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Drittes Kapitel

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Der Mord wurde an einem milden Sommertag begangen, im Juni nahe des Dorfes Wiesenthal, das an der Elbe liegt, und die Täter ermittelten sie erst ein viertel Jahr später.

Als Markschat und Beer, um Aufsehen zu vermeiden, früh am Morgen Sasse im Park abfingen, stieg wärmend die herbstliche Sonne auf. An diese Sonne wird sich Sasse vor Gericht erinnern, ein dreiviertel Jahr später, denn so lange brauchten sie, um die verworrenen Fäden des Mordfalles zu entwirren. Während der Dauer des Prozesses hatte Sasse gehofft und gehofft, der Kelch möge an ihm vorübergehen. Er saß zusammengesunken und lauschte dem Singsang der Zeugen, der Anwälte und des Richters. An die stolz aufgerichtete Edith verschwendete er keinen Blick. Der Tag der Urteilsverkündung war wieder ein Junitag. Er lauerte und lauschte, war heiter beinah.

Erst als er spürte, wie die Sonne ihm den Rücken wärmte, wurde er unruhig. Da erinnerte er sich an jenen Morgen im September letzten Jahres, als er an der Seite des Chefarztes durch den Park der Herzklinik spazierte. An der Seite des Chefarztes Doktor Drescher fühlte er sich geborgen. Natürlich schmeichelte es ihm, so sichtlich vor allen anderen Patienten ausgezeichnet zu sein. Es, wird sich schon alles einrenken, dachte er, schließlich hat sich in meinem Leben immer alles zum Guten gewendet.

Doktor Drescher, namhafter Herzspezialist, plauderte und legte ihm den Verlauf seiner Genesung nach dem Herzinfarkt dar. Es war ein tröstliches und beruhigendes Bild, das Sasse von sich erhielt. Sasse sei überarbeitet gewesen, sagte der Arzt, habe nervlich gelitten durch immer neue Komplikationen seines Amtes. Die Gerüchte in der Stadt, die Schmierereien und Anpöbelungen hätten ihn dann rasch umschmeißen können. Aber das Schlimmste sei nun überstanden, Doktor Drescher trage sich mit dem Gedanken, ihn bald zu entlassen, wenn er einverstanden sei, heute schon.

Es war für Sasse selbstverständlich, daß der Chefarzt so mit ihm sprach. Seit er Direktor war, genoß er es, sich berichten zu lassen und gefragt zu werden, ob er einverstanden sei. Verbindliche Antworten zu geben, war für ihn seit langem Routinesache. Manchmal hatte er von sich den Eindruck eines Weisen, zu dessen Füßen sich die ratlose Welt lagert und auf Auskünfte aus seinem Mund wartet.

War beredt und einsilbig zugleich. Wenn sein Auftrag war, eine Weisung der Obrigkeit zu verkünden, eine befohlene Maßnahme durchzusetzen, die Sache der Obrigkeit zu verteidigen oder Zweifler herunterzu-putzen, ging er hin und sprach, und was er seinen Zuhörern mitteilte, blieb dann unwidersprochen. Andererseits aber war er auch zurückhaltend. Ja und nein sei deine Rede, sagte sich Sasse dann, alles andere ist vom Übel.

Ohne Drumrumgerede hatte er Entscheidungen getroffen, in denen es um hunderttausend Mark, sogar um Millionen ging. Eigenartig, dachte Sasse, als er an der Seite von Doktor Drescher durch den Park der Herzklinik schlenderte, wie eine Entscheidung zur materiellen Gewalt wird, wenn sie ein Mann trifft, der nicht zaudert und nicht zweifelt. Selbst Entscheidungen, die sich später als falsch herausstellten, hatten ihn nicht umwerfen können. Es gab Geschrei, Vorwürfe, bei ihm Zerknirschung. Hatte er aber die Geduld, Anschuldigungen anzuhören und bescheiden ja, ja, nein, nein zu antworten, so sank nach kurzer Zeit die Anklage in sich zusammen. Das Leben ging weiter.

Sasse freute sich so sehr über diesen Tag, daß er ein Geräusch überhörte. Das kleine Geräusch eines langsam laufenden Motors folgte ihnen schon eine Weile, doch der Doktor plauderte so anregend und zeigte ihm so viel Verständnis, daß Sasse nicht auf die Idee kam, sich umzuschauen. Die Sonne wärmte ihm, wie gesagt, den Rücken, dazu die Aussicht auf Tisch und Bett zuhaus. Er überlegte schon, mit wem er sich zuerst verabreden sollte. Am besten erst mal mit Edith. Dann fiel ihm Sonja ein.

Wie ist es, sagte er, als ich ins Krankenhaus kam, hatte die Polizei ihren Streifendienst erweitert, ist das noch so?

Aber nein, sagte Doktor Drescher, es hat sich alles eingerenkt.

Da nahm er sich vor, zuerst Sonja zu fragen.

In dem Augenblick fuhr langsam, von hinten kommend, ein Auto an ihnen vorbei und hielt vorn an der Krümmung des Weges. Sind die verrückt, dachte Sasse, das ist ein Parkweg, der ist doch gesperrt für Autos, er blickte Doktor Drescher von der Seite an,doch der schien solche Bedenken nicht zu haben. Zwei Männer stiegen aus, warfen die 'Wagentüren zu, zuerst der eine die linke, dann der andere die rechte. Sie knallten die Türen so ungestüm zu, daß der Wagen schaukelte. Standen unschlüssig, wie es schien. Der große kräftige Mann mit der randlosen Brille sagte ein paar Worte zu dem Begleiter. Der kleine dünne Mann stieß 'mit dem Fuß gegen dieVorderreifen, als wollte er den Luftdruck abschätzen. Als Sasse mit dem Chefarzt vorbeigehen wollte, trat der große kräftige Mann auf ihn zu und sagte:

Sind Sie Herr Sasse?

Ja, sagte Sasse.

Kriminalpolizei, sagte der große kräftige Mann, er hielt Sasse ein kleines aufgeschlagenes Heftchen hin, Hauptmann Markschat, ich muß Sie bitten, uns auf das Revier zu folgen.

Sasse sah verblüfft Doktor Drescher an. Der legte ihm die Hand auf die Schulter und sagte:

Regen Sie sich nicht auf, es wird sich alles finden.

Er stieg mit den beiden Herren in das Auto und dachte, daß er immer hatte wissen wollen, wie es ist, wenn sie einen festnehmen, und er fragte:

Bin ich festgenommen? S

Markschat legte ihm die Hand auf die Schulter, ach, so ist das, dachte Sasse, und Markschat sagte:

Herr Sasse, Sie sind wegen des dringenden Verdachtes verhaftet, gemeinsam mit Edith Schilder am neunzehnten Juni Liesbeth Koslowski ermordet zu haben. Hier, er zeigte ihm ein beschriebenes farbiges Formular. Was? dachte Sasse, ausgerechnet rot? Das ist der Haftbefehl, sagte Markschat, wenn Sie bitte lesen würden, aber Sasse wollte nicht.

Ach, dachte er, das ist ja ganz einfach, wie die das machen, und er fragte:

Legen Sie mir Handschellen an?

Nein, sagte Markschat.

Nicht mal Handschellen, dachte Sasse. Lange wollte er nicht glauben, daß Doktor Drescher ihn aus der Klinik gelockt hatte, um Aufsehen bei der Verhaftung zu vermeiden. Ein Zellengenosse versuchte es ihm vergebens einzureden. Sasse vermied, mit anderen Häftlingen vertraut zu werden, als hätte er dadurch seine Schuld eingestanden.

Monate später, mit der wärmenden Sonne im Rücken und im Ungewissen darüber, welche Strafe Richter Pinthus aussprechen wird, dasselbe Gefühl: heraufziehendes Verhängnis, Staunen, wie simpel sich ein Prozeß entwickelt, und Enttäuschung. Eine halbe Stunde nur noch, dann wird er nicht mehr staunen, nicht mehr enttäuscht sein. Dann wird er die Schließmuskeln nicht mehr beherrschen können,und sie werden ihn hinausschleppen, weil die Beine versagen, weil die Zuschauer im Gerichtssaal anfangen, unruhig zu werden von dem Gestank, den er ausströmt.

Edith wurde kurz vor Mittag verhaftet. Schattenberg bat sie zu sich, um mit ihr die neuen Aufgaben nach der Wahl zu besprechen, wie er am Telefon erläuterte., Sie schwang sich gleich aufs Rad, und als sie am Gemüsegeschäft vorbeifuhr, sah sie frischen Blumenkohl im Schaufenster und hielt an. Im Laden sah sie noch Schnittlauch und Porree, und als sie am Gewerkschaftshaus ankam, hatte sie zwei Netze voll. Im Vorzimmer von Schattenberg genierte sie sich und bat die Sekretärin, die Netze abstellen zu dürfen. Die Sekretärin sah sie mit eigenartig vorwurfsvollem Blick an, und Edith dachte, warum hab ich nicht auf dem Rückweg eingekauft?

Die machten gerade zu, sagte sie entschuldigend zur Sekretärin, die aber antwortete nicht, sah sie weiterhin nur an.

Edith klopfte an und trat ein. Schattenberg hinterm Rüsterschreibtisch sprang auf. Mensch, ist der blaß, dachte sie. Schattenberg kam hinter dem Schreibtisch hervor, Wobei er seitlich hüpfende Bewegungen machte, denn eine Blattpflanze verengte ihm den Weg. Wahrscheinlich hat er sie schon mal umgekippt, und jetzt ist er vorsichtig, dachte.Edith. Rannte an ihr vorbei zur Tür, die er hinter ihr zumachte, als habe er ihr eilends Vertrauliches zu berichten und könne nicht erwarten, bis sie ungestört allein sind. Indem sie sich umwandte, entdeckte sie die beiden Männer, die in den Besuchersesseln saßen, und da wußte sie Bescheid.

. Deinen Gewerkschaftsausweis, sagte Schattenberg.

Was ist damit? fragte Edith.

Gib ihn mir, sagte Schattenberg.

Edith kramte in ihrem Täschchen. Dabei überlegte sie, wie sie sich verhalten sollte, holte Zigaretten und Feuerzeug hervor, und während sie sich eine ansteckte, sagte sie beiläufig:

Den Ausweis? Na, hör mal.

Ich muß ihn haben, sagte Schattenberg halsstarrig und streckte die Hand aus.

Na, sagte Edith und machte ein Gesicht, als sei sie entschlossen, ihm auf die Finger zu hauen, sollte er sich nicht beherrschen können.

Da erhob sich der größere der beiden in den Gästesesseln, reichte Edith ein Papier und sagte:

Das ist der Haftbefehl, Frau Schilder, ich bin Hauptmann Markschat von der Mordkommission. Sie werden beschuldigt, gemeinsam mit Gustav Sasse, Liesbeth Koslowski getötet zu haben.

Gibst du mit jetzt den Ausweis, rief Schattenberg drohend.

Ich denke nicht daran, sagte Edith.

Es sah so aus, als wollte Schattenberg das Dokument mit Gewalt einziehen. Blaß und mit bebenden Lippen drang er gegen sie vor.

Lassen Sie das, sagte Markschat.

Diese, diese, sagte Schattenberg mit bebenden Lippen.

Gleich fängt er an zu heulen, sagte Edith zu den Polizisten.

Jetzt stand auch der kleinere der beiden Kriminalisten auf und sagte, indem er auf die Tür wies:

Bitte.

Ist es wahr, sagte Edith, daß ich jetzt mit Ihnen gehen muß?

Ja, sagte Beer.

Und wenn ich mich weigere, sagte Edith.

Lasse ich Sie vorführen, sagte Beer.

Diese, diese, sagte Schattenberg.

Na, sagte Edith zu den Polizisten, ob der jemals noch ein anderes Wort herausbringt?

Als Edith im Vorzimmer die vollen Einkaufsnetze sah, ging sie hin und hob sie auf. So bepackt, wollte sie schon durch die Tür, als Markschat ihr in den Weg trat.

Lassen Sie das, sagte er.

Das ist für meine Familie zum Wochenende, sagte Edith.

Markschat schaute Schattenberg an und sagte: ›

Sorgen Sie dafür, daß es der Familie umgehend ausgehändigt wird.

Vor dem Richter, nachdem sie den stinkenden Sasse hinausgeschleift haben, wird Edith mit Bedauern daran denken, auf welch simple Art die kunstvoll verschleierte Tat aufgedeckt wurde. .

Von dem Tag, an dem sie zum erstenmal davon hörte, daß Liesbeth Koslowski schwanger sei, bis zu dem Tag, da Richter Pinthus ihr das Todesurteil verliest, werden anderthalb Jahre vergehen. Wenn Edith diese Zeit durchdenkt, so findet sie Fehler über Fehler, die andere gemacht haben, vor allem Sasse. Wie sorgfältig sie ihr Gewissen befragt, an sich wird sie keinen entdecken. Bedauern, ja. Auch Reue. Auch Schmerz.

Die Position, die sie sich geschaffen hatte, schien unerschütterlich zu sein. Heute noch heißt es bei langjährigen Mitarbeitern in der Grundstücks-verwaltung, wenn der Direktor sich tyrannisch aufführt, wenn das Kantinenessen nichts taugt, wenn die Prämie zu gering ausgefallen ist oder wenn es darum geht, die herzlose Anordnung der Obrigkeit abzuwehren: mit Edith Schilder, die bei uns damals die Gewerkschaft machte, wäre uns das nicht passiert.

Niemand verstand es so gut, mit Direktor Sasse umzugehen, wie Edith, Die Belegschaft freute sich immer, wenn sie sich auf Versammlungen den Chef aufs Korn nahm. Man ging gern zu ihr, denn meist wußte sie Rat. Auch die städtische Obrigkeit hatte Respekt vor ihr. Manchmal bekam Sasse einen roten Kopf vor Ärger, wenn sie ihn öffentlich angiftete. Aber griff ein anderer Sasse an, so verteidigte sie ihn. Sie war es auch, die ihn immer zu Prämien und Belobigungen vorschlug. Er dagegen betraute sie mit vertraulichen Aufgaben; und oft erhöhte er außer der Reihe ihr Gehalt. .

In der Belegschaft schmunzelte man darüber, denn man war Zeuge der öffentlich ausgetragenen Fehde zweier Menschen, die trotz Gift und Galle die Leistung des anderen achteten. Auch später, als die wahre Beziehung zwischen Sasse und Edith aufgedeckt wurde, hat keiner in der Grundstücksverwaltung von einer Täuschung gesprochen.

Sasse wirkte immer freundlich und zuvorkommend, so daß die ratsuchende Bürgerin, die sich Sorge machte um den Ofen, der vor Weihnachten nicht repariert werde, bedenkenlos ja sagte, wenn er sie einlud, nach Feierabend in einem netten Lokal die Sache nochmals gründlich zu bequatschen.

Sasse, Sasse, sagte Edith später, wenn sie in ihrem Versteck lagen, was bist du für ein Hahn.

Er lachte glücklich, zog sie zu sich, streichelte die feste Haut, das feste Fleisch,-während sich ihre Brüste schwer über ihn senkten, daß es ihm den Atem abschnitt. l

Mach das Haar auf, sagte er, Edith machte den Haarknoten auf, und lang fiel die braune Mähne auf Sasse, der gleich anfing, darin zu wühlen. Sein Spieltrieb war so entwickelt, daß er sich stundenlang-mit ihrem Körper befassen konnte, durch den es ständigin zitternden Wellen lief.

Am liebsten las er Bücher von früher, in denen ahnungslose und unschuldige Menschen von Schergen ergriffen, von Gerichtsherren verurteilt und von Scharfrichtern gevierteilt wurden,gehängt, gerädert, verbrannt, enthauptet, vergiftet, vom Felsen gestoßen, wilden Tieren vorgeworfen, zertrampelt, erschossen, erstickt, vor das Geschützrohr gebunden und von der Granate zerfetzt, erdrosselt und totgepeitscht wurden.

Dann wallte Zorn in ihm auf gegen die früher Herrschenden, und er fühlte sich brüderlich verbunden mit den Gemarterten. War gerührt bei dem Gedanken, daß diese Schandtaten der Vergangenheit angehörten. Atmete auf. Denn er lebte in einem Land, in dem Unmenschlichkeit abgeschafft worden war, wie er immer wieder betonte, und er legte sogar die Hand aufs Herz, und wo man sich aus Sorge um den Menschen unaufhörlich den Kopf zerbrach.

Wenn er las, wie im südamerikanischen Urwald vom Hubschrauber aus Jagd auf Indios gemacht wurde, nickte er wissend vor sich hin. Das eben war die unmenschliche Seite der Welt. Daß es diese Untaten im zwanzigsten Jahrhundert noch gab, in meinem aufgeklärten Zeitalter, sagte Sasse, als gehöre er zum inneren Kreis der Männer, die seine Epoche zu der gemacht hatten, die sie nun war, daß es dennoch Untaten gab, empörte ihn, stachelte ihn auf, und wenn Frau Mahnke mit der Spendenliste für Afrika kam, griff er rasch zur Brieftasche, ungeduldig fast, warum sie so lange auf sich warten lasse, zog einen Zwanzigmarkschein hervor und sagte:

Geben Sie mir zehn raus. r

War sittlich entrüstet und dankbar zugleich. Sittlich entrüstet über Verbrecher, die überall in der Welt noch existierten und regierten, dankbar, daß es in seinem Land Ruhe und Ordnung gab.

Ruhe und Ordnung, sagte er, sind das Wichtigste im Leben, Ruhe und Ordnung um jeden Preis.

Ohne sie hätte er nicht leben können. Gern las er Memoiren von Henkern.

Daß sich Sir Archibald Grandpiece, Ihrer Majestät der Queen geadelter Scharfrichter, in seinen Memoiren gegen die Todesstrafe aussprach, verblüffte Sasse sehr. Es schien ihm, als säge der Henker von London an dem Ast, auf dem er sitzt. Dabei war der Beweis, den er beibrachte, überzeugend wie selten einer. Sir Archibald erzählte nämlich, wie Räuber, Mörder und Blutvergießer ohne Reue und ohne aus ihrer Tat zu lernen vor den Henker traten und ihr Leben hingaben, sogar ohne auf den Tröstungen der Kirche zu beharren. Wenn es einer weiß, dachte Sasse, dann ist es Sir Archibald, der Missetätern den geseiften Strick um den Hals legte.

Auch die Memoiren Henri Sansons, des Henkers von Paris, las er mit großem Gewinn für seine Seele. Er bewunderte den Mann, der bitterlich weinte, als sein Hund nach einem Sturz mit gebrochenem Rückgrat verstarb. Dennoch brachte Monsieur so viel Pflichtbewußtsein auf, am selben Tag sein Werkzeug zu nehmen, um einen Mann zu richten, vom dem es hieß, er habe mit der Brechstange den Müller und dessen Familie im Schlaf erschlagen. '

Henri Sanson hatte gegen seine Gepflogenheiten und gegen die Vorschrift verkleidet an dem Prozeß teilgenommen, hatte die Nöte von Staatsanwalt und Gericht beobachten können, dem Mann den mehrfachen Mord` zu beweisen. Der Mann bestritt die Schuld, die Zeugen sagten Widersprüchliches aus, der Staatsanwalt verstieg sich zu verwickelten und unbegreiflichen Theorien über die Tat und ihre Motive, der Richter war alt und nicht mehr imstande, dem Ablauf des Prozesses zu folgen.

Als das Urteil gesprochen war, Tod durch das Beil,war Henri Sanson von der Unschuld des Verurteilten überzeugt. Trotzdem betrat er zur festgesetzten Stunde das Schafott. Rückte den Block zurecht, wie er es immer tat kurz vor dem Streich. Ließ die Sonne sich im blanken Stahl spiegeln und warf einen Lichtreflex an die gegenüberliegende Hauswand. Wartete auf die Knechte, die den Verurteilten heranführten. Als der Verurteilte vor ihm stand, versuchte der einen tiefen Blick in das Auge des mit rubinroter Maske und Lederhose bekleideten Scharfrichters und sagte leís, indem er ihn ansprach wie den König persönlich: .

Ich bin unschuldig, Sire.

Ich weiß, mein Sohn, sagte Monsieur, und Sekunden später rollte der Kopf des Mannes in die Späne.

Die Frau im Strom

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