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Tod auf der Wiese

1 Montag

Noch ist es relativ kühl an diesem heiß werdenden Augusttag. Werner joggt, wie jeden Morgen, bevor er ins Büro fährt. Die Steinhofgründe sind dazu ideal, da kann er auch Robby, seinen Sennenhund, mitnehmen. Ohne Leine läuft Robby brav neben ihm her. Selten, nur wenn eine läufige Hündin quert, will der Hund weg. Er folgt aber jedes Mal auf Zuruf. Diesmal pascht er plötzlich zur Seite ab.

„Robby, Robby!“ Werner ist verwundert. Der Hund folgt ihm nicht. Das gab’s noch nie.

Werner läuft ihm nach. Da, vor einer Senke, neben einem Strauch, steht Robby mit gespreizten Beinen und knurrt.

„Was ist los?“ Werner erreicht Robby atemlos.

Da sieht er es. Es ist ein menschlicher Körper, auf dem Bauch liegend, mit verrenkten Gliedmaßen, der Kopf steckt tief im Gebüsch. Werner braucht sich nicht erst hinunter beugen, er erkennt es sofort: Das ist eine Leiche.

Er will zu seinem Handy greifen. „Verdammt, das habe ich nicht mit“, flucht er. Im Jogginganzug sind ihm das Gerät und der Schlüssel immer lästig. Robby wartet auf einen Befehl seines Herrn und schaut Werner abwartend mit wedelndem Schwanz an.

„Warte hier, ich komme gleich.“ Der Hund versteht. Er legt sich auf den schmalen Weg, oben vor der Senke, hin. Werner läuft auf dem Weg zurück, und will den nächsten Passanten informieren.

Sonst ist in dem Park immer ein Leben wie in einer Einkaufsstraße, aber wenn man jemanden braucht ist weit und breit keiner zu sehen. Schließlich kommt Gertrude, eine Bekannte mit ihrem Terrier gelaufen.

„Gertrude, hast du dein Handy dabei?“

„Klar, wurde wer abgestochen, weil du so aufgeregt bist?“

„Möglich, entweder erstochen, oder erschlagen. Ich will die Polizei verständigen.“

„Eh…, ach…, ja“, verwirrt gibt Gertrude ihm ihr Handy.

Werner ruft den Polizeinotruf an. „Auf den Steinhofgründen gleich hinter der Mauer wo der Heschweg das Knie macht, liegt eine Leiche.“

„Na, das ist aber präzise. Welches Knie? Haben Sie es nicht genauer?“, tönt es unwirsch im Hörer.

„Nein, suchen Sie uns halt“, Werner ist empört, soll er die Grashalmnummer durchgeben?

„So, gut. Bleiben Sie dort. Die Streife wird Sie schon finden.“

Es dauert eine halbe Stunde, bis die Streife auftaucht. Gertrude will abhauen. „Ich muss zur Arbeit.“

„Warte, bitte borg mir nochmals das Handy. Ich muss einen Kollegen anrufen und ihm sagen, dass ich später komme. Noch ist ja keiner im Büro.“

Werner ist etwas verärgert. Musste Robby auch so gut riechen und meterweit weg auf die Leiche stoßen? Robby allerdings ist stolz und wedelt zufrieden mit seinem Schwanz.

Der Streifenpolizist der kommt hat Verständnis. „Geben Sie mir ihre Adresse und Telefonnummer. Die Kollegen vom Landeskriminalamt werden Sie kontaktieren.“ Werner und Robby dürfen heim und Werner kommt pünktlich ins Büro.

Grundsätzlich bestätigen die zwei Inspektoren der Streife nur, dass hier eine Leiche liegt und rufen das Landeskriminalamt an. „Das ist sicher Mord. Ich schließe Unfall aus“, erklärt der Polizist am Telefon Inspektor Frauling, der Empfängerin der Meldung.

Major Jürgen Pospischil ist mit Gruppeninspektor Karlheinz Wimmer, eine weitere halbe Stunde später, am Tatort. Die Spurensicherung kommt kurz danach an.

„Gefunden wurde die Leiche um sieben Uhr, vom Hund eines Joggers. Hier seine Daten“, meldet der Streifenbeamte.

„Danke, ist er noch hier?“

„Nein, er musste ins Büro.“ Der junge Mann steht stramm und wartet auf einen Rüffel.

„Den befragen wir später. Den Täter hat er wahrscheinlich nicht gesehen, oder?“, schmunzelt Jürgen ihn an.

„Nein, das habe ich ihn vorher gefragt. Er hat nichts gesehen. Sein Hund hat die Leiche entdeckt.“

„Kannst du schon etwas sagen?“ Jürgen wendet sich an Doktor Uwe Müller. Der untersucht die Leiche, nachdem die Fotos der Spurensicherer fertig sind.

„Den Kleidern nach ein Transvestit. Jetzt haben wir neun Uhr, ich würde sagen vor fünf Stunden.“

„Der Park ist aber nur von halb sieben bis einundzwanzig Uhr geöffnet“, mischt sich die Polizistin von der Streife ein.

„Trotzdem, der Todeszeitpunkt ist vier Uhr. Ach ja erwürgt. Wahrscheinlich mit diesem Seidenhalstuch.“ Müller zeigt auf das Halstuch. „Falls er nicht hier erwürgt wurde, weil der Park geschlossen war, dann wurde er über die Mauer geworfen“, lacht der Doktor hämisch und packt ein. „Zu mir auf den Tisch, die Dame.“

Jürgen schaut zur Mauer, die ist gute 300 m weit weg. „Mit einem Katapult geht es“, murmelt er, schüttelt den Kopf und wendet sich an die Kollegin der Spurensicherung. „Ist es der Tatort, oder wurde die…, der Mann hergebracht?“

„Der Tatort könnte hier sein. Fußspuren gibt es reichlich, man könnte ihn auch hergetragen haben.“

Jürgen schaut Karlheinz auffordernd an. „Was sagst du zum Opfer?“

Karlheinz grinst, die Leiche wird gerade eingepackt und weggebracht. „Transvestiten müssen nicht unbedingt schwul sein. Abgesehen davon, vielleicht war er nur auf einem Maskenball.“

„Maskenball im August? Wie auch immer, ein sehr elegantes Kostüm. Die Haare sind echt, keine Perücke. Eine gepflegte Dame. Glaubst du, man kennt sie? Eine Handtasche fehlt, die wurde ihr sicher geraubt.“

„Ich höre mich um“, verspricht Karlheinz. „Für mich schaut sie…, eh…, er, nicht nach Strich aus.“

„Nun“, grinst Jürgen. „Einigen wir uns auf: Er.“

Sie suchen noch in der Wiese beim Tatort, finden aber nichts das weiter hilft.

„Lass uns ins Büro gehen. Gerlinde soll alle Abgängigkeits Meldungen durchforsten“, schließt Jürgen am Tatort ab.

Im Büro empfängt sie Gelinde schon mit dem fertigen Foto des Mannes. „Karlheinz, schau dich bitte in der Szene um. Ich finde noch nichts in der Vermisstendatei. Die Person geht noch niemanden ab.“

Karlheinz schnappt das Bild und ruft Justus, einen Freund der viele Homosexuelle kennt, an. „Wo bist du?“

„Ich bin im Wellnessklub in der Hinterbrühl. Die planen hier eine richtig wilde Party. Gegen Mitternacht will Gustav mit einer Travestieshow alles Bisherige in den Schatten stellen.“

„Interessant, ich komme dich besuchen.“

„Tragen den die Polizistinnen Röckchen? Das ist zu wenig, damit beeindruckst du uns nicht.“

„Ich trete doch nicht auf. Ich suche einen Mörder.“

„Ach! Bitte nicht schon wieder?“ Justus jault empört durchs Telefon.

„Wir haben die Leiche eines Transvestiten. Also warte auf mich.“ Karlheinz legt schroff auf.

Gustav, der Chef des Clubs, empfängt Karlheinz persönlich am Parkplatz. „Was ist das schon wieder? Justus ist ganz aufgewühlt. Wen suchst du?“

Karlheinz zeigt ihm das Bild. „Kennst du ihn? Ein Mann in Frauenkleidern.“

Gustav schaut kurz auf das Foto. „Nein. Komm rein. Die drei Frauen proben gerade im Nero-Saal.“

„Drei Frauen?“

„Na die Herren in Fetzen, wenn du so willst“, Gustav ist zwar neugierig, aber auch ungehalten. Manchmal ist ihm Karlheinz schon lästig.

Im Saal stellt Gustav ihn vor. „Karlheinz unser Hauspolizist braucht von euch eine Auskunft. Kennt ihr diese…, äh den Kollegen.“

Karlheinz ist von den drei, ihn umringenden, Frauen überrascht. Wenn er nicht wüsste, dass es Männer sind, würde er es nicht glauben. Schöne Körper, ansprechende Gesichter, kaum geschminkt, ganz natürlich lächeln ihn die unterschiedlich alten Frauen an.

Der Jüngste meint zu Karlheinz, „verschätze dich nicht. Ich bin es, der den Partner packt.“

„Und? Hast du den auch gepackt“, grinst Karlheinz und hält ihm das Bild hin.

„Puffy! Was ist mit ihm?“, kreischt Heinrich auf.

Die anderen zwei Damen schauen entsetzt auf den Polizisten.

„Wir haben ihn heute früh Am Steinhof gefunden. Kennt ihr ihn?“

„Wir sind ein Quartett. Er ist unser Bariton. Was ist passiert? Ist er tot?“ Bertram, der Älteste begreift als Erster das Entsetzliche.

„Ja, ich brauche seine Personalien und ob er Familie hat.“

„Severin Dokubil, wir nennen ihn deshalb Puffy“, schmunzelt müde Bertram. „Wir sind aus München, dort lebt Puffy mit Rüdiger Schmalzer zusammen.“

„In einer eingetragener Partnerschaft?“

„Nein, nur so. Seine Eltern sind aus Passau, dort lebt auch sein Bruder.“

„Puffy“, Karlheinz bleibt bei der Bezeichnung, „hatte keine Papiere bei sich. Was wollte er Am Steinhof?“

„Ich weiß nicht. Was ist Am Steinhof?“

„Eine Menge Gesundheitseinrichtungen mit einem großen Park.“

„Macht man dort Geschlechtsumwandlungen? Puffy hatte öfter davon gesprochen.“

„Warum?“ Karlheinz kann es nicht verstehen. „Wenn er einen Partner hatte, für wen wollte er sich wandeln?“

Bertram schaut Karlheinz irritiert an. „Er fühlt sich als Frau. Geboren im falschen Körper. Auch wenn du es nicht verstehst, akzeptiere es.“

„Ich akzeptiere es. Was sagt sein Partner in München, Rüdiger dazu?“

„Du hast Recht, der akzeptiert es nicht.“

Roberto der bisher schwieg, meint, „meine Familie hat lange gebraucht bis sie mein Outfit akzeptierten. Mein Sohn stöhnt noch immer auf, wenn er mich im Kleid sieht.“

Bertram holt seine Aktentasche und gibt Karlheinz die Namen und Adressen von Puffys Familie und Partner. Karlheinz besichtigt noch das Zimmer, das die vier Damen sich teilen und beschlagnahmt Puffys Koffer. Sein Gepäck war noch nicht ausgepackt.

„Seit wann seid ihr in Wien?“

Bertram, der ihm alles zeigt meint, „seit gestern. Um acht am Abend sind wir hier angekommen.“

„Ist es üblich, dass Puffy in Kleidern ausgeht?“

„Außer Heinrich machen wir das alle. Heinrich nicht, der zieht die Fetzen nur für den Auftritt an.“

„Hatte Puffy gesagt wohin er wollte?“

„Nein, ich hatte ihn erst nach Mitternacht vermisst. Da firl mir das leere Bett auf.“

„Und das hat Sie nicht beunruhigt?“

„Ich hatte ihn beneidet. Kaum ist er da und schon hat er einen Partner gefunden, dachte ich.“

„Er hat doch Rüdiger?“, Karlheinz ist seinem Freund Marcus treu verbunden und wundert sich immer wieder, wenn er von den sonst üblichen schlampigen Verhältnissen erfährt.

„Zu Hause, doch wenn wir unterwegs sind, genießen wir die Freiheit.“ Kokett blinzelt Bertram Karlheinz an. Den würde er auch gerne genießen.

„Danke, das ist vorläufig alles. Den Koffer nehme ich mit.“

Zurück im Büro übergibt Karlheinz den Koffer und die Daten Gerlinde. Die sucht im Zentralcomputer über die drei Personen weitere Daten heraus.

„Wir werden Amtshilfe brauchen“, knurrt Pospischil. „Zur Familie des Opfers soll Max fahren.“

„Wer soll in München Schmalzer, den Partner des Opfers befragen?“ Gerlinde muss den Reiseantrag, für den ermittelnden Beamten, stellen.

„Auch Max. Ich kann doch nicht zwei Leute nach Bayern schicken.“ Jürgen überlegt, ob er die Befragung nicht gleich den Kollegen in Deutschland überlässt. Er ist sich sicher, er findet das Mordmotiv und den Mörder hier in Wien.

Hauptmann Maximilian Schubert, der den Bericht von Karlheinz liest, „gibt es am Steinhof im Krankenhaus Geschlechtsumwandlungen? Ich meine, machen die sowas?“

Karlheinz lacht, „sicher, nur kaum um Mitternacht.“

„Wer weiß? Ich würde in so einem Fall auch nicht am helllichten Tag die Ambulanz aufsuchen.“

„Puffy schon, er war stolz, eine Frau zu sein“, erklärt ihm Karlheinz.

„Der musste auch nicht hier im Landeskriminalamt arbeiten“, schnauft Gerlinde, „sonst wüsste er, welche Nachteile man als Frau hat.“

„Oh, unsere arme Kollegin“, hänselt Max. „Hat dich dein Liebhaber verlassen?“

„Genau diese sexistischen Gemeinheiten meine ich.“ Gerlinde drischt wütend auf die Tasten des PCs.

„Max ist gemein, doch der PC kann nichts dafür“, versucht Jürgen zu beruhigen. Er wirft Max einen mahnenden, vorwurfsvollen Blick zu.

Der murmelt, „entschuldige Gerlinde.“

Jürgen trifft die Anordnungen. „Max, du fährst gleich. Erst nach Passau zur Familie, dann zum Lebensgefährten nach München. Gerlinde, du informierst die zuständigen bayrischen Kommissariate. Karlheinz, schau dich in dem Krankenhaus Baumgartner Höhe um. Vielleicht hatte er wirklich dort ein Rendezvous. Der Park spricht meiner Meinung nach nicht dafür. Zu weit weg.“

Karlheinz nickt und will raus. Er fragt: „Wann haben wir den Bericht der Spurensicherung? War der Park der Tatort? Um vier Uhr nachts war er ja geschlossen.“

„Ich gehe in die Gerichtsmedizin. Müller kann mir jetzt sicher mehr erzählen.“ Jürgen steht ebenfalls auf.

Max nimmt den Zug. Am späten Nachmittag meldet er sich bei der Polizeidirektion in Passau. Förmlich wird er von einer Polizeioberrätin empfangen.

„Herr Hauptmann, wir sind Ihnen gerne behilflich. Unser Herr Polizeikommissar Schulz wird Sie begleiten und er wird die Befragungen durchführen. Ich halte es auch für besser, wenn er Sie nach München begleitet. Natürlich in einem unserer Polizeifahrzeuge. Danke. Es hat mich gefreut Sie kennen zu lernen.“

Der junge Mann, der schmunzelnd dabeisteht, zieht ihn am Oberarm nach draußen. „Unsere Chefin, immer korrekt.“

„Sie kennen den Fall?“ Max weiß nicht, wie er ihm die Fragen überlassen kann.

„Ja, ich habe persönlich mit eurer Kommissarin telefoniert, um auch Details die nicht im Bericht stehen zu erfahren.“

Kommissarin? Ach, er meint Gerlinde. Die unterschiedlichen Bezeichnungen der Dienstgrade in den Polizeiorganisationen machen sich bemerkbar.

Das Haus der Familie Dokubil ist an der Stadtgrenze, fast in Ingling. Schulz läutet und stellt sie vor. Die Frau bittet sie in das bürgerlich, im Stil der 70er Jahre, eingerichtete Wohnzimmer. Eine große Glasfront gibt den Blick über den Inn zum Stadtzentrum frei. Ein älterer Herr mit üppigem weißem Haar steht auf, um sie zu begrüßen.

„Was führt Sie zu uns? Wiener Polizei?“

„Wir müssen Ihnen leider eine traurige Mitteilung machen. Severin wurde in Wien ermordet.“

Die Mutter, die sich auf die Bankkante setzte, seufzt auf.

„Severin? Wer soll das sein?“ Der Vater schaut die Polizisten böse an.

Fassungslos erwidert Schulz, „Ihr Sohn.“

„Ich habe nur einen Sohn und der ist hier und nicht in Wien!“

Im Gegensatz zum Vater, hat die Mutter ein Taschentuch herausgeholt und zum Auge geführt.

Max wollte nichts sagen, doch rutscht es ihm heraus, „Ihre Tochter.“

„Tochter haben wir schon gar nicht. Was wollen Sie von uns? Wir geben der österreichischen Polizei keine Auskünfte.“

„Deshalb bin ich hier.“ Schulz hat sich gefasst. Er hatte bisher nur von Eltern die ihre Söhne wegen ihrer Veranlagung verstoßen gehört. Nun lernt er es erstmals in der Praxis kennen. „Wann haben Sie Severin das letzte Mal gesehen?“

Mit hochgerecktem Oberkörper faucht der Vater, „ich sagte Ihnen doch.“

„Zuletzt war er vor zwei Jahren hier“, wimmert die Mutter. „Er war ein so liebes Kind, doch als er vor vier Jahren begann von seinem falschen Körper zu sprechen, haben wir ihn nicht mehr verstanden.“

„Vor zwei, oder drei Monaten wollte das Schwein sogar Geld von mir.“ Der Vater hat sich zwar wieder gesetzt, doch nicht beruhigt. „Er braucht es für seine Geschlechtsumwandlung. Dafür verzichtet er auf sein Erbe. Als ob ich ihm mehr als den Pflichtteil vermache.“

„Nun, das brauchen Sie jetzt auch nicht mehr“, höhnt Schulz. „Hat er Ihnen gesagt, wo er diese Geschlechtsumwandlung durchführen will?“

„Weiß ich nicht. Will ich auch nicht wissen. Fragen Sie doch diesen Kerl in München. Der redete es ihm doch ein.“

Max schaut die Mutter fragend an. Er bemerkt, sie will ihm etwas sagen, traut es sich jedoch nicht in Gegenwart ihres Gatten.

„Hatte sein Bruder mit ihm Kontakt?“ Schulz setzt fort.

„Nein, das habe ich ihm verboten!“

Die Mutter nickt kaum merklich mit dem Kopf. Max zwinkert ihr verschwörerisch zu.

Obwohl es Schulz nicht bemerkt hat. „Wann kann ich Severins Bruder sprechen?“

„Er kommt nicht vor acht heim“, antwortet die Mutter.

„Arbeitet er in Passau?“

Drohend meint der Vater. „Wollen Sie meinen Sohn an der Uni mit dieser Schweinerei belästigen?“

„Ach, an der Uni und da kommt er so spät heim?“

Die Mutter springt wieder ein. „Er hilft heute am Nachmittag in einem Lokal aus.“

„Fein, in welchem? Dann sind wir schon wieder weg.“ Schulz stellt fest, hier bekommen sie keine Informationen die weiter helfen. Max gibt ihm recht.

Schulz und Schubert suchen das Lokal im Zentrum von Passau auf. Hauptsächlich wird das Lokal von Touristen besucht, die ein typisch bayrisches Ambiente suchen. Es ist halb sieben. Der junge Mann, der hinter dem Tresen die Gläser und Bierkrüge schlichtet, ist Severins Bruder. Sie dürfen sich mit ihm an einen Tisch setzen.

„Ach Severin, der arme Kerl“, murmelt betrübt, mit feuchten Augen, der Bruder. „Ich liebe, liebte ihn. Vater hat viel zu streng reagiert.“

„Wann hatten Sie zuletzt Kontakt zu ihm?“

„Vor einer Woche. Er hat beim Notar einen Erbverzicht zu meinen Gunsten unterzeichnet.“

Beide Polizisten schauen erstaunt. Schulz fragt. „Wie, weshalb einen Erbverzicht?“

„Ich habe einen Kredit aufgenommen und ihm zehntausend Euro gegeben.“

„Ist das Erbe nicht viel mehr wert?“

„Das weiß ich nicht. Ich habe nicht mehr bekommen. Habe ja keine Sicherstellung für die Bank. Severin brauchte das Geld dringend für seine Operationen.“

„Hat er es auf ein Konto bekommen?“

„Nein, ich habe es ihm bar gegeben. Er meinte, dass es die Ärzte nicht offiziell annehmen.“

Max muss grinsen: Klar wer will schon versteuern.

Auch Schulz versteht. „Hatte er außer diesen Zehntausend noch weiteres Bargeld?“

Der Bruder kichert, „ja, er hat es zu einem Bündel Banknoten in seinem Büstenhalter untergebracht. In der anderen Brust habe ich auch etwas, hatte er zu mir gesagt. Wie viel es ist, weiß ich nicht.“

„Danke, das Geld könnte ein Motiv sein.“ Schulz nickt Max zu.

Sie verabschieden sich von Severins Bruder.

Schulz erklärt den weiteren Ablauf. „Für heute bringe ich Sie ins Hotel. Morgen fahren wir nach München, dort treffen wir auf der Polizeiinspektion Bogenhausen um zehn Uhr Rüdiger Schmalzer. Ich rechne mit drei Stunden also um sieben Uhr Abfahrt.“

„Ich bin bereit“, bestätigt Max.

Max bezieht sein Zimmer im Hotel am Spitzberg. Nachher geht er alleine zu Fuß ins Stadtzentrum. Nach dem langen Sitzen im Zug und im Büro tut ihm etwas Bewegung gut. Er genießt einen späten Imbiss, danach geht er zurück ins Hotel um zu schlafen.

Jürgens Mordfälle 5

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