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Psychiatrie

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Ich war noch nie in einer psychiatrischen Klinik gewesen. Als wir dort einbogen, sah ich einen großen trostlosen Komplex, alles schien mir so kalt. Wenn du bis jetzt noch keinen Knall hattest, spätestens hier kriegst du ihn, garantiert, war mein erster Gedanke. Sie brachten mich in einen Vorraum (natürlich die Türe zugesperrt). Alleine! Da hast du schon schiss, der Puls auf 180 und dann sperren die dich in einen kalten, unsympathischen (kein einziges Blümchen) Raum. Glatte 15 Minuten ließen sie mich alleine. Zum Glück kann ich hinterher sagen, dass ich die Zeit brauchte, um nachzudenken und endlich zur Besinnung zu kommen.

Der Psychiater kam mit einer Lehrtochter. Sie fragten mich, wie ich mich fühle!

„Beschissen“, antwortete ich.

Als Erstes fragte er mich, ob ich Stimmen im Ohr hätte, und ob ich im Sinn hätte, mir etwas anzutun!

Nein (auf die Idee kam ich nie) gab ich zurück, ich könne das meiner Familie niemals antun, so bescheuert wäre ich nun wirklich nicht.

Er glaubte mir.

Die Lehrtochter sah immer nur auf ihre Fingernägel. Ob ich die heute noch rot streichen soll?, fragte sie sich wohl.

Ich erzählte von früher, von der Kindheit und so (das schien ihn brennend zu interessieren), fragte mich aber, was die Kindheit gemeinsam hat mit dem, was passiert war.

Er fand nichts Außergewöhnliches an mir (hatte ja auch nicht alles erzählt), trotzdem meinte er, dass es vielleicht gut wäre, wenn ich über Nacht bleiben würde.

Ich stellte mir das vor: Du wirst eingesperrt, mit Tabletten vollgedröhnt, bis du wirklich nicht mehr weißt, wer du bist, und dann bekommt du von einem Psychiater gesagt, was für ein schlechter Mensch du bist! „Nein danke“, gab ich zurück, „ich gehe nach Hause“. Ich musste noch die Formulare für die Entlassung unterschreiben (für die Rechnung) und das war‘s! Weg war ich.

Draußen auf dem Gelände wartete ich auf meinen Mann, der mich abholen kam. Ich ließ alles noch mal alles Revue passieren, und stellte fest, dass solche Leute nicht das geringste Interesse an dir zeigen. Du bist ihnen auf Deutsch gesagt scheißegal. Ich sah die Lügen, die Heuchelei, ich sah wie sie einem etwas vorspielen. Die gehen überhaupt nicht auf einen Menschen ein, sie machen sich nicht die geringste Mühe, es zu verstehen. Da belegen sie ein Studium in Psychologie, lernen das Zeugs auswendig (was ja keine Kunst ist), heften sich an die Meinungen anderer und geben das Gesagte weiter, weil es einfach so ist. Keiner macht sich die Mühe, das Gesagte einmal zu hinterfragen! Sicherlich gibt es Ehrliche, die den Menschen verstehen wollen, aber finde die einmal. Es gibt so viele in der Irrenanstalt, die sich verloren haben im Universum, die den Weg nicht zurückfinden. Die könnte man alle zurückholen, würde man einmal auf sie eingehen. Aber nein, die sind alle verrückt, da kann man nur Pharmazeutika beisteuern. Sind die wirklich verrückt? Für uns ja, weil wir das einfach nicht verstehen wollen. Ist es nicht so, dass alles für verrückt erklärt wird, wenn wir keine Erklärung dafür haben? Und alles schiebt man auf die Kindheit ab: „Die Eltern waren schlecht, was kann man anderes erwarten.“ Die Eltern schieben wiederum alles auf ihre Eltern ab, die wieder auf ihre etc. Ein Schuldiger muss her! Frage: Wer ist das?

Wenn ein Irrer sagt: „Ich bin Napoleon“, lachen alle und antworten: „Das kann nicht sein, du bist nie und nimmer Napoleon.“

Wer sagt denn, dass er nicht Napoleon ist? Kann man beweisen, dass er nicht Napoleon ist? Die Seele ist unsterblich und schließlich habe ich die Seelen (Lichter) gesehen. Jeder Gedanke schwirrt im Universum herum, ein Gedanke ist unvergänglich. Die Gedanken kommen zu dir zurück. Ich bin bei geistiger Gesundheit, da bin ich mir ganz sicher, aber die Psychologen scheinen das nicht zu kapieren! Es gibt nun mal Dinge, die man nie und nimmer beweisen kann, aber trotzdem wahr sind!

Es gibt ein Witz über einen Psychologen und einen Irren. Der Psychologe fragt: „Wer hat dir erzählt, dass du Napoleon bist?“

„Gott hat mir das gesagt“, antwortet der Irre.

Ein anderer Irrer steht in der Ecke und schaut ganz verdutzt: „Wie bitte? Was soll ich gesagt haben“?

Mein Mann und meine Tochter kamen. Sie waren überrascht, dass ich nach Hause gehen konnte. Ich erzählte ihnen die ganze Geschichte und dass es mir immer noch mies gehe. Es ging mir dermaßen schlecht, dass wir spontan beschlossen, etwas essen zu gehen. Vielleicht hilft’s, dachte ich (ich hatte immer noch Schwindelanfälle und das Gefühl, ich löse mich auf).

Gesagt getan. Im McDonalds stand ich in einer Reihe und auf einmal war mir bewusst, dass ich mich in einer „Matrix“ befand. Ich bestellte noch einen Salat und verschwand nach draußen. Ich kriegte Schweißausbrüche. Wem, Herrgott noch mal, konnte ich so was erzählen? Dem Regisseur vielleicht, der den Film gemacht hat? Der war aber nicht da. Wer sollte mir helfen? Nicht mal ich konnte mir das erklären.

Mein Mann redete auf mich ein. Ich verstand zwar kein Wort, weil ich nur einen Gedanken hatte: Dableiben, dableiben. Ich stampfte, hielt mich an meiner Tochter fest und redete mit ihr irgendwas über die Schule.

Zuhause rief ich die Frau an und fragte, ob ich vorbeikommen könnte! Notfallmäßig durfte ich zu ihr. Sie wusste alles und sagte: „Das war haarscharf“. Sie holte mich wieder auf den Boden der Tatsache zurück. Und dann wurde ich mal so richtig zusammengestaucht, die Leviten wurden mir von vorn bis hinten vorgelesen! Und dann begriff ich, was ich getan hatte, ich hätte mich beinahe im „Universum“ verloren. Ich war viel zu neugierig, alles wollte ich wissen, immer höher und höher wollte ich, bis es fast zu spät war. Jetzt wollte ich mich wirklich Erden lassen. Dem nicht genug, von der Nachbarin musste ich mir auch so einiges anhören. Die hatten alle Recht, ich sah es ein. Da rennst du zu angeblich professionellen Psychiatern, und wer hilft dir? Deine Familie, deine Freunde (denn das sind die wahren) kurzum dein Umfeld!

Noch am selben Abend beschloss ich, aufzuräumen. Ich sammelte alle Bücher ein, die mich angeblich verdreht hatten und verbrannte alle an einer Grillstelle (das war mein Wille, es hat mich niemand dazu gedrängt). Feierlich mit einer Flasche Rotwein saßen mein Mann und ich da und betrachteten das Feuer.

Auch Filme warf ich weg, vor allem einen: „Die Neun Pforten“ (es tat mir ehrlich gesagt schon weh, dies zu tun, gab ich aber nicht zu).

Mein Mann sagte: „Weißt du, wie ich mich fühlte, als mir der Pfleger von der Irrenanstalt erzählte? Ich musste so handeln, du hast es selbst erfahren müssen, wir alle konnten dir nicht mehr helfen! Wenn es jetzt nicht ‚Klick‘ gemacht hätte, so hätten wir dich halt in der Klapse besucht. Du hättest uns tief reingezogen.“

Das gab mir zu denken. Du reißt so viele mit in den Strudel (gewisse Bücher sollten wirklich nur auf Rezept zu haben sein).

Am Abend ging es einigermaßen, außer Herzklopfen war alles normal. Nachts musste mein Mann ganz eng an mir liegen und mich festhalten. Ich traute mich nicht, einzuschlafen, und immer wieder sprach ich zu mir, ganz leise: „Dableiben, ich will dableiben, ich will bei meiner Familie sein.“

Am nächsten Tag verbrachte ich meine Zeit mit den Kindern in der Stadt. Ich lenkte mich ab, kaufte irgendwas zum Anziehen und genoss die Großstadt. Meine Tochter war souverän. Sie sagte: „Mami, mach dir keine Sorgen, alles wird gut. Hör nur auf, zu lesen.“

Ich bemühte mich mehr schlecht als recht, mich zusammenzureißen, was mir gelang. Ich half meinen Eltern beim Renovieren. Tapeten abreißen, war angesagt, wie eine wilde riss ich die Tapeten ab. Ich lenkte mich einfach ab. Zwar hatte ich immer noch Schwindelanfälle aber nicht mehr so stark, auch setzte ich mich immer wieder auf den Boden, statt Stuhl, und hielt mich krampfhaft an jedem Grashalm fest. Meine Eltern fragten mich, was bloß mit mir los sei, ich erzähle ihnen ein bisschen davon über die Gefühle, die ich hatte, (kann man nicht in Worte fassen) aber sie versuchten mich zu verstehen. Und sie verstanden es, sie hakten nach, wenn sie was nicht verstanden, alles wollten sie ganz genau wissen. Schon wieder was dazugelernt, ich dachte immer, ich wäre ihnen egal, als ob sie mich nicht mochten, aber das stimmte überhaupt nicht. Sie waren echt erschüttert und empfanden tiefes Mitgefühl. Zum ersten Mal in meinem Leben sah ich, wie sie litten. Zum ersten Mal sah ich hinter ihre Fassade. Meine ganze Kindheit (nur das Gefühl) sah ich wie ein Film an mir vorbeiziehen. Sie konnten gar nicht anders reagieren, sie selber waren gefangen von der Gesellschaft.

Auch meine Schwester, die ein acht Monate altes Baby hatte, drückte mir die Kleine in die Arme. Sie wusste, dass ich aus der Irrenanstalt kam, ich hätte nie gedacht, dass sie solch ein Vertrauen zu mir hat.

Ich beschloss, bei meinen Eltern im Garten im Zelt zu übernachten, meine Kinder waren auch dabei.

Es ging mit zwar immer noch schlecht, aber ich konnte wieder essen. Ich konnte sogar ein Essen genießen. Ich zwang mich, auch morgens zu essen, würgte das Zeug aber einfach herunter und hielt mir den Mund zu. Das ging zwei Tage gut, dann musste ich mein Morgenritual abbrechen. Das Mittagessen klappte. Immer wenn ich das Gefühl hatte, ich löse mich auf, stand ich auf und putzte wie eine Irre oder schnappte die Kinder und kaufte ein. Mein Arzt staunte wegen der Blutwerte: alles perfekt! Ich sah dazu noch toll aus!

Es folgten einige Tage, oder Wochen? Keine Ahnung. Alles stand still. Alles, aber auch alles stand still. Für mich war das so, als ob es keine Stunden mehr gäbe, keine Tage, keine Wochen, keine Monate. Nichts, als ob die Erde sich nicht mehr drehen würde. Schwierig zu erklären.

Immer und immer wieder sprach ich zu mir: „Du bleibst jetzt hier, du hast Kinder, einen Mann und eine Familie. Du kommst sofort zurück!“

Und immer wieder rannte ich auf meinen Spaziergängen, stampfte, schrie und war außer mir (wortwörtlich). Ich schrie mich an (hörte niemand): „Du bleibst jetzt bei mir!“

Wenn ich mir so zusah (und das tat ich), glaubte ich, dass ich wahnsinnig geworden war. Ich ließ mir Tabletten für die Psyche verschreiben, die mir jemand empfohlen hatte. „Die helfen“, hatten sie mir hoch und heilig versprochen, da es noch viele wie mich gäbe, die auch in einer Krise steckten. Ab einem gewissen Alter habe man das und sowieso, wenn die Kinder schon groß sind. Ich dachte mir, die müssen recht haben (auch wenn ich sehr daran zweifelte), schließlich sind die Symptome zum Teil gleich. Ich schluckte das Zeugs, obwohl mehr Nebenwirkungen als Wirkung auf dem Rezept angegeben waren. Es stand, dass bei 0,001 Prozent Fieber auftreten könne. Und wer kriegte Fieber? Ich! Ich schmiss die Packung weg.

***

Es ist der 4. September 2005 um 13.45 Uhr. Das Ganze dauert nun 9 Monate. Ich lebe wieder, bin zwar noch nicht ganz darüber hinweg, aber komme zurecht. Ich denke sehr viel nach und kann sagen, dass ich alles herausgefunden habe. Es herrscht nur noch ein heilloses Durcheinander in meinem Kopf, ich muss alles zuerst sortieren und auseinanderhalten. Schließlich muss ich das noch auf Papier bringen, irgendwie. Ich muss es tun, ich werde dazu gezwungen, ich werde keine Ruhe finden, bevor dieses Buch fertig ist! Ganz ehrlich, ich könnte stundenlang schreiben, aber dafür brauche ich Kraft, die ich im Moment einfach nicht habe. Ich könnte nur noch schlafen, aber geistig rattert’s – und wie.

Ich lese ab und zu meine Geschichte, die ich hier aufschrieb. Und da ich immer noch sehr viel denke und die Bilder und Worte im Kopf gespeichert habe, fügt sich alles zusammen wie ein Puzzle. Meine Geschichten sind alle verschlüsselt, es sind alles Codes, alles. Dieses Buch hat mein Unterbewusstsein geschrieben, sprich meine Seele. Meine Gefühle, meine Wahrheit, meine Erinnerung, alles steckt in diesen Zeilen. Denn deine Gefühle sind die Wahrheit und wenn du die Wahrheit kennst über dich, kannst du dich erinnern, erinnern, woher du kommst!

Ich bin gestorben und wurde wiedergeboren im Hier und im Jetzt! Es ist wie ein Ausatmen (tot) und Einatmen (lebendig). Die Großstädte, Autos, Flugzeuge auf der Erde, auf der wir leben, sind eine Illusion! Unsere Gesetze, Glaubensvorstellung, Werte, Grenzen, die wir vertreten, existieren nur in unseren Köpfen. Wir sind Gefangene unserer Selbst (hatte ich erwähnt, dass ich ausgestiegen bin?). Ich sehe, wie die Erde blutet, ich sehe die Wirklichkeit. Ihr seht die Welt in Glanz und Gloria, ihr seid verblendet. Ja, die Erde wurde ausgebeutet bis aufs Letzte und man tut es immer noch, aber alles, was wir der Erde antun, tun wir uns selbst an. Es steht alles geschrieben, es wurde alles verfilmt und gesagt, wie es ist, es ist uns dennoch immer noch nicht bewusst, weil wir es einfach nicht verstehen wollen! Alles ist eins. Wir sind verbunden mit Menschen, Pflanzen, Tieren, Steinen – alles ist verbunden, bis zum kleinsten Sandkorn. Wir sind eins mit dem Universum. Das Universum ist eins mit uns.

Fantasie und Menschenverstand sind real. Fantasie ist das Universum! Menschenverstand ist das, was wir tun. Das Universum ist allwissend. Es hat alle Informationen, die wir brauchen. Wir sind allwissend, weil wir ein Teil des Universums sind. Es gibt Abertausende solche Teile. Es gibt keine Vergangenheit und keine Zukunft, alles passiert in der Gegenwart, im Jetzt. Alles ist vorherbestimmt: deine Geburt, deine Kindheit, dein Erwachsenenalter, dein Tod. Du siehst es manchmal nicht ein, weshalb etwas so ist, wie es ist, weil du zuerst heranwachsen und Erfahrungen sammeln musst. Das ganze Leben ist eine einzige Schule. Wenn du gut aufpasst, und gute Noten nach Hause bringst, darfst du in die höhere Schule. Wenn du faul bist und nicht aufpasst, wirst du ermahnt durch Krankheit, Unfall oder irgendwas. Wenn du dann immer noch faul bist und nicht lernen möchtest, dann viel Spaß beim Wiederholen. Ich habe mich in diesem Leben nun sehr angestrengt. Ich werde das jetzt mit ganz einfachen Worten aufzeichnen, so als ob es ein Kind (das ich bin) geschrieben hätte.

Gott ist ein DJ

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