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4. Juli 1995, Dienstag, 7.30 Uhr Essen Frohnhausen

Lüppi und Torti verabschiedeten sich mit einem Kuss voneinander und er stieg ins Auto. Heike und Gördi kamen aus der Haustür und grüßten beide. Auch sie stiegen ins Auto. Wie meistens in das von Gördi, den Ford Sierra. Alle drei fuhren die Kölner Straße hinunter. Bevor Torti zur Straßenbahnhaltestelle der Linie 109 ging, winkte sie den dreien noch hinterher. Die zwei Fahrzeuge kamen hintereinander am Präsidium an. Dort trafen sie auf Petra, die auch gerade angekommen war. Lüppi und die beiden stiegen aus ihren Autos, wobei Heike die zerkratzte Beifahrerseite an dem alten VW Polo von Petra auffiel. Sie sprach sie darauf an.

„Das muss heute Nacht passiert sein. Wahrscheinlich war das Agon, nachdem er bei den Herner Kollegen wieder gehen durfte“, antwortete sie.

„Sprichst du jetzt von Agon Hamit?“, fragte Heike überrascht nach.

„Ja, der war gestern bei mir vor der Tür und wollte das ich herausfinde, wo seine ‚Schnalle‘ wohnt. Ich habe ihm gesagt, dass ich das nicht dürfe und er solle gehen.“

„Hat er aber nicht“, prophezeite Gördi.

„Nö.“

„Hat er mit ‚Schnalle‘ etwa Dirk´s Kerstin gemeint?“, fragte Heike.

„Genau. Er hat mir gedroht und zu mir gesagt, wenn ich das nicht tun würde, würde ich das in kurzer Zeit bereuen. Er hätte eine große Familie und so weiter. Das übliche halt.“

„Ach, du dickes Ei“, sagte Heike und Gördi schüttelte verständnislos seinen Kopf.

Während alle vier auf dem Weg ins Präsidium waren, fiel Heike auf, dass Lüppi nichts dazu gesagt und auch nicht reagiert hatte.

„Du sagts nichts dazu“, sagte zu ihm. „Weißt du das schon?“

„Ja, Petra hat uns am Abend angerufen, als die Kollegen Agon mitgenommen haben.“

„Wieso weißt du davon und wir nicht?“, fragte Heike nach.

„Ich wollte euch nicht stören“, antwortete Lüppi.

„Und ich habe euch nicht angerufen, weil ich dachte, die beiden tun das“, sagte Petra.

Oben im Büro angekommen wollte Gördi wissen.

„Wie hast du es denn geschafft, die Kollegen zu verständigen ohne das Agon abgehauen ist?“

„Ich habe ihm gesagt, ich würde einen Kollegen auf der Wache anrufen. Habe ich ja auch getan.“

„Wo war Agon als du telefoniert hast?“

„Vor der Wohnungstür, aber die war zu.“

„Was hat Agon gesagt, als du wieder zu ihm kamst?“

„Er wollte wissen, ob ich die Adresse hätte. Ich habe ihm geantwortet, der Kollege müsste erst nachsehen. Er oder jemand anderes würden sich gleich melden. Haben sie ja auch. Sie sind sogar vorbeigekommen“, sagte Petra, lächelte und ergänzte noch. „Fand ich sehr lieb von den Kollegen und sie haben Agon sogar netterweise in ihr Auto gebeten. Fand ich ganz toll.“

„Das hat er dann eventuell im Anschluss anders gesehen“, meinte Lüppi.

„Der kommt bestimmt wieder“, vermutete Gördi und Peter betrat das Büro.

Lüppi sah auf seine Uhr.

„Heute etwas später?“, fragte Lüppi in seine Richtung.

„Dafür war ich gestern noch lange hier.“

„Wie weit bist du?“

„Noch am Anfang“, antwortete Peter, setzte sich an seinen Schreibtisch, sah zu den vieren und fragte: „Und was macht ihr so?“

„Wir haben zwei Fälle“, war die knappe Antwort.

„Oh, dann braucht ihr mich jetzt…“, fing Peter den Satz an, den Lüppi vollendete. „Aber in der Registratur und da gehst du jetzt auch wieder hin.“

Peter verzog sein Gesicht, stand auf, nahm einen Schreibblock und ging wieder.

Lüppi nahm das Telefon und rief bei der Rechtsmedizin an.

„Rechtsmedizin, Sie sprechen mit Frau Dr. Schneider.“

„Guten Morgen, Stefanie.“

„Hallo Lüppi, du schon am Apparat? Du fragst jetzt aber nicht nach den beiden Toten, oder?“

„Mmh… meinst du, es würde Sinn machen, schon nachzufragen?“

„Nein, würde es nicht. Du würdest mich damit höchstens ärgern.“

„Na, gut. Du meldest dich, wenn du mit einer der beiden fertig bist?“

„Tue ich das nicht immer?“, kam die Gegenfrage. „Und das wird dann Frau Maxfield sein.“

„In Ordnung, dann einen schönen Tag“, sagte Lüppi und legte den Hörer wieder auf die Telefongabel.

Petra fragte ihre Kollegin, ob sie noch einmal zum Haus der Toten fahren sollten und anschließend zu der Firma, die das Gemälde gerahmt hatte. Heike bestätigte, dass sie das tun sollten. Petra rief bei der Tochter an, es schellte sehr lange, wirklich sehr lange bis sie am Apparat war und Petra sie bat noch einmal zum Haus ihrer Mutter zu kommen. Sie sagte zu, umgehend loszufahren. Sie nahm den karierten Block und notierte das Telefonat. Kurze Zeit später gingen beide. Mit dem verkratzten Polo fuhren sie nach Heisingen. Als die beiden fort waren, fragte Gördi, was sie nun tun sollten.

„Das kann ich dir sagen. Wir erkundigen uns jetzt, was wir über die Familie Loserd und den verstorbenen Joachim Eckhoff herausfinden können.“

„Na gut, dann kümmere ich mich um Familie Loserd“, sagte Gördi.

„Und ich rufe mal meine alte Schulfreundin beim Finanzamt an. Die kann mir bestimmt sagen, ob er Einkommensteuer gezahlt hat oder ob für ihn Lohnsteuer gezahlt worden ist und wenn ja, auch von wem.“

„Ach, du möchtest die Witwe, Marion Eckhoff, nicht fragen, damit sie nicht irgendetwas hinter unserem Rücken drehen kann.“

„Genau“, antwortete Lüppi und nahm den Telefonhörer in die Hand.

Dienstag, 8.55 Uhr Essen Heisingen

Durch den dichten Berufsverkehr war es kurz vor neun Uhr geworden bis Petra ihren Wagen vor dem Haus in der Straße Dickebank, anhielt. Beide schellten an. Aber keiner öffnete. Die Tochter, Ursula Issinger, schien noch nicht dazu sein. Beide setzten sich wieder ins Auto und warteten. Es verging eine halbe Stunde, aber von der Tochter war noch nichts zu sehen. Von einem Fenster aus dem Nachbarhaus beobachtete eine ältere Dame die beiden. Heike sah sie und ging zu ihr. Die ältere Dame wollte wissen, wer sie wäre und Heike zeigte ihr den Dienstausweis.

„Sie sind von der Kriminalpolizei?“, fragte sie erstaunt.

„Ja und wie heißen Sie bitte?“

„Matilde Palkowski.“

„Sie kannten Lieselotte Maxfield gut?“

„Ja, natürlich. Wir wohnen ja schon seit über vierzig Jahren nebeneinander. Ich kann das noch gar nicht glauben, dass sie tot sein soll“, sagte Frau Palkowski.

Petra war auch ausgestiegen und kam an das Fenster.

„Wir warten auf die Tochter. Können sie uns etwas über ihre Nachbarin erzählen?“, fragte Heike.

„Könnte ich, erzählen Sie mir danach auch, wie sie gestorben ist?“

„Das dürfen Sie aber nicht weitererzählen“, sagte Heike und vermutete, es würde doch passieren.

„Aber natürlich nicht. Ich bin doch kein Klatschweib“, sagte sie und schaute sich nach links und rechts um.

„Der Mann von Lieselotte ist ja Anfang letzten Jahres verstorben. Das hat sie nur sehr schwer verkraftet. Sie müssen wissen, die beiden waren ein Arsch und eine Seele. In den Monaten danach war ich jeden Tag für sie da. Das hat ihr gutgetan. Sie hat mir in der Zeit viel von sich, ihrem Mann und Ursula erzählt. Einiges wusste ich ja schon, aber es war auch was Neues dabei. Mein Gott.“

„Und was war neu für Sie?“

„Die Ursula ist gar nicht die Tochter.“

„Bitte, wie meinen Sie das?“

„Na, die ist adoptiert. Das war ein Findelkind. Und was sie dann alles über sie erzählt hat, was man selbst hier nebenan nicht mitbekommen hat. Das wäre etwas für Hollywood.“

„Ach, du liebe Güte“, sagte Heike.

„Erzählen Sie doch mal bitte. Vielleicht kann uns das ja weiterhelfen“, bat Petra.

„Wie ist Lieselotte denn gestorben?“

„Sie hat tot in der Küche gelegen. Im Augenblick wird sie in der Rechtsmedizin untersucht“, sagte Heike.

„In der Rechtsmedizin ist sie? Dann war das wohl Mord“, sagte Frau Palkowski.

„Das steht noch nicht fest.“

„Also bei der Fernsehsendung Dr. Quincy ist das aber immer so gewesen. Sie müssen wissen, ich habe nie eine Folge verpasst.“

„Was war denn so mit der Tochter?“

„Die hat ihre armen Eltern beklaut. Sie hat einfach das Geld aus der Geldbörse genommen und Lieselotte hat dann im Laden gestanden und konnte nicht bezahlen. Mein Gott muss das peinlich gewesen sein. Stellen Sie sich das mal vor.“

„Hat sie denn kein Taschengeld bekommen?“

„Doch reichlich sogar. Das hat sie aber wohl nach kurzer Zeit ausgegeben gehabt. Sie hat ein sehr loses Händchen für solche Dinge.“

„Das ist auf Dauer nicht gut.“

„Das will ich meinen. Sie muss zu ihren Eltern auch sehr böse gewesen sein. Lieselotte ist wohl auch von ihr geschlagen worden. Das kann man sich gar nicht vorstellen. Da sind die beiden so lieb und geben dem Kind ein schönes behütetes Zuhause und dann wird ihnen das so gedankt. Ich weiß nicht, was mein Heiner, Gott hab ihn selig, mit ihr gemacht hätte, wäre sie unsere Tochter gewesen. Sie hätte von ihm wahrscheinlich richtig einen auf den Podex bekommen. Aber das ist ja heut zu Tage verboten, hat uns aber früher auch nicht geschadet.“

„Kennen Sie die Bilder im Wohnzimmer?“, fragte Petra.

„Ach, Sie meinen die von Venedig, Hallstättersee und Königssee. Ja, die kenne ich natürlich. Das Große muss ja richtig was wert sein. Aber das wird Ursula dann jetzt bestimmt schnell zu Geld machen und auf den Kopf hauen.“

„Was wissen Sie über das große Gemälde mit dem Königssee?“

„Das hat Lieselotte vor fünfzehn Jahren von ihrer Tante Johanna geerbt. Sie hat sich darüber richtig gefreut. Sie und ihr Mann haben nämlich vor fünfundvierzig Jahren dort die Hochzeitsreise hingemacht. Später haben sie noch die anderen beiden dazu gekauft.“

„Hat das einen bestimmten Grund gehabt?“

„Ja, sie und ihr Mann waren auch in Venedig und am Hallstättersee. Da hat es ihnen so gut gefallen, dass sie die beiden Bilder dazu gekauft haben.“

„Warum ist das vom Königssee neugerahmt worden?“

„Das weiß ich nicht so genau. Ich vermute aber, das hat was mit Ursula zu tun gehabt.“

„Was vermuten Sie denn?“, fragte Heike.

„Als Lieselotte das Bild geerbt hat, war da ein schlichter Zeitloser Rahmen drum. Sie haben es dann neu einrahmen lassen. Also vor fünfzehn Jahren, meine ich. Dann vor ein paar Wochen war auf einmal der Rahmen beschädigt. Lieselotte wollte mir aber nicht sagen, was passiert ist. Da wusste ich sofort, das kann doch nur mit Ursula zu tun haben.

Oder, wie sehen Sie das?“

„Kann man nicht ausschließen. Übrigens, das Bild ist verschwunden.“

„Bitte? Das teure Bild ist weg?“, fragte Frau Palkowski endrüstet. „Dann ist der Fall klar.“

„Was glauben Sie ist klar?“

„Das gleiche wie Sie. Ursula hat das wertvolle Bild haben wollen. Es ist zum Streit gekommen und sie hat die arme Lieselotte ermordet. Jetzt müssen Sie nur noch die Wohnung von ihr und ihrem Mann durchsuchen und Sie haben den Fall gelöst. Ihr Staatsanwalt wird stolz auf Sie sein. Glauben Sie mir.“

„Wir haben gehört, es war vom Neurahmen zurück, stimmt das?“

„Ja, das stimmt. Der nette Mann hat es vorbeigebracht und wieder hingehängt. Wir haben dann zu dritt noch Kaffee getrunken. Der Erdbeerkuchen von Lieselotte hat ihm so gut geschmeckt. Ein ganz feiner Mann. Den würde ich nicht von der Bettkante schupsen.“

„Aber Frau Palkowski“, sagte Heike künstlich entrüstet.

„Ach, sagen Sie doch Matilde zu mir.“

„Gut, ich bin Heike und meine Kollegin ist die Petra.“

„Hallo, Petra. Wann will Ursula denn hierherkommen?“

„Sie wollte sofort losfahren. Eigentlich müsste sie schon längst da sein.“

„Ursula, sofort losfahren? Das ich nicht lache. Die doch nicht. Also, um euch mal aufzuklären, wenn sie sagt sofort, meint sie in den nächsten zwei bis drei Stunden. Da werdet ihr noch warten müssen.“

„Matilde“, sprach Heike sie an. „Hast du denn nicht auch einen Schlüssel von dem Haus?“

„Ja, stimmt, da hast du recht. Ich geh den mal holen. Dann kann ich euch bei den Ermittlungen helfen.“

„Wir haben aber keinen Durchsuchungsbeschluss“, mahnte Petra.

„Da mach dir mal keine Gedanken Mädchen, Lieselotte hat mir den Schlüssel mit den Worten gegeben ‚Der ist für dich und du kannst jeder Zeit in mein Haus‘. Also alles geregelt. Wir dürfen dort hinein.“

„Darf ich mal dein Telefon benutzen?“, fragte Petra.

„Aber natürlich. Komm rein, Mädchen“, antwortete Matilde.

Sie öffnete die Haustür und Petra schaute in den karierten Block nach der Telefonnummer von Ursula Issinger. Sie wählte die Rufnummer aus Essen Kettwig.

„Issinger“, war zu hören.

„Kriminalkommissarin Petra Wilkerling. Frau Issinger, wir warten hier auf Sie. Was verstehen Sie denn unter sofort losfahren, sagen Sie mal?“

„Ich komm doch gleich. Mein Gott, haben Sie es eilig. Es geht Ihnen doch nichts im Haus laufen.“

„Wann genau sind Sie hier?“, fragte Petra und sah dabei auf ihre Uhr.

„Sofort.“

„Wann ist sofort?“

„Ja, mein Gott, in einer Stunde oder so.“

„Eine Stunde? Das ist jetzt nicht Ihr Ernst“, antwortete Petra und machte eine kurze Pause. „Entschuldigen Sie bitte, wenn ich das sage, aber wir müssen bei Ihrem Verhalten jetzt von ‚Behinderung polizeilicher Ermittlungen‘ ausgehen. Wir vermuten bei dem Tod Ihrer Mutter eine Straftat, da das Ölgemälde vom Königssee vom Neurahmen zurück gewesen ist.“

„Ach, haben Sie herausgefunden, wo das Bild gewesen ist?“

Matilde kam zu Petra und hielt einen Schlüssel am Ring in die Luft. Petra sah den Schlüssel.

„Aber natürlich haben wir das, wir sind die Kriminalpolizei“, antwortete Petra und verwendete dabei einen Satz von Lüppi.

„Ich kann aber trotzdem nicht schneller da sein.“

„Dann bleibt uns jetzt nichts anderes übrig, als Sie davon in Kenntnis zu setzen, dass wir mit dem Zweitschlüssel das Haus ihrer Mutter betreten werden. Frau Matilde Palkowski hat die Erlaubnis von Ihrer Mutter dafür.“

„Ja, muss das jetzt sein?“

„Ja, muss“, sagte sie, wartete kurz und beendet das Gespräch mit. „Auf Wiederhören, Frau Issinger.“

Dann hing Petra ein. Heike war über Petras Vorgehen überrascht. Sie meinte nur, das hätte jetzt auch von Lüppi kommen können.

„Sollen wir dann? Ich habe den Schlüssel“, sagte Matilde.

„Ja, dann los“, sagte Heike.

Dienstag, 10 .05 Uhr Polizeipräsidium Essen

Beide saßen noch immer an ihren Schreibtischen. Lüppi hatte mit seiner Schulfreundin beim Finanzamt gesprochen. Dort hatte er erfahren, dass der Arbeitgeber von Joachim Eckhoff für ihn Lohnsteuer gezahlt hatte. Auch den Namen der Firma des Arbeitgebers hatte er erfahren und inzwischen mit dem Chef telefoniert. Der hatte ihn um ein persönliches Gespräch gebeten, nachdem er von dem Tod seines Mitarbeiters gehört hatte. Gördi hingegen hatte sich die Akte des letzten Falls geholt und war mit Hans-Peter Loserd in Kontakt getreten. Von ihm hatte er einiges von dessen Schwester, Marion Eckhoff, erfahren. Gördi legte den Hörer auf als beide mit dem Gespräch fertig waren und sah zu Lüppi hinüber.

„Erzähl“, sagte Lüppi kurz als er seine Blicke sah.

„Der Herr Loserd hat kein gutes Haar an seiner Schwester gelassen. Laut seiner Aussage muss es immer nach ihrem Kopf gehen und wenn das nicht der Fall ist, wird sie gefährlich. Sie manipuliert und unternimmt einiges, damit sie ihren Willen bekommt“, berichtete Gördi.

„Hat er was zu seinem Schwager oder dem Herzschrittmacher gesagt?“

„Ja, hat er. Er sagte, er würde gar nicht verstehen, warum Joachim so lange mit ihr verheiratet gewesen ist und zu dem Herzschrittmacher meinte er noch, da würde seiner Meinung nach etwas nicht stimmen. Auch wenn er kein Kardiologe ist, wüsste er aber, ein Schrittmacher fällt nicht einfach so aus, zumindest nicht, solange die Batterie nicht leer ist.“

„Wie lange hält denn so eine Batterie?“

„Je nach Einsatz zwischen sechs bis zehn Jahren und ich rufe jetzt bei Stefanie an und frage sie, ob sie uns sagen kann, wie lange der Schrittmacher noch gelaufen wäre.“

„Gut, dann lass uns danach zu dem Arbeitgeber von Herrn Eckhoff fahren“, sagte Lüppi und Gördi wählte die Rufnummer von Stefanie.

„Rechtsmedizin, Sie sprechen mit Frau Dr. Schneider.“

„Gerhard, hallo Stefanie.“

„Hallo Gerhard, ich bin mit dem Obduktionsbericht von Joachim Eckhoff noch nicht fertig.“

„Noch nicht fertig?“, fragte er verwundert. „Ich hätte gar nicht gedacht, dass du überhaupt schon angefangen hast.“

„Habe ich auch nicht wirklich, aber eine grobe Leichenschau habe ich schon durchgeführt. Weswegen rufst du denn an?“

„Kannst du uns sagen, ob die Batterie des Herzschrittmachers noch Strom hat?“

„Ja, kann ich, aber nicht sofort. Ich rufe nachher zurück.“

Gördi sagte ihr, sie solle eine Nachricht bei den Kollegen hinterlassen. Kurze Zeit später verließen die beiden das Präsidium.

Dienstag, 10.40 Uhr

Essen Heisingen

Alle drei Frauen waren seit geraumer Zeit im Haus der Verstorbenen. Matilde war kurz nach dem Betreten des Hauses eingefallen, das der ‚nette Mann‘, der das Gemälde vom Neurahmen zurückgebracht hatte, Lieselotte die Rechnung gegeben hatte. Dabei hatte er ihr noch gesagt, dass er einen Hinweis auf die Rechnung geschrieben hätte. Sie vermutete, dass es etwas Wichtiges gewesen war. Matilde hatte anschließend den Vorschlag gemacht, in allen Schränken und Schubladen nach der Rechnung zu suchen. Womit Heike und Petra nicht einverstanden waren. Matilde hingegen hatte aber gemeint, dass sie ja keinen Durchsuchungsbeschluss brauchen würde, sie wäre ja nicht bei der Polizei. Heike und Petra schauten sich anderweitig im Haus um. Matilde öffnete während dessen ganz vorsichtig alle Schränke und Schubladen. Die besagte Rechnung fand sie nicht, dafür aber ein Gutachten von dem Gemälde. Aus dem ging der Maler, sowie die Größe und der Zustand des Kunstwerks hervor. Das Gutachten war 20 Jahre alt. Der Wert war mit zwölftausend DM angegeben.

„Mädels, ich habe da was gefunden“, rief sie.

Heike und Petra kamen ins Wohnzimmer, wo sie eine der unteren Schubladen herausgezogen hatte. Sie hielt beiden das Schriftstück hin.

„Franz Haidinger? Kenn ich nicht, habe ich noch nie gehört. Aber zwölftausend DM ist ja schon eine Nummer“, sagte Heike.

Auch Petra konnte mit dem Maler nichts anfangen, zumal sie mit Gemälde-Kunst noch nie in Berührung gekommen war. Außer die Namen der bekanntesten Künstler, wusste sie nichts zu dem Thema.

„Das Gutachten ist aus Düsseldorf“, stellte sie fest.

„Dann sollten wir dort mal anrufen und nachfragen, ob sich noch jemand an das Bild erinnern kann“, meinte Heike.

„Jetzt bin ich gespannt ob der ‚nette Mann‘ etwas zu dem Gemälde sagen kann“, sagte Petra.

„Du meinst wegen des Gutachtens?“

Petra nickte und Heike meinte, sie sollten es erst einmal mitnehmen.

Dienstag, 10 .55 Uhr Essen Südviertel

Beide waren in der Rolandstraße angekommen, wo sich die Büros der Versicherungsmaklerfirma befanden. Lüppi hatte direkt vor dem Bürogebäude geparkt und beide waren in den Räumen angekommen, welche sich im ersten Obergeschoß befanden. Dort wurden sie von einer Mitarbeiterin empfangen, die sie bat, einen Augenblick auf den Stühlen im Gang Platz zu nehmen. Lüppi war der verlaufene Lidschatten bei ihr aufgefallen. Drei Minuten später kam ein Mann, Mitte Vierzig, auf beide zu und sprach sie an. Er stellte sich als Harald Frisse vor und fragte Lüppi, ob er derjenige wäre, mit dem er schon telefoniert hätte. Lüppi bestätigte es und sie gingen in sein recht großes Büro. Herr Frisse wollte nun genau erfahren, wie sein Mitarbeiter verstorben war. Lüppi erzählte, soweit wie sie es selbst wussten.

„Seit wann hat Herr Eckhoff hier für Sie gearbeitet?“, fragte Gördi.

„Von Anfang an“, antwortete er. „Also seit über zehn Jahren. Wir haben zusammen die Ausbildung zum Versicherungskaufmann gemacht und er ist sofort hier mit hingekommen als ich mich selbstständig gemacht habe. Äh… eigentlich wollten wir uns gemeinsam selbstständig machen, aber er durfte ja nicht.“

„Was bitte heißt, er durfte nicht?“, wollte Gördi wissen.

„Marion, seine Frau, war dagegen.“

„Des Geldes wegen?“, fragte Lüppi nach.

„Nein, das hatte er von seinen Großeltern“, sagte Herr Frisse und machte einen nachdenklichen Eindruck auf die beiden.

„Was überlegen Sie?“, erkundigte sich Lüppi.

„Ob ich Ihnen das sagen soll.“

„Was denn?“

„Ja, warum eigentlich nicht. Denn mein Freund und stiller Teilhaber ist ja nun tot.“

Lüppi und Gördi staunten über die Aussage.

„Joachims Frau ist absolut krank im Kopf. Eine Besitzergreifendere Frau als sie habe ich in meinem Leben noch nicht kennengelernt. Soll ich Ihnen sagen, warum sie dagegen war?“

„Sehr gerne.“

„Weil er dann selbstständig gewesen wäre und sie ihn dann nicht mehr so gut hätte gängeln können. So konnte sie ihm aber immer vorhalten, dass er nur ein Angestellter war und er sich glücklich schätzen könnte, dass sie ihn bei sich in ihrer Familie aufgenommen hat.“

„Och, wie schön. Da war er aber bestimmt sehr dankbar dafür.“

„Zu Anfang war das auch wirklich noch der Fall, nur in den letzten Jahren nicht mehr.“

„Wie genau müssen wir uns das vorstellen?“, fragte Gördi nach.

„Er hatte die Vorschriften und das Manipulieren von ihr satt. Liebe und Zuneigung gab es bei den beiden schon lange nicht mehr.“

„Ist das, was Sie gerade gesagt haben, das was Sie uns erzählen wollten?“, fragte Lüppi.

„Nein, das sage ich Ihnen jetzt“, sagte Herr Frisse und schaute beide nacheinander an.

„Möchten Sie einen Kaffee?“, fragte er.

„Dauert es länger?“ stellte Lüppi die Gegenfrage.

„Wenn ich ausführlich sein soll, ja.“

„Dann nehme ich ihn schwarz mit einem Löffel Zucker“, antwortete er.

„Meinen bitte mit Milch“, bat Gördi.

Herr Frisse stand auf und verließ das Büro. Drei Minuten später kam er mit der Mitarbeiterin, die beide in Empfang genommen hatte, wieder zurück. Er hielt die beiden Kaffee in den Händen. Die Mitarbeiterin hatte die Tassen für Herrn Frisse und sich. Sie nahm sich einen Stuhl, der am Rand stand und setzte sich dazu.

„Ich habe mich vorhin gar nicht vorgestellt. Ich heiße Sybille Borgmeier und bin die Mitarbeiterin von Joachim.“

Auch jetzt schauten beide Kommissare leicht erstaunt.

„Jetzt sind wir aber gespannt, was Sie beide uns zu erzählen haben“, sagte Lüppi.

„Soll ich?“, fragte Frau Borgmeier in Richtung Herrn Frisse.

Dieser nickte zurück.

„Joachim und ich sind ein Paar“, sagte sie. „Wir sind seit zwei Jahren liiert.“

„In Ordnung“, kam die Standardantwort von Lüppi.

„Mit Joachim und mir hat das ganze damit angefangen, als er vor drei Jahren mit einem blauen Auge hier zur Arbeit kam. Ich habe ihn natürlich gefragt, wo er das denn herhatte. Er wollte es zuerst nicht sagen. Den ganzen Tag lang nicht und am Abend wollte er nicht nach Hause. Als ich ihm dann gesagt habe, er solle es endlich erzählen, was los ist, hat er uns beiden gestanden, dass er von Marion eine gescheuert bekommen hat.“

„Weshalb?“

„Weil er mit seinem damaligen 19-jährigen Sohn geschimpft und ihm Schläge angedroht hat.“

„Dafür hat er von seiner Ehefrau ein blaues Auge bekommen?“, fragte Lüppi nach.

„Ja, hat er uns so erzählt“, sagte Frau Borgmeier und Herr Frisse nickte zustimmend.

„Was hat er im Anschluss getan?“, wollte Gördi wissen.

„Nichts. Er hat sich bei beiden entschuldigt“, antwortete Herr Frisse.

Lüppi verzog kurz sein Gesicht, was alle drei sahen.

„Was hätten Sie gemacht?“, fragte sie nach.

„Das sage ich jetzt besser nicht“, kam die Antwort.

„Wahrscheinlich sich nicht entschuldigt“, spekulierte Herr Frisse.

„Erzählen Sie bitte weiter“, forderte Lüppi auf.

„Das war der erste Abend, an dem er mit zu mir gekommen ist. Die Nacht hat er nicht bei mir verbracht: Er hat sich sehr spät am Abend dann doch noch entschlossen nach Hause zu fahren. Ab diesem Zeitpunkt ist er seiner Frau aus dem Weg gegangen, indem er immer früh hier war und lange geblieben ist.“

„Was sich ganz klar auch bei unseren Abschlüssen bemerkbar gemacht hat“, ergänzte Herr Frisse.

„In Ordnung.“

„Es wurde ab diesem Zeitpunkt ganz langsam immer schlimmer und es hat auch Tage gegeben, wo er sich nicht hinter der Arbeit hier verstecken konnte“, sagte Herr Frisse. „Zum Beispiel an Wochenenden, Feiertagen und Familienfesten.“

„Die nächste große Verletzung hatte er dann vor etwas über zwei Jahren. Da hat sie ihm beim Einsteigen ins Auto das linke Bein mit der Autotür angebrochen, als er ihr gesagt hatte, dass er sich von ihr trennen wird. Er ist dann hierhergekommen und wir zwei sind mit ihm ins Klinikum gefahren. Ab diesem Zeitpunkt hat er bei mir gewohnt. Ich bin also seine neue Lebenspartnerin gewesen“, sagte Sybille Borgmeier und ihr kamen die Tränen.

„Wieso ist er dann gestern in Heidhausen gewesen?“, wollte Lüppi wissen.

„Weil sie ihn wegen Diebstahl anzeigen wollte, wenn er nicht zu ihr kommen und sich ihr erklären würde.“

„Aua“, war die Reaktion von Gördi

„Ach, du dickes Ei“, meinte Lüppi und fragte. „Worum ging es denn?“

„Das hat sie nicht gesagt. Er hat zwar nachgefragt, aber keine Antwort bekommen. Er habe sofort zu kommen.“

„Ist Ihnen das gestern denn nicht merkwürdig vorgekommen, dass er nicht zurückgekommen ist?“, fragte Lüppi weiter.

„Aber natürlich, wir haben ja auch beide mehrfach versucht sein Mobiltelefon anzurufen. War aber immer aus“, antwortete sie.

„Und hinfahren wollten wir nicht, da wir befürchtet haben, ihm damit noch mehr Ärger einzuhandeln“, sagte Herr Frisse.

„Das heißt dann also, Joachim Eckhoff hat seit zwei Jahren bei ihnen gelebt und sie beide waren ein Paar. Er ist dann, wann genau, von ihr angerufen worden?“, fragte Gördi, der sich die ganze Zeit fleißig Notizen gemacht hatte.

„Am Sonntagnachmittag, wir waren beim Kaffeetrinken“, antwortete sie.

„Und er ist wann gestern zu ihr gefahren?“

„Nicht gestern, sondern am Sonntag Spätnachmittag, nach dem Kaffeetrinken.“

„Und dann ist er über Nacht geblieben?“

„Ja, muss ja wohl. Ich habe mir natürlich Gedanken gemacht. Aber was hätte ich tun können?“

„Er hat sich auch nicht bei Ihnen gemeldet?“, fragte Gördi.

„Nein, dann hätte ich das ja gesagt.“

„Okay“, sagte Gördi.

„War es das erste Mal, dass er bei ihr übernachtet hat?“, wollte Lüppi wissen.

„Seit er bei mir wohnt, ja.“

„Wer war sein Hausarzt?“, fragte Lüppi und wusste es ja eigentlich.

„Dr. Feldmann in Werden.“

„Wo bitte wohnen Sie?“, fragte Gördi.

„In der Welterstraße, in Frohnhausen.“

„In einer der Genossenschaft-Häuser?“, fragte Lüppi.

„Ja, genau. Sie kennen sich aber gut aus.“

„Gehört zu meinem Beruf. Aber jetzt mal eine andere Frage… wieso ist er immer zu Dr. Feldmann nach Werden gefahren? Auf dem Weg dahin sind hundert andere Ärzte.“

„Weil die beiden sich schon lange kannten und er Vertrauen zu ihm hatte. Gut gefunden habe ich das nicht. Ich habe immer zu ihm gesagt, Marion würde bestimmt in Erfahrung bringen, was dort untersucht würde.“

„Er wollte aber trotzdem nicht zu einem anderen Hausarzt?“, fragte Gördi.

„Leider nein.“

„Hat Joachim in jüngster Vergangenheit Probleme mit seinem Herzschrittmacher gehabt?“

„Nein, überhaupt nicht. Er war vor ein paar Wochen ja noch bei seinem Kardiologen zur Jahresuntersuchung“, sagte Sybille. „Da war alles in bester Ordnung.“

„Warum fragen Sie? War das seine Todesursache?“

„Könnte sein, wir wissen es aber nicht. Wir müssen die Obduktion abwarten“, antwortete Lüppi.

„Dann ist er an Herzversagen gestorben?“, wollte Herr Frisse wissen.

„Das ist im Augenblick die erste Annahme, aber wie schon gesagt, wir müssen die Obduktion abwarten, dann wissen wir es genau.“

„Können Sie uns sonst noch etwas sagen, was uns weiterhelfen könnte?“, fragte Gördi.

„Sie sagen jetzt bestimmt, auch Kleinigkeiten können wichtig sein, nicht wahr?“, fragte Herr Frisse.

„Genau, Sie haben beim Fernsehen schauen aufgepasst“, erwiderte Gördi und lächelte.

Frau Borgmeier und Herr Frisse sahen einander an.

„Da wäre vielleicht noch etwas. Harald, denk doch mal an den Versicherungsfall vom letzten Herbst“, sagte Sybille.

Herr Frisse sah sie an und sagte.

„Ein Kunde von uns hat im Frühjahr vor Gericht einen Prozess gegen die Hausratversicherung verloren. Er hat es aber Joachim angelastet, weil die Versicherung nicht die volle Summe gezahlt hat.“

„Worum ging es in dem Prozess?“

„Bei einem Einbruch in Bredeney sind unserem Kunden fünf Bilder gestohlen worden. Joachim hatte ihm vor einem Jahr noch geraten neue Wertgutachten erstellen zu lassen, dass hielt Herr Becker aber nicht von Nöten. Er meinte noch, das würde viel zu viel kosten.“

„Nach dem Diebstahl wollte er aber davon nichts mehr wissen?“, vermutete Gördi.

„Natürlich nicht. Er hat uns oder richtiger, Joachim vorgeworfen, ihn nicht auf die Notwendigkeit hingewiesen zu haben. Dabei war ich dabei als er Herrn Becker darauf hingewiesen hat. Die Versicherung hat sich an die letzten Gutachten gehalten und diese Summe dann auch gezahlt.“

„Um welchen Betrag ging es denn?“

„Insgesamt um eine Millionen DM für alle fünf Bilder.“

„Eine Millionen DM, die gezahlt worden sind?“, fragte Gördi.

„Nein, eine Millionen DM, die nicht gezahlt worden sind. Herr Becker hatte die Bilder für 100.000 DM versichert. Nach Schätzung eines Gutachters wären die Fünf inzwischen aber wohl über eine Millionen DM wert.“

„Was genau hat Herr Becker gesagt?“, erkundigte sich Lüppi.

„Er hat ihn als Arschloch bezeichnet und er würde ihn umbringen“, sagte Herr Frisse.

„Wann genau war das?“

„Einen Augenblick, bitte“, sagte Herr Frisse und sah in seinem Tischkalender nach. „In der Woche nach Ostern.“

„Diese Information kann noch wichtig werden“, sagte Gördi.

Alle vier unterhielten sich danach noch über das eine und andere, auch über Versicherungen. Wenig später verabschiedeten sie sich mit dem Hinweis: „Rechnen Sie bitte mit weiteren Besuchen von uns.“

Dienstag, 12.55 Uhr Polizeipräsidium Essen

Lüppi und Gördi waren wieder im Büro und sprachen über die Aussagen von Frau Borgmeier und Herrn Frisse.

„Wenn der Herr Becker es gewesen wäre, dann hätte er sich knapp drei Monate Zeit gelassen?“, stellte Gördi die Frage in den Raum.

„Schwer vorstellbar, dass sich jemand so viel Zeit mit seiner Rache lässt“, erwiderte Lüppi. „Wir sehen ihn uns mal an, aber er wird es nicht gewesen sein, wenn es kein natürlicher Tod war.“

„Ja, sehe ich auch so. Den Herrn werden wir ausschließen können. Ich rufe mal Marion Eckhoff an. Wir müssen noch einmal mit ihr sprechen.“

Dienstag, 13 .45 Uhr Essen Rüttenscheid

Der Laden des ‚netten Mannes‘ befand sich auf der Rüttenscheider Straße. Dort waren die beiden nun. Sie betraten das Geschäft. Aus einer der hinteren Räume hörten sie einen Mann rufen.

„Ich komm sofort, einen Augenblick bitte.“

Heike und Petra sahen sich um. Muster von verschiedenen Bilderrahmen hingen an den Wänden. Auf drei Staffeleien waren Bilder ausgestellt. Einen Bilderrahmen wie die beiden verbliebenen Gemälde von Frau Maxfield waren nicht zu sehen. Es vergingen vier Minuten bis ‚sofort und einen Augenblick‘ vorüber waren. Dann erschien ein grauhaariger Mann. Er wollte wissen, was er tun könne. Heike fragte ihn, ob er das Königsee Gemälde von Lieselotte Maxfield neugerahmt hätte. Er bestätigte, dass er der derjenige gewesen war. Beide zeigten ihm ihre Dienstausweise und fragten, wer er wäre.

„Jürgen-Thomas Paasch, mir gehört der Laden hier.“

Als nächstes fragten sie ihn, ob ihm etwas aufgefallen sei, als er das Bild neugerahmt hat.

„Ja, ist mir, aber warum fragen Sie mich das eigentlich?“

„Frau Maxfield ist verstorben und das Gemälde ist verschwunden“, sagte Petra.

„Au, Scheiße. Mein Gott, die nette Frau. Ist sie wegen dem Haidinger Gemälde tot?“

„Das können wir noch nicht sagen, ist aber möglich. Sie sagen, Haidinger, dann wissen Sie von wem das Bild ist?“

„Das war mir sofort klar als ich es sah. Da dachte ich aber noch, es wäre eine Reproduktion. Erst als ich den alten Rahmen runter hatte, habe ich gesehen, dass es ein echter Franz Haidinger ist. Da habe ich gedacht, das gibt es doch nicht.“

Heike sah Petra erstaunt an. Petra schaute genauso zurück.

„Wir entnehmen Ihrer Aussage, dass Bilder von dem Herrn Haidinger etwas Besonderes sind?“, fragte Heike.

„Das kann man so sagen, denn das wissen wir ja alle, seit vor wenigen Wochen ein Bericht über ihn in der Zeitung war.“

„Aha“, sagte Petra.

„Habe ich auch nicht gesehen. In welcher Zeitung war der Bericht denn?“

„Im Kulturteil der Bayern-Nachrichten.“

„Ist das eine Zeitung?“, fragte Heike.

„Ja, Sie kennen Sie also nicht. Diese Zeitung berichtet über Maler und Bildhauer aus dem Alpenbereich“, sagte Herr Paasch. „Nach diesem Zeitungsbericht haben auch andere bekannte Zeitungen darüber berichtet. Seitdem sind die Werke von Franz Haidinger in aller Munde.“

„Also, wir haben davon nichts mitgekommen“, gestand Heike.

Herr Paasch umriss kurz den Inhalt des Berichtes.

„Was wäre denn wohl so ein Bild wert?“, fragte Petra.

„Da kann ich nur raten. Da habe ich zu wenig Ahnung von“, sagte er, sah auf dem Boden und meinte. „Na, so 20.000 DM könnten das schon sein.“

Dienstag, 14.35 Uhr

Essen Heidhausen

Marion Eckhoff hatte Lüppi am Telefon gesagt, dass sie um halb drei wieder zu Hause wäre. War sie aber nicht und so warteten die beiden im Auto. Die Zeit verging und Lüppi wurde allmählig unruhig.

„Ist dir schon aufgefallen, dass der BMW von Joachim Eckhoff jetzt direkt vor der Garage steht?“, fragte Gördi.

„Na, klar doch“, antwortete Lüppi und sah zu seinem Kollegen hinüber. „Das zu dem gestrigen Thema, mit dem Auto zum Einkaufen am ‚Am Schwarzen‘ gewesen.“

„Pass auf, sie kommt gleich, fährt den 5er auf die Straße, setzt den Renault vor die Garage und stellt den 5er dahinter. Du wirst sehen.“

Lüppi sah weiterhin seinen Freund an.

„Nee, nee, ist klar.“

„Du kannst dir das nicht vorstellen, das ist eine ordentliche Frau.“

„Sag mal, was hast du denn heute im Kaffee gehabt?“

„Keine Ahnung… aber da kommt sie.“

Lüppi sah auf die Uhr im Auto. 14.58 Uhr. Marion Eckhoff kam angefahren und parkte ihren Kleinwagen direkt hinter dem BMW.

„Und?“ fragte Lüppi.

„Das hat sie jetzt nur für uns getan, damit wir nicht warten müssen“, kam die Erklärung. „Da schau, sie sieht zu uns hinüber.“

Beide stiegen aus Lüppi´s Mercedes und gingen auf sie zu.

„Guten Tag, Frau Eckhoff“, sagte Lüppi laut, während beide die Straße überquerten.

„Sie müssen bitte entschuldigen. Es hat beim Friseur länger gedauert.“

„Kann passieren“, sagte Gördi.

„Ihnen ist noch etwas unklar?“, erkundigte sie sich.

„Kann man so sagen“, erwiderte Gördi.

Lüppi sagte, wie so häufig, zunächst einmal nichts. Alle drei betraten das Haus und sie bot den beiden wieder einen Kaffee an. Während sie die Maschine dafür vorbereitete stellte Gördi die erste Frage.

„Uns ist der Zeitablauf der letzten vierundzwanzig Stunden von Ihrem Mann noch unklar“, sagte Gördi.

„Wofür ist das wichtig?“

„Laut Ihrem Hausarzt hätte der Herzschrittmacher Ihres Mannes nicht so einfach stehenbleiben können. Wann war Ihr Mann denn eigentlich zuletzt bei einem Kardiologen?“

„Das weiß ich doch nicht auswendig. Vor paar Wochen oder Monaten? Er war auf jedem Fall bei ihm. Da war er sehr gewissenhaft.“

„Wer war denn der Kardiologe Ihres Mannes?“

„Dr. Rolf Bauerfeld in Bredeney. Meinen Sie vielleicht, der kann ihnen weiterhelfen?“

„Ist zumindest ein Versuch wert.“

„Was möchten Sie noch wissen?“

„Die letzten vierundzwanzig Stunden Ihres Mannes.“

„Ja, was soll ich denn da erzählen?“

„Die Wahrheit wäre gut“, antwortete Lüppi.

Sie sah ihn mit einem nichtssagenden Gesichtsausdruck an.

„Wir sind am Sonntag hier Zuhause gewesen. Ich habe am Morgen beim Bäcker Brötchen und Kuchen gekauft. Er hat im Anschluss zuerst die Zeitung und danach ein Buch gelesen. Ich war im Garten, da gibt es immer etwas zu tun. Am Nachmittag haben wir Zwei Kaffeegetrunken und uns unterhalten. Am Abend habe ich uns einen frischen Salat gemacht und wir sind zeitig ins Bett gegangen.“

„Wann war das?“, fragte Gördi, der den karierten Block und einen Bleistift in der Hand hielt.

„Na, so zwischen neun und zehn. Wir haben nicht auf die Uhr geachtet.“

„Sie haben beide gut geschlafen?“

„Ich auf jeden Fall. Bei ihm weiß ich das nicht. Ich habe ihn nicht gefragt.“

„Wann sind Sie aufgestanden?“

„Um acht Uhr, da ging es ihm schon nicht so gut. Wir sind dann länger am Frühstückstisch sitzengeblieben.“

„Wann haben Sie dann Dr. Feldmann verständigt?“

„Na, das wird so um zehn Uhr oder so gewesen sein, nachdem er sich auf die Couch gelegt hat.“

„Wann genau kam Ihr Hausarzt?“

„Das wird so halb zwölf gewesen sein, glaube ich.“

„Sie haben nicht auf die Uhr geschaut“, erklärte Gördi ihre Aussage.

„Wenn ich das gewusst hätte, dass das einmal wichtig sein würde, hätte ich das natürlich getan.“

„Was können Sie uns zu Harald Frisse und Frau Borgmeier sagen?“

„Herr Frisse ist Joachims Chef und Sybille Borgmeier seine Mitarbeiterin und Geliebte. Aber da Sie nach diesen Namen fragen, wissen Sie das bestimmt schon.“

„Das Sybille Borgmeier die Geliebte Ihres Mannes war ist uns neu“, sagte Gördi.

– Genau, denn sie hat sich als seine neue Lebenspartnerin vorgestellt. – dachte Lüppi.

„Dann erfahren Sie das jetzt. Und bevor Sie mich fragen, nein, ich fand das nicht toll, aber es hatte auch Vorteile.“

„Und welche?“, fragte Lüppi.

„Ich musste für sein Verlangen nach körperlicher Liebe nicht mehr parat stehen und es über mich ergehen lassen. Das hat sie dann für mich erledigt. Das war mir sehr recht.“

Lüppi und Gördi sahen einander an. Beide dachten das Gleiche.

„Wie dürfen wir uns das Arrangement vorstellen?“, fragte Gördi.

„Er hat immer mal wieder bei ihr übernachtet, wenn er es mal wieder nötig hatte. Das hatte auch Vorteile für mich, da ich dann sein scheiß Schnarchen nicht ertragen musste.“

„Wie würden Sie denn Ihre Ehe bezeichnen?“

„Das geht Sie nichts an.“

„Also zusammenfassend, Sie waren glücklich verheiratet, er ist immer mal wieder mit seiner Mitarbeiterin ins Bett gegangen, was Sie aber nicht gestört hat, weil das für Sie Vorteile hatte. Er ist gestern Morgen aufgestanden und es ging ihm nicht gut. Er hat sich später hingelegt und als der Hausarzt eintraf war Ihr Ehemann bereits tot. Stimmt das so?“, fragte Gördi.

„Ich hätte das zwar etwas anders ausgedrückt, aber im Prinzip, ja, stimmt so.“

„Haben Sie einen Liebhaber?“, fragte Lüppi geradeheraus.

„Nein, natürlich nicht, dann hätte ich auch mit Joachim ins Bett gehen können, der wollte fünf Mal die Woche.“

„Herr Frisse hat uns erzählt, dass Ihr Mann vor längerer Zeit darüber nachgedacht hat sich selbstständig zu machen.“

„Da hatte er Flausen im Kopf. Er war nicht der Typ dafür. Er hat es hinterher auch eingesehen. So wie es jetzt war, war es gut.“

„Was können Sie uns zu seiner Verletzung an seinem linken Bein vor zwei Jahren sagen?“, fragte Gördi.

„Joachim wollte ins Büro fahren, ich habe ihn an dem Morgen zum Auto begleitet und bin gestolpert. Leider bin ich dann gegen die Tür gefallen und er hat die Tür gegen sein Bein bekommen. Erst später am Nachmittag hat er bemerkt, dass sein Bein angebrochen war. Mein Gott tat mir das leid. Er war mir aber nicht böse und ich habe ihn am Abend glücklich gemacht.“

„Im Schlafzimmer?“, fragte Gördi.

„Jetzt werden Sie aber etwas sehr privat. Aber ja, im Schlafzimmer. Ich bin ja keine zwanzig mehr.“

Gördi sah zu Lüppi hinüber, der nickte ihm zu.

„Gut, dann wären unsere Fragen für heute erst einmal beantwortet“, sagte er.

„Heißt das, ich sehe sie beide noch einmal wieder?“

„Das ist nicht auszuschließen.“

Beide verabschiedeten sich von ihr und fuhren wieder.

Dienstag, 16.25 Uhr Polizeipräsidium Essen

Gördi und Lüppi trafen wieder im Büro ein. Heike und Petra waren auch wieder zurück. Sie saßen an ihren Schreibtischen und sprachen über das verschwundene Gemälde. Lüppi setzte sich an seinen Schreibtisch, während Gördi seiner Heike einen Kuss gab.

„Torti hat angerufen“, sagte Petra in Richtung Lüppi. „Dirk hat eine Neuigkeit, die er uns allen mitteilen möchte. Die beiden wollten wissen, ob wir nachher alle zum Abendessen kommen.“

„Wir haben schon ja gesagt“, ergänzte Heike.

„Und mit Torti habe ich ausgemacht, dass ich in dem ehemaligen Kinderzimmer von Dirk schlafen kann“, sagte Petra und sah zu ihrem Vater.

„Da ist doch gar kein Bett.“

„Es soll ein Klappbett in deinem alten Keller stehen.“

Lüppi sah sie an und alle drei bemerkten, er überlegte.

„Kann sein… ja, stimmt… das ist aber lange her, dass das benutzt wurde.“

„Wir haben es gesehen als wir uns letzte Woche da unten umgeschaut haben“, sagte Gördi.

„Und in welchem Zustand ist es?“, wollte Lüppi wissen.

„In einem guten, du hast es ja toll eingepackt.“

„Es roch noch nicht mal“, sagte Heike.

„Ja, dann Petra, müssen wir es nur noch hochtragen“, bestätigte Lüppi die Idee seiner Frau. „Du schläfst heute das erste Mal bei deinem Vater.“

„Das hat Torti vorhin auch gesagt.“

„Was war denn bei euch heute so? Habt ihr einen Fall?“, wollte Lüppi wissen.

Beide berichteten von dem verschwundenen Bild, das der Maler Franz Haidinger geschaffen hatte. Mitten in dem Bericht kam Peter aus dem Archiv zurück, er setzte sich an seinen Schreibtisch und hörte zu. Als beide fertig waren, wollten sie wissen, was es denn bei Lüppi und Gördi gegeben hatte. Lüppi sah auf die Uhr über dem Büroeingang und meinte, das hätte noch Zeit, es wäre nach 17 Uhr. Alle fünf verließen das Büro.

Dienstag, 17.38 Uhr Essen Frohnhausen

Die vier trafen zusammen mit Torti vor dem Haus ein. Sie sah sie an und alle konnten sehen, sie freute sich, was sie ihnen auch sagte. Bevor alle fünf zum Abendessen gingen, holten Lüppi und Gördi noch das Klappbett aus dem Keller hoch und stellten es in Dirk´s altem Kinderzimmer ab. Viel früher als vorgesehen saßen die sieben bei Kerstin und Dirk schon mal bei einer Tasse Kaffee zusammen.

„Was ist denn der Grund für die Einladung bei euch?“, wollte Heike erfahren.

„Ich habe einen neuen Job“, sagte Dirk ganz stolz.

„Ich ahne es“, erwiderte seine Mutter.

„Torti, jetzt verrate es nicht“, mahnte Lüppi seine Frau.

„Ich bin letzte Woche schon drei Tage Probearbeiten gewesen und heute Vormittag sollte ich ins Büro kommen. Der Meister, Herr Rotmann, und der Geschäftsführer, Herr Lönz, wollten mit mir sprechen. Der Meister fing so an, dass ich die Erwartungen nicht erfüllt hätte. Daraufhin habe ich Scheiße gesagt und die beiden grinsten mich an, das hat mich verunsichert. Dann hat Herr Lönz mir das du angeboten und der Meister auch. Ich habe das zuerst gar nicht verstanden, bis Frank, also der Geschäftsführer sagte, ich hätte die Erwartung weit übertroffen. Ich kann sofort anfangen. Ist das geil?“

„Und was ist mit deinem angebrochenen Arm?“, fragte Petra.

„Der ist ja geschient und ich bekomme zunächst leichte Arbeiten bis der Arm wieder in Ordnung ist. Ich hätte aber auch in einem Monat anfangen können, das wollte ich aber nicht.“

„Verrätst du uns jetzt auch wo du bist?“, fragte Heike.

„Na, klar, ich bin bei ‚Motorsport Team Kirchheim und Werkstatt‘. Die fahren auch in der DTR, da bin ich dann auch dabei“, sagte ein immer noch strahlender Dirk.

Alle gratulierten ihm und Kerstin freute sich, dass ihr zukünftiger Mann eine neue Stelle hatte.

„Die Werkstatt kommt mir doch etwas bekannt vor“, meinte Gördi.

„Stimmt, da hatten wir letztes Jahr zu tun“, sagte Lüppi.

„Nach der Mittagpause“, sagte Dirk, sah alle der Reihe nach an und erzählte weiter. „Als ich Kerstin über die Neuigkeiten informiert hatte ist Frank mit mir in den Fensterbau Betrieb neben der Werkstatt gegangen. Die Werkstatt gehört mit zu der Fensterbaufirma. Dort sind mir Mark und Michaela Kirchheim vorgestellt worden. Das sind die Inhaber der Werkstatt.“

„Mark Kirchheim?“, fragte Petra und sah dabei zu Lüppi. „Dein Freund Uwe und seine Frau haben doch nachmittags nach der standesamtlichen Hochzeit von den beiden gesprochen? Das ist doch deren Tochter und Schwiegersohn, nicht wahr?“

„Jo“, antwortete Lüppi und strahlte.

„Dann habt ihr zwei das Ganze eingefädelt?“, erkundigte sich Heike.

„Ich habe nur mit Uwe gesprochen, ob er die beiden mal fragen kann, ob sich Dirk mal vorstellen darf. Das war alles, mehr nicht.“

„Das hat Herr Kirchheim mir erzählt. Dein Freund Uwe ist dann der Herr Müller, richtig?“, fragte Dirk in Richtung Lüppi.

„Richtig.“

„Herr Kirchheim hat zu mir gesagt, dass ich nicht anfangen würde, wenn sie nichts von mir halten würden. Ich hätte Frank und Werner überzeugt und nur deshalb würden sie mich einstellen. Danach haben Herr und Frau Kirchheim mir noch ein bisschen von den Renn-Wochenenden erzählt. Frank ist die ganze Zeit dabeigeblieben. Und was sagt ihr?“

Alle freuten sich sehr für ihn.

„Wie bist du denn zur Arbeit gekommen, ohne Auto?“ fragte Lüppi.

„Die letzte Woche hat mich Kerstin mit dem Wagen von Heike hingefahren und heute Morgen hat mich Torsten Mayer, ein Arbeitskollege abgeholt und mitgenommen. Das macht er auch die nächsten Tage.“

„Dann braucht ihr ein neues Auto“, sagte Torti.

„In aller Regel können die beiden meinen Panda haben“, bot Heike ihr Auto an.

Während Dirk noch von den Rennwochenenden erzählte, fing Kerstin mit dem kochen an, Petra ging zu ihr und half mit. Als eine dreiviertel Stunde später das Essen auf dem Tisch stand, war Dirk mit seinem ausführlichen Bericht fertig. Nach dem Essen wechselte Torti das Thema.

„Übrigens, ich muss mich bei euch Vieren beschweren“, fing sie an.

Gördi und die beiden Kommissarinnen sahen sie erstaunt an. Lüppi fing sofort an zu lächeln.

„Darauf habe ich die ganze Zeit gewartet“, sagte er.

Auch Heike und Gördi wussten nun, was sie meinte. Petra noch nicht.

„Und, was habt ihr für Fälle? Erzählt doch mal endlich“, forderte sie die Vier auf.

„Ja, bei dem Fall, den ich und Petra auf dem Tisch haben, ist eine ältere Dame verstorben“, sagte Heike und Petra glaubte nicht, was sie in dem Augenblick hörte. Das bemerkte Gördi und sagte zu ihr.

„Das ist normal. Torti ist unsere ‚Sonderermittlerin‘ und Eckerhard ist darüber informiert. Also mach dir keine Gedanken.“

„Aber, das ist gegen die Vorschrift.“

„Ist in Ordnung, Petra“, sagte Lüppi.

„Torti hat bei den letzten Fällen sehr gute Ideen und Gedankenanstöße gehabt“, ergänzte Gördi noch.

Woraufhin Heike von den beiden Streifenkollegen erzählte und von dem unguten Gefühl von Polizeihauptmeister Heinz berichtete. Sie erwähnte natürlich auch das Ölgemälde von dem österreichischen Maler Franz Haidinger. Bei dem Namen stutzte Torti, was Lüppi und Gördi sogleich bemerkten.

„Was ist dir eingefallen, mein Schatz?“, fragte Lüppi.

„Wollte ich auch fragen“, sagte Gördi.

„Soso, das wolltest du auch fragen? “, fragte Heike ihren Gerhard künstlich entrüstet. „Du sagst zu Torti ‚mein Schatz‘?“

„Quatsch“, erwiderte er und sah zu Torti.

„Ich habe in einer Zeitung über den Maler gelesen. Einen Augenblick mal… wo war das denn noch gleich?“, stellte sie sich die Frage selbst.

„Vielleicht im Urlaub, als wir zwei in Inzell waren?“, fragte Lüppi.

„Genau! Das war im Urlaub. Da hat mir Frau Egger doch immer die Zeitung vom Vortag gegeben und da stand ein großer Bericht über den Maler drin.“

„Kannst du dich noch an etwas erinnern?“, wollte Heike wissen.

„Ja, sogar an vieles. Der Maler und eine Frau, die im Übrigen hier aus dem Ruhrgebiet stammte, hatten sich in Österreich ineinander verliebt und konnten nicht zusammenkommen, weil sie bereits verheiratet war. Sie war für einige Wochen zur Kur im Salzburger Land. Das tat mir so leid für die beiden. Es ging in dem Bericht hauptsächlich um die bekanntesten Werke und das Leben des Franz Haidinger. Er hat hinterher für die Liebe seines Lebens vier Bilder gemalt. Auf allen hat er Seen abgebildet. Einer war der Zeller See, der zweite war der Wolfgangsee und die anderen beiden… einen Augenblick, bitte“, sagte Torti und dachte nach.

Alle sahen gespannt zu ihr.

„Traunsee war der dritte und der Königsee. Genau, drei aus Österreich und einer aus Deutschland. Diese Bilder soll er selbst mit dem Zug hierhergebracht haben. Es war auch ein Foto von ihm und den vier Bildern in der Zeitung. Seit er verstorben ist, sind die Bilder wohl sehr wertvoll geworden, stand in dem Bericht. Vor allen Dingen die vier Bilder für seine Liebe. Drei davon gelten wohl als verschwunden.“

„Das glaube ich jetzt doch nicht“, sagte Heike erstaunt.

„Das Bild von dem Königsee ist das, was nun auch verschwunden ist“, sagte Petra.

„Ich erinnere mich wieder, du hast mir von dem Maler erzählt als wir mit dem Schiff auf dem Königsee gefahren sind“, sagte Lüppi.

Torti gab ihm einen Kuss.

„In dem Zeitungsbericht stand auch, die vier Gemälde hätten einen Namen. Der Name war ‚Vier Seen Liebe‘ oder so ähnlich. Das Foto von dem Maler mit den vier Gemälden hat eine Salzburger Zeitung vor der Abreise ins Ruhrgebiet gemacht und in der damaligen Ausgabe veröffentlicht. Das ist das einzige Foto, was von den vier Bildern existiert und das ist auch das Foto, das ich in der Zeitung gesehen habe.“

„Hieß die Zeitung vielleicht Bayern-Nachrichten?“, fragte Heike.

„Ja, genau… das war die Zeitung.“

„Wann ist der Maler denn gestorben?“, fragte Kerstin.

„Irgendwann in den 60igern Jahren, glaube ich, habe ich nicht behalten.“

„Stand in dem Bericht, was die Bilder so wert seien?“, fragte Petra.

„Die anderen Bilder von ihm werden wohl so zwischen fünftausend und fünfzigtausend DM gehandelt. Es kommt wohl auf die Größe an. Bei den Preisen habe ich noch gedacht, mein Gott, ist das viel Geld für ein Bild.“

„Das würde ja zu den zwölftausend DM bei dem vermissten Bild passen.“

„Weißt du auch noch, wie die Liebe seines Lebens geheißen hat?“, fragte Lüppi. „Du hast es mir gesagt.“

„Wie meine Oma, Johanna.“

„Ach, du Schreck“, sagte Petra.

„Was ist?“

„So hieß die Tante der verstorbenen Frau Maxfield, von der sie den Königsee geerbt hat“, sagte Petra.

„Dann schließt sich ja der Kreis“, meinte Gördi.

Dirk sah zwischen allen hin und her, was seiner Mutter auffiel und sie ihn darauf ansprach.

„Was überlegst du, Dirk?“

„Das ist ja sehr interessant bei euch.“

„Das muss ich auch sagen. Jetzt verstehe ich, warum du mit in die Ermittlungen einbezogen wirst“, sagte Petra und sah zu Torti.

Im Anschluss berichtete Gördi noch von dem verstorbenen Joachim Eckhoff.

Kommissar Lüppi - Band 3

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