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Amy und ich

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Oh, du liest also gleich weiter... Ich freue mich, dass dir dieses Buch anscheinend so gut gefällt, dass du es gar nicht mehr weglegen möchtest. Ich liege übrigens gerade eben auf dem Balkon und lass’ mir die Sonne auf den Pelz scheinen, während mein persönlicher Ghostwriter im Wohnzimmer sitzt und schön brav all meine Gedanken aufschreibt. Ich muss jedes Mal schmunzeln, wenn ich höre, wie er auf der Tastatur seines neuen Laptops herumtippt und die von mir übermittelten Zeilen niederschreibt. Gestern Nachmittag hat er nur für mich und dieses Buch hier sein Erspartes für einen Laptop ausgegeben und beschäftigt sich seitdem mit nichts Anderem mehr. Wenn ihr sehen könntet, wie er sich ehrgeizig bemüht, beim Schreiben meinen Erwartungen auch nur ansatzweise gerecht zu werden. Dieses Gefühl ist einfach herrl... „Hey! Was soll das! Amy! Amy! Hör auf, ich entspanne gerade. Ich will jetzt nicht spielen! Amy! Na gut! Nimm das! Argh! Wer ist der Boss! Huh?! Ganz genau! Ich! Mein Name ist B...“

Na toll, schon ist sie wieder weg und hört mir eh nicht mehr zu, aber da dieses Kapitel sowieso von ihr handelt, haben wir mit diesem spielerischen Kampf einen perfekten Einstieg ins Thema geschafft. Man, bin ich gut!

Amy ist meine Schwester und, genau wie ich, ebenfalls fünfeinhalb Jahre alt. Sie ist wie ich fast komplett weiß mit einem grauen Schwanz. Während ich auf meinem Astralkörper einzelne graue Punkte habe, hat sie graue Pfoten und zwei markante dunkelgraue Streifen auf ihrem Kopf. Sie sagt, es würde ihre wunderschönen Augen betonen... Was soll ich sagen... Sie ist eben eher der Beauty-Typ von uns beiden. Auf jeden Fall wurden wir beide auf einem Bauernhof, der sich ungefähr 150 Kilometer weit weg von hier befindet, zusammen mit fünf weiteren Geschwistern geboren. Meinen Papa habe ich nie kennengelernt, aber meine Mama hat sich immer absolut vorbildlich und liebevoll um uns gekümmert. Sie hat für immer und ewig einen festen Platz in meinem Herzen. Im Grunde genommen ist diese Verbindung genauso stark wie bei euch Menschen. Allerdings gibt es bei uns einen gravierenden Unterschied, was die Selbstständigkeit angeht. Ihr Menschen bekommt Kinder, die dann 18 Jahre und in extremen Fällen sogar noch länger bei euch wohnen. Ihr müsst euch 18 lange Jahre um euren Nachwuchs kümmern, bevor es in der Regel so weit ist, dass die „Kleinen“ ausziehen und versuchen, auf eigenen Beinen zu stehen. Wir Katzen folgen schon wenigen Wochen nach der Geburt unseren Instinkten und gehen auf immer größere Erkundungstouren, während eurer Nachwuchs, sobald er laufen kann, vor dem Fernseher vor sich hinvegetiert. Dieses Verhalten üben allerdings auch noch weitaus ältere Exemplare eurer Art aus. Kein Wunder, dass wir die Weltherrschaft so einfach an uns reißen konnten...

Amy und ich wussten auf jeden Fall schon recht früh, dass wir hinaus in die große weite Welt wollten und so kam es, dass wir vor ungefähr fünfeinhalb Jahren süß in die Kamera geschaut haben und sich bereits kurze Zeit danach die Interessenten nur so um uns rissen. Nach mehreren Nieten, die wir schlichtweg einfach nicht beachtet haben, kam ein junges Pärchen zur Türe herein. Amy und ich wussten gleich, dass diese beiden genau die richtigen Dosenöffner für uns sind. Dies gaben wir den beiden damals natürlich gleich zu verstehen, indem wir sie schnurrend um den Finger wickelten. Noch am selben Abend hieß es dann für Amy und mich, Abschied von unserer Mama und den anderen Geschwistern zu nehmen. Ich werde nie vergessen, wie unsere Mama uns nochmals liebevoll zum Abschied abgeschleckt und ganz fest umarmt hat. Klar ist so eine Trennung, auch für uns Katzen, nicht leicht, aber so etwas gehört zum Leben nun mal einfach dazu. Amy hatte besonders in den ersten Tagen etwas Probleme, mit dem Trennungsschmerz umzugehen, aber ich habe sie dann immer getröstet und an dieser Stelle muss ich ganz klar sagen, wenn du bereits darüber nachgedacht hast, eine Katze zu adoptieren und du so, wie ich es dir im ersten Kapitel bereits befohlen habe, diesen Gedanken bald in die Tat umsetzen möchtest, dann adoptiere bitte gleich zwei von uns. Zusammen fühlen wir uns definitiv wohler und können uns obendrauf beim Zerstören deiner Wohnungseinrichtung die Arbeit teilen.

Nun, wie bereits berichtet, hieß es für uns noch am selben Tag Abschied zu nehmen und so kam es, dass Amy und ich uns kurze Zeit später in einem sehr bequemen Karton auf der Reise unseres Lebens wiederfanden. An dieser Stelle sei gesagt, dass es generell keine unbequemen Kartons gibt, aber dazu später mehr. Mit großen Augen starrten wir an die Decke des Autos und versuchten, uns an den vorbeihuschenden Lichtern der Straßenlaternen, die sich auf den Autoscheiben reflektierten, satt zu sehen. Ich spürte, wie mein Herz aufgeregt schlug und nur von dem noch aufgeregteren Herzen meiner Schwester, die sich nah an mich heran gekuschelt hatte, übertönt wurde. Die ganze Fahrt dauerte eine gefühlte Ewigkeit und war für uns wirklich ein absolut aufregendes Erlebnis. Bis dato waren wir noch nie in einem dieser Gefährte, die ihr Autos nennt, unterwegs gewesen und dann noch mit einem Reiseziel, das wir beide noch nicht kannten. Aber wir Katzen vertrauen unserem Instinkt, denn er treibt uns an und bringt uns an die tollsten Orte, die man sich in seinen Gedanken kaum auszumalen vermag. An dieser Stelle sei gesagt, dass ihr Menschen euch oftmals selbst im Weg steht. Mir ist klar, dass du im Laufe deines Lebens gelernt hast, dass ältere Menschen oftmals Weisheiten von sich geben, an denen wirklich etwas dran ist und dass man sich diese wirklich zu Herzen nehmen sollte. Diese Menschen haben schließlich schon weitaus mehr Lebenserfahrung als man selbst gesammelt und hier nicht zuzuhören wäre ziemlich blöd. Mir ist klar, dass du selbst schon weitaus älter als ich, mit meinen fünfeinhalb Jahren, bist aber lass mich dir eine Sache ans Herz legen: Überlege nicht so viel – höre auf dein Herz und mach einfach das, was dich glücklich macht. Glaub mir, du wirst es nicht bereuen, denn auch auf dich warten da draußen so viele Abenteuer, die dich wirklich glücklich machen. Warum ich dir das erzähle? Ganz einfach – wie schon gesagt, glückliche Menschen sind die besseren Diener für uns Katzen.

Nun ja, zurück zum eigentlichen Thema dieses Kapitels... Wo waren wir... Ach ja... Zwei klitzekleine Katzenbabys auf dem Weg in ihr neues Zuhause. Gespannt auf das, was uns dort erwarten würde, schliefen wir irgendwann im Karton, der vom Auto sanft hin und her bewegt wurde, ein.

Ich kann mich nicht mehr wirklich daran erinnern, was ich damals geträumt habe, aber ich weiß noch sehr gut, wie wir durch ein zärtliches Streicheln geweckt wurden. „Amy! Amy, wach auf! Ich glaube, wir sind da!“ Noch während ich diesen Satz von mir gegeben hatte, hüpfte ich wild entschlossen mit einem noch leicht tollpatschigen Satz über den Rand des Kartons... Na ja, zumindest war dieser anmutige Sprung so geplant... „Blöder Karton... Viel zu hoch! Wer baut den so etwas?! Also, ich muss doch sehr bitten! Hey ihr da!“, miaute ich die beiden neuen Dosenöffner an. „Holt mich mal hier raus! Ich muss die Welt erkunden!“ Obwohl eure Sprache natürlich weitaus primitiver als die unsere ist, habt ihr auf Anhieb gleich verstanden, was ich von euch wollte. „Siehst du, Amy – die beiden sind die perfekten Bediensteten für uns“, lächelte ich meine Schwester von der Seite an, während wir sorgsam aus den Fängen des Kartons befreit und in die Weiten des Wohnzimmers freigegeben wurden. Mehr als ein einziges „WOW!“, das sich für Menschen eher wie ein „MIAU!“ angehört hatte, konnten wir nicht von uns geben, so geplättet waren wir. Ein nagelneuer Kratzbaum in todschickem Beige, ein stylisches Katzenklo, chromfarbene Näpfe für Futter und Wasser sowie jede Menge Platz zum Spielen, der mit einem herrlichen Parkettboden überzogen war. Erst jetzt entdeckte ich das ganze Katzenspielzeug, das überall verteilt im Zimmer herumlag. Bälle, plüschige Mäuse, kleine Rasseln und ein Spieltunnel, der mit seinen frohen Farben direkt zum Spielen einlud. Ich konnte mich gar nicht an all dem, was ich da vorfand, sattsehen und vom ersten Augenblick an war mir eines klar: Das hier ist von nun an unser Königreich – hier werden wir von nun an regieren! Wir rannten, überwältigt von all den Gefühlen. umher und schossen die Spielsachen wild durch den ganzen Raum, während die beiden uns dabei lächelnd zusahen. Natürlich ist mir klar, dass dieser atemberaubende Anblick für einen Menschen sowieso etwas ganz Besonderes ist. Zwei göttergleiche Raubtiere rannten in unglaublicher Geschwindigkeit durch das Königreich, das für uns in mühevoller Arbeit aufgebaut und nun übergeben wurde. Also da wäre ich an der Stelle der Bediensteten auch ziemlich platt gewesen, denn so etwas sieht man ja auch nicht alle Tage. Anschließend gab es dann noch einen kleinen „Herzlich-Willkommen-Snack“, den wir mit unseren scharfen Zähnen und kraftvollen Kiefern aus dem Futternapf rissen. Also ich sag euch, da könnt ihr jede Tierdokumentation im TV vergessen, denn an so ein Spektakel kommt wirklich nichts ran. Die beiden haben uns dabei verständlicherweise ziemlich erstaunt zugesehen und uns dabei immer wieder sanft gekrault. Nachdem wir zum allerersten Mal im neuen Königreich gespeist hatten, kuschelten wir uns eng aneinander und begannen, uns unseren Träumen hinzugeben.

Katzen an die Macht

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