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[14]3 Erdgasantrieb

3.1 Funktion des Erdgasantriebs


Bild 3: Dieser Audi A5 Sportback g-tron verfügt über einen Erdgasantrieb, kann aber auch mit Benzin betrieben werden. (Grafik: Audi AG)

Fahrzeuge mit Erdgasantrieb (komprimiertes Erdgas, auch CNG = Compressed Natural Gas oder GNC = Gaz Naturel Comprimé) werden von vielen Herstellern in Serie produziert und ab Werk zum Kauf angeboten. Grundsätzlich ist auch der nachträgliche Einbau einer Erdgasanlage möglich, aber in Anbetracht der Verfügbarkeit von Serienfahrzeugen nicht sehr gängig.

Erdgasfahrzeuge sind sowohl in monovalenter Ausführung (d.h. ohne Benzintank bzw. mit einem Benzin-Nottank) als auch in bivalenter Ausführung erhältlich. Die Fahrzeuge verwenden einen herkömmlichen Verbrennungsmotor (Ottomotor). Anstatt eines Benzin-Luft-Gemisches wird ein Erdgas-Luft-Gemisch in den Zylindern verbrannt. Der Fahrer kann in der Regel mit einem Schalter wählen, ob das Fahrzeug mit Benzin oder Erdgas betrieben werden soll.

Um eine ausreichende Menge Erdgas mitführen zu können, sind im Fahrzeug in der Regel mehrere Erdgastanks montiert, wobei der maximale Druck je Tank ca. 200 bar beträgt. Je nach Anzahl und Größe der Tanks reicht die Erdgasmasse von ca. 26 kg bei Pkw bis zu 250 kg bei Bussen. Die Erdgastanks können sowohl aus Stahl als auch aus kohlefaserverstärktem Kunststoff (CFK) bestehen. Die Tanks sind dabei so [15]stabil, dass eine mechanische Beschädigung durch einen Unfall sehr unwahrscheinlich ist (vgl. auch Egelhaaf und Rücker, 2006).

Erdgastanks befinden sich i.d.R. an geschützten Einbauorten und können entweder längs oder quer zur Fahrtrichtung eingebaut sein. Gängige Einbauorte sind der Bereich der Hinterachse, der Mitteltunnel des Fahrzeugs sowie der Kofferraum. Bei Transportern und Lkw sind die Tanks häufig am Fahrgestellrahmen montiert. Bei Bussen befinden sich die Tanks in der Regel auf dem Fahrzeugdach. Von den Gastanks wird das Gas über Leitungen aus Edelstahl dem Verbrennungsmotor zugeleitet. Erdgasleitungen verlaufen bei Pkw (parallel zu den Kraftstoffleitungen) im Bereich des Fahrzeugbodens. Bei Bussen ist es allerdings möglich, dass Erdgasleitungen auch in Fahrzeugsäulen verlaufen.

3.2 Sicherheitseinrichtungen der Erdgasanlage

An jedem Gastank befindet sich ein Ventilblock, welcher verschiedene Aufgaben und Sicherheitsfunktionen erfüllt:

Elektromagnetisches Absperrventil

Die elektromagnetischen Absperrventile werden vom Motorsteuergerät während des Erdgasbetriebs geöffnet. Fließt kein Strom, schließen sie automatisch. Beim Betanken öffnen sie durch den Druck des eingefüllten Erdgases.

Im Erdgasbetrieb wird das elektromagnetische Absperrventil mit Strom versorgt. Durch das entstehende Magnetfeld des Elektromagneten wird das Ventil nach oben gezogen und öffnet den Erdgastank. Wird der Erdgasbetrieb beendet, schaltet das Motorsteuergerät die Stromversorgung ab und durch die Feder wird das Ventil wieder nach unten gedrückt (vgl. Bild 5).

Das elektromagnetische Absperrventil schließt (je nach Hersteller) z.B. beim Umschalten auf Benzinbetrieb, beim Abstellen des Motors, im Falle eines Unfalls mit Airbag- und/oder Gurtstrafferauslösung oder beim Verlust der Spannungsversorgung des Ventils automatisch.


[16]Bild 4: Beispiel für ein Flaschenventil an einem Erdgastank, hier auf dem Dach eines Buses. Oben auf dem Ventil befindet sich das mechanische Absperrventil, unten das elektromagnetische Absperrventil. In diesem Fall ist die Thermosicherung nach links oben gerichtet. (Foto: Daimler AG)

Bild 5: Funktionsweise des elektromagnetischen Absperrventils (Grafik: Volkswagen AG)

[17]Durchflussmengenbegrenzer

Der Durchflussmengenbegrenzer (Überströmventil) verhindert das ungewollte, schlagartige Ausströmen von Erdgas aus den Erdgastanks nach einer Beschädigung der Erdgasleitung oder bei Beschädigung des Gasdruckreglers, um die Gefahr der Entstehung eines explosionsfähigen Gas-Luftgemisches zu reduzieren.

Ist der Druck im Erdgastank um ca. 2 bar höher als in der Leitung (z.B. nach einem Leitungsabriss), wird ein Dichtkegel durch den Druck im Erdgastank in einen Dichtsitz gedrückt und es kann nur noch eine geringe Menge Erdgas austreten. Dies ist notwendig, damit der Tank sich beim Einstellen gleicher Druckverhältnisse im Tank und in der Leitung (z.B. nach einer Reparatur) auch wieder öffnen kann. Durch Betätigung des mechanischen Absperrventils kann der Gasaustritt vollständig unterbunden werden.

Hat der Durchflussmengenbegrenzer angesprochen, dauert das Entleeren eines vollen Erdgastanks mehrere Stunden, da gemäß UN-R 110 der Leckstrom nur 0,05 Nm3/min betragen darf.

Thermosicherung

Die Thermosicherung verhindert das Bersten des Erdgastanks durch übermäßigen Druckanstieg als Folge von hohen Temperaturen. Sie ist i.d.R. in das Flaschenventil integriert. Außerdem ist es möglich, dass auf der entgegengesetzten Seite des Tanks eine weitere Thermosicherung montiert ist.

Steigt die Temperatur im Bereich der Thermosicherung auf über 110 °C an, öffnet die Thermosicherung die Abblasöffnung und das Erdgas kann aus dem Tank in die Atmosphäre entweichen. Hierzu ist die Thermosicherung z.B. als Schmelzsicherung ausgeführt. Ist der Abblasvorgang einmal gestartet, kann er nicht mehr gestoppt werden. Bei einem vollen Pkw-Erdgastank dauert das Abblasen des Erdgases bis zur vollständigen Entleerung ca. 90 Sekunden.

Berstscheibe

Eine Berstscheibe verhindert einen übermäßigen Druckanstieg im Tank. Eine Einmal-Membran bricht beim Erreichen eines zu hohen Drucks im Tank (z.B. 300 bar). Ist dieser Vorgang einmal gestartet, kann auch er nicht mehr gestoppt werden. Im Gegensatz zur Thermosicherung ist die Berstscheibe nicht vorgeschrieben und deshalb nicht zwangsläufig vorhanden.

Mechanisches Absperrventil

Eine Handabsperrung (mechanisches Absperrventil) erlaubt das manuelle Schließen des Gastanks z.B. für Wartungsarbeiten oder bei einer Leckage im System. Der [18]Ablasskanal zur Thermosicherung ist aus Sicherheitsgründen auch bei geschlossenem Absperrventil geöffnet. Das Schließen des mechanischen Absperrventils erfolgt normalerweise im Uhrzeigersinn, die Form des Absperrventils ist allerdings nicht genormt und kann sich von Fahrzeug zu Fahrzeug unterscheiden (vgl. auch Bild 27).

3.3 Physikalische Eigenschaften von Erdgas

 Erdgas (Methan, CH4) ist ein farbloses brennbares Gas, das im Ursprungszustand geruchlos ist.

 Erdgas ist leichter als Luft (Dichteverhältnis Erdgas/Luft ~ 0,6) und steigt deshalb im Freien rasch auf!

 Erdgas ist odoriert (mit einem Geruchstoff versetzt), d.h. ein Erdgasaustritt kann bereits vor dem Erreichen der unteren Explosionsgrenze festgestellt werden.

 Der Explosionsbereich liegt zwischen 4 Vol-% und 17 Vol-% in Luft.

 Die Zündtemperatur liegt bei ca. 640 °C.

3.4 Sonderfall: Verflüssigtes Erdgas

Bei Lkw kommt aufgrund der höheren Reichweite in zunehmendem Maß auch verflüssigtes Erdgas (LNG = Liquified Natural Gas) als Kraftstoff zum Einsatz:

Verflüssigtes Erdgas nimmt nur 1/600 des ursprünglichen Gasvolumens ein, so dass in einem Tank gleichen Volumens deutlich mehr Erdgas mitgeführt werden kann. Um Erdgas zu verflüssigen, muss es allerdings auf –162 °C heruntergekühlt werden und im Tank auf dieser Temperatur gehalten werden. Deshalb kommen sogenannte Kryogentanks zum Einsatz, d.h. spezielle doppelwandige, isolierte Edelstahltanks ohne externe Kühlung.

Achtung: Verflüssigtes Erdgas ist anders als CNG ggf. nicht mit einem Geruchsstoff versehen (odoriert).

Kommt es zu einer Leckage, verbreitet sich verflüssigtes Erdgas aufgrund der niedrigen Temperatur und der damit einhergehenden hohen Dichte zuerst am Boden. Gefrierendes Wasser aus der Luft sorgt dabei dafür, dass sich eine Nebelwolke [19]bildet. Erwärmt sich das LNG verringert sich die Dichte zunehmend und das Gas steigt nach oben auf.

Kryogentanks für LNG verfügen über vergleichbare Sicherheitseinrichtungen wie Druckgastanks für CNG (u.a. elektromagnetisches Absperrventil, mechanisches Absperrventil). Allerdings wird i.d.R. eine Überdrucksicherung verwendet, die auf einen zu hohen Druck reagiert und nicht (wie bei CNG) auf hohe Temperaturen.

Der Druck im Tank beträgt ca. 10 bar. Während des Betriebs (insbesondere bei langen Standzeiten) erwärmt sich der Tankinhalt langsam und der Druck im Tank steigt an. Bei einem Druck von ca. 16 bar wird durch ein erstes Sicherheitsventil LNG abgelassen, bis der Druck abgebaut wurde. Hierfür ist ggf. eine Edelstahlleitung an einen erhöhten Punkt an der Kabinenrückwand geführt, damit sich austretendes Gas nicht in Hohlräumen sammeln kann. Steigt der Druck im Tank weiter an (z.B. durch externe Erwärmung bei einem Fahrzeugbrand), öffnet sich bei 24 bar ein zweites Sicherheitsventil (PRD), das Gas direkt am Tank ins Freie abführt.


Bild 6: Verflüssigtes Erdgas (LNG) wird in speziellen Tanks (sog. Kryogentanks) bei -162 °C mitgeführt. Bei der gezeigten Sattelzugmaschine ist der Tank seitlich am Fahrgestellrahmen montiert. (Foto: Volvo Trucks) [zurück]

[20]Merke: Bei einem LNG-Tank öffnet das Überdruckventil nur solange, bis der Überdruck im Tank wieder abgebaut ist. Anschließend schließt das Ventil wieder.

Bei Kryogentanks führt (neben einer Erhitzung durch Brand) auch eine Beschädigung der Isolation zwangsläufig zu einer Erwärmung und damit zu einem Druckanstieg im Tank, der zum Ansprechen der Überdrucksicherung und zum Abblasen des LNG führt. Ein Hinweis auf die Beschädigung der Isolierung kann demnach die Bildung von Kondenswasser auf dem Tank sein.

Tritt flüssiges LNG aus, geht es nach und nach kochend in den gasförmigen Zustand über. Dabei bildet sich aufgrund der kondensierenden Luftfeuchtigkeit ein deutlich sichtbarer weißer Nebel. Das LNG breitet sich zuerst am Boden aus, da es bei Temperaturen unter –135 °C noch schwerer als Luft ist. Das LNG erwärmt sich langsam, wodurch sich seine Dichte verringert.


Bild 7: Bei diesem schweren Verkehrsunfall war auch ein LKW mit LNG-Antrieb beteiligt. Obwohl das Fahrerhaus massiv beschädigt wurde, ist der LNG-Tank unbeschädigt. Eine Beschädigung des Tanks könnte zu einem Verlust des Vakuums und damit zu einem Druckanstieg im Inneren führen, was zwangsläufig zum Abblasen des Inhaltes führen würde. (Foto: Thomas Heckmann)

Alternative Fahrzeugantriebe im Feuerwehreinsatz

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