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1.1.1.1.3 Gesprochene Sprache im DaF-Unterricht

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Die Praxis des Fremdsprachen- und DaF-Unterrichts erweist sich seit langem als schriftlich orientiert. Mit der kommunikativen Wende in der Fremdsprachenforschung und -didaktik richtet sich der Schwerpunkt auf die Vermittlung der alltagssprachlichen Kompetenzen bzw. der Mündlichkeit. Denn gesprochene Sprache ist ein „unverzichtbarer Bestandteil der Kompetenz in der Fremdsprache“ (Fiehler 2012: 25). Hinsichtlich der mündlichen, situationsbezogenen Kompetenzen weist Günthner (2011) darauf hin, dass

in der spätmodernen Gesellschaft gerade die Fähigkeit, sich auf diverse kommunikative Situationen einzulassen und mit unterschiedlichen Menschen in vielfältigen kommunikativen Zusammenhängen und Gattungen auf unterschiedliche Weise interagieren zu können, eine wesentliche Voraussetzung bildet, um persönlich und sozial erfolgreich zu sein. (Günthner 2011: 28)

Zur Didaktik der gesprochenen Sprache im Fremdsprachenunterricht entstanden in den letzten Jahren im wissenschaftlichen Bereich verschiedene Debatten. Während Götze (2003) und Helbig/Buscha (2001) beispielsweise die Meinung vertreten, dass es im DaF-Unterricht um die Vermittlung der Standardsprache auch in der geschriebenen Form geht, plädieren Günthner (2000a, 2011), Thurmair (2002), Kilian (2005), Moraldo/Missaglia (2013) dafür, dass der Erwerb der gesprochenen Sprache durch Unterricht erfolgen sollte. Denn, so Moraldo/Missaglia (2013):

Ein natürliches Sprachbewusstsein lässt sich nur entwickeln, wenn im Grammatikunterricht die Rezeption und Produktion von geschriebener und gesprochener Sprache vermittelt und damit die Grundlage für die Wahrnehmung sprachlicher Auffälligkeiten überhaupt erst geschaffen wird. (Moraldo/Missaglia 2013: 10).

Die Frage, die im didaktischen Kontext der gesprochenen Sprache erörtert wird, lautet dann: Was und wie soll gelehrt werden? Fiehler (2012: 25) benennt z.B. Rezeptionspartikeln (wie hm, ja), spezifisch mündliche syntaktische Konstruktionen, Verschleifungen und Signale des Sprecherwechsels als Elemente der Mündlichkeit, die im Fremdsprachenunterricht systematisch unterrichtet werden können. Günthner/Wegner/Weidner (2013) gehen von einer Vernetzung der Gesprochene-Sprache-Forschung mit der Fremdsprachenvermittlung aus. In der Forschung der gesprochenen Sprache entstehen in den letzten zwei Jahrzehnten zahlreiche Ergebnisse zu unterschiedlichen Phänomenen, wie Formen und Funktionen der Vor-Vorfeldbesetzung (Auer 1997), syntaktische Anordnungen im Nachfeld (Köpcke/Noack 2008), wobei (Günthner 2000b, 2002), weil (Gaumann 1983, Wegener 1999), dass (Freywald 2008), obwohl (Günthner 1999, 2002, Moraldo 2012), Phrasemen (Simon 2012). Nach Günthner/Wegner/Weidner (2013) können die Gesprochene-Sprache-Forschung und die Fremdsprachenvermittlung durch Vernetzung voneinander profitieren. Einerseits könnten die Erkenntnisse der Gesprochene-Sprache-Forschung systematisch im DaF-Unterricht zur Verfügung gestellt werden. Demgegenüber könnte die Fremdsprachenvermittlung auf die wenig erforschten Elemente der Mündlichkeit hindeuten, die in der alltäglichen Praxis der Fremdsprache auffallen.

Konkret widmen sich gegenwärtig mehrere wissenschaftliche Untersuchungen der Didaktisierung der gesprochenen Sprache. Bachmann-Stein (2013) befasst sich z.B. mit Lehrwerkdialogen im DaF-Unterricht. Ihres Erachtens haben Dialoge im Lehrwerk „einen besonderen Stellenwert“ (Bachmann-Stein 2013: 40), weil sie für die Lerner als eine Simulation der realen Kommunikation außerhalb des Fremdsprachenunterrichts gelten. Mit solchen authentischen Gesprächen kann die Kompetenz der mündlichen Kommunikation der Lerner gefördert werden. Eine weitere methodisch-didaktische Anregung ist außerdem bei Reeg (2012) zu finden. Die Autorin setzt sich mit dem Nutzen zeitgenössischer Theatertexte im DaF-Unterricht auseinander. Ihr Anliegen ist, die Analyse gesprochensprachlicher Phänomene in den Theatertexten mit einer dramapädagogischen Bearbeitung zu verbinden. Damit bekommen die Lerner nicht nur wertvolle Einsichten der relevanten Merkmale der gesprochenen Sprache, sondern auch Erfahrungen bezüglich der mündlichen Äußerungen in spielerischer Form. Darüber hinaus stellt Patermann (2012) ein Lernkonzept in Form von Talkshows vor, um mündliche Kommunikationskompetenz und soziale Fähigkeiten der Lerner zu fördern. Nach Patermann (2012) lässt sich das für muttersprachliche Lernende konzipierte Modell zur Förderung der fachübergreifenden Gesprächsfähigkeit in den DaF-Unterricht integrieren. Konkret geht es um „Schulstunde als Talkshow“ der Internetplattform „Planet Schule“. Sie versteht sich als eine Lernplattform, die verschiedene Lehr- und Lernmaterialien für nahezu alle Unterrichtsfächer bietet, damit der jeweilige Unterricht kreativ und interaktiv gestaltet werden kann. Mithilfe von Beispielen führt die Autorin vor, dass man anhand der aktuellen mediengestützten Materialien der Plattform den DaF-Unterricht als eine Talkshow durchführen kann. Dabei übernimmt die Lehrperson die Rolle des Moderators, während die Lerner ihre Pro- und Contra-Argumente formulieren. Die mündliche Sprechfähigkeit der DaF-Lerner wird auf diese Weise lernerzentriert und handlungsorientiert gefördert.

Neben methodisch-didaktischen Anregungen nimmt das Material einen wichtigen Platz bei der Didaktisierung der gesprochenen Sprache im DaF-Unterricht ein. Während Lehrwerkdialoge (Bachmann-Stein 2013), Theatertexte (Reeg 2012) und deutsche schulische Materialien in Internetplattformen (Patermann 2012) als mögliche Lehr- und Lernmaterialien zur Förderung der Mündlichkeit der DaF-Lerner thematisiert werden, entwickelt das DAAD Projekt „Gesprochenes Deutsch für die Auslandsgermanistik“ (2010 bis 2012) unter der Leitung von Prof. Dr. Susanne Günthner an der Universität Münster eine Datenbank für die Materialien der Didaktisierung der gesprochenen Sprache. Das Ziel des Projekts liegt darin, authentische Kommunikationssituationen deutscher Muttersprachler für den DaF-Unterricht im Ausland bereitzustellen. Die Materialien in der Datenbank bestehen aus Audiodateien und Transkripten. Sie dienen als Basis für die Unterrichtsentwürfe und regen zur kreativen Gestaltung für die Vermittlung der gesprochenen Sprache an. Die genaue Verwendung dieser authentischen Materialien erläutert Imo (2012) in seinem Aufsatz. Seines Erachtens kann man im DaF-Unterricht mit diesen Gesprächsdaten auf drei Ebenen umgehen. Erstens ist es möglich, den Lernern die mündlichen Kommunikationstechniken (wie Sprecherwechsel, Reparaturen, Gesprächsbeendigung) zu vermitteln. Zweitens geht es um die syntaktischen Strukturen. Dabei macht die Lehrperson die Lerner nicht nur auf typische Strukturen der gesprochenen Sprache aufmerksam. Sie erklärt außerdem die typische Syntax der deutschen Sprache besser, wenn solche Strukturen in authentische Gespräche eingebettet sind. Auf der dritten Ebene handelt es sich um lexikalische Phänomene, die man mit situationsbezogenen sowie regionalen Kontexten verknüpfen kann.

Sprachenlernen im Tandem

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