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Alle Mann an Bord

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Der Wind zerrte an Jennas Haaren während sie die Koffer aus dem Auto luden. So einen Betrieb vor einem Kreuzfahrtterminal hatten sie noch nie erlebt. Der Parkplatz war schon jetzt hoffnungslos überfüllt und es kamen noch immer neue Reisebusse dazu. Mit einem vagen Winken in Richtung eines Seiteneingangs hatte ihnen der Mann vom Parkservice mitgeteilt, wo sie ihr Gepäck aufgeben mussten. Herbert und Daniel hatten die Koffer inzwischen hinter dem geparkten Auto aufgereiht und Daniel gab die Autoschlüssel ab. Früher waren die Gepäckstücke immer durch Servicemitarbeiter aus dem Auto genommen worden bevor man den eigentlichen Parkplatz ansteuerte, aber heute schien hier alles ein bisschen anders zu sein. Es war ja nicht so, als könnten sie ihre Koffer nicht selbst transportieren, zumal die heutzutage alle bequem auf Rollen liefen. Nur hätte sich Jenna für diese Aktion anderes Wetter gewünscht. Während sie den Reißverschluss ihrer Jacke höher zuzog sah sich Jenna suchend um. Ganz links vor einer Ecke der Terminalhalle türmten sich Gepäckstücke und mehrere Mitarbeiter schienen damit beschäftigt zu sein, diese in die Halle zu bringen. Im Gänsemarsch machten sie sich auf den Weg dorthin. Entgegen Jennas Befürchtungen war die Gepäckübergabe schnell erledigt. Sie befanden sich noch immer außerhalb des Terminals und die Temperaturen erinnerten eher an Weihnachten als an Frühling. Bei diesem Wetter wollte bestimmte niemand länger als nötig draußen in einer Warteschlange stehen. Allerdings konnte Jenna sich auch nicht vorstellen, dass die Anhänger die ihre Koffer als „priority laguage“ auswiesen in diesem Durcheinander irgendeine Bedeutung hätten. Die schnellere Zustellung der Koffer auf die jeweiligen Kabinen war angeblich ein Vorzug bei Buchung einer Suite. Ach egal, bisher hatten sie selten lange warten müssen bis ein fleißiger Mitarbeiter mit den Koffern anrückte und einen Badeanzug brauchte in diesem Wetter sowieso keiner. Bis zum Abendessen blieb noch reichlich Zeit und selbst wenn sie bis dahin nicht umgezogen wären würden sie das Essen genießen.

Um der Kälte zu entkommen hasteten Jennas Eltern bereits auf den Eingang zu. Daniel hatte die Gunst der Stunde genutzt und sich erst einmal eine Zigarette angezündet. So gerne Jenna ihm das nachgemacht hätte, sie war jetzt froh die Einschiffungsformalitäten hinter sich bringen zu können. Trotzdem musste sie den vorpreschenden Teil der Familie zurück pfeifen. Sämtliche Reiseunterlagen befanden sich noch in Jennas Handtasche. Bisher hatte man die Bordkarten immer bei der Einschiffung bekommen, nun aber hatte die Gesellschaft angekündigt, dass diese bereits an den Kabinentüren hängen würden. Bei den Reisepapieren waren Zutrittsausweise zum einmaligen Betreten des Schiffes gewesen. Darüber hinaus hatten sich in den Heftchen Gesundheitserklärungen befunden, auf denen sie alle unterschrieben hatten nicht an Ebola erkrankt zu sein und sich auch sonst topfit zu fühlen. Auch hatte die Reederei wissen wollen ob sie vor Reiseantritt Kontakt zu an Ebola erkrankten Menschen hatten. Jenna hatte aber darauf verzichtet an der Supermarktkasse diesbezüglich eine Umfrage zu starten. Die schlecht perforierten dünnen Papiere ließen sich jetzt nur mit Mühe aus den Heften trennen, die die Reisepapiere zusammenhielten. Der Wind war dabei auch nicht gerade eine Hilfe, aber es wäre Jenna im Traum nicht eingefallen erst am Schalter die Unterlagen zu sortieren. Leute die so etwas taten hielten nur unnötig den Verkehr auf. „Habt ihr alle eure Pässe?“ fragte sie und reichte Lukas seinen Reisepass. Nun war es an Helga in ihrer Handtasche zu wühlen und die erforderlichen Ausweisdokumente zu suchen. Gut vorbereitet betraten die fünf schließlich den Hafenterminal. Die Schlange der Wartenden wand sich, von Absperrbändern geleitet, in Zeitlupe auf die Schalter zu. Es mussten hunderte Menschen sein, die da vor ihnen darauf warteten an die Reihe zu kommen. „Au weia“ entfuhr es Jenna, „das kann dauern. Hätte ich das gewusst, hier wäre reichlich Zeit gewesen uns zu sortieren.“ „Bestimmt haben wir einfach Pech gehabt“ fand Daniel „Du hast ja gesehen, wie viele Busse da angekommen sind. Hatten wir wohl ein schlechtes Timing.“ „Wetten dass die Hälfte von denen trotzdem ihre Papiere nicht bereit hält wenn sie an der Reihe sind? Deswegen geht es auch nicht weiter.“ Jenna ging die Warterei schon jetzt auf die Nerven. Einige Meter vor ihnen standen Mitarbeiter der Reisegesellschaft und sammelten die geforderten Gesundheitsfragebögen ein. Aus ihrer Position heraus konnte Jenna sehen, dass einige der Gäste nicht einmal zu wissen schienen welchen Teil der Unterlagen sie hier abgeben mussten. „Als könnten sie alle nicht lesen“ murmelte Jenna. „Immerhin stehen wir hier im Trockenen“ beschwichtigte Helga. Daniel legte einen Arm um Jennas Schulter und drückte sie an sich. Jenna beschloss langsam anzufangen den Urlaub zu genießen und schmiegte sich an ihn. Schließlich hatten sie sich lange genug auf die Reise gefreut. „Guck mal“ sagte Daniel und deutete nach draußen. „Wir hatten kein Pech, wir hatten Glück.“ Die Schlange war inzwischen so lang geworden, dass sich sogar vor der Halle ein Stau gebildet hatte.

Jennas Blick fiel auf ein Schild neben der Warteschlange. „Überholspur“ stand da. „Daniel“, sie stupste in ihn die Seite „nach rechts rüber“. „Was? Wieso denn das?“ Daniel war peinlich berührt. „Wir dürfen das. Das war doch bei der Buchung der Suite dabei. Weißt du noch?“ Bevor die anderen noch etwas sagen konnten hatte Jenna schon die Spur gewechselt. Ein dienstbeflissener Mitarbeiter eilte auf sie zu. „Wir haben Suite gebucht“ nahm Jenna ihm gleich den Wind aus den Segeln. „Oh tatsächlich.“ Der junge Mann hatte einen Blick auf die vorläufigen Bordkarten geworfen. „Schade, dass ich sie nicht gleich gesehen habe.“ „Macht ja nichts“ sagte Jenna und flitzte gefolgt von ihren Mitreisenden auf einen freien Schalter zu. Wenig später warteten sie vor der Sicherheitskontrolle. Genau wie auf Flughäfen musste auch hier jeder Passagier noch einmal durch den Metalldetektor und das Handgepäck wurde untersucht. Auf das Kreuzfahrtschiff passten ungefähr zweitausendfünfhundert Gäste und alle diese Gäste verteilten sich jetzt auf nur drei Kontrollstationen. Hatten die Fünf den ersten Stau auch erfolgreich umgangen, nun standen sie im nächsten. Es war ein beruhigendes Gefühl, dass die Kontrollen so peinlich genau durchgeführt wurden, aber ehe jeder Passagier seine Jacke ausgezogen, Gürtel und Uhr abgelegt hatte und sorgfältig durchsucht war verging eine ganze Menge Zeit. Jenna beschloss ihren Striptease bereits in der Warteschlange zu beginnen und die anderen taten es ihr nach. Endlich waren sie an der Reihe. Jenna, Daniel, Lukas und Herbert passierten die Kontrollen problemlos. Bei Helga ging es irgendwie nicht weiter. Ihre Handtasche wurde bereits zum dritten Mal gescannt. „Was haben sie denn darin?“ fragte ein Sicherheitsmitarbeiter genau im selben Moment als auch Jenna ihre Mutter fragte „Was hast Du denn da drin?“ „Vielleicht ist etwas im Kosmetiktäschchen“ stammelte Helga mit rotem Kopf. Sie wurde aufgefordert die Tasche zu öffnen. Neugierig betrachteten die Umstehenden was hier so für Aufregung sorgte, während die Schlange hinter Helga langsam unruhig wurde. Nachdem ein Lippenstift mit seiner Metallhülse als Übeltäter entlarvt wurde, durften sie endlich weiter.

Nach der endlosen Warterei nahmen sie die Gangway fast im Laufschritt. „Kein Willkommensfoto?“ fragte Jenna, die mit den Gepflogenheiten der Bordfotographen längst vertraut war. „Da hinten stehen die Fotographen doch, nun mach doch mal langsam“ erwiderte Daniel. Im letzten Moment bevor der Auslöser gedrückt wurde zog Helga Herbert mit vor die Linse und alle fünf strahlten in die Kamera.


Die Einen lieben es, den Anderen wird übel

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