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Einsteigen, Aussteigen, Umsteigen

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„Ich bin gerade auf dem Weg zu Deinen Eltern“ erklärte Daniel Jenna über die Freisprecheinrichtung im Auto, „wenn du nun auch kommst hätten wir dein Auto schon mal da“. Jennas Gesicht war ein einziges Fragezeichen. Morgen ging es ab in den Urlaub und sie hatte tausend Dinge zu erledigen. Ihre Eltern würde sie eine ganze Woche lang sehen, warum sollte sie jetzt hinfahren. Später würden sie sowieso den Hund und das gesamte Gepäck schon rüber bringen, dann brauchten sie morgen früh nur noch ins fertig gepackte Auto zu steigen und konnten starten. „Wenn wir nachher Dusty zu Deinen Eltern bringen wollen musst du ihn ihm Auto festhalten. In seine Box in den Kofferraum schafft er es nicht mehr, und alleine auf der Rückbank, na ich weiß nicht, der nimmt mir das Auto auseinander.“ Da war was Wahres dran. Sie hatten Dusty als drei Monate alten Hund aus dem Tierheim geholt und ihm ein liebevolles Zuhause gegeben. Aber er war mit Abstand der verrückteste Hunde den sie je hatten. Zu Anfang hatte das arme Tier überhaupt nichts essen wollen und es war Jenna und Daniel nur mit Hilfe von Leberwurst gelungen ihn zur Nahrungsaufnahme zu bewegen. Dafür war er aber umso dankbarer für jede Art von Zuneigung. Abends lag er in Jennas Armbeuge auf der Couch und schlief tief und fest. Inzwischen waren zwölf Jahre vergangen und Dusty war seit Langem aus der Armbeuge herausgewachsen. Nur wahrhaben wollte er das nicht. Noch immer drängelte er jeden Abend so lange bis zumindest sein Kopf seinen Stammplatz erreicht hatte. Nachdem er einmal Vertrauen zu seinen neuen Besitzern gefasst hatte bekam er auch Spaß am Essen, so dass sich der kleine Wurm mit den Jahren in einen ausgewachsenen Schäferhund mit Kurven entwickelt hatte. Dass er aber nicht mehr in den Kofferraum springen konnte lag eher an seinem Alter. Die wilden Jahre waren vorbei. Nur war es ihnen nie gelungen ihm die Angst vor allem was ratterte und knatterte oder sich allzu schnell bewegte zu nehmen. Bei jedem Mofa das ihm begegnete reagierte er ebenso empört wie auf den Staubsauger. Fremde Hunde und Menschen mit Kopfbedeckung machten aus Dusty ein gefährliches Raubtier. Allerdings nur solange am anderen Ende seiner Leine Daniel oder Jenna waren. Alleine wäre er vor Angst gestorben. Nicht zuletzt aus diesem Grund hatten sie den großen Hund immer in einer speziellen Transportbox im Kofferraum transportiert. Heute musste es also mal ohne gehen.

Seufzend griff Jenna nach den Autoschlüsseln. Daniel hatte Recht, besser sie brachte ihr geliebtes kleines Auto schon mal zu ihren Eltern. Zum Glück hatte sich ihre Schwester auch diesmal wieder bereit erklärt Dusty eine Woche lang zu versorgen. Sonst wäre aus diesem Urlaub nichts geworden. Eine Tierpension wäre für sie nie in Frage gekommen. Am Ende würde Dusty noch denken, sie hätten ihn nach all den Jahren zurück ins Tierheim gebracht. Früher hatten immer Jennas Eltern den Hund zu sich genommen, wenn sie und Daniel mit Lukas in den Urlaub fuhren. Seitdem ihre Eltern aber nun auch zu den Kreuzfahrtsüchtigen gehörten war Jennas Schwester die einzige Alternative. Nur hatte sie selbst einen Hund, und neuerdings auch eine Katze. Zum Glück wohnte sie mit Hund, Katze und Familie in der Doppelhaushälfte gleich neben den Eltern. So konnte Dusty im Haus der Eltern bleiben und wurde trotzdem gehegt und gepflegt.

Eigentlich dauerte die Fahrt in den Nachbarort gerade mal ein paar Minuten, aber Jenna musste durch den Feierabendverkehr . Ungeduldig wartete Jenna, dass die letzte Ampel auf Grün sprang, bevor sie endlich von der Hauptstraße abbog und nun mit angepasster Geschwindigkeit durch das Wohngebiet tuckerte. Hoffentlich wunderte sich Lukas nicht wo sie geblieben war, in der Eile hatte sie ganz vergessen ihm Bescheid zu sagen. Aber gut, mit seinen sechszehn Jahren würde er sich schon zu helfen wissen und bestimmt würden sie auch nicht lange weg sein. Erst einmal hatte Lukas gar nicht mehr mit seinen Eltern und Großeltern in den Urlaub fahren wollen. Nun aber fieberte auch er dem Wiedersehen mit dem Schiff entgegen.

Als Jenna endlich die Einfahrt ihres Elternhauses erreichte war Daniel schon da. Sie sprang aus dem Auto und in Daniels Arme. „Na kanns losgehen?“ fragte Jenna und küsste ihren Mann stürmisch. „Ich bin mal gespannt wie wir das alles ins Auto bekommen sollen“ erwiderte Daniel. Jenna hatte in ihrem kleinen Auto bereits einen Teil von Dustys Ausstattung mitgebracht. Als ihre Mutter die Tür öffnete und nach draußen trat überreichte Jenna ihr den Korb mit Futternapf, diversen Bällen, dem Hundefutter und den Leckerlis. Neugierig trat nun auch der Vater aus dem Haus. Jenna deutete seinen fragenden Blick richtig und sagte „ich fahr jetzt mit Daniel wieder zurück nach Hause und lasse mein Auto hier. Gleich bringen wir Dusty und unsere Koffer, dann können wir anfangen das Auto zu packen und anschließend fahren wir mit dem kleinen Auto nach Hause. Damit kommen wir morgen früh zurück und müssen dann nur noch umsteigen. „ Jetzt guckte Jennas Vater noch verwirrter. Naja, sie hatte Daniel ja erst selbst nicht ganz folgen können.

„War doch klar, dass Dein Vater sich darauf nicht einlässt“ schmunzelte Daniel als alles erledigt war und er am Abend endlich mit Jenna auf dem Sofa saß. Sie hatten es sich gemütlich gemacht, aber dauernd suchte einer von ihnen versehentlich den Hund. Da Dusty bereits in seinem Feriendomizil war hatten sie ungewohnt viel Platz auf der Couch. Wahrscheinlich mussten Jennas Eltern dafür jetzt mehr zusammenrücken. Nachdem sie den Kombi mit Hund, Hundebett und Koffern beladen hatten, waren sie erneut aufgebrochen. Zusammen mit Jennas Vater hatte Daniel den Wagen erst entladen und dann wieder neu gepackt. Zu den vier Koffern gesellten sich jetzt statt des Hundezubehörs noch zwei von den Eltern. Jenna hatte in der Zwischenzeit Dusty beaufsichtigt, der fröhlich Wiedersehen mit dem Garten hinter dem Haus feierte. Als Jenna wieder ins Haus kam wunderte sie sich über die Kofferansammlung im Flur. „Sag bloß es passt nicht alles in den Kofferraum?“ hatte sie vorsichtig gefragt. „Doch, doch“, Daniel hatte da schon grinsen müssen, „Dein Vater mag nicht das gepackte Auto über Nacht draußen stehen lassen.“ „Stell Dir vor morgen früh sind die Koffer weg“ scherzte Jennas Mutter, „dann müssen wir alle vor der Abfahrt noch einkaufen gehen.“ „Solange das Auto noch da ist, den Rest kann man unterwegs kaufen“ antwortete Jenna. „Alles gut“, mischte Daniel sich ein „wir haben es ausprobiert und wissen morgen früh wie wir packen müssen. Dann geht das alles ganz schnell.“ In der Garage startete Jennas Vater sein Auto. „Herbert?“ rief Jennas Mutter. „Herbert, was machst Du?“ Durch den Glaseinsatz in der Haustür konnten sie verfolgen, wie Herbert das Auto in der Straße parkte und zurück zum Haus kam. „Daniel“, rief er „ich hab eine bessere Idee. Wir können das Auto doch schon packen und in die Garage stellen. Dann bleibt eben meiner die eine Nacht draußen.“ Daniel linste um die Ecke in die Garage. „Das passt nie im Leben.“ Die ausrangierte Eichenschrankwand, die früher in jedes gute deutsche Wohnzimmer gehörte, hatte in der Garage Platz gefunden und sorgte dort für zusätzlichen Stauraum. Allerdings machte sie es auch unmöglich einen Kombi in der Garage unterzubringen. Schließlich hatten sie sich doch darauf einigen müssen am nächsten Morgen noch einmal zu packen und das Auto von Jennas Eltern hatte seinen Platz in der Garage wieder einnehmen dürfen. „Als ob die heute Nacht noch ein Auge zu tun“ witzelte Jenna nun. Sie wusste wie aufgeregt ihre Eltern in der Nacht vor der Abreise waren und auch sonst schlief ihr Vater nicht besonders gut. Sicher nicht, wenn auch noch ein fremdes Auto in der Einfahrt parkte für das er sich nun verantwortlich fühlte. Da hätten die Koffer im Auto auch keinen Unterschied mehr gemacht. „Aber ich werde schlafen“ gähnte Jenna, „und morgen früh, wenn um fünf der Wecker klingelt werde ich mich wie jedes Mal fragen warum ich mir das freiwillig antue.“


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