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V i e r

Das erste Haus

Der nächste Morgen sah ein wenig trüb aus, doch Mike war in ausgezeichneter Stimmung. Von dem bisschen Geld, das er gespart hatte, kaufte er sich ein großes Frühstück und aß es auf der Terrasse eines Bistros in der Nachbarschaft. Es war ein seltsames Gefühl, um diese Zeit draußen zu sein. Normalerweise arbeitete er jetzt schon, gewohnt, den ganzen Tag zu schuften, ein Butterbrot am Schreibtisch zu essen und den Sonnenuntergang zu verpassen, da er um die Zeit noch im Büro saß.

Die Taschen in der Hand und den Sack geschultert, stand Mike vor dem Restaurant und überlegte, in welche Richtung er gehen sollte. Er wusste, dass er nicht nach Westen konnte, da der Ozean ihm schon bald den Weg versperren würde. Also auf nach Osten, bis ihm eine andere Marschroute gezeigt wurde. Mike hatte ein gutes Gefühl dabei, eine Reise zu unternehmen, die auf Glauben und Vertrauen gegründet war; dennoch hätte er gerne ein klareres Ziel gehabt.

Wenn ich nur wüsste, in welche Richtung ich gehen soll – oder wenigstens eine Karte hätte oder einen Hinweis auf meinen augenblicklichen Standort, sagte Mike zu sich selbst, während er ostwärts wanderte und die scheinbar endlosen Vororte von Los Angeles durchquerte, um den Fuß der Hügel anzusteuern, wo ein weiteres Wohnviertel begann. Es wird Wochen dauern, bis ich zu Fuß hier raus bin, dachte er.

Mike hatte keine Ahnung, wo er hinging, hielt sich aber immer in Richtung Osten. Um die Mittagszeit setzte er sich auf einen Bordstein und verzehrte die Reste, die von seinem Frühstück übriggeblieben waren. Wieder fragte er sich, ob er wohl auf dem richtigen Weg sei.

»Wenn ihr da seid, dann brauche ich euch jetzt!«, rief Mike zum Himmel hinauf. »Wo ist der Eingang zu meinem Weg?«

»Eine aktuelle Landkarte ist vonnöten!« Mike hörte eine bekannte Stimme in seinem Ohr sprechen. Er stand auf und blickte um sich, sah aber niemanden. Er erkannte die Stimme des Engels.

»Habe ich das gehört oder gefühlt?«, murmelte er aufgeregt und erleichtert. Zumindest gab es nun eine Verständigung!

»Warum hast du so lange gebraucht?«, fragte Mike, der Sinn für Humor hatte.

»Du hast gerade erst um Hilfe gebeten«, antwortete die Stimme.

»Aber ich bin seit Stunden unterwegs!«

»Das war deine eigene Entscheidung«, bemerkte die Stimme. Warum hast DU so lange gebraucht, deine Bitte an uns zu richten?« Die Stimme hatte offensichtlich Spaß daran, Mikes Vorwurf umzukehren.

»Meinst du damit, dass ich nur Hilfe bekomme, wenn ich darum bitte?«

»Ja. Stell dir vor!«, erwiderte die Stimme. »Du bist ein freier Geist, mächtig und hoch geehrt; imstande, den eigenen Weg zu finden, wenn du dich dazu entschließt. Dein Leben lang hast du nichts anderes getan. Wir sind immer da, aber nur dann aktiv, wenn du darum bittest. Ist das so seltsam?« Mike war einen Augenblick irritiert, denn der Engel hatte vollkommen recht.

»O.k., wo soll ich also hingehen? Jetzt wird es schon Nachmittag; den ganzen Morgen über habe ich geraten, in welche Richtung ich gehen soll.«

»Richtig geraten«, antwortete die Stimme wie mit einem Zwinkern. »Das Tor zu deinem Weg liegt direkt vor dir.«

»Das heißt, ich bin die ganze Zeit darauf zugelaufen?«

»Es braucht dich nicht zu wundern, dass du darauf zugegangen bist. Du bist ein Teil des Ganzen, Michael Thomas von reiner Absicht. Mit etwas Übung wird deine Intuition dich führen. Ich bin heute nur hier, um dir einen kleinen Hinweis zu geben.« Die Stimme zögerte. »Schau nach vorne, du bist schon am Eingangstor!«

Michael stand vor einer großen Hecke, die zwischen den Häuserreihen in eine Schlucht führte.

»Ich kann nichts sehen.«

»Schau noch einmal hin, Michael Thomas.«

Michael starrte auf die Büsche und erkannte langsam die Umrisse eines Tores. Es war versteckt geblieben, weil es sich in die Form der Pflanzen einfügte. Jetzt schien es ihm unmöglich, das Tor NICHT zu sehen, selbst wenn er es gewollt hätte. Es war unverkennbar! Er drehte sich einen Moment zur Seite und schaute dann noch einmal – mit neuem Blick. Da war es, sogar noch deutlicher als eben.

»Was ist los?«, fragte Mike, dem auffiel, dass seine Wahrnehmung sich veränderte.

»Wenn das Unsichtbare sichtbar wird«, sagte die sanfte Stimme, »dann kannst du nicht in die Unwissenheit zurückfallen. Du wirst von nun an jedes Eingangstor sofort erkennen – weil du die Absicht bekundet hast, dieses hier zu sehen.«

Obgleich Mike nicht ganz verstand, was das zu bedeuten hatte, war er begierig, den eigentlichen Weg seiner Reise zu betreten. Die Hecke sah inzwischen nicht nur aus wie ein Tor, sondern verwandelte sich tatsächlich in eines! Direkt vor Mikes Augen begann sie zu wachsen und eine neue Form anzunehmen.

»Das ist ja ein Wunder!«, flüsterte Mike und schaute zu, wie die hohe Hecke zur Eingangspforte wurde; ja, er wich sogar ein wenig zurück, um dem Phänomen Platz zu machen.

»Eigentlich nicht«, antwortete die Stimme. »Deine spirituelle Absicht hat DICH ein wenig verändert; dadurch werden die Dinge, die auf deiner neuen Stufe schwingen, plötzlich für dich sichtbar. Kein Wunder, sondern einfach die Art und Weise, wie es funktioniert.«

»Du meinst, mein Bewusstsein kann die Realität verändern?« , fragte Mike.

»Wenn du es so ausdrücken willst«, erwiderte die Stimme. »Realität ist die Essenz Gottes und ist immer gleich. Dein menschliches Bewusstsein offenbart dir nur die neuen Aspekte der Realität, die du kennen lernen möchtest. Während du dich veränderst, siehst du immer mehr davon, und du kannst diese neuen Offenbarungen erleben und nutzen, wie du willst; nur zurück kannst du nicht.«

Mike begann zu verstehen; doch hatte er noch eine Frage, bevor er sich durch das sichtbar gewordene Tor auf den Weg machte. Immer schon war es ihm ein Bedürfnis gewesen, alles auf seinen Wahrheitsgehalt hin zu prüfen – auch die Engel-Stimme, die er im Inneren hörte. Er überlegte sich seine Frage und stellte sie:

»Du hast gesagt, ich sei ein Geschöpf mit freiem Willen. Warum kann ich dann nicht zurück, wenn ich es will? Was ist, wenn ich die neue Realität ignorieren möchte, um zu einer einfacheren zurückzukehren? Ist das nicht freier Wille?«

»Das Axiom, dass du niemals in einen weniger bewussten Zustand zurückkehren kannst, ergibt sich aus den Gesetzmäßigkeiten der Spiritualität*«, entgegnete die Stimme. »Wenn du es trotzdem aktiv versuchst, leugnest du die Erleuchtung, die du empfangen hast und verlierst dein Gleichgewicht. Du kannst in der Tat versuchen, dich zurückzubewegen. Es ist dein freier Wille. Doch Menschen, die versuchen, das, was sie als Wahrheit erkennen, zu ignorieren, sind in einem sehr traurigen Zustand, denn sie können mit einer doppelten Schwingungsfrequenz nicht lange existieren.«

Mike verstand zwar nicht die Bedeutung der neuen spirituellen Information, die die Stimme ihm gab. Doch er hatte eine Antwort auf seine Frage bekommen. Er wusste, er konnte hier und jetzt umkehren und zur Stadt zurückgehen. Er hatte die Wahl. Doch jedesmal, wenn er hier stünde, würde er das Tor sehen; und es zu sehen und zu ignorieren, würde ihn aus dem Gleichgewicht bringen und zweifellos krank machen. Irgendwie machte alles Sinn und sein Wunsch war nicht, zurückzugehen, sondern vorwärts. Also nahm er seine Taschen und seinen Beutel und machte sich durch das Tor auf den Weg, auf dem seine Reise begann. Es war ein einfacher Trampelpfad, so wie in jeder anderen Schlucht. Mike fand es aufregend und – das Tor rasch hinter sich lassend – schritt zügig voran.

Kaum hatte er die Pforte durchschritten, als eine dunkle, schemenhafte grünliche Gestalt ebenfalls hindurchschlüpfte. Das Gestrüpp verwelkte, wo ES entlang ging; und hätte Michael beim Gehen nicht nach vorn geschaut, der Gestank hätte ihm verraten, dass ES anwesend war. ES bezog seine Position weit genug hinter Mike, um außer Sichtweite, aber immer im gleichen Abstand zu ihm und seiner Überschwänglichkeit zu bleiben. Behende und listig, überschattete es gleich einem Phantom Mikes fröhliche Begeisterung mit ebenso viel Hass und dunklen Absichten.

Nach kurzer Zeit änderte sich für Michael Thomas nicht nur die Landschaft, sondern auch das Gefühl, das sie in ihm hervorrief. Nirgendwo konnte er das weitgestreckte Los Angeles mit seinen unzähligen Vorstadt-Häusern entdecken. Tatsächlich gab es keinerlei Anzeichen von Zivilisation – keine Telefonmasten, keine Flugzeuge, keine Autobahnen. Gespannt hatte er sich auf den neuen Weg gemacht, wie ein Kind, das an Weihnachten seine Geschenke auspackt – stetig ausholend und ohne viel nachzudenken, wobei er nun entdeckte, dass er mit jedem Schritt tiefer in eine andere Welt eindrang. Seine Reise führte ihn in eine Realität, die vollkommen verschieden war von derjenigen, in der er sich bis eben noch aufgehalten hatte. Mike fragte sich, ob er sich nun irgendwo zwischen Erde und Himmel befand, wo er spirituellen Unterricht erhalten würde – denn er ging davon aus, dass dieser bald beginnen musste, um ihn auf die Ehre seiner Heimkehr vorzubereiten. Der schmale Pfad war allmählich breiter geworden und besaß nun beinahe die Ausdehnung einer Straße. Er maß vielleicht ein bis anderthalb Meter, und war, obgleich er keinerlei Fußspuren zeigte, leicht auszumachen.

Mike drehte sich plötzlich um. Was war das? Sein Blick fiel auf etwas Dunkelgrünes, Behendes, das nach links hinter einen Felsen schoss. Wahrscheinlich irgendein Wild, dachte er. Die Straße hinter ihm war nun das Spiegelbild dessen, was vor ihm lag – ein langes Band, das sich kurvenreich dahinschlängelte. Inmitten einer herrlich üppigen Landschaft mit grünen Bäumen, Wiesen und felsigen Anhöhen, verschwand sie über viele Hügel hinweg in der Ferne. Blumen betupften die Gegend genau an den richtigen Stellen – wie hunderte von Pinselstrichen auf der vollkommenen Leinwand der Natur.

Mike hielt inne, um zu rasten. Er hatte keine Uhr, doch nach dem Sonnenstand schätzte er, dass es etwa zwei Uhr nachmittags war – Zeit zum Essen. Er setzte sich an den Wegrand und aß die Reste seines riesigen Frühstücks, die er sich für später aufbewahrt hatte. Er schaute umher und fühlte die Stille.

Keine Vögel, dachte er. Er sah sich den Boden unter seinen Füßen genauer an. Auch keinerlei Insekten. Wirklich ein seltsamer Ort. Es machte ihn nachdenklich. Dann fühlte er einen plötzlichen Luftzug im Haar. Wenigstens Luft gibt es hier! Er schaute hinauf zum wolkenlosen Himmel, in das reine Blau eines erfrischenden, herrlichen Tages.

Mike stellte fest, dass es in seinem Beutel nichts mehr zu essen gab; aber er wusste auch, dass er nicht allein war und dass Gott irgendwie für sein leibliches Wohl sorgen würde. Die Geschichten von Moses in der Wüste fielen ihm ein, der 40 Jahre lang mit den Stämmen Israels umherzog. Er erinnerte sich, wie diese Nomaden vom Himmel gespeist worden waren, und während er über die Geschichte nachdachte, fragte er sich, ob sie wohl wahr sei. All die Familien, die Moses folgten, hatten wahrscheinlich eigensinnige Teenager, so wie wir heute auch, dachte er. Er sah sie vor sich, wie sie ihren Eltern gegenüber maulten: »Also jetzt sind wir schon achtmal an diesem Felsen vorbeigekommen seit ich klein war! Warum vertraut ihr diesem Moses? Er führt uns im Kreis herum! Die Wüste kann doch so groß nicht sein! Oder?«

Mike lachte bei dem Gedanken und fragte sich, ob er wohl bald den gleichen Felsen noch einmal sehen würde und dann wüsste, dass auch er im Kreis herumging! Ebenso wenig wie die Israeliten in der Wüste, hatte er eine Vorstellung, wohin er ging – und nicht einmal etwas zu essen! Die Übereinstimmung ließ ihn noch mehr lachen.

Vielleicht als Belohnung für sein Lachen oder ganz einfach weil es an der Zeit war, entdeckte Mike hinter der nächsten Kurve der sich weitenden Straße das erste Haus – und es war blau! Du meine Güte, dachte er. Wenn Frank Lloyd das sehen könnte, er würde brüllen! Mike musste innerlich lachen. Ich hoffe, ich bin nicht respektlos, dachte er, aber ich habe noch nie ein blaues Haus gesehen. Der Weg führte tatsächlich zur Haustür, was also bedeutete, dass hier seine erste Station war. Es konnte nur so sein, da keinerlei andere Gebäude zu sehen waren.

Als Mike sich dem kleinen Landhaus näherte, sah er, dass es in Kobaltblau gehalten war, und dass es von innen heraus sanft leuchtete. Er bog ab, und während er auf die Tür zuging, entdeckte er ein kleines Schild mit der Aufschrift »HAUS DER KARTEN«. Genau danach hatte er doch gefragt! Er schien der Sache also näher zu kommen. Vielleicht würde die weitere Reise nicht so voller Ungewissheit sein. Eine aktuelle Landkarte wäre eine wertvolle Hilfe in diesem fremden Land.

Plötzlich öffnete sich die Haustür und heraus spazierte ein wunderschönes, großes, blaues Wesen, dessen Farbe doch wahrhaftig zu der des Hauses passte! Offenkundig war es ein Engelwesen, denn wie auch der erste Engel in der Vision, war es überlebensgroß – größer als ein Mensch. Seine Gegenwart erfüllte die Atmosphäre mit etwas Gewaltigem und einem Hauch von Blütenduft. Auch diesmal konnte Michael den Duft der Wesenheit tatsächlich riechen! Der große Blaue schaute ihn an.

»Sei gegrüßt, Michael Thomas von reiner Absicht! Wir haben dich schon erwartet.«

Anders als bei dem Engel in der Vision, war das Gesicht dieses Engels deutlich erkennbar und Mike bemerkte, dass es Wohlbefinden und Heiterkeit ausdrückte, unabhängig von dem, was die Wesenheit sagte. Mike war froh, Gesellschaft zu haben und verhielt sich respektvoll. Er grüßte den Engel.

»Guten Abend, du großer Blauer!« Michael schluckte sofort. Was, wenn der Engel nicht »Blauer« genannt werden wollte? Was, wenn seine Farbe nur für menschliche Augen blau erschien und er in Wirklichkeit gar nicht blau war? Vielleicht mag er blau nicht einmal! Mike seufzte über die vielen Skrupel, die durch seinen Kopf gingen.

»Ich bin für alle Wesen blau, Michael Thomas von reiner Absicht«, ließ sich der Engel vernehmen, »und ich freue mich über deinen Gruß. Bitte komm ins Haus der Karten und richte dich darauf ein, die Nacht hier zu verbringen.«

Diesmal war Mike froh darüber, dass ein Engel seine Gedanken gelesen hatte – oder wie hatte es der erste Engel noch ausgedrückt? Dass er sie fühlen konnte? Wie dem auch sei, Mike war erleichtert, dass er den Vorstand des ersten Hauses nicht beleidigt hatte.

Mike und der blaue Engel, zwei äußerlich unähnliche Wesen, drehten sich zur Tür und betraten das blaue Haus. Im selben Augenblick, da sich die Tür hinter ihnen schloss, spähten zwei durchdringende, riesige, knallrote Augen wütend aus dem großen Gebüsch links vom Hauseingang. Sie waren wachsam. Sie kannten keine Müdigkeit. Sie waren schweigsam und unendlich geduldig. Sie würden sich weder bewegen noch zwinkern – bis sie sähen, dass Michael Thomas sich anschickte, weiterzuziehen.

Mike trat ein und war überrascht, über den Anblick, der sich ihm bot. Das Innere des Gebäudes war riesig! Es schien sich endlos auszudehnen, während es äußerlich einfach und bescheiden gewirkt hatte. Er erinnerte sich, dass der erste Engel gesagte hatte, nicht alles sei immer so, wie es scheine; was offenbar auch auf seine seltsame neue Wahrnehmung zutraf. Mike machte sich Gedanken über diese neue Art, die Dinge zu sehen. Hatte sie eine tiefere Bedeutung?

Er wanderte hinter dem Engel durch die weiten Räume im Haus der Karten. Es war eingerichtet wie eine klassische Bibliothek, ähnlich den berühmten Bibliotheken in Europa, wo bedeutende historische Bücher aller Art aufbewahrt wurden. Statt der Bücherregale gab es hier jedoch Tausende kleiner, runder Öffnungen in den Wänden, jede bestückt mit – so schien es Mike – einer Schriftrolle. Die Wände dehnten sich endlos nach oben aus und die Öffnungen befanden sich – mehrere Stockwerke hoch – auf beiden Seiten der Hallen, die sie betraten. Mike konnte die kleinen Vertiefungen noch nicht aus der Nähe sehen, vermutete aber, dass sich, wie der Name des Hauses schon andeutete, Karten darin befanden. Doch warum so viele? Der Gang durch die riesigen Räume schien ohne Ende und nirgends war ein anderes lebendes Wesen zu sehen.

»Sind wir allein?«, fragte Mike. Der Engel drehte sich um und lachte in sich hinein.

»Je nachdem, was du unter allein verstehst. Du schaust auf die Verträge aller auf diesem Planeten lebenden Menschen.« Gelassen schritt er weiter.

Mike blieb stehen und starrte auf die Wände, fassungslos über das, was die blaue Wesenheit gerade gesagt hatte. Der Engel ging ohne Michael weiter und der Abstand zwischen ihnen vergrößerte sich. Als er gewahr wurde, dass niemand hinter ihm war, blieb er stehen, wandte sich um und wartete geduldig auf Mike. Er sagte nichts.

Mike sah die Leitern an den hohen Wänden und die vielstöckig übereinander gereihten hölzernen Vertiefungen, die Schriftrolle um Schriftrolle enthielten. Verträge hatte der Engel sie genannt. Was mochte das bedeuten?

»Ich verstehe überhaupt nichts mehr!«, rief Mike, als er den Engel eingeholt hatte.

»Noch bevor deine Reise zu Ende ist, wirst du es verstehen«, beruhigte ihn der Engel. »Es gibt hier nichts, wovor du Angst haben brauchst, Michael. Alles ist, wie es sein soll; wir haben auf deinen Besuch gewartet und achten deine Entscheidung. Deine Absicht ist rein – wir alle können das sehen. Entspanne dich und genieße es, von uns geliebt zu werden.«

Blaus Worte berührten Mike im Innersten. Etwas Schöneres hätte ihm kein Wesen im Universum sagen können. Wurde er empfindsamer? Der frühere Engel war ebenso liebevoll zu ihm gewesen, doch er merkte, dass es ihn jetzt viel stärker berührte als damals.

»Ist es nicht ein wundervolles Gefühl, geliebt zu werden, Michael?« Der blaue Engel hatte sich wieder an Mikes Seite begeben und überragte ihn beträchtlich.

»Was ist das bloß für ein Gefühl?«, fragte Mike leise. »Mir kommen fast die Tränen.«

»Du wechselt in eine andere Schwingung, Michael.«

»Ich weiß gar nicht, was das bedeutet. Äh ... hast du einen Namen, Sir?« Michael fragte sich wieder, ob er die Wesenheit beleidigt hatte. Wenn sie nun ein weiblicher Engel war? Mike kannte sich mit solchen Dingen nicht aus, doch das Benehmen und die Erscheinung des Engels konnten durchaus als weiblich gelten.

»Nenn mich einfach Blau«, sagte der Engel und zwinkerte Mike zu. »Ich bin geschlechtslos; doch meine Größe und Stimme signalisieren dir, dass ich ein männliches Wesen bin. Rede mich als einen ER an. Das ist o.k.« Der Engel machte eine Pause, damit Mike Zeit hatte, es zu verdauen. Dann fuhr er fort: »Deine menschliche Zellstruktur kann in vielen Schwingungsfrequenzen existieren, Michael. Deine gewohnte könnten wir als Frequenz Nummer eins bezeichnen. Sie ist dir vertraut und hat dir gute Dienste geleistet. Auf dieser Reise jedoch ist es nötig, dass du Frequenz sechs oder sieben erreichst, um an dein Ziel zu kommen. Jetzt im Augenblick wechselst du zu Frequenz zwei – um es einmal so auszudrücken. Jede Schwingungsfrequenz bringt, wie dir schon gesagt wurde, ein größeres Bewusstsein der eigentlichen Wirklichkeit Gottes mit sich. Was du jetzt spürst, ist das Gewahrsein von Liebe. Liebe hat Dichte, Michael. Sie besitzt physikalische Eigenschaften und hat Kraft. Deine neue Schwingungsfrequenz läßt dich die Liebe stärker fühlen als je zuvor. Liebe ist die Essenz von Zuhause und sie wird stärker mit jedem Haus, das du besuchst.«

Michael liebte es, Blau zuzuhören. Seine Erklärungen gingen über die Antworten, die er bisher bekommen hatte, hinaus.

»Bist du ein Lehrer?«, fragte Mike.

»Ja. Alle Hausengel sind es, außer dem letzten. Ich habe dir Wahrheiten mitzuteilen, die Teil meines Hauses sind, und das gilt auch für die anderen. Wenn du so weit bist, wirst du einen viel größeren Überblick haben, wie die Dinge im Universum funktionieren, als jetzt. Meine Aufgabe ist, dir etwas auszuhändigen, das du dir durch deine Absichtsbekundung verdient hast. Du bist hier in meinem Haus, um die Karte deines Vertrages zu erhalten. Morgen früh zeige ich sie dir und beantworte dir einige Fragen, bevor du dich wieder auf den Weg machst. Es ist wichtig, dass dieses Haus das erste ist, denn das wird dir bei deiner Reise helfen. Und nun möchte ich dich bitten, unsere Geschenke der Nahrung und Ruhe zu genießen.«

Wieder ging Mike hinter Blau her, der ihm mehr und mehr wie ein vertrauter Freund vorkam – allerdings ein sehr blauer. Er wurde in einen wunderschönen Innengarten geführt, wo alle erdenklichen Früchte und Gemüse in sorgfältig angelegten Reihen wuchsen. Wie in den übrigen Räumen, so strömte auch hier das Licht durch die Dachluken herein. Es erfüllte alle Innenbereiche mit dem Flair der freien Natur. Mike roch nun auch den Duft von frisch gebackenem Brot, der aus einem anderen Teil des Gebäudes kam.

»Wer kümmert sich um all das?«, fragte er. »Ich sehe nur dich ... isst du denn?«

»Jedes Haus hat Räume wie diesen, Michael. Und was das Essen betrifft: Nein, ich esse nicht. Dieser Garten ist ausschließlich für die Menschen da, die sich auf dem gleichen Weg befinden wie du, das heißt, die diese Lernerfahrung machen und währenddessen hier vorbeikommen. Für den Garten sorgen viele – du siehst sie nur jetzt nicht. Es wird dir auf deinem Weg der Erkenntnis an Nahrung, Gesundheit und Obdach nicht fehlen. Denn wir möchten dir und deiner Absicht auf diese Weise unsere Anerkennung bezeugen.«

Mike begann sich auf wunderbare Weise behütet zu fühlen, während die beiden durch weitere Räume wanderten – der Mensch im Gefolge der großen blauen Engelwesenheit. Schließlich kamen sie zu einem gemütlichen Schlafquartier: Ein Raum, in dem ein wunderschönes Bett mit Baldachin und blütenweißer Spitzenbettwäsche stand und Mike einlud, seinen müden Körper auszustrecken. Weich gepolsterte Kissen versprachen einen tiefen, wohligen Schlaf. Mike war überwältigt von so viel Vorsorge.

»Ist das alles für mich?«, fragte er beeindruckt.

»Für dich und andere, Michael. Für alle, die dieselbe Absicht haben wie du.«

Im Nebenraum war ein wahres Festmahl aufgetragen. Mike konnte sich gar nicht vorstellen, wie er das alles essen sollte! Nie hatte er so viele Köstlichkeiten gesehen – viel zu viel für einen Einzelnen.

»Iss, was du magst, Michael«, ermunterte ihn Blau. »Nichts davon wird umkommen. Aber hebe keine Reste auf. Widerstehe der Versuchung, etwas davon mitzunehmen. Dies ist eine Prüfung deiner Fortschritte – was du später besser verstehen wirst.«

Blau ließ Mike allein und aufgeregt zurück. Mike stellte seine Taschen hin, setzte sich und aß wie selten zuvor. Er bemühte sich, nicht gefräßig zu sein, aber er aß sich mit Köstlichkeiten satt bis obenhin. Seine Lider wurden schwer und er fühlte sich so wohl, wie seit seiner Kindheit nicht mehr – als seine fürsorglichen, liebevollen Eltern noch lebten.

Ach, könnte ich mir dies Gefühl doch bewahren!, dachte Mike. Es machte das Menschsein der Mühe wert. Mike erhob sich von seiner Mahlzeit. Um das schmutzige Geschirr würde er sich am nächsten Morgen kümmern. Er war hundemüde! Kaum brachte er es fertig, seine Sachen auszuziehen, um sie an den vorgesehenen Wandhaken aufzuhängen. Er fiel ins Bett und war bald in friedlichen Schlaf gesunken.

In der Morgenstille stand er auf und fühlte sich unglaublich erfrischt. Er wusch sich und begab sich ins Esszimmer. Das Geschirr vom Vorabend war weggeräumt und der Tisch mit einem köstlichen Frühstück gedeckt! Unter anderem war er an diesem Morgen vom Geruch frisch gekochter Eier, Bratkartoffeln und lecker duftendem Brot geweckt worden. Mike nahm sein Frühstück allein ein, und während er am Tisch saß, fragte er sich wieder, ob sein Wunsch, nach Hause zu gehen, gerechtfertigt sei.

Ist es falsch, aus der Erdenerfahrung herauszuwollen?, fragte er sich. Was ist mit denen, die zurückbleiben? Sie würden die Frequenzsteigerung nicht erleben können, so wie er. War das fair? Ein Gefühl von Traurigkeit ergriff ihn beim Gedanken an seine Freunde und die Leute, mit denen er zusammengearbeitet hatte. Er machte sich sogar Sorgen um seine frühere Freundin!

Was ist bloß mit mir los?, fragte er sich. Plötzlich habe ich mit allen Mitgefühl. Früher hatte ich das nicht. Es tut richtig weh! Plötzlich bedauere ich, etwas zu haben, was andere nicht haben. Bedeutet das, ich mache etwas falsch? Sollte ich besser zurückgehen?

»Es ist unvermeidlich, dass du dir diese Frage stellst, Michael«, sagte Blau, der plötzlich in der Tür erschienen war und sich wieder einmal in Mikes Gefühle eingeklinkt hatte. Obgleich ein wenig erschreckt, freute sich Mike doch riesig, Blau wiederzusehen und nickte zur Begrüßung.

»Kannst du mir mehr darüber sagen, Blau?«, bat Michael. »Ich brauche wirklich jemanden, der mir weiterhilft. Ich frage mich allmählich, ob das, was ich getan habe, richtig war.«

»Spirit wirkt auf wunderbare Weise, Michael Thomas von reiner Absicht«, erwiderte Blau. »Und für die menschliche Erleuchtung gilt Folgendes: Kümmere dich zuerst um dich selbst, dann kommt die Reise deinen Mitmenschen ebenso zugute, wie dir; denn die Absicht eines Einzelnen hat immer auch eine Wirkung auf alle anderen.«

»So ganz verstehe ich das noch nicht, Blau«, erwiderte Mike verwirrt.

»Auch wenn du es im Moment noch nicht verstehst, Michael, so hat dein Handeln doch Einfluss auf andere; es gibt ihnen Gelegenheiten für eigene Entscheidungen, die sie ohne deinen Entschluss, in diesem Augenblick hier zu sein, nicht gehabt hätten. Du kannst da­rauf vertrauen, dass es sich so verhält und brauchst dir keine Vorwürfe zu machen.«

Mike fühlte, wie ihm ein Stein vom Herzen fiel. Blau hatte ihm nicht ganz klar machen können, wieso das alles eine spirituelle Wirkung hatte, aber seine Zusicherung genügte Mike für heute, und es ging ihm inzwischen viel besser bei dem Gedanken, weiterzu­machen.

Mike holte seine Sachen und verließ sein Gästequartier. Er ging zurück in den großen Flur, der zu der Tür führte, durch die er gestern von draußen hereingekommen war. Blau ging langsam hinter ihm her, während Mike staunend die riesigen Ausmaße des Ganzen betrachtete. Blau sagte nichts, als er das Hörnchen und die Brotstangen sah, die aus Mikes Beutel schauten.

»Wohin gehen wir?«, fragte Mike. »Soll ich in diese Richtung weitergehen?« Er wusste, dass er seine persönliche Karte bekommen würde und wollte, dass Blau voranging.

»Du kannst jetzt anhalten«, sagte Blau. Die beiden blieben in der Mitte einer großen, geschmackvoll gestalteten blauen Halle stehen, von wo aus Blau schweigend zu einer entfernten Wand hinüberging, an der eine Leiter lehnte. »Komm einmal her, Michael.«

Mike folgte der Aufforderung und bald war er auf Blaus Anweisung dabei, eine hohe Leiter hochzuklettern und nach der Wand-Box zu suchen, in der seine Karte steckte. Während Mike die Leiter erklomm, bemerkte er, dass die Öffnung jeder Box einen Namen trug. Eigentlich waren es zwei Namen pro Fach. Ein Name sah aus, als sei er in Arabisch geschrieben, der andere trug lateinische Buchstaben. Die Boxen schienen nicht alphabetisch geordnet, sondern nach einem anderen – Mike unbekannten – System, mit dem Blau sich zweifellos auskannte. Blau hatte ihm genau gesagt, wo er suchen sollte, und Mike war nur noch etwa einen Meter von der angegebenen Stelle entfernt.

Schließlich sah er sie: Die Box mit der Aufschrift »Michael Thomas« und jenen seltsamen Buchstaben, die auch die anderen trugen. Vermutlich eine Engelsprache, dachte Mike bei sich. Sein Auftrag war, nicht umher zu schauen, sondern die Schriftrolle aus der entsprechenden Box zu nehmen und zur Überprüfung nach unten zu bringen. Mike hatte gerade die Rolle herausgezogen und war dabei, die Leiter hinabzusteigen, als sein Blick auf eine andere Namensgruppe fiel und ihm beinahe das Herz stehen blieb. Auch Mom und Dad waren hier! Die Namen waren nach Familien geordnet! Das war also das spirituelle System, das in der großen Halle benutzt wurde. Mike wusste, dass es absolut tabu war, eine andere Schriftrolle zu berühren; doch er blieb noch ein wenig und las ein paar Namen, die ihm unbekannt waren. Warum befanden diese anderen Namen sich bei seiner Familie?, wunderte er sich.

»Michael?«, rief Blau von unten.

»Bin schon auf dem Weg, Sir«, antwortete Mike verlegen. Blau wusste, was Mike durch den Kopf ging; doch Mike stellte keine Frage, die das Protokoll dieses geheiligten Ortes verletzt hätte. Nachdenklich kletterte er die lange blaue Leiter hinab und reichte Blau seine Schriftrolle. Blau schenkte Mike einen langen Blick, hinter dem sich keine Geheimnisse verbargen. Dankbarkeit drückte sich darin aus, Dankbarkeit, dass Mike den geheiligten Ablauf der Dinge eingehalten hatte ,und Mike fühlte, wie die Liebe Gottes sein ganzes Wesen durchdrang. Mike und Blau lächelten gemeinsam über die wortlose Kommunikation. Mike bekam das Gefühl: Worte waren gar nicht mehr nötig! Er schien Blau alles mitteilen zu können, ohne es laut auszusprechen. Wie merkwürdig!, dachte er.

»Aber nicht so ungewöhnlich, wie das, was du gleich sehen wirst«, antwortete Blau auf Mikes Gedanken. Mist!, dachte Mike. Ich kann hier aber auch nichts für mich behalten. Blau ignorierte den letzten Gedanken und legte die kleine Schriftrolle auf einen Tisch. Dann wandte er sich Mike zu.

»Michael Thomas von reiner Absicht«, verkündete er feierlich, »dies ist deine Lebenskarte. In irgendeiner Form wirst du sie von jetzt an immer bei dir haben. Sie wird dir aus Liebe geschenkt und ist eines der wertvollsten Dinge, die du nun besitzt.« Mike erinnerte sich plötzlich an die Worte des ersten Engels über die neue Energie, die viel aktueller sei als die frühere. Er stellte die offensichtliche Frage:

»Ist die Karte aktuell?«

»Aktueller als dir womöglich lieb ist«, war die ausweichende Antwort des großen Blauen. Mike glaubte sogar, Blau kichern zu hören.

Blau reichte Mike die Karte und lud ihn wortlos ein, selbst nachzuschauen. Mike nahm sie und hielt sie einen Augenblick an die Brust gedrückt, glücklich über sein Geschenk wie ein kleines Kind. Er fühlte, dass dies ein heiliger Augenblick war und öffnete die Rolle mit einer zeremoniellen Gebärde, über die Blau lächeln musste. Blau wusste, was jetzt passieren würde.

Mikes freudige Erwartung verschwand in dem Moment, als er die Karte aufgerollt hatte. Sie war leer! Oder doch nicht? Genau in der Mitte befanden sich eine Reihe Buchstaben und Symbole. Mike beugte sich vor, um genauer hinzusehen. Ein Pfeil zeigte auf einen kleinen roten Punkt. Neben dem Punkt standen die Worte »DU BIST HIER«. Ein kleines Symbol bei dem Punkt markierte das Landhaus mit der Aufschrift »Haus der Karten.« Ein bis zwei Zentimeter im Umkreis des Punktes waren Details eingezeichnet; unter anderem der Weg, auf dem Mike gekommen war; dann hörte die Zeichnung einfach auf! Die Karte zeigte Mike lediglich seinen eigenen Standort und das, was sich im Umkreis von etwa 300 Meter befand.

»Was ist das denn?«, fragte Michael nicht gerade respektvoll. »Soll das ein Engelwitz sein, Blau? Bin ich den ganzen Weg bis zum Haus der Karten gekommen, um eine wertvolle heilige Schriftrolle zu empfangen, die mir zeigt, dass ich … im Haus der Karten bin?«

»Die Dinge sind nicht immer, wie sie scheinen, Michael Thomas von reiner Absicht. Nimm dies Geschenk und trage es bei dir.« Damit hatte Blau die Frage gar nicht beantwortet.

Mike wusste intuitiv, dass es nichts bringen würde, noch einmal zu fragen, deshalb rollte er die scheinbar nutzlose Karte zusammen und steckte sie in seinen Beutel. Er war sichtlich enttäuscht. Blau ging zur Eingangstür und trat hinaus. Mike folgte ihm. Der Engel sah ihn an.

»Michael Thomas von reiner Absicht, es gibt eine Frage, die ich dir stellen muss, bevor du deinen Weg nach Hause fortsetzt.«

»Wie lautet die Frage, mein blauer Freund?«, wollte Mike wissen.

»Michael Thomas von reiner Absicht, liebst du Gott?« Blau war sehr ernst.

Mike fand es seltsam, dass der erste Engel die gleiche Frage gestellt hatte – und fast im gleichen Tonfall. Er wunderte sich, was diese Wiederholung wohl zu bedeuten hatte.

»Lieber, wunderschöner blauer Lehrer: Da du mein Herz sehen kannst, weißt du auch, dass ich Gott wirklich liebe.« Mike stand dem Engel gegenüber und schaute ihn an, während er die Frage aufrichtig beantwortete.

»So ist es«, sagte Blau, und damit ging er zurück in das kleine blaue Landhaus und schloss mit Nachdruck die Tür. Michael fühlte sich plötzlich abgeschnitten. Ob die wohl jemals »Auf Wiedersehen« sagen? ,wunderte er sich.


Das Wetter war mild und angenehm. Mike nahm seine Taschen und den Vorratsbeutel mit dem Brot, das er im blauen Haus eingesteckt hatte, und ging die Landstraße entlang, in die Richtung, die ihn zu einem neuen Haus des Lernens führen würde. All die ulkigen Dinge, die im Haus der Karten passiert waren, gingen ihm noch einmal durch den Kopf. Stell’ dir eine Karte vor, die dir nur zeigt, wo du dich im Augenblick befindest! Völlig nutzlos! Ich weiß doch, wo ich bin! Wirklich ein komischer Ort hier, dachte Mike.

Schallendes Gelächter hallte von den Hügeln wider, als Michael Thomas von reiner Absicht den Spaß über seine Situation zu Felsen und Bäumen hinausbrüllte und seinen Weg nach Hause fortsetzte. Sein Lachen drang auch an die warzigen grünen Ohren des finsteren Wesens, das nur 200 Meter hinter ihm lauerte. Mike hatte keine Ahnung, dass die dunkle Gestalt geduldig gewartet hatte, bis er seine Reise wieder aufnehmen würde und ihm nun auf Schritt und Tritt folgte. Dieses Etwas gehörte nicht zu seiner Dimension. Es brauchte weder zu essen noch zu schlafen. Es hatte keine Freude – nur die eiserne Entschlossenheit, Michael Thomas nie, aber auch niemals das letzte Haus erreichen zu lassen. Sein Programm stand fest, und es holte langsam zwischen sich und Michael Thomas von reiner Absicht auf.


* Engl.: the physics of spirituality, (A.d.Ü.)

Die Reise nach Hause

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