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Es ging um die Wurst

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Was bleibt Schreibern einer Wiener Stadtzeitung, deren Zentralrat die Verwendung des Ich konsequent unter Strafe stellt, anderes übrig, als in die Literatur zu flüchten (oder sich hinter Alibikonstruktionen wie „man“, „das Publikum“ oder „informierte Kreise aus der Richterschaft“ zu verstecken)? „Bitte“, sagen die dann, „wir sind ja kein x-beliebiges Zeitgeistmagazin, das – getrieben vom Leidensdruck individueller Ausdrucksdefizite oder grassierenden Personality-Wahns – ein jedes Nockerl mit Bekenntnissen über die eigene libidinöse Befindlichkeit eröffnen muss. Wo kämen wir denn da hin?“ Einer der unerbittlichsten Adepten dieser Schule, also ein wahrer Talib, ist Nuechtern himself: nicht dieser hier, der in Gaudenzdorf haust, sondern jener dort, der schlicht in Meidling residiert, Protestant ist (und wahrscheinlich deshalb einem Warmduscher wie „Badly Drawn Boy“ Asyl im CD-Player gewährt) und dennoch das unfassbarste Erdäpfelgulasch diesseits meiner (jenseitigen) Oma kocht.

Letzteres bringt ihn mit diesem Nuechtern hier, dem manischen Kämpfer wider kulturelle Verblödung, kulinarische Fantastereien (ich sage nur „Ennstalsushi“) oder falsch verstandenen Pluralismus zur Deckung: ein Hang zur Professionalität (wenn schon Wurst im Gulasch, dann eine g’scheit fette!) kollidiert mit Episoden spontanen Dilettierens in fremden Ressortbereichen (ich sage nur Filmkritik – Leser der legendären „Fight Club“-Vernichtung von anno dazumal wissen, worum es geht).

Aber worum geht es eigentlich? Im Endeffekt um die Wurst, die einen aufrechten Talib wie Loebenstein tatsächlich vom rechten Weg selbstgerechter Verachtung abzubringen vermochte. Sie war, so viel sei verraten, köstlich: grob in der Konsistenz und von zartem, selbst durch gekonnte Paprizierung des Saftes nicht zu überschmeckendem Raucharoma. Fürwahr, es soll Ihnen versichert sein, der Mann praktiziert, was er predigt!

So borgt die Literatur vom Leben, der Gaudenzdorfer vom Meidlinger und der Ober-Talib von seiner flüchtigen Redaktionsbekanntschaft – ein paar unbedacht vorgetragene Schnurren, und schon findet man sich im Pantheon der österreichischen Literatur wieder. So geschehen mit dem Dänen-Penis: der Verachtung von Freund Rado R. („Schleimer! Karrierist! Du warst nie in Dänemark!!!“) möchte ein geknickter Ex-Fundi nur matt entgegenhalten, dass die fragliche Toilette auf der griechischen Insel Rhodos zu finden sei. So viel dazu!

Michael Loebenstein

Kleines Gulasch in St. Pölten

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