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Café Hauptwache

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Rote Bluse? Rote Bluse.

Dazu Jeans und rote flache Schuhe.

„Guten Tag.“ Er lächelte sie an.

„Hallo.“ Sehr originell, aber was sollte sie sonst sagen? Etwa: „Ein herzliches Hallo und einen fröhlichen guten Tag an diesem wunderschönen Nachmittag“? Das hier war Frankfurt und nicht Hollywood.

Er war zur Begrüßung aufgestanden, reichte ihr die Hand.

Sie schlug gerade ein, als der Kellner sie unsanft zur Seite schob. Direkt an seine Brust. Nur noch durch ihre zwischen ihnen eingeklemmten Arme voneinander getrennt, bildete sich Pat ein, seinen Herzschlag zu spüren. Aber es war doch eher ihr eigener. Kein Wunder, ihr Herz schlug bis zum Hals.

Sie fand die Berührung durchaus angenehm, da wich er schon etwas nach hinten aus, um ihr Platz zu verschaffen.

Dann glitt sie in den bereitgeschobenen Stuhl.

„Ich bin schon etwas länger hier.“ Er hatte ihren Blick auf seine halbleere Tasse bemerkt. „Möchten Sie auch einen Kaffee oder lieber etwas anderes?“ Er winkte den Kellner herbei, damit sie bestellen konnte. „Ich hatte in der Nähe etwas zu erledigen“, erklärte er, „und war früher fertig, als geplant. Ganz schön was los in der Stadt bei dem tollen Wetter.“

„Dabei war Regen angekündigt.“ Sie versuchte sich an die Sätze zu erinnern, die sie sich zurechtgelegt hatte. Weg, alle weg.

„Ich heiße übrigens Dominic.“ „Pat. Eigentlich“, – ‚schon wieder dieses Wort‛ – „Patricia, aber so nennt mich niemand.“ „Pat? Nicht Pät?“ „Pat, es heißt ja auch Patricia und nicht Pätricia.“ „Hm, ja.“ Er sah nicht überzeugt aus.

Beide versanken in ein Schweigen, das gerade anfing peinlich zu werden, als der Kellner den Kaffee auf den Tisch stellte. ‚Gesprächig ist er ja nicht gerade.‛

Ihre Hände berührten sich, als er ihr den Zucker in dem Moment zuschob, in dem sie danach griff. Beide zögerten, wollten wissen, wie es sich anfühlte, den anderen zu spüren. Er zog seine Hand schließlich zurück.

Während sie versuchte, sich an die wahnsinnig geistreichen Sätze zu erinnern, die sie sich ‒ offensichtlich vergeblich ‒ zurechtgelegt hatte, tat sie so, als wäre sie mit der exakten Platzierung des Zuckers auf dem Milchschaum beschäftigt.

„Was für ein Auto fahren Sie?“

Sie sah überrascht auf. „Was sich gerade so anbietet. Ich rede jetzt tatsächlich von Autos“, schob sie hinterher, als sie seinen Blick auffing.

„Ich auch. Ich dachte nur ‒ wegen Ihrer Anzeige. Ich dachte, Sie fahren einen besonderen Wagen, den Sie gerne ausführen wollen. Oder ging es nie um Autos?“

„Das weiß ich selbst nicht so genau.“ Sie rutschte jetzt doch nervös auf ihrem Stuhl hin und her, sah ihm direkt in die Augen. „Das ist mir einfach alles so rausgerutscht.“

Sie lächelte ihn an. „Aber eine Spritztour wäre nett. Also eine echte, meine ich. Ich meine im Auto, nicht … ich …“ Sie brach ab, und kam mit einem „Was fahren Sie?“ auf das ursprüngliche Thema zurück, bevor sie sich völlig blamierte.

Ihr Verhaspeln schien ihn zu amüsieren und sie beschloss, nichts mehr zu sagen. Sollte er sich endlich bemühen.

Es entstand eine längere Pause, bevor er das Gespräch wieder aufnahm. „Hängen meine Chancen bei Ihnen von der Antwort ab?“ „Nicht, wenn Sie nicht irgendetwas ganz Furchtbares fahren. Ich wollte bloß auf Ihre Frage … Aber wir können auch über etwas anderes reden. Erzählen Sie mir etwas über sich? Oder sollen wir …“ Sie brach ab. ‚Hör auf zu plappern.‛

„Ja?“ Er sah sie erwartungsvoll an. So einfach ließ er sich den schwarzen Peter nicht zuschieben.

„Ich bin nervös. Ich habe so etwas noch nie gemacht.“ „So etwas?“, fragte er nach. „So ein Treffen auf ein Inserat hin.“

Nun war es an ihm zu lächeln. „Ob Sie’s glauben oder nicht, ich ebenso wenig. – Was für ein Auto dürfte ich denn nicht fahren?“

Ihr Blick wanderte von den kleinen Lachfältchen hin zu seinen Augen. „Einen von diesen Monster-SUV oder einen Hummer, einen Porsche Cayenne, irgend so eine Angeber-Karre oder …“ ‚Zähl jetzt bloß nicht alles auf, was dir in den Sinn kommt‛, ermahnte sie sich, und sah ihn nachdenklich an.

Es wäre schade um ihn, sie fand ihn nett. Irgendwie. Auch wenn er den Mund nicht aufbekam. Auf jeden Fall wollte sie ihn näher kennenlernen.

„Welche Chancen hätte ich mit einem BMW?“ „Kommt drauf an, die haben ja auch so einen schrecklichen SUV. Ich bin nur mal einen kleinen 3-türigen gefahren, der war ganz gut, aber der Verbrauch viel zu hoch.“ ‚Du fängst schon wieder an‛, ermahnte sie sich.

Er musste lachen. „Ich glaube, Sie wissen gar nicht, was Sie wollen. Sie sind auch eher blau als rot – oder? Wie wäre es also mit einem dunkelblauen 3er?“ Sie sah eindeutig enttäuscht aus.

„Ach, jetzt soll es doch das große Abenteuer sein. Vielleicht eine Corvette?“ Ihre Miene hellte sich augenblicklich auf, ihre Augen blitzten.

„Oder tut es auch ein ferrariroter 7er?“ Sie nickte, um gleich darauf den Kopf zu schütteln. „Das geht doch gar nicht. Ein hellroter 7er, wie sieht das denn aus.“

„Sie haben mir versprochen, es gibt keinen Haken, und jetzt mäkeln Sie schon bei der Farbe rum? Außerdem suchen Frauen ihre Autos doch angeblich nach technischen Daten wie Verbrauch und laufenden Kosten aus, ohne sich von halbnackten Frauen, die sich auf der Motorhaube räkeln, ablenken zu lassen.“ „Ja, aber doch nicht nur.“

Er lehnte sich zurück. „Entspreche denn wenigstens ich Ihren Vorstellungen?“

Sie ließ ihren Blick aufreizend langsam über seinen Körper wandern. „Könnten Sie sich mal halbnackt auf der Motorhaube präsentieren?“ „Sie meinen, das würde auch einen dunkelblauen 3er aufwerten?“

Sie musste lachen. „Es würde mich jedenfalls nicht vom Kauf einer Corvette abhalten.“ „Autsch, sehr charmant.“

„Wenn Sie mich so provozieren … Spaß beiseite.“ Sie sah ihn betont ernst an. „Sie scheinen ganz in Ordnung zu sein. Wir sollten auf jeden Fall eine Probefahrt machen, egal was Sie fahren – falls ich als Mit-Fahrerin in Frage komme.“ „Kommen Sie.“

Forschend sah er sie an. „Haben Sie sich schon mal verführerisch auf einer Motorhaube geräkelt?“

Platsch machte es. Und noch mal: platsch. Dicke Regentropfen hielten Pat von einer Antwort ab.

Sie hatte nicht bemerkt, dass der Himmel sich zugezogen hatte. Es schüttete plötzlich wie aus Kübeln. Rundum klaubten alle hektisch ihre Sachen zusammen und drängten sich unter das Dach oder die Sonnenschirme, die jetzt Regenschirme waren.

Sie wurde zur Seite gestoßen und landete erneut an seiner Brust. „Sollen wir versuchen, drinnen einen Platz zu bekommen?“, wollte er wissen. „Ich glaube nicht, dass es gleich wieder aufhört.“

„Nein“, lehnte sie ab. „Innen ist es ungemütlich.“ „Also zu mir.“ Es war eine Feststellung, keine Frage.

„Ich bin leider ganz unkavaliersmäßig mit der Bahn gekommen. Ich könnte versuchen ein Taxi zu ergattern.“ Obwohl er dem Kellner bei der ersten sich bietenden Gelegenheit Geld in die Hand drückte, waren alle Taxis längst weg, als sie gehen konnten.

„Laufen Sie voraus“, sie deutete auf den U-Bahn-Eingang, „ich komme nach.“ „Oh, nein. Sie entwischen mir nicht.“ Er nahm ihre Hand, zog sie mit die Treppe hinunter, bis sie unter dem schützenden Dach angekommen waren.

Pat fuhr sich mit der freien Hand durch die nassen Haare. „Dachten Sie, ich will mich verdrücken?“

Widerstrebend ließ er ihre andere Hand los. „Wer weiß? Noch haben Sie mir nicht gesagt, dass Sie mich absolut unwiderstehlich finden und mir überall hin folgen werden.“

Sie sah ihn mit großen Augen an.

„Oh, keine Angst, ich werde Sie nicht einsperren, bis Sie es tun, oder so etwas in der Art.“ „Beruhigend.“

Er grinste. „Tun Sie meinem männlichen Steinzeit-Ego schon den Gefallen. Sagen Sie, dass Sie mich toll finden und mit in meine Höhle kommen werden.“ „Ziemlich voreilig, was Sie da verlangen.“

„Blau, ich wusste es, durch und durch blau. Sie sind kein bisschen rot.“ Sie zog ihn an sich, drückte ihren Mund auf seinen. Nahm seine Lippe zwischen ihre, als er den Mund leicht öffnete, spürte ein Kribbeln im Bauch und erschrak so sehr über sich selbst, dass sie sich genauso plötzlich von ihm löste, wie sie ihn zuvor geküsst hatte. Nicht ohne zum Abschied noch einmal zart mit den Lippen über seine zu streifen.

„Und ich dachte“, er atmete hörbar aus, „das mit dem Provozieren würde nur bei Männern funktionieren.“ „So kann Mann sich irren“, war alles, was ihr einfiel.

Er hatte ihren halben Kuss als ganzes Ja gedeutet, war Richtung S-Bahn gegangen und sie war ihm tatsächlich gefolgt.

„Das ist die richtige Linie.“ Er schob sie in die wartende Bahn.

Obwohl kaum noch Platz war, drängten immer mehr Menschen nach. Sie waren offensichtlich nicht die Einzigen, die vor dem Regen nach Hause flüchteten.

Pat geriet mit dem Rücken zu ihm und stutzte. War das etwa seine Erektion an ihrem Po? Sie versuchte erfolglos etwas Raum zu gewinnen, drehte sich halb. Mit dem Ergebnis, dass bei der nächsten Gelegenheit ihre Hüfte in seinen Schritt gedrückt wurde. Er hatte jedenfalls keinen Steifen, das war gut, aber wenn sie so stehen bliebe, würde er das noch als Aufforderung verstehen.

„Tut mir leid, Pät, ich hätte doch ein Taxi besorgen sollen. ‒ Nach der Konstabler wird es besser.“ „Geht schon.“ Es kam Pat vor, als würde sie, je mehr sie versuchte etwas Abstand zwischen sich und ihn zu bringen, nur um so näher an ihn gedrückt. Überall waren fremde Hände, Arme und Beine, denen sie entgehen wollte. Sie gab auf, ließ sich gegen Dominic schieben und hielt sich mit einer Hand an seinem Arm fest, um nicht umzufallen.

Plötzlich spürte sie nur noch seinen Körper, seine Nähe. Ihr wurde wohlig und sie wollte sich anschmiegen, wusste nicht mehr, ob sie es tat oder ob sie geschoben wurde.

Nach dem Umsortieren an der nächsten Haltestelle landeten sie Brust an Brust aneinander. Bei jedem Atemzug spürte sie ihn an ihrem Busen. Sein Atem strich sanft über ihre Halsbeuge. Blut sammelte sich pulsierend in ihrem Unterleib, der sich verlangend nach vorne schob. Ihr Körper war ihrem Geist ganz offensichtlich einige Schritte voraus.

Sie schloss die Augen, überließ sich ihrer Fantasie. Seine Lippen schienen plötzlich wieder auf ihren zu sein. Sein Blick glitt über ihren Busen, der von einem knappen BH und der vom Regen durchsichtigen Bluse kaum verhüllt wurde. Die ersten Knöpfe hatte er bereits geöffnet, schob den Stoff ‒ sie gleichzeitig auf den Hals küssend ‒ zur Seite. Seine Finger tasteten sich zu ihren Brustwarzen hin,

als die Bahn anhielt.

Hätte er sie nicht hinter sich hergezogen, wäre sie, in ihren Gedanken gefangen, stehen geblieben.

„Pät!“

Schade, inzwischen hätten seine Lippen sicher ihre Brustwarze erreicht. Oder seine Zungenspitze? Ein wohliger Schauer lief durch ihren Körper.

„Ich hole das Auto“, brachte er sie endgültig in die Realität zurück. „Ach was, ich bin eh schon klatschnass.“ ‚Und eine kalte Dusche kommt mir gerade recht‛, ergänzte sie in Gedanken.

„Hier haben Sie schon mal ein Handtuch für die Haare. Ich gebe Ihnen ein T-Shirt, damit Sie sich umziehen können.“ Sie war ihm ins Schlafzimmer gefolgt, sah zu, wie er etwas aus dem Schrank heraussuchte.

„Wenn Sie nur halb so nass sind wie ich, sollten Sie auch die Jeans ausziehen. Keine Sorge, die Jogginghose ist auch frisch gewaschen.“ Wortlos nahm sie beides in Empfang.

„Da ist das Bad. Ich warte in der Küche. Bringen Sie Ihre Kleider mit, ich stecke sie in den Trockner.“

Die Hose, die er ihr gegeben hatte, war zweifellos frisch gewaschen. Trotzdem hatte sie das Gefühl, dass sie noch nach ihm roch. Sie musste daran denken, dass normalerweise seine Haut den Stoff berührte, als sie sie überstreifte.

Natürlich war sie zu eng, schmiegte sich an ihre Schenkel, spannte über Hüfte und Po. Genauso wie das T-Shirt, dass sich recht stramm über ihrem Busen dehnte. ‚Nicht gut.‛

Aber darauf, die einmal ausgezogenen nassen Kleider wieder anzuziehen, hatte sie auch keine Lust. Wäre sie bloß nach Hause gefahren. Es half nichts. Ihr Aufzug würde beiden Gelegenheit geben, ihren Humor zu beweisen.

In der Küche angekommen, stolperte sie über etwas, landete aber weich in seinen Armen.

„Also, so was ist mir noch nicht passiert.“ Sie löste sich von ihm. „Ich bin normalerweise nicht so anhänglich, dass ich einem Mann schon beim ersten Treffen dreimal um den Hals falle.“

Er ließ los, als sie wieder sicher auf beiden Beinen stand. „Viermal, mit der Bahn“, widersprach er. „Hatten Sie den Kellner eigentlich dafür bezahlt? Nein, im Ernst, es tut mir leid. Ich hätte den Schemel längst wegräumen sollen. Er steht schon so lange im Weg, dass ich mir angewöhnt habe, darüberzusteigen. Ich verspreche Ihnen, dass er, wenn Sie das nächste Mal kommen, weg ist.“

Kaffee. Sie nahm die dampfende Tasse, bekam im Gegenzug ihre Kleider aus der Hand genommen. Alle ihre Kleider. Sie war buchstäblich bis auf die Haut nass gewesen und hatte sich nach kurzem Zögern komplett ausgezogen.

„Ich packe alles zusammen rein. Oder ist irgendwas Empfindliches dabei?“ „Nein, immer rein damit“, erwiderte sie schnell. Es fehlte noch, dass er ihre Wäsche genauer betrachtete.

An die Tischplatte gelehnt, sah sie den Trockner an, als könnte ihr Blick sein Gehäuse durchdringen, um zu beobachten wie sich seine Kleidungsstücke um ihre schlangen. Wie sie sich miteinander verwoben, aneinander rieben.

„Wo sind Sie mit Ihren Gedanken?“ Direkt in seinen Augen versank sie, dem warmen Klang seiner Stimme folgend. Angenehm und ganz nah. Ihr Blick senkte sich auf seine Lippen, folgte deren Bewegungen, während sie versuchte, den Sinn seiner in ihrem Kopf umherschwirrenden Worte zu verstehen.

„Haben Sie eine Idee für einen Ausflug?“, versuchte Pat es auf gut Glück. Er sah sie so seltsam an, dass klar war, dass er über etwas anderes gesprochen hatte.

Aber er ging auf ihre Frage ein. „Wie wäre es für den Anfang mit etwas in der Nähe? Eine Runde durch den Odenwald? Sonntag? Mittagessen, und wenn es passt noch einen Kaffee.“ Sie nickte.

„Wollen wir das nebenan besprechen?“ Er deutete mit dem Kinn Richtung Wohnzimmer. Hatte er das vorhin gefragt? Sie musste ihre Gedanken besser beisammenhalten.

Sie ging voraus, blieb unvermittelt stehen, um sich zu bücken. Er wäre fast aufgelaufen, senkte den Blick. ‚Sie trägt keinen Slip. Oder einen String.‛ Er war versucht, seine Hände auf ihre Pobacken zu legen.

Während er noch darüber nachdachte, ob das zu unverschämt wäre, hatte sie sich bereits aufgerichtet.

Er hätte die Gelegenheit nutzen und zugreifen sollen, so wie sie sich in der Bahn an ihn geschmiegt hatte. Andererseits war sie wohl doch mehr gegen ihn geschoben worden, als dass sie sich …

Den Schemel in der Hand, fragte sie: „Wohin kann ich den stellen? Ich möchte ungern noch mal an Ihrer Brust landen.“ Er nahm ihr den Schemel aus der Hand und stellte ihn, ohne den Blick von ihren Augen zu lösen, auf die Arbeitsplatte neben sich.

„War das denn so unangenehm?“ „Nein, gar nicht.“ Puh, sie wusste nicht, was sie sonst darauf sagen sollte. Er rückte näher. „Also ganz angenehm?“, legte er mit dunkler Stimme nach.

Pat flüchtete ins Wohnzimmer und kehrte zurück zu ihrem ursprünglichen Thema: „Wohin willst du? Hast du an etwas Bestimmtes gedacht?“

‚Ans Schlafzimmer.‛ Ein Grinsen umspielte seine Mundwinkel.

Ratlos stand Pat im Raum. Zum Hinsetzen gab es genau ein Sofa. Groß zwar und mit integrierter Chaiselongue –‚ die ist ja fast so breit wie ein Bett‛ –, aber das half ihr auch nicht weiter. Eher im Gegenteil.

Also in die linke, die andere Ecke.

Er hielt nicht viel Abstand, als er sich schräg neben sie setzte.

„Nichts Außergewöhnliches, so nanntest du es doch, wenn ich mich recht erinnere“, übernahm er ihr Du. „Ein Stück die A5 runter, hinter Darmstadt schlagen wir uns in die Büsche“, er beugte sich näher zu ihr. „Ich kenne da ein nettes, kleines“, er machte eine Pause, „Restaurant. Und wenn das Wetter schön wird, schlendern wir durch Michelstadt, machen vielleicht noch einen Abstecher nach Amorbach. Dann durchs Grüne zurück oder, falls wir es eilig haben sollten, über die A3. Aber ich bin für alles offen.“ Er sah sie erwartungsvoll an.

„Hört sich gut an für den Anfang. Drehen wir also eine Runde durch den Odenwald.“

Sie wand sich aus der Sofaecke, stellte die Kaffeetasse ab und schlenderte, unter seinem aufmerksamen Blick, zum CD-Regal. Ließ die Finger über die Hüllen gleiten beim Lesen. Blieb an der Bruce-Springsteen-Sammlung hängen.

Auch sonst schien er einen ähnlichen Musikgeschmack zu haben wie sie. Sie fand allerdings keine aktuellen Alben. Aber vielleicht war er, im Gegensatz zu ihr selbst, auf modernere Medien als CDs umgestiegen.

Sie sah sich vergeblich nach Büchern um. Las er nicht oder hatte er sie in einem anderen Zimmer?

„Test bestanden?“ Sie drehte sich in Richtung seiner nahen Stimme. Er war ihr gefolgt, stand direkt hinter ihr. Sie brachte etwas Abstand zwischen sich und ihn. „Vielleicht.“

„Willst du in die Schränke sehen?“ Er machte eine entsprechende Handbewegung. „Ich habe nichts zu verbergen.“ „Danke, aber so neugierig bin ich auch nicht.“

„Ich habe nicht damit gerechnet, dass wir hier landen.“ Er verringerte den Abstand zwischen ihnen wieder. „Ich habe also nichts eingekauft. Aber ich kann das nachholen und wir können später zusammen kochen, wenn du magst. Du könntest dich in Ruhe weiter umsehen, während ich weg bin.“

„Nein, ich, ich habe noch was vor heute Abend. Sobald der Trockner fertig ist, gehe ich.“

„Bist du eine von diesen Frauen, die alles auf einmal machen? Die, den Terminkalender randvoll, von einem Date zum nächsten springen?“

„Nein, gar nicht. Ich mache normalerweise eins nach dem anderen und wenn ich mich mit jemandem treffe, dann nur mit ihm … oder ihr … oder ihnen … also je nachdem. – Nur heute habe ich noch was vor“, log sie.

Das ging ihr alles viel zu schnell. Sie hatte nach dem Kaffeetrinken vielleicht noch eine Runde mit ihm die Zeil entlangschlendern, aber nicht auf seinem Sofa landen wollen. Oder hier direkt vor ihm, wo sie nicht einmal eine Armlänge voneinander trennte.

Er stand so verdammt nah, dass sie seine Körperwärme spürte. Ihr wurde wieder bewusst, dass sie seine Kleider trug. Dass der Stoff auf ihrer Haut sonst seine berührte. Ein angenehmer Schauder lief über ihre Haut.

Er deutete ihre Unruhe als Unbehagen, erlöste sie. „Ich sehe mal nach den Kleidern.“

Nachdem er in der Küche verschwunden war, wandte sich Pat wieder dem Fenster zu, sah auf die Straße. Die Hälfte der Passanten war ohne Schirm unterwegs. Es schien nur noch wenig zu regnen.

„Dauert noch so zehn Minuten, schätze ich.“ Er war zurück. Stellte sich hinter sie, folgte ihrem Blick nach draußen. „Wir könnten auch essen gehen, anstatt zu kochen, wenn dir das lieber ist.“

Sie schüttelte den Kopf. „Ich habe wirklich noch etwas zu erledigen.“ Eigentlich war das gar nicht gelogen. Sie hatte noch etwas vor, wenn auch nichts, das sie nicht problemlos hätte verschieben können.

Sie hatte sich umgedreht, lehnte an der Fensterbank. Sah ihn erwartungsvoll an. Der große Redner war er ja nicht gerade.

Das fand sie an sich sehr angenehm, aber sie war auch keine begnadete Small-Talkerin, das könnte ein Problem werden. Sie suchte nach einem Thema. Vielleicht könnte sie ihn etwas über sich erzählen lassen. Aber was?

Er sagte: „Ich weiß jetzt auch nicht so recht, was wir mit den verbleibenden zehn Minuten anfangen sollen.“ Sah an ihr vorbei nach draußen. „Es regnet noch. Ich werde dich nach Hause fahren.“

„Danke, das ist nicht nötig. Ich fahre von hier direkt zu meiner nächsten Verabredung“, log sie, entgegen ihrer Gewohnheit, ein zweites Mal. „Aber du könntest mir einen Schirm leihen.“

„Klar. – Ich kann dich auch zu deiner Verabredung fahren, wenn du willst.“ „Lieber nicht.“ Sie lächelte ihn verlegen an.

„Könntest du noch mal nach den Kleidern sehen?“ „Sicher.“ Sie folgte ihm in die Küche. Stolperte fast über den Schemel, der schon wieder neben der Tür stand. War das Absicht?

Sie nahm ihm schnell alle Kleidungsstücke aus den Händen, um sie selbst sortieren zu können, und verschwand mit ihren im Bad.

Zwischen Flur und Wohnzimmer trafen sie sich wieder. „Ich habe die Jogginghose und das T-Shirt auf dein Bett gelegt. Oder soll ich sie mitnehmen und waschen?“ „Nein, natürlich nicht. Das mache ich schon.“

Vor ihrem geistigen Auge sah sie, wie er an den Kleidungsstücken riechen würde, bevor er sie in die Maschine steckte. So wie sie es vorhin getan hatte. Oder er zog sie einfach so an, wie sie waren.

‚Vielleicht hätte ich sie doch mitnehmen sollen.‛ Andererseits fand sie die Vorstellung, wie er versuchte ihren Geruch aufzunehmen, angenehm erregend.

Kaum merklich schüttelte sie den Kopf, bevor ihre Gedanken ganz abschweiften. „Ich gehe dann jetzt.“ Sie drückte sich an ihm vorbei in den Flur.

„Ich bringe dich bis zur Bahn.“ „Nein, das ist nicht nötig.“ Er zögerte, aber ihr Nein hatte sehr bestimmt geklungen. Also hängte er seine Jacke zurück an die Garderobe.

„Wie du meinst. Wie ist deine Adresse?“

„Wieso willst du das wissen?“ „Ich muss dich irgendwo einsammeln nächste Woche.“ „Ich komme her. So um elf?“

Er nickte, hielt ihr einen Schirm hin.

„Danke.“ Sie nahm ihn, lächelte ihn an. „War ein netter Nachmittag.“ „Ja, sehr. Ich freue mich auf nächste Woche.“

Im Treppenhaus tauschten sie einen letzten Blick. Ein letztes Lächeln.

Ferrari-ROT

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