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Kapitel 6

Nummer 7

Der Wechsel zu Manchester United

„Ich wollte die Nummer 28, aber ich konnte dem Boss ja nicht widersprechen.“

Am Abend vor dem Spiel ist die ganze Sache bereits über die Bühne gegangen. Bei einer Zusammenkunft im Hotel Quinta da Marinha hat Sporting sich mit Manchester United geeinigt. Für 15 Millionen Euro, etwas über zwölf Millionen britische Pfund, wird Cristiano zum Red Devil. Uniteds Trainer Alex Ferguson, Sportings Finanzvorstand Simões Almeida und Cristianos Berater Jorge Mendes haben alles unter Dach und Fach gebracht. Der Spieler muss nur noch unterschreiben.

Cristiano weiß bereits, dass seine Zukunft bei United liegt. Trotzdem werden die Neuigkeiten nicht vor dem 12. August bekannt gegeben. Zuvor dementieren beide Seiten eine komplette Woche lang alle diesbezüglichen Gerüchte. Keiner möchte Sporting das Fest verderben. Am 6. August 2003 soll das Alvalade XXI, das neue Stadion der Löwen, eingeweiht werden. Es ist von dem Architekten Tomás Taveira entworfen worden, mit Blick auf die in Portugal ausgetragene Europameisterschaft 2004. Gegner im Eröffnungsspiel ist Manchester United, die ein Kooperationsabkommen mit dem Verein aus Lissabon haben. Die Jugendakademie in Alcochete ist gewissermaßen auch ein Nachwuchszentrum von United – Manchester hat gegenüber anderen europäischen Vereinen das Vorkaufsrecht bei sämtlichen Jugendspielern der Grün-Weißen.

Die Einweihungszeremonie ist ein beeindruckendes Spektakel, doch das Spiel und Cristianos Leistung stehen ihr in nichts nach. Die Feier beginnt um 20:45 Uhr: Die Vorhänge heben sich, und eine Bühne kommt zum Vorschein, auf der die portugiesische Sängerin und Komponistin Dulce Pontes ihr berühmtes Lied „Amor a Portugal“, „Liebe zu Portugal“, singt. Hunderte Menschen formen auf dem Feld das Wappen des Klubs, und schließlich laufen die Spieler ein. Die Atmosphäre ist fantastisch, und im ganzen Stadion gibt es keinen einzigen leeren Platz.

Cristiano Ronaldo trägt sein grün-weißes Trikot mit der Nummer 28, die weiße Hose und die grün-weiß geringelten Socken und ist ganz heiß darauf, Manchester United zu zeigen, was er kann. Tatsächlich wird er sein bestes Spiel überhaupt für die Löwen abliefern. Er legt los wie die Feuerwehr und stellt Uniteds Außenverteidiger vor enorme Probleme. Er lotet mit einem Weitschuss und in einer Eins-gegen-Eins-Situation, die der französische Torwart für sich entscheiden kann, die Leistungsgrenzen von Fabien Barthez aus. In der 25. Minute legt er den Ball für Luís Filipe auf, der das erste Tor erzielt. Doch vor allem verzückt Cristiano sie alle mit seinen Dribblings, seiner Schnelligkeit, seinen Übersteigern, den Tempowechseln und der Fähigkeit, seinen Gegenspielern immer wieder zu entwischen. Kein Wunder, dass Sir Alex Ferguson bereits in der Halbzeitpause zum damaligen Geschäftsführer Peter Kenyon meint: „Wir können hier nicht ohne den Jungen wegfahren.“ Verteidiger Phil Neville erinnert sich an die gleiche Diskussion in der Kabine: „Wir haben alle zum Boss gesagt: ‚Den müssen wir verpflichten.‘“

Doch Ferguson schweigt. Er hat nicht die Absicht, seinen Spielern zu verkünden, dass der Deal bereits in trockenen Tüchern ist. Er ist ein alter Fuchs und will, dass der Junge vom ersten Tag an in der Kabine akzeptiert wird. Wie ginge das besser, als die Spieler glauben zu lassen, sie hätten Ronaldos Wechsel überhaupt erst forciert? Auf dem Rückflug nach London loben Uniteds Veteranen Rio Ferdinand, Paul Scholes und Roy Keane die Fähigkeiten des jungen Spielers aus Portugal und fragen, ob United ihn nicht holen könne. Sir Alex reibt sich nur still die Hände. Nach Abpfiff der Partie- ein 3:1-Sieg für Sporting – und Rücksprache mit Jorge Mendes hatte er sich persönlich mit Cristiano unterhalten, ihn mit Lob überschüttet und nach Manchester eingeladen.

Ronaldo glaubt allerdings, dass er nur hinfahren soll, um den Vertrag zu unterschreiben, den medizinischen Check zu absolvieren, das Old Trafford zu besuchen und sich die Anlagen des Vereins anzusehen, um dann für ein Jahr auf Leihbasis nach Lissabon zurückzukehren. Doch Ferguson hat andere Pläne. Gleich nachdem Cristiano eingetroffen ist und den Vertrag unterschrieben hat (zwei Millionen Euro pro Jahr, pro Monat also 150.000, wohingegen er bei Sporting monatlich 2.000 Euro verdient hat), setzt sich Ferguson mit Jorge Mendes zusammen. „Von dem Englisch habe ich kein Wort verstanden“, gesteht Cristiano einige Jahre später der portugiesischen Tageszeitung Público. „Mendes erklärte mir, dass Ferguson mich in Manchester behalten wollte. Ich war beeindruckt und nervös zugleich.“ Der Junge weiß nicht, was er tun soll – er hat ja noch nicht einmal seine Klamotten mitgebracht. Aber kein Problem – er soll einfach ins Training einsteigen und später zurückfliegen und seine Sachen holen.

Am 13. August wird er offiziell im Old Trafford vorgestellt, gemeinsam mit dem 24-jährigen Brasilianer José Kléberson, der von Atlético Paranaense geholt worden ist. Ronaldo erscheint im weißen, transparenten Hemd sowie in verblichenen Jeans und trägt Strähnchen im Haar. Sein Aussehen, sein Alter und vor allem der Preis, den United für ihn berappt hat, hinterlassen bei den anwesenden Journalisten keinen besonders guten Eindruck. Ronaldo ist der teuerste Teenager in der Geschichte des britischen Fußballs, und zwölf Millionen Pfund kommen ihnen vollkommen überteuert für einen 18-jährigen Jungen vor, der gerade einmal eine Profisaison mit 25 Spielen und drei Toren absolviert hat.

Doch Ferguson hat gerade erst David Beckham für 25 Millionen Pfund an Real Madrid und Juan Sebastián Verón für 15 Millionen Pfund an den FC Chelsea verkauft. Außerdem ist es ihm nicht gelungen, Ronaldinho zu verpflichten: Der Brasilianer ist zum FC Barcelona gewechselt. Ferguson ist sich sicher, dass er einen hervorragenden Transfer getätigt hat. Er glaubt, dass Cristiano für die Mannschaft mehr wert sein wird als Beckham und dass er das Puzzlestück ist, das United seit Jahren gefehlt hat. Portugals Fußballlegende Eusébio, Europas Fußballer des Jahres 1965, ist der gleichen Meinung: „Ronaldo ist nicht einfach nur ein großartiger Fußballspieler, er könnte ein richtiger Star werden. Er würde jede Mannschaft verstärken, in jeder Liga, überall. Ich glaube wirklich, dass er so gut ist.“

Ferguson und seine Scouting-Abteilung haben Ronaldo nicht erst bei der Partie im Alvalade entdeckt, sondern ihn seit seinem 15. Lebensjahr beobachtet. „Es war Carlos Queiroz, der uns auf Cristiano Ronaldos Potenzial aufmerksam gemacht hat“, erklärt Ferguson. Tatsächlich hat Fergusons früherer Co-Trainer eine entscheidende Rolle bei dem Transfer gespielt: „Er hat sich mit den portugiesischen Jugendmannschaften beschäftigt und sofort gesehen, dass er ein wertvoller Spieler ist. Er hat uns gesagt, dass wir ihn holen müssen.“

Und auch wenn der Vertrag jetzt erst unterschrieben wurde, hat United dem Klub aus Lissabon doch schon eine ganze Weile den Hof gemacht. Der israelische Geschäftsmann und Spielervermittler Pini Zahavi, der eine ganze Reihe großer Deals für United eingefädelt hat, ist bei Cristianos fantastischem Auftritt gegen Moreirense im Oktober 2002 vor Ort. Nach dem Spiel trifft er sich mit den Vereinsvorständen, um die Bedingungen für einen möglichen Transfer der jungen Nummer 28 auszuloten. Und er ist nicht der Einzige …

Der portugiesischen Presse zufolge hat Sporting vom AC Parma und von Juventus Turin Angebote über jeweils mehr als zehn Millionen Euro erhalten. Die Turiner Sport-Tageszeitung Tuttosport druckte sogar schon die Schlagzeile „Juve: Ronaldo gehört euch“. Dutzende von Vereinen beginnen, Interesse zu signalisieren: von Barça bis Milan, von Real Madrid bis Chelsea. Der FC Liverpool, der ursprünglich besonders interessiert war, zieht sich am Ende jedoch aus dem Wettbieten zurück. Manager Gérard Houllier wird der Daily Mail Jahre später dazu sagen: „Wir hatten ein bestimmtes Gehaltsgefüge im Verein, und wir zahlten nicht das Gehalt, das er haben wollte. Ich war der Ansicht, dass es ansonsten Probleme in der Kabine geben würde.“

Manchester United macht schließlich das Rennen. Sporting ist angesichts seiner schlechten wirtschaftlichen Lage mehr als glücklich darüber, seinen neuesten Star aus der Jugendakademie versilbern zu können – ähnlich wie schon sechs Monate zuvor, als man Ricardo Quaresma für sechs Millionen Euro an den FC Barcelona verkaufen konnte. Schließlich wissen die Vereinsvorstände, dass Ronaldo am Ende der Saison 2003/04 ablösefrei gehen könnte.

Bei der Vorstellung der Neuverpflichtung verkündet Sir Alex Ferguson: „Ronaldo ist ein extrem begabter Spieler, ein beidfüßiger Angreifer, der vorne auf jeder Position spielen kann: rechts, links und in der Mitte. Er ist einer der aufregendsten Spieler, die ich jemals gesehen habe.“ Nicht schlecht für einen „portugiesischen Teenager“, wie ihn die britische Presse immer wieder bezeichnen wird. Der Teenager selbst äußert lediglich Nettigkeiten: „Ich freue mich sehr, dass ich bei der besten Mannschaft der Welt unterschreiben durfte. Besonders stolz bin ich darauf, der erste portugiesische Spieler zu sein, der zu Manchester United wechselt. Ich freue mich, dem Team dabei helfen zu können, in den nächsten Jahren noch erfolgreicher zu sein.“

Nach den Statements ist es Zeit für ein Foto auf dem Rasen im Old Trafford. In der Mitte steht ein lächelnder Ferguson in dunklem Anzug, weißem Hemd und roter Krawatte. Seinen rechten Arm hat er um Kléberson gelegt, den linken um Ronaldo. Beide tragen ihre Trikots. Am ernsthaftesten von den dreien guckt Cristiano mit seiner Nummer 7, die so viele United-Größen vor ihm getragen haben: George Best, Steve Coppell, Bryan Robson, Eric Cantona und David Beckham.

Doch wie kann es angehen, dass eine so junge Neuverpflichtung ein Trikot mit einer so geschichtsträchtigen Rückennummer tragen soll? Ronaldo wird der Sun später erzählen, wie sich die Sache zugetragen hat. „Ich fragte, ob das Trikot mit der 28, die ich bei Sporting Lissabon getragen hatte, noch frei ist. Aber Alex Ferguson sagte zu mir: ‚Nein, nein, deines ist die Nummer 7.‘ – ‚Alles klar, Boss!‘ Ich habe natürlich nicht zu ihm gesagt: ‚Och nö, meines ist das mit der Nummer 28.‘“ Sir Alex begründet seine Entscheidung gegenüber der Presse folgendermaßen: „Wir haben Ronaldo dieses Trikot gegeben, weil er jung ist und große Taten vollbringen wird. Dieses Trikot haben viele wichtige Spieler in der Vereinsgeschichte getragen. Ronaldo vertraut sehr auf sein Können, und er wird eine ganze Zeit lang hier bleiben. Das Trikot mit der 7 gehört ihm.“

„Das Trikot mit der Nummer 7 bedeutet Ehre und Verantwortung“, erwidert Cristiano. „Ich hoffe, dass es mir eine Menge Glück bringt.“ Und der portugiesischen Presse erklärt er: „Jeder in Manchester hat mir von Best und Cantona erzählt. Ich bin stolz, in ihre Fußstapfen treten zu dürfen. Aber es gibt etwas, das die Briten nicht wissen: Die Nummer 7 ist auch deshalb besonders für mich, weil Luís Figo diese Nummer bei Sporting getragen hat. Schon als Kind wollte ich so sein wie er und die Nummer 7 tragen, genau wie sie mein guter Freund Quaresma jetzt auch bei Barcelona trägt. Wir können nun beide sagen, dass unsere Träume in Erfüllung gegangen sind.“

Seine Träume mögen in Erfüllung gegangen sein, aber ist es nicht beängstigend für einen 18-Jährigen, ein solch legendäres Jersey zu tragen und in einer Liga mit einer solchen Konkurrenz und derart hohem Druck zu spielen? „Ich habe keine Angst, ganz und gar nicht“, antwortet Ronaldo. „Mir ist klar, dass es schwer werden wird, aber ich werde unglaublich viel lernen, wenn ich an der Seite von einigen der besten Spieler der Welt spiele.“ Jahre später wird er dem hinzufügen, dass er vor nichts mehr Angst gehabt habe, seit er durch sein erstes Jahr in Lissabon gegangen sei.

Drei Tage nach seiner offiziellen Vorstellung gibt Ronaldo sein Debüt im Old Trafford. Es ist der erste Spieltag der Saison, und Man United begrüßt zu Hause die Bolton Wanderers. Cristiano sitzt auf der Bank, doch in der 60. Minute will Ferguson Leben in die Partie bringen, die beim Stand von 1:0 vor sich hinplätschert. Also bringt er ihn als Ersatz für Nicky Butt. Die Zuschauer erheben sich, um der Neuverpflichtung Applaus zu spenden. Zugleich erinnern die TV- und Radiokommentatoren, dass er „einer der teuersten Teenager im Fußball“ ist.

Während der verbleibenden 30 Minuten zeigt die neue Nummer 7 auf dem Flügel, was sie kann. Mit seinen Läufen und Dribblings begeistert Cristiano die 67.647 Fans. Er bereitet zwei Chancen vor und bekommt einen Strafstoß zugesprochen, den Ruud van Nistelrooy jedoch nicht verwerten kann. Am Ende wird er zum Mann des Spiels ernannt und darf seine erste Flasche Sekt entkorken – die Prämie, mit der die Premier League den wichtigsten Spieler einer Begegnung belohnt. Roy Keane gratuliert ihm als Erster, gefolgt von seinen übrigen Mannschaftskollegen. Überdies bekommt er stehende Ovationen im „Theatre of Dreams“, dem Theater der Träume, wie man das Old Trafford auch nennt.

„Sieht ganz so aus, als wenn die Fans einen neuen Helden hätten. Es war ein großartiges Debüt, fast schon unglaublich“, meint Ferguson nach dem 4:0-Erfolg. Gewiss, ein fantastisches Debüt, aber man sollte die Dinge auch nicht überstürzen. Es besteht kein Grund zur Eile, und man braucht den Jungen auch nicht unter Druck zu setzen. Dem erfahrenen Ferguson ist das nur allzu bewusst: „Wir müssen vorsichtig sein mit dem Burschen. Sie müssen sich klarmachen, dass er erst 18 ist – wir müssen ihn behutsam einsetzen.“

Und genau das tut Ferguson dann auch – er kümmert sich um ihn, wie er das zuvor bei Beckham, Giggs oder Scholes gemacht hat. Er bekommt Zeit zum Spielen und Zeit zum Ausruhen, und manche Spiele sieht er nur von der Bank. Der Junge von Madeira muss sich an sein neues Leben und vor allem an den englischen Fußball erst einmal gewöhnen: an die Spielweise, die Regeln, an das System von Man United und an seine Mannschaftskollegen und darüber hinaus auch an das Klima, das Essen und die Sprache. Außerdem ist da noch die englische Presse, die ihn genau beobachtet und häufig kritisiert – für seine Art, seinen Kleidungsstil, seine angebliche Freundin, seine Vergangenheit, seine Familie und für das, was er auf dem Platz anstellt.

Was Letzteres betrifft, wird ihm bald vorgeworfen, sich ständig fallen zu lassen. So erklärt nach einem Ligaspiel gegen Charlton Athletic deren eher körperbetont spielender Innenverteidiger Chris Perry gegenüber der Presse: „Wenn man ein- oder zweimal fällt, ist das absolut in Ordnung. Aber Ronaldo ist fünf- oder sechsmal zu Boden gegangen, und es hat dabei bestimmt nicht jedesmal einen Kontakt gegeben.“ Ferguson meint dazu nur: „Ich habe mir die Aufzeichnung noch einmal angesehen, und Cristiano hätte schon stark wie Atlas sein müssen, um nicht hinzufallen.“

Doch auch wenn ihn sein Trainer in Schutz nimmt, gibt es immer wieder Klagen über Cristianos Schwalben, sein Foulspiel, darüber, dass er sich beim Schiedsrichter und den Zuschauern beschwert und nach Fouls gern den sterbenden Schwan mimt. Daran ändert sich auch in den folgenden Jahren nichts. Cristiano hat Probleme, sich an das körperbetontere Spiel in England anzupassen – wo man bei den Verteidigern Aktionen zulässt, die sie in Portugal nicht tun dürften. Wo Stürmer reichlich auf die Socken bekommen. Wo seine frechen Tricks am Ball die Gegner giftig machen. Und wo man Reklamieren nicht toleriert.

Am 21. September 2003 bekommt Ronaldo bei einem Match gegen Arsenal eine Ahnung davon, was in der Premier League alles passieren kann. Das Spiel endet 0:0, geht jedoch in eine Schlägerei über. Cristiano legt sich mit Martin Keown an, und der englische Verband verurteilt ihn zu 4.000 Pfund Geldstrafe. Allerdings ist er noch milde davongekommen. Sein Gegenüber und zwei weitere Spieler der Gunners werden für drei beziehungsweise vier Spiele gesperrt.

Am 1. Oktober gibt Cristiano gegen den VfB Stuttgart sein Debüt in der Champions League. Er steht in der Startelf, und in der 67. Minute wird ihm ein Strafstoß zugesprochen, den van Nistelrooy zum 1:1 verwandelt. Beim Schlusspfiff im Gottlieb-Daimler-Stadion steht es 2:1 für Manchester. Nur einen Monat später erzielt er im Old Trafford gegen den FC Portsmouth mit einem Freistoß direkt vor der Strafraumgrenze sein erstes Tor im Trikot mit der Nummer 7. Es ist ein kräftiger Schuss, der Ball hebt sich über die Verteidiger und Angreifer, tippt einmal auf und fliegt in die Maschen. Die Kommentatoren fühlen sich an die besten Zeiten eines Beckham erinnert. Ronaldo legt einen vielversprechenden Start bei United hin. Trotzdem wird er am Saisonende lediglich vier Tore in 25 Einsätzen in der Premier League erzielt haben.

Zweiter Weihnachtsfeiertag 2003, Manchester United gegen Everton. Die Red Devils brauchen unbedingt die Punkte, um an Arsenal dranzubleiben. Cristiano bietet eine Leistung vom Allerfeinsten: Er hält die gegnerische Verteidigung auf Trab, er leitet den Spielzug ein, der zum Tor durch Nicky Butt führt, und er legt dem Franzosen David Bellion den dritten Treffer auf. Und all das trotz ständiger Fouls und Nickligkeiten von Wayne Rooney, der damals noch für Everton auf dem Flügel spielt. Es ist ein Duell zwischen zwei aufstrebenden jungen Spielern der Premier League, das den Zuschauern eine Menge Gesprächsstoff liefert. Nach dem Spiel gibt Ferguson seiner Nummer 7 drei Wochen frei, um nach Madeira zurückzukehren. Es ist eine Belohnung und soll ihm gleichzeitig ein wenig den Druck nehmen, auch wenn nicht jeder mit der Entscheidung des Trainers einverstanden ist.

Am 25. Februar 2004 kehrt Cristiano wieder nach Portugal zurück. Dieses Mal allerdings beruflich, zum Spiel gegen den FC Porto im Achtelfinale der Champions League. Die Mannschaft von José Mourinho ist eindeutig Außenseiter. Ferguson ist sich sicher, dass seine Elf im Estádio do Dragão als Sieger vom Platz gehen wird. Doch es kommt anders, und beim Schlusspfiff steht es 2:1 für Mourinhos Männer. Und Cristiano? Nun, er spielt nur 14 Minuten und ist vollkommen abgemeldet. Nach dem Spiel beklagt Ferguson sich über die Rolle des portugiesischen Torhüters Vítor Baía beim Platzverweis für Roy Keane. Anlass genug für Mourinho, gegen Uniteds Trainer zu ätzen: „Natürlich ist man traurig, wenn die eigene Mannschaft so klar von einem Gegner beherrscht wird, dessen Etat gerade einmal zehn Prozent des eigenen beträgt“, erklärt er.

Den Red Devils bleibt nur die Hoffnung, das Ergebnis im Rückspiel im Old Trafford noch zu drehen. Zunächst sieht es gut aus: Paul Scholes bringt United mit einem Kopfballtreffer in der 31. Minute in Führung. Porto kommt kaum zu Chancen, und ein weiteres Tor von Scholes wird wegen Abseits aberkannt. Doch Ferguson ist zuversichtlich und bringt in der 74. Minute Ronaldo für Darren Fletcher. Acht Minuten später ist das Spiel für ihn allerdings dank einer Knöchelverletzung, wegen der er vom Platz muss, schon wieder vorbei. Er kann nur noch von der Bank aus zusehen, wie Francisco Costinha in der Schlussminute den Ausgleich erzielt und Porto damit ins Viertelfinale schießt. José Mourinho feiert. Er ist seinem ersten Titel in der Champions League wieder einen Schritt näher gekommen.

Am 15. Mai bestreitet United im Villa Park gegen Aston Villa das letzte Ligaspiel der Saison. Ronaldo erzielt sein viertes Tor im Wettbewerb und fliegt zum ersten Mal seit seiner Ankunft in England vom Platz. Er ist bereits wegen Simulierens verwarnt, da schlägt er in der 80. Minute vor lauter Wut unnötig den Ball weg. Schlechter kann er seine erste Saison in der Premier League kaum beschließen.

Man United wird am Ende mit 79 Punkten Dritter, vier Punkte hinter Chelsea und 15 hinter Arsenal, das sich den Titel sichert. Doch das Endspiel im FA-Pokal steht noch aus. Es ist die letzte Gelegenheit, noch einen Titel zu gewinnen, nachdem man sich aus allen anderen Wettbewerben einschließlich des Ligapokals bereits verabschiedet hat. Im Millennium Stadium in Cardiff geht es gegen den Zweitligisten FC Millwall, und dieses Mal glänzt Ronaldo. Er köpft in der 44. Minute eine Flanke von Neville ein und erzielt damit das erste Tor im Spiel. Danach treibt er die Offensive von United an, das am Ende mit 3:0 gewinnt.

Er wird zwar nicht zum Spieler des Spiels gewählt – diese Ehre wird dem Doppeltorschützen Ruud van Nistelrooy zuteil. Doch dafür ist er in aller Munde. Gary Neville sagt: „Ryan Giggs und Ruud van Nistelrooy haben klasse gespielt, aber Cristiano hat sich besonders hervorgetan. Ich glaube, dass Ronaldo einer der besten Fußballer der Welt werden kann.“ „Ronaldo war überragend“, meint auch Sir Alex. „Wir müssen gut auf ihn aufpassen, weil er auf dem Weg ist, ein herausragender Spieler zu werden.“ Und nicht nur der Trainer und die Mannschaftskollegen denken so. Die Zeitungen geben ihm neun von zehn Punkten, als Bestem im Team. Die Älteren vergleichen seine Leistung mit der von Sir Stanley Matthews im englischen Pokalfinale von 1953.

Cristiano Ronaldo beendet seine erste Saison als Red Devil glanzvoll. Er hat in seinen 39 Einsätzen in allen Wettbewerben acht Tore erzielt. Und er wird mit mehr als 10.000 Stimmen der United-Fans zum „Sir Matt Busby Player of the Year“ ernannt, also zum Spieler des Jahres. In seiner Reaktion auf den Preis sagt Sir Alex Ferguson: „Ronaldo ist ein junger Spieler, der in der abgelaufenen Saison enormen Eindruck gemacht hat. Er hat sich den Sir-Matt-Busby-Preis redlich verdient. Sir Matt hat immer geglaubt, man müsse jungen Spielern eine Chance geben, und ein solcher junger Spieler ist Ronaldo.“ Nun ist es an Cristiano, ebenso überzeugend aufzutreten, wenn er für Portugals Selecção aufläuft.

Ronaldo

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