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Neuer Fluss an der Aarhusbucht

Stadttrips sind oft anstrengend: Denn die Füße qualmen; die Luft in Museen ist trocken. In Aarhus aber gibt es bewusst angelegte Erholungsräume. Besonders der Fluss hat sich zu einer Freizeitmeile gewandelt. Überall finden sich Restaurants und schöne Plätze vom Zentrum bis zur Bucht.

93 Meter misst der St.-Clemens-Dom zu Aarhus. Die längste gotische Kirche Dänemarks prägt die alte Bischofsstadt. Sie wurde im 15. Jahrhundert im Stile der Backsteingotik erbaut. Backstein konnte leicht produziert werden.

Außen wirkt das Gebäude dunkel der gebrannten Ziegel wegen; innen strahlt es dagegen hell. Dies hat sowohl etwas mit dem hellen Kalkmörtel an den Wänden zu tun als auch mit der nach viel Licht verlangenden gotischen Bauweise. Das Licht des Himmels soll zu den Gläubigen gelangen. Hier greift das Prinzip des Kreuzrippengewölbes. In den Seitenschiffen werden die beiden kreuzrippengewölbten Quadrate zu einem Rechteck zusammengefasst.

Hiermit kann das Licht der Fenster im Seitenschiff ungehindert das Mittelschiff erreichen. Das Mittelschiff aber bleibt erhöht. Dadurch sind im Obergeschoss die hohen gotischen Fenster möglich. Im Westen trägt eine Einturmfassade im Giebel einen Anker: Dieser weist auf die Bedeutung der Seefahrt hin, die mit der Lage der Stadt an der Bucht und mit dem Namenspatron zusammenhängt. Clemens, Papst in Rom, gilt als Schutzherr der Seefahrer.

Innen hängt ein wohl Papst Clemens geltendes Segelschiff im Domportal, wie es oft in nördlichen Kirchen an der Küste zu sehen ist. Vorm Altar heißen zwei freundlich lächelnde weibliche Heilige den Besucher willkommen. Die innerhalb von Torbögen und Wänden in den Putz gemalten alten Fresken im Kirchenschiff beeindrucken auf 220 Quadratmetern Fläche. Die meisten stammen aus der Zeit von 1470 bis 1520. Ein Fresko zeigt zum Beispiel in Gewänder gehüllte farbig ausgeführten Apostel mit Bärten. Als Apostel sind sie durch die Zahl 12 und am Heiligenschein zu erkennen. Sie falten die Hände, neigen ihre Köpfe zur Seite, sind von kindlicher Unschuld gekennzeichnet.

Vom Dom aus gelangt man schnell in die Vestergade, wo eine Klosterkirche von 1541 steht, die Frue Kirke, also eine Marienkirche. Vor ihr liegt ein nach außen abgeschlossener Platz mit einem schönen Brunnen, ohne aber durch die Kirche beansprucht zu werden. Eine Frau mittleren Alters isst auf einer der Bänke in ihrer Mittagspause ein belegtes Brötchen. Zwei junge Frauen unterhalten sich angeregt miteinander. Ein älterer Mann trinkt Bier. Alle entziehen sich für eine Weile dem Trubel. Natürlich bietet sich ein Besuch in der Kirche an. Am Tor verkündet ein Plakat den Auftritt eines Bremer Jugendchors. Vor dem Eingang zur Krypta sitzt ein lächelnder Pfarrer. Er lauscht der Orgel. Die Krypta mit einem schönen Gewölbe wurde 1955 wiederentdeckt. Sie wurde vielleicht im 13. Jahrhundert zugeschüttet, offenbar, weil sie sich immer wieder mit Wasser füllte.

Knapp einen Kilometer von der Frauenkirche entfernt klettert Mads auf einen Kunstfelsen. Besonders am Felsen: Er ist fast in die Innenstadt integriert, steht an der Carl Blochs Gade in einem Park am Fluss Aarhus Å. Mit seinem nackten Oberkörper, den rasierten blonden Haaren und blauen Bermudas fällt der Jugendliche als Kraftpaket auf. Und er sieht professionell aus. Er trägt Kletterschuhe. Seine im Sand liegende Gummimatte schützt. Oft lässt er sich erschöpft darauf fallen. Der Felsen setzt sich aus unterschiedlichen geometrischen Formen wie Quadern, Rechtecken und Dreiecken zusammen. Auf die Flächen sind unterschiedlich geformte Vorsprünge montiert. Als er registriert, dass er fotografiert wird, kommt er neugierig. Heute sei er nicht in Form, seufzt er. Das Ziehen und Stemmen am Felsen falle ihm schwer.

Nur auf den ersten Blick reizvoll erscheint die im Zentrum liegende „Prachtstraße“ der Stadt – Åboulevarden: wegen des Wassers, der Brücken über den Fluss und des lebendigen Auf- und Abflanierens der Menschen. Dort liegt das überdimensionierte Kaufhaus „Magasin“, das der Altstadt die Luft zum Atmen raubt. Es überragt die historischen Häuser der Altstadt, schluckt so das Licht der Umgebung. Die Eintönigkeit der langen Front spiegelt sich im vorüber fließenden Fluss Aarhus Å. Aber von einer Radfahrerskulptur aus ist zu sehen, wie die Menschen am Flussufer den Sommer genießen. Es gibt dort einen Flair ausströmenden Platz mit Steinblöcken, auf denen sich junge Frauen unterhalten. Anstelle einer Mauer grenzen die Stadtplaner den Platz raffiniert mit Spurrillen vom Wasser ab, damit keiner hineinfällt. Am Flussufer reihen sich Restaurants und Cafés aneinander; deren Tische sind im Sommer immer gut besetzt bis tief in die Nacht. Doch die Preise sind so frech, dass sogar die Kellnerin davor warnt, 7,50 Euro für eine Tomate und fünf Kammmuscheln auszugeben.

Daher empfiehlt es sich, der „Fressmeile“ zu entfliehen und den Reiz des Flusses zu erkunden. Das wegen seines üblen Geruchs ehemals einbetonierte Gewässer wurde in der Innenstadt in den 1980-er Jahren für die Bürger geöffnet. Die Wasserqualität hatte sich erheblich verbessert. Der Verkehr lief früher auf beiden Seiten des Flusses. Um die Chancen eines Boulevards zu erhöhen, beschloss man, eine Seite des Flusses für den Autoverkehr zu sperren. Bis dahin kannten die meisten Einwohner den Fluss nur als Verbindung des Hinterlandes mit dem Hafen.

Über die Befreiung gelang es, sowohl das Stadtzentrum mit dem Hafen zu verbinden als auch mehr freies städtisches Leben zu ermöglichen. Entlang einer im Zuge dieser Maßnahme am Fluss gepflanzten Allee reihen sich seitdem mehrere treppenartig gebaute breite Stege aus Holz. Jugendliche nehmen sie gerne als Gelegenheit zum Schnacken an.

Stadtarchitekt Stephen David Willacy, der noch in den nächsten Jahren enorm damit beschäftigt sein wird, nach dem Flussgebiet im Zentrum auch das Hafengebiet für die Bürger aufzubrechen, meint: „Jetzt hat sich der Fluss zu einer großen Quelle der Unterhaltung mit Restaurants und schönen Plätzen zum Spazierengehen gewandelt. Die Promenade reicht jetzt bis zum Hafen. Dies war eine wichtige Entscheidung in der jüngeren Stadtgeschichte.“

Willacy ist Brite, um die 50 Jahre alt. Den Kontakt zu ihm vermittelt die PR-Frau Lotte Vind Sørensen vom städtischen Bauamt. Sie reagiert zeitnah auf Anfragen. Bei ihr wiehert nicht der Amtsschimmel. Die Stadtplaner kennen ihre Stadt, haben sie doch die dänische Art zu leben, mit einigen auch für jeden anderen Architekten leicht zu realisierenden Projekten gefördert. Willacy nimmt das Anliegen seines Gastes ernst, die Architektur der Stadt zu verstehen, versteht es aber dabei auch, humorvoll zu bleiben. Er kann wunderbar zwischen den Zeilen zu lesen, so dass sich ein qualitätsvolles Gespräch entwickelt. Für ihn stellt es kein Problem dar, die Entwicklung der Stadt in den vergangenen 40 Jahren unterhaltsam zu vermitteln.

In Aarhus' wichtigster Fußgängerzone, der Søndergade, fehlt jedoch jegliches Flair. Außer vor einem Irish Pub, der mit astronomischen Preisen aufwartet, findet man nicht eine Ruhezone. Erst am Ende der Gasse gibt es einen Park, in dem man sich ausruhen kann. Hier findet man Besucher des herausragenden Kunstmuseums ARoS und des Festspielhauses sowie Studenten der Musikschule – lauter ruhige und angenehme Nachbarn. Dort steht auch das so genannte Ridehus, ein schönes Backsteingebäude, dem man noch die historische Reiterkaserne ansieht. Dass es heute zum Konzert einlädt, zeigen Plakate. Wenn Konzerte stattfinden, breiten die Zuhörer ihre Decken auf dem Rasen aus und picknicken

Im gleichen Umkreis findet sich auch das moderne Kunstwerk des australischen Künstlers Benjamin Gilbert, der Naturformen entlehnt, nämlich die des Buckelwals als Grundform, und sie zu einem modernen Kampfhubschrauber verfremdet. Er nennt das Mischwesen „hval-i-kopter“. Was hat der Mittdreißiger beabsichtigt? Er wurde von Greenpeace inspiriert. Gilbert ist selbst aktives Mitglied. Er vertritt die Idee, Kunst müsse interaktiv sein, wenn sie etwas bewirken solle. Einfach ausgedrückt lautet sein Appell: Schafft den Walfang ab und schützt dessen Lebensraum! Ob das Studentenpärchen, das daneben auf dem Rasen picknickt, auch davon berührt wird? Auf einer Decke verteilen sie die Speisen. Eine Flasche Wein leisten sie sich auch. Wein ist nicht mehr so teuer wie der übrige Alkohol. Also wird etwas Besonderes gefeiert. Faszinierend ist der natürlich und melodiös vorgetragene Gesang aus dem Wal-Hubschrauber. Er ist rhythmisch wie textlich eindeutig dem Gesang einer Popsängerin nachempfunden. Die Sängerin: eine hübsche gut fünfjährige Afrikanerin. Die Kleine mit einer ungemein freundlichen Ausstrahlung kann das Lied nur von einem Musiksender kennen. Im Walkörper hallt es, was das Mädchen wohl entdeckt hat. Ihre mit einer Freundin auf einer Decke sitzende Mutter nimmt vom Gesang keine Notiz. Der ältere Bruder probiert sich derweil als Kraftmensch Krause aus, hämmert mit dem Fäusten auf den Hubschrauber ein. Auch andere Eltern mit Kindern steigen in den hval-i-kopter, stecken den Kopf aus dem Walmaul und rufen „Buh“.

Auf dem Platz am Musikhus vorbei spazierend, stößt man zwischen Büschen auf einen kleinen Platz mit einem Wasserspiel. Jugendliche haben diese Oase auch entdeckt. Denn hinter einem hohen Baum, unter dem das Wasser sprudelt, verbergen sie sich im Gebüsch wie in einem Schutzraum. Von den verborgenen Bänken aus können sie in den Park schauen, ohne selbst gesehen zu werden. Der Cannabis-Geruch liegt in der Luft. Fünf Jungs sitzen entspannt plaudernd auf einer Bank und rauchen Joints. Großzügig bietet einer von ihnen einen Joint an. Nichts bringt sie aus der Ruhe, nicht einmal, dass ihr neuer Gast sie fotografiert. Sie fotografieren ihn ebenfalls und lachen darüber belustigt wie ihr Gast. Sie sprechen über Schule, über Mädchen, hören Musik. Vor ihnen liegen Seiten aus Schulheften, die sie hinterher säuberlich einsammeln. Chefarchitekt Willacy sagt dazu, die Stadt habe bewusst über die Stadt verteilte Erholungsräume geschaffen. Selbst im Park der Sommerresidenz Marselisborg habe sie Grillplätze eingerichtet. Aber auch mitten im Zentrum liegen solche Zonen wie der Kletterfelsen. Andere Städte speisen Bürger mit Bänken ab.

Willacys Hauptaugenmerk gilt der Entwicklung der Hafenregion. Mit Aarhus Ø entsteht dort ein völlig neuer Stadtteil an der Aarhusbucht. Dieser liegt in einer Länge von gut 1,5 Kilometer und bis zu 500 Meter Breite zwischen der Altstadt und der wie ein Eisberg gestalteten Wohnanlage „Isbjerget“. Das Architektenbüro Cebra erhielt dafür die Auszeichnung des Belgian Building Award 2014. Der „Eisberg“ ist seiner Höhe wegen aus allen Himmelsrichtungen weit sichtbar. „In Dänemark gibt es nur zwei Städte mit einer Bucht“, erzählt Willacy. „Køge und Aarhus“. Die Entstehung und Entwicklung von Aarhus beruhe auf der Lage an der Bucht, die schon von vornherein als Naturhafen benutzt worden sei. So sei Aarhus immer mehr zu einer Stadt des Im- und Exports geworden. Erst seit der Industrialisierung seien viele große Gebäude entstanden, die den Blick auf die Bucht und damit die zum Siedeln einladenden Naturgegebenheiten verstellt hätten.

In den 1980-er Jahren setzte eine Bewegung ein, die Hafengebiete umzuformen. Man habe ähnlich wie in Oslo einen visuellen und physischen Kontakt zwischen Hafen und Stadt schaffen wollen. Die Umstellung von Handel und Seefahrt auf Containerschiffe zwang die Stadt schon vor Jahren zu einem Containerhafen. Hinzu kam, dass man Platz für große Containerschiffe brauchte; der alte Hafen konnte dies aufgrund seiner geringen Größe nicht mehr leisten. Die zentrale Idee der Umgestaltung von Stadt und Hafen stellt Willacy verständlich dar. „Der Hafen wird hoffentlich das neue Gesicht der Stadt sein“, sagt er. „Wir versuchen, einen monofunktionalen Stadtteil zu vermeiden. Tausende von Studierenden werden hier das Gebiet beleben“, sagt Willacy. „Gut einen Kilometer davon entfernt befindet sich zudem der Campus 'Universitet parken' mit gut 4.000 Studierenden. Er ist einer der schönsten weltweit.“ Die 55.000 Studenten geben schon durch ihre Anzahl der nur 310.000 Einwohner zählenden Stadt ihr besonderes Flair. Daher ist die Universität wichtig bei den Planungen. „Fast ein Drittel der Bewohner ist jünger als 25 Jahre.“ Eine Herausforderung, denn zum einen muss man ihnen Wohnraum bieten, zum anderen auch zusehen, dass viele auch nach Abschluss ihres Studiums der Stadt erhalten bleiben. Dafür wandelt man zurzeit alte Gebäude wie Schlachthöfe, Werkstätten und Fabrikgebäude um, weil man hier „kreative Enklaven“ für spätere junge Unternehmer schaffen möchte. Zum Teil sei dies schon geschehen. Alte Ökonomie werde mit neuer gemischt, was herausfordere, damit nicht ein ökonomisches Problem wie zum Beispiel in Brooklyn entstehe. „Wenn jeder dorthin will, steigen die Mieten. Dann sind junge Unternehmer gezwungen, auszuweichen.“

Das gelte es zu vermeiden, denn die Zukunft für Aarhus liege darin, junge kreative Unternehmen zu fördern. „Der Hafen ist ein Schmelztiegel für neue Aktivitäten. Es ist aufregend, dort eine Gemeinschaft aus unterschiedlichen Unternehmen zu schaffen: Musiker, Ökologen, Designer, Architekten, Ingenieure und Ökonomen, die dort zusammen wohnen, arbeiten und ihre Freizeit verbringen.“ Im Stadtteil Aarhus Ø will die Stadt also modernes Wohnen, Bildung, Arbeit und Naherholung miteinander in Einklang bringen. Das innovative Element, das Dänemark schon seit Jahrzehnten prägt, soll erhalten und verstärkt werden.

Für einen gemütlichen Abend bietet sich der Lystbadehavn an, da dort das gute Restaurant „Frøken Koch“ liegt. Von der Terrasse aus kann man den Sportboothafen anschauen, in dem auch alte Holzboote liegen. Dass sie heute noch benutzt werden, ist nicht selbstverständlich. Doch dann bringt der Kellner köstlichen Dorsch, nach dänischer Art gebraten, mit Kartoffeln gereicht.

In der Nähe erhebt sich ein Leuchtturm auf einer Mole. Angler werfen hier ihre Köder aus. Am Horizont zeichnen sich Silhouetten von Containerschiffen und Ladekränen ab. Neu ist eine Strandbar am Havne Bassin, ebenso ein Volleyballfeld, auf dem fröhliche junge Leute spielen. Jeder kann hier flanieren, spielen und angeln. Hier mischen sich die verschiedensten Interessen. Doch der Clou ist ein aus sicher über 100 Pflanzkübeln errichteter Garten. Zwei davon gehören Maria. Sie schiebt ihr Rad in den urbanen Garten, füllt eine Gießkanne mit Wasser, um Karotten und Bohnen zu gießen. Sie hat ihr Multimedia-Studium beendet und gleich eine Stelle als Webdesignerin erhalten.

„Ich wohne in einem der neuen, sich im Hintergrund erhebenden, Blöcke“, erzählt Maria. „Vor kurzem fand ich im Briefkasten einen Zettel, auf dem ich gefragt wurde, ob ich daran interessiert wäre, hier Pflanzen zu ziehen.“ Sie habe sofort zugesagt. Zwar biete ihr die 27 Quadratmeter große Wohnung im Wohnblock, obwohl nur klein, alles Notwendige. „Sie ist aber dunkel. Und einen Balkon vermisse ich sehr.“ Zuvor habe sie in einem größeren Appartement gewohnt und ihren Balkon bepflanzt. Typisch dänisch ist, dass es keines Aufsehers bedarf. Nichts ist hier zerstört oder zugemüllt, obwohl täglich hunderte von Menschen vorbeikommen. Offenbar ist in Dänemark jeder sein eigener Gesetzgeber.

St. Clemens-Dom zu Aarhus

Store Torv

geöffnet: 1. Mai - 30. September:

Mo-Sa: 9.30 - 16.00 Uhr

Di: 10.30 - 16.00 Uhr

geöffnet: 1. Oktober - 30. April

Mo-Sa: 10.00 - 15.00 Uhr

www.aarhus-domkirke.dk

Frue Kirke

Vestergade 21

geöffnet: Mo-Fr, 10.00-16.00 Uhr

Sa: 10.00-14.00 Uhr

www.aarhusvorfrue.dk

Kletterfelsen

Carl Blochs Gade

Park Ridehuset, ARoS, Musikhuset

Thomas Jensens Allé

Frøken Koch

Kystpromenaden 5

8000 Aarhus C

E-Mail: kontakt@kocherier.dk

Tel: +45 87480123

www.brodrenekoch.dk/Frøken-Koch

Strandbar nahe „Isbjerget“

Havnebassin 7, pier 4

Tel: +45 28 11 97 07

8000 Aarhus C

Insel des Schmelztiegels

Stephen David Willacy ist Chefarchitekt der Stadt Aarhus. Die zweitgrößte Stadt Dänemarks wird im Jahre 2017 in den Rang einer europäischen Kulturhauptstadt erhoben. Im alten Industriehafen entsteht zurzeit der neue Stadtteil Aarhus Ø. Willacy verbindet dort modernes Wohnen mit Arbeiten, Freizeit und Studieren.

Kristen Benning: Wenn die Touristen 2017 den ehemaligen Industriehafen von Aarhus betreten, sehen sie ein Stadtviertel mit völlig neuem Gesicht. Warum haben Sie den alten Hafen umgestaltet?

Stephen David Willacy: Aarhus ist eine Hafenstadt an einer schönen Bucht. Viele Jahre war sie auf Hafen und Bucht ausgerichtet. Aber es gab keine Verbindung mit der Altstadt. Die Hafenindustrie hatte viele Warenhäuser, Werkstätten und Getreidesilos entlang der Hafenkante errichtet, da Aarhus schon seit langem eine Stadt des Im- und Exports ist. Diese Gebäude verstellten den Blick von der Altstadt auf die Bucht und den Hafen.

In den 1980er Jahren begann man, Hafenstädte umzugestalten. In der Stadt diskutierte man darüber, ob es nicht angebracht sei, die Gebäude an der Hafenkante abzureißen. Dies ergäbe einen visuellen und physischen Kontakt zum Wasser. Nach vielen Diskussionen besprachen sie die Idee, einen internationalen Wettbewerb auszuschreiben. Darin ging um die Gestaltung des Hafens vom Norden bis zum Süden. Als die modernen Mega-Containerschiffe tieferes Wasser zum Einlaufen benötigten, wurde ein neuer Containerhafen weiter draußen in der Bucht gebaut. Dadurch eröffneten sich im alten Hafen neue Gestaltungsmöglichkeiten. Dieser Plan wurde Basis dessen, was wir heute hier vorfinden. Wir wollten das ganze Gebiet öffnen und wieder an die Stadt anschließen.

KB: Der einbetonierte Fluss Aarhus Å wurde geöffnet.

SDW: Sowohl der Hafen als auch das Stadtgebiet standen in Kontakt zur Aarhus Å. Der Fluss war aus gesundheitlichen Gründen bis vor einigen Jahren unterirdisch geführt worden. So wurde er mehr oder weniger eine Hauptstraße, die das Hinterland mit dem Hafen verband. Jetzt ist alles verändert: Es ist wirklich ein Erlebnis, am Flussufer durch die Stadt zu gehen. Der Fluss bietet heute Unterhaltung, Erholung und kulinarischen Genuss.

KB: Der heutige Hafen sieht völlig verändert aus, verglichen mit dem alten.

SDW: Was werde ich mit dieser Industrie-Archäologie tun? Ich nenne es Industrie-Archäologie, weil wir nicht nur eine romantische Sicht haben dürfen. Aber ich denke, es ist bedeutend herauszufinden, welche Identität ein Gebiet hat. Ich nenne zum Beispiel den Containerhafen: Dort gab es Kräne und Eisenbahnschienen. Wir versuchen, einiges aus dieser Zeit zu erhalten. Wir müssen aufpassen, nicht zu viel zu verändern. Wir wollen Alt und Neu mischen als Koexistenz. Alt und Neu formen sich gegenseitig. So schaffen wir eine neue Identität, indem wir das Alte abbauen und einen neuen Platz für Menschen aufbauen.

KB: Welche Plätze wollen Sie aufbauen?

SDW: Im südlichen Hafengebiet gibt es vor allem alte Schlachthäuser und Werkstätten. Dort wollen wir andere Gruppen von Menschen ansprechen. Wir sind uns sehr der Tatsache bewusst, Universitätsstadt zu sein und möchten die Studenten ermutigen, nach dem Studium hierzubleiben. Und wir sind uns auch der Tatsache bewusst, dass Studenten weggehen, sobald sie ihre Ausbildung beendet haben. Wir wollen eine Art Startup-Stadt formen. Heute sind dort Jungunternehmer mit Kunststudios, Design- und Architekturbüros, angezogen von niedrigen Mieten in alten Industriegebäuden, Seite an Seite mit den immer noch betriebenen Schlachthäusern. Dies könnte einen phantastischen Schmelzpunkt für auch abends und am Wochenende stattfindende Aktivitäten erzeugen.

KB: Sehr harmonisch ...

SDW: Es würde mir gefallen, dies zu bewahren, aber zur selben Zeit eine Stadt aufzubauen, in der Alt und Neu gemischt sind. Wir versuchen, die niedrigen Mieten zu halten, obwohl dies schwierig ist. Das sehen wir an Stadtvierteln in New York, in Brooklyn und in Berlin, wo bekannte Marken wie Starbucks einziehen mit der Folge, dass die Mieten sehr schnell steigen. Und dann ziehen die Jungunternehmer fort. Aber wie können wir Umgebungen schaffen, die junge Menschen dazu verführen, in Aarhus zu bleiben und neue Unternehmen zu gründen? Dort liegt die Zukunft.

KB: Einer der ersten vollendeten „Leuchttürme“ war das Universitätsgebäude Navitas der Ingenieurwissenschaften und der Machine Master School. Es ist sofort zu sehen, sobald man die Altstadt durch die Mejlgade verlässt.

SDW: Dieses Gebäude wurde für 2.500 Studenten errichtet. So wird dieses Gebiet von Tausenden von Studenten belebt. Einen Kilometer entfernt befindet sich „universitetsparken' mit einem Gelände für gut 40.000 Studenten. Dies ist einer der schönsten Campusse der Welt. Ich glaube, er befindet sich unter den Top 15. Es ist also sehr wichtig, das Ursprüngliche dieser Architektur zu erhalten und mit einem Park zu verbinden. Eine Menge von 55.000 Studenten bedeutet einen beachtlichen Prozentsatz für eine Einwohnerzahl von 320.000 Einwohnern. Dies bedeutet viel für die Entwicklung einer Stadt, in der Ausbildung eine wichtige Rolle spielen muss.

KB: Worin besteht die Herausforderung?

SDW: Wir versuchen, Monokultur im Stadtgebiet zu vermeiden. Wir wollen gemischte Gemeinschaften aufbauen. Studenten haben oft Probleme, eine Wohnung zu finden, aber wir arbeiten sehr hart daran, dies zu ändern. Wir haben Übergangshäuser für Studenten errichtet, in denen sie in den ersten drei Monaten unterkommen können. Denn am Anfang ist es erst einmal schwierig, einen Platz zum Leben zu finden. Wir wollen 2.000 studentische Unterkünfte in den kommenden Jahren schaffen. Das ist eine große Herausforderung, aber es wird uns gelingen.

KB: Gibt es nur Pläne für Studenten und Jungunternehmer?

SDW: Damit das Hafengebiet für alle da ist, planen wir in Aarhus Ø für etwa 67.000 Euro ein Mehrgenerationenhaus. In erster Linie soll es ältere Menschen ansprechen, aber darin eingebunden sind auch ein Kindergarten, ein Spielplatz und Wohnungen für Studenten und Familien. Sie alle werden dort zusammen arbeiten, leben und spielen.

Sehr gut wäre es, einen Raum zu schaffen, in dem Naherholungsmöglichkeiten und das tägliche städtische Leben koexistieren. Wir stellen uns Stadtbezirke vor, in denen man an einem Platz Kaffee trinken kann und in dessen Nachbarschaft Studios von Architekten, Designern und Künstlern liegen, aber auch Niederlassungen international agierender Unternehmen. Es wäre schön, wenn dies alles miteinander verschmölze.

KB: Vielen Dank für das Gespräch.

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Das Höllenschiff

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Aarhus Stadt des Lächelns

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