Читать книгу Die Schule der Wunderdinge (2). Simsala Schirm - Kira Gembri - Страница 9

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2. Kapitel

»Wie bitte?!«, keuchte Pip und riss die Augen auf. »Hast du gefragt, ob wir selbst ein Wunderding erschaffen wollen?«

Wilma blinzelte unschuldig. »Ja, ich dachte, das könnte euch vielleicht gefallen. Aber fühlt euch bitte nicht unter Druck gesetzt.«

»Du machst Witze!« Pip sah aus, als wollte sie gleich einen Freudentanz aufführen. »Meine Schwestern geben ständig mit ihren selbst gebauten Wunderdingen an. Wenn Pia und Maria erfahren, dass ich jetzt auch so was machen darf, kriegen sie vor Ärger grüne Pickel!« Diese Vorstellung schien Pips Laune sogar noch zu heben. Begeistert strahlte sie Tilly an, und Tilly strahlte zurück. Wunderdinge zu pflegen, war schon unheimlich toll, aber gar kein Vergleich dazu, selbst eines zu erschaffen. Das würde sich wirklich so anfühlen wie Zauberei!

»Was müssen wir tun?«, fragte Tilly eifrig. »Wie verwandelt man denn ein gewöhnliches Ding in ein magisches?«

»Damit.« Wilma durchwühlte ein paar ihrer Kitteltaschen, dann hielt sie ein kleines Fläschchen hoch, das Tilly bekannt vorkam. Ja natürlich: Dieses Mittel hatte Wilma benutzt, um Clarissas magischen Schmetterling zu polieren. Clarissa hatte den armen mit ihrer unsanften Art ganz schön zerknautscht, aber dank der schillernden Flüssigkeit sah er nun wieder so aus wie neu.

»Reine Magie«, kommentierte Nico leise. »Mein Vater hat so was mal von einer seiner Forschungsreisen mitgebracht.«

»Richtig«, bestätigte Wilma und drehte das Fläschchen zwischen den Fingern, sodass es in allen Regenbogenfarben leuchtete. »Sie erscheint, wenn ein altes Wunderding beschließt, in den Ruhestand zu gehen. Es ist nämlich sehr anstrengend, bis in alle Ewigkeit wunderbar zu sein, wisst ihr? Sobald sich ein Wunderding in einen gewöhnlichen Gegenstand verwandelt hat, steigt seine Magie wie ein glitzerndes Wölkchen heraus und sammelt sich als Tropfen an der Oberfläche. Man muss sie schnell einsammeln, sonst verdunstet sie. Umso wichtiger ist es, dass ich auf dem Dachboden immer den Überblick behalte. Mit der Magie, die ich dort sammle, kann ich andere Wunderdinge erschaffen oder reparieren.«


»Aber irgendwie muss das doch angefangen haben«, wandte Gabriel stirnrunzelnd ein. »Ich meine, jemand hat irgendwann das allererste Wunderding gebaut. Woher hatte er oder sie die Magie dafür?«

Bedauernd zog Wilma die Schultern hoch. »Dieses Wissen ist leider verloren gegangen. Deshalb sind meine Vorräte auch so wertvoll. Und euch allen ist klar, vor wem wir sie um jeden Preis beschützen müssen, oder?«

»W-Wunderdiebe!« Das Wort schien Bastian so nervös zu machen, dass er stotterte. Auch Tilly bekam bei dem Gedanken an diese zwielichtigen Menschen eine Gänsehaut. Eine Wunderhüterin wie Wilma konnte mit genügend Fleiß und Einfallsreichtum jeder werden, aber Wunder diebe wurden mit der seltenen Gabe geboren, magische Gegenstände auszusaugen. So konnten sie übernatürliche Kräfte sammeln – aber die verblassten wieder, wenn sie nicht regelmäßig neue Magie tankten.

»So ein Fläschchen könnten die Diebe einfach leer trinken, oder?«, fragte Tilly. »Ist das leichter für sie, als einem Wunderding die Kraft zu rauben?«

Wilma nickte ernst. »Wenn ein Wunderding ausgesaugt wird, geht nicht nur seine Magie auf den Wunderdieb über, sondern auch seine Fähigkeiten: Blitze schießen, in die Zukunft schauen, gigantische Kaugummiblasen machen und so weiter. Aber manchmal möchte der Wunderdieb diese Fähigkeiten gar nicht haben. Vor allem, weil er immer häufiger Magie nachtanken muss, je mehr Fähigkeiten er besitzt.«

»So wie ein Handy den Akku schneller verbraucht, wenn man viele Apps geladen hat?«, erkundigte sich Gabriel.

»Akku. Apps. Genau«, sagte Wilma und räusperte sich. Handys schienen nicht gerade ihr Spezialgebiet zu sein. »Jedenfalls«, fuhr sie dann etwas lauter fort, »kostet es wohl viel Konzentration, die unerwünschten Fähigkeiten wieder loszuwerden. Reine Magie hingegen macht einen Wunderdieb einfach nur stärker, bis er irgendwann fast unbesiegbar wird.«

»Kein Wunderdieb darf jemals hier reinkommen, alles klar«, sagte Clarissa, zog den magischen Schmetterling aus ihren Haaren und ließ ihn ungeduldig von einer Hand in die andere flattern. »Aber wie verwendet man denn nun diese reine Magie? Tropft man etwas davon auf irgendeinen Gegenstand, und das war’s?«

Wilma schüttelte so heftig den Kopf, dass ihre Locken wild auf und ab hopsten. »Nein, ganz und gar nicht! Ob die Magie richtig wirkt, liegt in erster Linie bei euch. Ihr müsst eine sehr genaue Vorstellung von dem Ergebnis haben, während ihr sie auftragt, sonst klappt es nicht. Außerdem müsst ihr fest entschlossen sein! Fantasie und Entschlossenheit, das sind beinahe die wichtigsten Zutaten.«

»Und welche ist die wichtigste?«, bohrte Gabriel nach. Zum ersten Mal erlebte Tilly ihn ein wenig nervös – dabei hatte er immer die besten Noten und besaß außerdem einen Zauberwürfel, der ihn mit genialen Ideen versorgte.

»Wirst du gleich sehen.« Wilma griff hinter sich zur Anrichte, grapschte wahllos nach irgendeinem Ding und hielt es Gabriel vor die Nase. »Betrachte diesen Gegenstand ganz genau«, sagte sie eindringlich. »Versuche, eine Verbindung zwischen euch beiden herzustellen. Möchte er dir vielleicht etwas mitteilen?«

»Der … Kartoffelschäler?« Gabriel starrte auf das leicht verrostete Messer, dann schaute er Wilma an, als wollte sie sich über ihn lustig machen.

»Ja«, beharrte sie. »Lausche tief in dich hinein! Hast du denn gar kein besonderes Gefühl bei seinem Anblick?«

»Äh, nicht so richtig.«

»Dann ist er auch nicht das passende Material für dein Wunderding.« Bedauernd legte Wilma den Kartoffelschäler wieder auf die Anrichte. »Wenn ihr keine Verbindung zwischen euch und einem Gegenstand spürt, ist es sehr unwahrscheinlich, dass ihr ihm besondere Fähigkeiten entlocken könnt. Die wichtigste Zutat ist also Gefühl.«

Lux, der ungewöhnlich brav gelauscht hatte, kuschelte sich an Tillys Bein und puffte ein paar Herzchen in die Luft. Wir haben auf jeden Fall eine besondere Verbindung!, schien er damit sagen zu wollen. Gerührt setzte Tilly ihn auf ihre Schulter, dann fragte sie: »Das heißt, wenn man sich nicht gut genug konzentriert und auch nicht das richtige Gefühl hat, passiert einfach gar nichts?«


»Nun ja, im besten Fall habt ihr dann bloß ein wenig Magie verschwendet«, sagte Wilma und wiegte den Kopf. »Manchmal entsteht allerdings auch etwas, das weder gewöhnlich noch wunderbar ist, sondern vollkommen verrückt. Wir nennen das ein Wirrwarrding. So was kann durchaus gefährlich werden … aber keine Sorge«, fügte sie hinzu, als Bastian erschrocken den Mund aufklappte. »Erstens bekommt ihr von mir nur klitzekleine Mengen Magie, und zweitens bin ich ja bei euch. Sollte irgendetwas schiefgehen, kriegen wir das sicher schnell in den Griff.«

Wilma schob einen Ärmel ihres Kittels hoch und schaute auf ihre Armbanduhr. Jedenfalls glaubte Tilly, dass dieses Ding eine Uhr war, obwohl es viel zu viele Zeiger und zwei abstehende Ohren hatte. »Für heute habt ihr genug geschuftet, aber ich werde eure Eltern anrufen und ihnen Bescheid geben, dass ihr morgen den ganzen Nachmittag beschäftigt sein werdet. Überlegt euch bis dahin schon mal, was ihr bauen wollt! In zwei Tagen veranstalten wir dann eine Präsentation … oder noch besser: Wir machen einen kleinen Wettbewerb daraus! Wer meine Aufgabe am besten erfüllt, bekommt von mir eine Belohnung.«

»Was denn?«, fragte Pip. Sie rutschte auf ihrem Stuhl herum, und ihre Zöpfe schienen noch steifer vom Kopf abzustehen als sonst. »Oh, bitte, bitte, verrat es uns!«

»Nein, das werdet ihr dann schon sehen«, wehrte Wilma lächelnd ab. »Doch ihr wisst ja, wie ich immer gerne sage: Seid ihr bereit, euch verzaubern zu lassen?«

Die Schule der Wunderdinge (2). Simsala Schirm

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