Читать книгу Die kuriosen Abenteuer der J.J. Smith 02: Die schwarze Prinzessin - M.E. Lee Jonas - Страница 4

Prolog

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»Unsere Welt liegt im Wandel. Alles verändert sich …

Dort, wo das Licht die Schwachen in falscher Sicherheit wähnte, breitet sich die ewige Dämmerung unaufhaltsam aus. Unberechenbar wie ein heimtückischer Sturm auf ruhiger See schleicht sie über alle Grenzen hinweg.

Es ist so weit!

Meine tiefste Sehnsucht steht kurz vor ihrer Erfüllung. Endlich wird meine unerschütterliche Treue belohnt. Alles fügt sich, so wie ich es mir immer erträumte.

Die Tore öffnen sich. Und die Verbannten kehren endlich zurück.

Niemand kann sie aufhalten!«

Daranias Stimme ist dunkel und ruhig. Erwartungsvoll starrt sie in den Spiegel der Tore, bevor sie sich langsam zum steinernen Altar dreht.

»Hat Jezabel wirklich geglaubt, dass sie mich überlisten kann?«

Das dämonische Lachen der Oberhexe schallt laut durch den steinernen Zeremoniensaal.

»Ja! Unsere großartige schwarze Prinzessin dachte ernsthaft, dass sie mir überlegen sei! Eine dumme, verzogene vierzehnjährige Hexe, die gleich bei ihrem ersten großen Zauber einen unschuldigen Jungen in die ewige Unwissenheit verbannte, will also mächtiger sein als ich?

Ihr seid erbärmlich! Ich kann dir nicht sagen, wie sehr mich euer Clan anwidert. Dieses Mädchen ist eine einzige Schande für mein Reich!

Hat Vettel wirklich geglaubt, dass ich mich dem Ganzen einfach beuge? Zusehe, wie diese unkontrollierbare Göre mein Lebenswerk zerstört und mein Reich mit ihrem Frevel vergiftet?«

Mit verachtender Miene schleicht Darania um den Diener, der regungslos auf dem steinernen Altar liegt und sie entsetzt anstarrt.

Broaf versucht verzweifelt seine Gedanken zu kontrollieren. Aber er ist viel zu erschöpft. Alles dreht sich im Kreis. Außerdem schmerzen seine Glieder grausam, da die Hexen seinen Körper mit schweren, geschmiedeten Handschellen auf dem kalten Steintisch fixiert haben. In einer unbeobachteten Minute hat Hexe Onstasia die Schrauben sogar noch einmal fester nachgezogen. Dabei hat sie gekichert, als wäre sie geisteskrank.

Die dunklen Hexen haben den Diener überrascht.

In einem unbedachten Moment, als er sich im Schutz seines Anwesens wähnte und darüber sinnierte, ob sich für ihn und Oma Vettel doch noch alles zum Guten wenden würde, haben sie ihn überwältigt. So unerwartet, dass Broaf nicht reagieren konnte. Es geschah alles so furchtbar schnell.

Sechs Hexen standen plötzlich vor ihm und lähmten ihn unversehens mit einem verbotenen Zauber. Broaf konnte nichts tun, denn er war allein.

Daraufhin verschleppten die Hexen den wehrlosen Diener nach Xestha und brachten ihn ins Amtsgebäude. Dort überließen sie ihn den Gluggs, die ihn kreischend in den steinernen Zeremoniensaal zerrten.

Diese bösartigen Kreaturen verschonten ihn nicht. Nachdem sie Broaf gezeigt haben, wozu sie ihre blitzenden Stöcke gebrauchen, rissen sie ihm den Frack vom Leib und hievten ihn auf den Altar. Dann verschwanden sie und ließen den entsetzten Diener mit seiner Angst allein.

Stundenlang lag er regungslos auf dem kalten Steintisch und betete. Nicht um seine Rettung, sondern darum, dass seine Vettel in Sicherheit ist.

Dann kamen diese bösen Hexen zurück. Hystasia, Furiase, Onstasia und eine höchst zufriedene Darania. Diese dunklen Seelen verhöhnten ihn, während sie die Leuchter um den Spiegel der Tore entzündeten. Als sie daraufhin die Werkzeuge ihrer dunklen, dämonischen Magie hervorholten, um ihr geheimstes und grausamstes Ritual zu beginnen, lachten sie sich regelrecht in Rage.

Seitdem versucht Broaf zu begreifen, was sie mit ihm vorhaben.

Sein Herz rast vor Angst, denn die Worte, die er ab und an erhascht, lassen Grausames befürchten.

Über vierzig Jahre hat der Diener mit einer Hexe vom dunklen Phad zusammengelebt. Aber Vettel hatte immer so viel Respekt vor ihm, dass sie die mächtigen Zauber, die sie im Auftrag des Hexenrats ausführen musste, niemals in seiner Anwesenheit vollbrachte. Sie wusste, dass es ihm insgeheim große Angst macht und dass es gegen seine Gesinnung verstößt.

Nun liegt er vollkommen wehrlos angeschnallt auf einem Altar im Reich der ewigen Dämmerung und weiß nicht, was diese bösartigen Kreaturen von ihm wollen.

Hexe Hystasia stellt sich lachend an das Kopfende, aus dem plötzlich zwei schwarze Klauen geschossen kommen, die gierig nach dem uralten Buch greifen, das sie feierlich in den Händen hält. Ihre Stimme klingt tief und widerwärtig, während sie die dunklen Verse murmelt, die für jeden anderen Xesthaner verboten sind.

Furiase, die Wächterin der alten Zauber und Flüche, steht am Fußende und bespricht ein dampfendes Gebräu, das bestialisch stinkt. Dabei sieht sie Broaf hasserfüllt an. Bei jedem Zucken, das dem Diener entfährt, lacht sie lauthals auf. Ihr wahres Gesicht zeigt sich nun, das dem der bildschönen Frau nicht im Geringsten ähnelt. Wie ein hungriges Reptil mustert sie den wehrlosen Körper.

Hexe Onstasia schiebt indessen Wache an der Tür, da in den nächsten Stunden kein anderes Wesen den Altarsaal betreten darf. In ihren Händen hält sie ein gewaltiges Zepter aus schwarzem, glänzenden Holz, an dessen Ende eine glasklare Kugel rotiert, die sich langsam mit dunklem Rauch füllt. Mit versteinerter Miene starrt die hässliche Hexe zu Darania und wartet auf weitere Befehle.

Die Oberhexe schwebt derweil erhaben um den Altar. Im Gegensatz zu Furiase und Hystasia, die für dieses Ritual ihre Maskerade abgelegt haben, ist die Schönheit Daranias heute makellos. Eiskalt starrt sie auf den steinernen Tisch und hebt triumphierend die Hände.

»Wie lange habe ich diesen Moment herbeigesehnt!

Für Außenstehende mag es vielleicht wie ein albernes Spiel aussehen. Aber das ist es nicht. Das war es nie, mein lieber Broaf!

Meine Ergebenheit gegenüber dem dunklen Phad ist aufrichtig und unerschütterlich. Ich hätte es sein sollen! Ich wäre die Richtige gewesen! Ich allein hätte die Legende nach ihrer wahren Bestimmung erfüllt. So wie es sein sollte.

Aber nein. Ein schwaches, dazu hochmütiges Kind, welches sich erlaubt, unser Reich anzuzweifeln, unsere Gesetze mit Füßen tritt und die Traditionen unserer Ahnen lächerlich macht, bekommt die Macht, das Erbe Crysaldis zu entehren. Crysaldis, meine Urahnin, würde diese Wahl ebenso wenig akzeptieren wie ich. Jezabel kann vielleicht die restlichen Bewohner des Zauberreiches täuschen, mich nicht! Ich weiß, was sie plant. Und sie weiß, dass ich es weiß.

In dem Moment, als dieses Mädchen sich triumphierend in der Sicherheit wähnte, alles zu wissen, und meinem Volk gerade ihre naiven Weisheiten präsentieren wollte, habe ich es ihr gesagt! Oh, ich konnte ihre Angst regelrecht riechen. Die Wut und ihre tiefe Verzweiflung drangen aus jeder Pore.

Jezabel ist so erbärmlich einfach. Absolut unwürdig!

Ich denke jedoch, dass du mich verstehst, mein lieber Broaf. Du kennst diese Schmach, wenn ein anderer dir das wegnimmt, was du selbst so sehr begehrst.«

Für einen kurzen Moment bleibt Darania stehen und sieht dem Diener gierig in die Augen. Sie will ihn sehen! Diesen Schmerz, der sie seit Jahren selbst quält.

Broaf schließt die Augen und schluckt. Der Lähmungszauber beherrscht seinen Körper weiterhin. Also kann er sich weder wehren noch manifestieren.

Aber er kann sprechen.

»Fahr zur Hölle!«, zischt er ihr verachtend zu.

Darania schnappt entsetzt nach Luft und lacht lauthals los. Die anderen Hexen stimmen ein.

Es sind nicht seine Worte, über die sich diese Hexen amüsieren, sondern die Tatsache, dass der Mann, der für die absolute Höflichkeit steht, sie in ihren heiligen Hallen auszusprechen wagt.

»Vielleicht tue ich das. Aber vorher schicke ich deine Vettel nebst ihrer verzogenen Enkelin dorthin! Oh, ich kann es kaum erwarten.

Was meinst du? Wird sie weinen, wenn sie erfährt, dass ihr geliebter Broaf fortan als Wärter durch das Reservat trippelt? Wird sie mich verfluchen? Schreien? Mich den Rest ihres erbärmlichen Daseins hassen?«

Die Oberhexe beugt sich dicht über Broafs Gesicht. Doch der Diener starrt sie nur gleichgültig an.

»Wird sie endlich zerbrechen?«, flüstert sie ihm ins Ohr und schnell nach oben.

»Lasst uns anfangen! Dieser Mann langweilt mich«, schreit sie den anderen Hexen zu.

Hystasia hebt ihren Blick vom Buch und starrt Darania ungläubig an. Auch Furiase scheint überrascht.

»Wir müssen noch auf Hexe Cybill und Quwill warten. Für dieses Ritual sind alle Mitglieder des Hexenrates zuständig«, erwidert Letztere entsetzt.

Darania zieht die Augenbrauen streng nach oben und starrt die Hexen einen Moment lang an. Dann verzieht sie ihr Gesicht zu einer verachtenden Fratze und schlägt wütend mit der Faust in die Luft. Ein ohrenbetäubender Knall lässt den Zeremoniensaal erschüttern, dessen Wucht eine Druckwelle auslöst, die Furiase hilflos nach hinten reißt. Fauchend springt diese auf und schreit dem Oberhaupt ein paar dämonisch klingende Worte zu.

»Ich sagte: Lasst uns beginnen! Unsere geschätzte Cybill lässt sich entschuldigen. Ich habe ihr gesagt, dass sie darauf aufpassen soll, dass unsere Quwill nicht zu neugierig wird«, zischt Darania der verdutzten Hexe zu.

Diese wäre jedoch nicht Furiase, wenn sie sich einfach so herumkommandieren lassen würde.

»Und ich sagte, dass für dieses Ritual alle Mitglieder anwesend sein müssen! Willst du dich jetzt gegen dein eigenes Gesetz stellen? Und wer bitte schön, soll dann den Skulk hinaufholen? Diese Viecher gehorchen nicht jedem!«, faucht diese wütend zurück.

Darania sieht Furiase abwertend an und winkt ab.

»Du natürlich! Wie du siehst, bin ich sehr beschäftigt.

Seit wann interessieren dich eigentlich meine Gesetze? Bei Quwill machst du auch nicht solch einen Aufstand. Wir müssen in dieser schweren Zeit eben alle unsere Opfer bringen. Cybill wird schon darüber hinwegkommen.

Also, wenn du jetzt bitte weitermachen würdest.«

Ohne Furiase auch nur eines weiteren Blickes zu würdigen, wendet Darania sich wieder zu Broaf.

Der erschöpfte Diener liegt mit geschlossenen Augen auf dem Altar. Die Welt um ihn herum ist ihm egal. Sollen diese Hexen ihr dunkles Werk doch vollenden. Er weiß, was seine elementare Aufgabe war, und die hat er jeden Tag nach bestem Gewissen erfüllt. Aber dieser lange Kampf hat einen hohen Preis gefordert. Seine Seele ist müde, sein Körper vollkommen erschöpft.

Leise beginnt er das eine Mantra zu summen, damit er sich langsam aus diesem Körper lösen und in eine sichere Ebene fliehen kann, deren Erschaffung einzig der Sicherheit eines Seelenwanderers diente. Es ist ein heiliger Ort, eine Art Schutzraum, von dem jedoch nur die Ältesten zurückkehren können.

Die Oberhexe steht grinsend vor dem Altar und schnüffelt wie ein wildes Tier an Broaf herum.

»Was darf es sein? Ein Oktopusarm? Ein giftiger Pfeil?

Oh, wie ich sehe, interessiert es dich nicht. Das ist überhaupt nicht schlimm. Wenn wir mit dir fertig sind, wird es dir sowieso egal sein. Dein Intellekt wird auf die minimalsten Instinkte reduziert und diesen albernen Frack ersetzen wir durch einen kräftigen Skulkunterkörper. Du wirst ein wunderschöner, barbarischer Wärter sein, Broaf. Mein Meisterwerk!

Aber keine Angst, dein Status ändert sich nicht wirklich! Du wirst weiterhin dienen. Lediglich mit dem kleinen Unterschied, dass du dich in Zukunft vor mir verbeugen wirst und nicht mehr vor deiner geliebten Vettel.«

Darania stöhnt siegessicher auf. Hämisch grinsend hält sie einen schwarzen Helm in die Höhe, auf dem ein Zopf aus geflochtenem, grauem Haar befestigt ist.

Zwei Gluggs flitzen zum Altar und heben den Kopf des Dieners an. Lachend streift Darania den schweren Helm darüber und verschließt den Riegel. Dann legt sie die Haarsträhne sorgfältig zur Seite.

Broaf atmet hastig. Er unterbricht sein Mantra und öffnet entsetzt die Augen. Er kann kaum etwas sehen, da sein Sichtfeld nun auf ein paar kleine Schlitze beschränkt ist. Der Diener versucht zu begreifen, was diese Hexen mit ihm vorhaben. Aber die Geräusche aus dem Zeremoniensaal donnern nur schmerzhaft durch den massiven Helm, der seinen Kopf ganz und gar umschließt. Alles klingt dumpf und verzerrt.

Doch dann ist es plötzlich ganz still im Raum.

Broaf schließt die Augen und versucht sein Mantra fortzuführen. Aber er kann sich nicht konzentrieren, da ihn diese unheimliche Situation ablenkt. Er hört, wie Darania Furiase etwas zuruft. Anschließend, wie die Tür zum Zeremoniensaal aufgeschlagen wird und Onstasia abscheulich lacht. Ein scheußliches Klappern, als ob jemand ein Messer wetzen würde, begleitet von seltsamen Schrittlauten … Sie klingen ungleichmäßig und schnell.

Furiase beginnt erneut dunkle Formeln zu murmeln, während Hystasia ganz monoton immer wieder die gleichen Worte wiederholt. Darania steht neben dem steinernen Altar und kichert.

Dann beginnen die Gluggs zu kreischen.

Der Diener zuckt zusammen.

»Etwas berührt meine Beine. Ich kann es atmen hören!«

Dieses unheimliche Klappern wird lauter.

»Es steht direkt neben mir!«

Die Oberhexe beginnt nun hysterisch zu lachen.

Broaf schließt die Augen und denkt an Vettel. Mit letzter Kraft versucht er sich auf ihr Gesicht zu konzentrieren.

Leise summt er das eine Mantra. Kurz bevor er die Besinnung verliert, hört er noch einen schrillen Schrei, schließlich ein grausames Knacken. Aber der Diener spürt nichts mehr. Er ist hinübergeglitten …

Die kuriosen Abenteuer der J.J. Smith 02: Die schwarze Prinzessin

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