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3. Die neue Welt

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Kutzkal lässt das Licht wieder los und im Bruchteil einer Sekunde stehen die beiden wieder auf dem grünen Hügel, inmitten von wunderschönen Blumen. Verdutzt schauen sich die beiden an und zum ersten Mal ist auch Kutzkal besorgt.

Doch schnell werden sie aus ihren Gedanken gerissen, als sie eine Stimme hören. Laut und durchdringend schallt sie durch die Hügel. Kutzkal und Babul drehen sich um, doch weit und breit ist niemand zu sehen. Langsam kriegen sie es erneut mit der Angst zu tun. Was wird hier gespielt, wo sind sie hier?

Die Stimme wird immer lauter und lauter und hat einen unheilvollen Unterton. Doch bevor die beiden vor Angst davonlaufen können, sehen sie eine Gestalt in der Ferne.

Die dunkle Gestalt kommt auf die beiden zu. Sie sieht menschlich aus und die beiden entspannen sich etwas. Vielleicht haben sie sie gerade nur übersehen, obwohl ihnen klar ist, dass es recht unwahrscheinlich ist. Wo soll sich das Wesen versteckt haben? Es läuft auf einem offenen Feld auf sie zu. Es gibt keinen Baum hinter dem es hervor gekommen sein könnte…

Die beiden verdrängen den Gedanken, der sich ihnen langsam aufdrängt und ersetzen ihn mit der Erleichterung, dass zu der Stimme eine Gestalt gehört. Doch je weiter die Gestalt auf die beiden zukommt, desto mehr wird ihnen klar, dass etwas nicht stimmt.

Die Stimme ruft sie zu sich und wird auf einmal immer freundlicher. Der mittlerweile freundliche Tonfall veranlasst die beiden dazu auf die Gestalt zu zugehen. Doch je näher sie kommen, desto mulmiger wird ihnen. Die schwarze Gestalt nimmt einfach keine Form an. Egal wie viel näher sie kommen, es ist und bleibt eine schwarze Gestalt. Kein Gesicht ist zu erkennen, keine Augen, keine Nase, nicht einmal Farbe…

Kutzkal und Babul kriegen es nun wirklich mit der Angst zu tun. Was ist das? Der schwarze Mann aus ihren Kindermärchen?

Je näher sie auf das Wesen zukommen, desto verschwommener wird die Gestalt. Sie scheint keine feste Form zu haben, sondern ist nur ein verwaschener dunkler Schatten. Kutzkal nimmt seinen ganzen Mut zusammen und stellt sich schützend vor Babul, „Wer bist du und was willst du von uns?“, sagt er mit zitternder Stimme. Das Wesen antwortet mit seiner mittlerweile wunderschönen Stimme, doch gibt es keinen Mund aus dem sie hervorkommt. Nur ein schwarzes Etwas.

Die Worte schallen auch nicht durch den Raum, sondern sie scheinen in den Köpfen der beiden zu sein. Solche Macht haben bei ihnen nicht einmal die Medizinmänner…

„Kommt mit mir“, hören die beiden die Stimme in ihrem Kopf, „Euch wird kein Leid geschehen. Ich möchte euch einladen euch unsere Welt anzuschauen.“ Verwirrt schauen Babul und Kutzkal sich an. Sollen sie dem Wesen vertrauen oder nicht? Die mittlerweile freundliche Stimme steht im totalen Gegensatz zu seiner immer noch so erschreckenden Erscheinung.

„Wir wissen warum ihr hier seid. Unsere Prophezeiung hat euer Kommen angekündigt. Lasst mich euch den Weg zeigen.“ Dieser Satz hat Kutzkal umgestimmt. Auch er weiß, warum er hier ist und Hilfe können sie auf jeden Fall gebrauchen. Babul dagegen ist sich nicht so sicher, lässt sich aber von Kutzkal überreden.

Und so folgen die beiden dem schwarzen Wesen über die künstlichen Hügel dieser seltsamen Welt.

Es dauert nicht lange bis sie angekommen sind. Die Sonne am Himmel hat sich nicht bewegt, so wie sich hier überhaupt nichts bewegt. Auf ihrem ganzen Weg haben sie nichts gehört und gesehen. Keinen Hasen, keinen Käfer, nicht einmal das Rascheln der Blätter im Wind.

„Was ist das hier“, fragt Kutzkal nach einer Weile, doch das Wesen antwortet nicht. Es bewegt sich immer weiter fort ohne zu reden oder sich umzudrehen.

Dann, ganz plötzlich, stehen sie vor einer Tür. Einer Tür im Himmel. Vor ein paar Sekunden haben sie nichts als strahlend blauen Himmel vor sich gesehen und auf einmal ist in diesem Himmel der Umriss einer Tür zu sehen. Diese Welt wird immer seltsamer und seltsamer, denkt sich Babul.

Das schwarze Wesen drückt ein paar Knöpfe auf einem Panel neben der Tür, das gerade sichtbar wurde. Es ist als schauen sie in der Ferne auf den Horizont und gleichzeitig stehen sie vor einer großen Tür.

Geräuschlos gleitet die Tür zur Seite und das Wesen bittet die beiden einzutreten. Kaum sind die beiden durch die Tür getreten, schon geht sie wieder zu und sie stehen allein in einem dunklen Gebäude. Es erinnert an das Gebäude in dem sie angekommen sind. Stahl, Gitter und rote Lichter sind auch hier überall zu sehen.

Langsam gewöhnen sich ihre Augen an die Dunkelheit und sie erkennen, dass sie gar nicht mehr so allein sind. Sie erkennen ein paar Menschen, die in etwas Entfernung von ihnen stehen. Eine Gruppe von vier oder fünf Menschen steht ihnen gegenüber und schaut sie an. Obwohl sie definitiv Menschen sind, so sehen sie doch ganz anders aus als Kutzkal oder Babul. Ihre Haut hat eine andere Farbe als die Ihre, ihre Kleidung ist pechschwarz und aus einem seltsamen Material und an der Stelle des rechten Auges haben sie alle ein rotes Licht.

„Wir grüßen euch“, sagt Kahlok, der dunkelhäutige Mann in der Mitte, der der Anführer zu sein scheint. Das rote Licht an der Stelle seines rechten Auges blitzt von Zeit zu Zeit auf und Babul kann seine Augen nicht davon abwenden. Es ist, als wenn das rote Licht eine hypnotisierende Wirkung auf ihn hat.

Nach einer gefühlten Ewigkeit die er auf das Licht gestarrt hat, versucht er wieder zu sich zu kommen. Er blinzelt mit den Augen und schüttelt den Kopf. „Du bist fasziniert von meinem rechten Auge, nicht“, sagt Kahlok in einem scherzhaften Ton, „ich schätze du hast nichts von unserer Unterhaltung in den letzten Minuten mitbekommen.“

Kutzkal dreht den Kopf und schaut Babul verwundert an. Was ist passiert? „Unser Auge hat diese Wirkung auf Unwissende. Dadurch sind wir sicher und können uns ungehindert bewegen. Versuche einfach wo anders hin zu schauen, dann wirst du unserer Unterhaltung zuhören können.“

Mit einem Lächeln dreht sich der Mann zurück zu Kutzkal und deutet an, dass sie ihm folgen sollen. „Ihr seid nicht aus unserer Welt, das weiß ich wohl.“ Das ist kaum zu übersehen, denkt sich Babul, als er mit seinem Lendenschurz und der sonnengebrannten Haut in dieser düsteren sonnenlosen Metallwelt steht. „Ihr seid jetzt im Jahr 2200 und ein Menge ist geschehen, seit ihr eure Welt verlassen habt. Ihr wurdet uns in unseren Prophezeihungen angekündigt und wir werden alles tun, um euch zu unterstützen“, fährt Kahlok fort, während sich die Gruppe in Bewegung setzt. Sie gehen über metallene Gitter, die in schwindelerregender Höhe sind und Babul fühlt sich leicht mulmig. Unter ihnen hören sie Arbeiter und sehen das bekannte Leuchten von glühendem Metall. Sie gehen eine Weile, bis sie in einem großen Raum angekommen sind. Rund, fensterlos und düster, genauso wie alles hier. Alles hat eine so deprimierende Stimmung hier und Babul vermisst seinen grünen Urwald unter der gelben Sonne. Hier gibt es nichts als kahles schwarz und grau zu sehen. Kein Lächeln, keine Pflanzen, keine Heiterkeit. Wie kann man hier nur leben, fragt er sich.

Schon wieder sind seine Gedanken abgeschweift. Als er den Raum fertig betrachtet hat, merkt er, dass er schon wieder nichts von dem gehört hat was geredet wurde. Irgendetwas an diesem Ort bringt ihn dazu fahrlässig zu sein. Er ist ein Krieger, ausgebildet für das schwierigste und gefährlichste Spiel das es gibt. Er ist dazu ausgebildet die Situation in Sekunden einzuschätzen und zu reagieren. Doch hier, hier ist alles so anders. Es fühlt sich verwirrend an und seine Gedanken schweifen andauernd ab. Das muss sich ändern, sagt Babul zu sich selbst und konzentriert sich wieder auf die Gespräche.

„Ich weiß, dass es eine schwierige Aufgabe ist, aber ich werde mein Möglichstes tun. Und unterstützt werde ich von meinem guten Freund Babul….“.

Unterstützt? Wobei unterstützt, wundert sich Babul. Kutzkal legt versichernd die Hand auf Babuls Schulter und redet davon, dass er seine Aufgabe erfüllen wird. Worum geht es hier?

Plötzlich stehen alle wieder auf und gehen hinaus. Verwirrt folgt Babul den anderen hinaus aus diesem Raum, lange Metallgänge hinunter, bis sie am Ende vor einer großen Tür stehen. Die Tür kommt Babul und Kutzkal bekannt vor. Sie sieht genauso aus wie die erste Tür, die sie nach ihrer Anreise hier gesehen haben und die beiden hinaus auf die grüne Wiese geführt hat.

Die Gruppe bleibt vor der Tür stehen und betrachtet sie eine Weile. Kutzkal fällt auf, dass sie doch nicht genauso aussieht wie die andere Tür. Irgendetwas ist anders. Nach einer Weile sieht er den Unterscheid. Am Rand sind ganz feine Zeichen eingeritzt. Es sieht fast so aus, als wenn es eine Sprache wäre. Er sagt nichts und fragt auch nicht nach. Irgendetwas hier gibt ihm ein unwohles Gefühl. Er kann nicht genau sagen was, aber als er sich zu Babul umdreht, sieht er an seinem Gesicht, dass auch er es fühlt.

Ein lautes Geräusch erklingt und die große Tür öffnet sich langsam. Doch im Gegensatz zum letzten Mal sehen sie diesmal nicht auf grüne Hügel und blauen Himmel. Diesmal fällt ein düsteres Licht durch den Spalt. Die Tür öffnet sich weiter und weiter und je mehr die beiden sehen, desto erschreckender wird es. Schwarze Hügel mit verkohltem Gras, kahle Bäume und ein schwarzer Himmel. Es ist ein grauenhafter Anblick und beide sind zutiefst erschüttert.

„Es ist das gleiche Bild das wir sahen als wir vorher das Blinklicht abgedeckt haben“, wirft Babul erstaunt in den Raum. Alle schweigen wieder, bis sich die Tür komplett geöffnet hat. Der Anblick ist verstörend.

„Das ist unsere Welt“, bricht Kahlok das traurige Schweigen. "Kahl, schwarz und kalt. Kein Ort zum Leben und doch haben wir überlebt. Unsere Vorfahren haben uns diese kalte, leblose Welt überlassen, doch wir haben überlebt. Wir sind in den Untergrund gegangen. Wir haben diese Stahlkonstrukte gebaut und haben unsere künstlichen Gärten. Wir haben euch in einem dieser Gärten gefunden.“

„Doch das war nicht real? Wir haben in euerm Garten die gleiche verbrannte Erde gesehen wie hier, als wir das Licht abgedeckt haben“, wirft Kutzkal ein.

„Du hast Recht. Die Welt sieht so aus wie ihr sie jetzt seht, doch unsere Vorfahren haben uns eine Technik dagelassen, mit der wir eine Illusion erschaffen können, die real ist. Es sieht aus wie ein Garten und die Pflanzen wachsen wie in einem Garten, wir können ernten und die Früchte essen. Das einzige was wir nicht können, ist das Programm verändern. Das Wissen ist uns verloren gegangen, daher müssen wir uns mit dem begnügen was hier wächst“, antwortet Kahlok.

„Können wir hinausgehen?“, fragt Kutzkal, der neugierig auf diese seltsame Welt ist. „Es ist euch frei hinauszugehen, doch es ist gefährlich und es gibt dort nichts als verbrannte Erde. Diese Zeichen an der Tür, die ihr vielleicht schon bemerkt habt, sind das Einzige, was uns vor allem Schädlichen da draußen beschützt.“ Kutzkal schaut Babul an, der immer noch ängstlich dreinschaut. Es sieht nicht so aus, als wenn er Lust hätte hinauszugehen. Und er selbst hat dieses komische Gefühl und entscheidet sich daher, das Ganze zu vertagen.

Mit einem lauten Ton geht die Tür wieder zu. Kutzkal und Babul folgen der Gruppe wieder ins Innere des Komplexes. Kahlok lächelt als er sich umdreht, er ist zufrieden damit wie es gelaufen ist.


Kutzkal und Babul

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