gott in seinem Innern aufgerichtet hat, damit sie die Regel und den Prüfstein für jede andere Meinung bilden. Was kann ihn hindern, sie für heilig zu halten, wenn er findet, dass sie zu den frühesten seiner Seele gehören, und die sind, welche auch die Andern am meisten verehren?

§ 26. Hiernach kann man leicht abnehmen, weshalb die Menschen die in ihrer Seele aufgerichteten Götzenbilder verehren, die Begriffe festhalten, mit denen sie seit langer Zeit bekannt gemacht worden sind, und weshalb sie Verkehrtheiten und Irrthümern den Stempel der Göttlichkeit aufdrücken, eifrige Anbeter von Stieren und Affen werden und für die Vertheidigung dieser Meinungen kämpfen, fechten und den Tod erleiden. »Denn nur die können nach seiner Meinung Götter sein, die er selbst verehrt.« Die geistigen Vermögen der Seele, die zwar ohne Unterlass, aber nicht immer sorgsam und weise angewendet werden, können sich in den meisten Menschen aus Mangel einer Grundlage und eines Bodens nicht entwickeln. Aus Trägheit oder Zerstreuung, oder aus Mangel an Zeit, an Hülfe oder aus andern Ursachen können sie zu den letzten Grundlagen der Erkenntniss nicht vordringen und die Wahrheit nicht bis zu ihrer Quelle und ihrem Ursprung verfolgen; deshalb greifen sie natürlich, ja beinah unvermeidlich einzelne erborgte Grundsätze auf, die nun als die sichern Beweise für alles Andere gelten und deshalb nicht selbst eines Beweises bedürfen. Wenn irgend Jemand solche Grundsätze in sich aufnimmt und mit der Ehrfurcht, die man gewöhnlich Grundsätzen zollt, bei sieh hegt, dabei sie nicht zu prüfen wagt, sondern sich an den Glauben an sie gewöhnt, weil sie geglaubt werden sollen, so kann er in Folge seiner Erziehung und der Landessitte jede beliebige Verkehrtheit für einen angeborenen Grundsatz halten, und das lange Hinstarren auf denselben Gegenstand kann seinen Blick so verdunkeln, dass er die in seinem Gehirn steckenden Ungeheuer für das Bild der Gottheit und ihr Werk nimmt.

§ 27. (Die Grundsätze bedürfen der Prüfung.) Wie Viele auf diese Weise zu Grundsätzen kommen, die sie für angeboren halten, ergiebt sich leicht aus der Mannichfaltigkeit der einander widersprechenden Grundsätze, welche von allen Klassen und Ständen der Menschen festgehalten und vertheidigt werden. Wer nicht anerkennt, dass auf diese Weise die Menschen zu der Ueberzeugung von der Wahrheit und Gewissheit ihrer Grundsätze gelangen, wird schwer einen andern Weg für jene sich widerstreitenden Grundsätze angeben können, die fest geglaubt, vertrauensvoll behauptet werden, und welche Viele jederzeit mit ihrem Blute zu besiegeln bereit sind. Ist es wirklich das Vorrecht angeborener Grundsätze, dass man sie ohne Prüfung auf ihr eigenes Ansehn annimmt, so wüsste ich nicht, was nicht Alles geglaubt werden könnte, und wie die Grundsätze irgend Jemandes in Zweifel gezogen werden können. Sollen sie aber geprüft und erprobt werden, so möchte ich zuvor wissen, wie man die höchsten und angeborenen Grundsätze prüfen soll; wenigstens darf man sich dann die Kennzeichen und Eigenschaften erbitten, durch die man die ächten von den falschen unterscheiden kann, damit man in Mitten einer solchen Menge von Ansprüchen, bei einem so wichtigen Punkte sich vor Missgriffen schützen könne. Ist dies geschehen, so werde ich gern solche willkommene und nützliche Sätze festhalten; bis dahin sei es mir aber gestattet, zu zweifeln; denn die allgemeine Zustimmung, auf die allein man sich beruft, kann schwerlich das sichere Zeichen für die Leitung meiner Wahl sein und mir von irgend einem angeborenen Grundsatze Gewissheit geben. Nach dem bisher Gesagten ist es wohl unzweifelhaft, dass es keine praktischen Grundsätze giebt, in denen alle Menschen übereinstimmen, und deshalb auch keine, die angeboren sind.

Die Philosophie des Geistes

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