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Kapitel 4 Grausame Spuren

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Der kleine Wagenzug war ungefähr hundert Meilen dem Verlauf des Wisconsin River gefolgt, hatte dann bei Prairie du Chien ans andere Ufer des Mississippi übergesetzt und war dem großen Fluss ein Stück abwärts, bis zum Ort Cassville gefolgt. Dort schwenkte man nach Westen und bewegte sich nun am Turkey River entlang. Man befand sich jetzt im Territorium von Iowa und in jenem Gebiet, welches man den Winnebago zugesprochen hatte.

Mit den schwer beladenen Wagen schafften sie im günstigen Fall sieben Meilen in der Stunde, in der Realität war es oft weniger. Zwei Wochen hatte die Reise bisher gedauert, doch nun näherte man sich allmählich dem Ziel.

In den vergangenen Tagen gab es für Matt Dunhill und Thomas Deggar ausreichend Gelegenheit, die Männer des ersten Zuges der A-Company der 1st Iowa Volunteer Cavalry etwas kennenzulernen. Es ergab sich ein durchaus gemischtes Bild. Im Grunde konnte man sagen dass die Kavalleristen willig und gut ausgebildet, aber größtenteils völlig unerfahren waren. Das Freiwilligenregiment rekrutierte sich aus Bewohnern kleinerer Siedlungen. Farmer, Handwerker, ein paar Taugenichtse und eine Handvoll anderer Männer, die sich hatten anwerben lassen, weil sie befürchteten, dass die reguläre Armee sich nicht ausreichend um den Schutz des Territoriums vor den Indianern kümmern werde, sollte es zu einer bewaffneten Auseinandersetzung mit dem Süden kommen.

First-Lieutenant Bill Braxton war ein rothaariger Hüne. So groß, dass der kräftige Braune unter ihm wie ein Pony wirkte. Er war willig, sehr belesen und ausgesprochen unerfahren, was allerdings durch Sergeant Mandrick ausgeglichen wurde, dessen Rat der Offizier bereitwillig annahm. Mandrick war hager, fast knochig, mit Händen, die wie Kohleschaufeln wirkten und die er durchaus einsetzte, wenn einer der Männer, nach seiner Meinung, nicht schnell oder richtig reagierte. Der Sergeant war ein grober Klotz, doch er konnte mit den Soldaten umgehen und besaß ihr Vertrauen.

Ein Corporal führte den Kompanie-Wimpel an der langen Lanze. Das rote und weiße Tuch entsprach den Maßen der Wimpel regulärer Kavalleriekompanien, zeigte im oberen roten Feld jedoch nicht die Buchstaben „U.S.“, sondern die Kennung „1st Iowa Vols.“ und im weißen Feld den Kompaniebuchstaben „A“. Der Mann war stolz darüber, das Feldzeichen führen zu dürfen und wich, ganz nach Handbuch, kaum von der Seite des Lieutenants.

Matt und Thomas mischten sich nicht in den Dienstbetrieb der Volunteers ein, denn sie wollten den Lieutenant beobachten und sehen, wie dieser seine Truppe zu einer festen Einheit formierte. Bislang ließ es das gut an und Braxton scheute sich nicht, bei den erfahrenen Offizieren um Rat nachzusuchen.

„Er ist willig und lernt“, kommentierte Thomas. „Er hat das Zeug zu einem guten Offizier. Fast Schade, dass er ein überzeugter Yankee ist.“

„Thomas, ich will nichts mehr davon hören“, antwortete Matt verärgert und mit entschiedener Stimme. „Wir führen einen Versorgungszug nach Duncan, vergiss das nicht. Hier, im Indianergebiet, ist nicht die richtige Zeit um über Norden und Süden zu lamentieren.“

Thomas seufzte. „Schön, eigentlich hast du ja recht. Ich werde meine Klappe halten, bis wir wieder zurück in Fort Winnebago sind.“

„Dafür wäre ich dir außerordentlich verbunden“, gestand Matt.

Die beiden Freunde sahen sich an und lachten dann. Auch wenn sie gelegentlich verschiedener Meinung sein mochten, so änderte dies jedoch nichts an ihrer unverbrüchlichen Freundschaft zueinander.

Es war jetzt Mitte April und der Frühling brach sich Bahn. Die Luft war mild und es roch nach Blumen, die überall aus dem Grasboden schossen. Ganze Rudel von Antilopen und anderen Tieren waren unterwegs, um nach dem entbehrungsreichen Winter wieder zu Kräften zu kommen. Vögel kreisten und stießen immer wieder auf kleine Nager und Insekten hinab.

„Das ist etwas anderes als die großen Prärien“, stellte Matt lächelnd fest. „Diese ausgedehnten Wälder sind ungewohnt.“

Er hatte nicht ganz unrecht. Ihr bisheriger Dienst hatte in eher kargen Gebieten stattgefunden. An der Grenze zu Mexiko und auf den Great Plains, wo derartig ausgedehnte Waldgebiete eine Seltenheit waren.

Matt und Thomas ritten an der rechten Flanke des kleinen Wagenzuges. Neben den sechs Infanteristen der Planwagenbesatzungen gehörten siebenundzwanzig Reiter der Volunteers zu der Abteilung. Die Kavalleristen waren mit Revolver und Säbel bewaffnet. Matt hatte dafür Sorge getragen, dass sechs der Männer Sharps-Karabiner besaßen. Die Armeeführung hielt Karabiner nur für Wachen als erforderlich, während sie die Stärke der Kavallerie in der schnellen Attacke mit Revolver und blanker Klinge sah. Erfahrene Feldoffiziere hielten diese Auffassung für falsch, doch im Beschaffungsamt der Armee und im Kongress, der die Mittel bereitstellen musste, saßen keine Feldoffiziere.

Lieutenant Braxton verzichtete auf Flankenschutz, da die Wälder zu den Seiten viel Abstand hatten, doch er teilte jeweils zwei Reiter als Vorhut und Nachhut ein, die einen Abstand von zweihundert Yards einhielten. Jetzt lenkte der Offizier sein Pferd zur Seite und wartete bis Matt und Thomas zu ihm aufgeschlossen hatten.

„Ich beabsichtige in einer Stunde das Nachtcamp aufzuschlagen, Gentlemen, sofern Curley Bill einen guten Platz mit Wasser für uns findet.“

Matt lächelte. „Sie führen die Truppe, Lieutenant. Sie entscheiden.“

Braxton grinste breit und lüftete seinen Hardee, um seine dichten roten Locken glatt zu streichen. „Sofern ich in Ihren Augen keinen Fehler mache.“

Jetzt musste Matt lachen. „Bislang halten Sie sich sehr gut, Mister Braxton, und Sie haben mit Mandrick einen verdammt guten Sergeant.“

„Ja, der ist ein Glücksfall“, stimmte Braxton bereitwillig zu. „Er kommt gut mit den Männern klar und hat auch schon gegen Indianer gekämpft.“

„In der Tat? Das ist mir neu“, meldete sich Thomas zu Wort.

Braxton nickte. „Er gibt nicht damit an, aber er war bei einer Posse, die gegen Hunkpapas gekämpft hat. Das ist eine Untergruppe der Lakota. Auch als Sioux bekannt“, erklärte er. „Übrigens gehören auch die Winnebagos zum Volk der Lakota.“ Er zuckte mit den Schultern. „Zumindest wird das vermutet, da die Sprachgruppe praktisch identisch ist. Allerdings sind die Lakota Prärie-Indianer und ein typisches Reitervolk, während die Winnebagos zu den Waldindianern gehören.“

„Ich muss zugeben, dass ich keine wirkliche Ahnung habe wo da der Unterschied ist“, gestand Matt.

„Die Winnebagos sind kein ausgesprochenes Reitervolk, auch wenn sie natürlich ein paar Pferde haben. Aber im Grunde sind sie Waldläufer und Fischer. Sie leben immer in der Nähe von Gewässern. Fischfang und der Anbau von wildem Reis, Gentlemen.“

„Sie haben sich offensichtlich informiert“, lobte Matt.

Braxton nickte. „Man muss als Soldat wissen, mit wem man es zu tun hat.“

„Wozu auch ein guter Scout gehört.“ Thomas stützte die Hände auf die Deckenrolle und sah sich um. „Curley Bill müsste eigentlich schon zurück sein.“

„Um den mache ich mir keine Sorgen.“ Braxton setzte den Hardee wieder gerade. „Der war jahrelang Fallensteller und ist wahrscheinlich schon selbst ein Indianer geworden.“

„Umso besser. Wäre unschön wenn die Roten ihn erwischen.“ Thomas nahm die flache Feldflasche mit dem hellblauen Stoffbezug und dem weißen Trageriemen, um ein paar Schlucke Wasser zu nehmen. „In diesem unübersichtlichen Gelände hat er die wertvollsten Augen für uns.“

Matt grinste. Das Gelände war keineswegs so unübersichtlich, aber er wusste, dass Thomas die überschaubaren Weiten vermisste, in denen man einen Gegner schon über viele Meilen hinweg erkannte.

Kaum eine halbe Stunde später ritt Curley Bill heran. Er war ganz in Leder gekleidet, trug indianische Mokassins und hatte eine alte, aber zuverlässige „Kentucky-Rifle“, quer über dem Sattelhorn in einem bestickten Lederfutteral. Auf dem Kopf des vollbärtigen Mannes thronte eine blaue gestrickte Wollmütze, wie sie gelegentlich von Seeleuten genutzt wurde. Unter der Mütze befand sich eine prachtvolle Glatze, die sicher der Grund dafür war, wie der Scout immer wieder scherzhaft versicherte, dass sich kein indianischer Krieger für ihn interessiere. Bill hatte den Spitznamen „Curley“ irgendwann erhalten und mit breitem Grinsen angenommen.

„Noch eine Stunde des Wegs und wir kommen an einen sehr guten Lagerplatz für die Nacht“, berichtete er. „Eine große Lichtung zwischen den Bäumen und es fließt dort ein kleiner Bach. Da können wir unsere Wasservorräte auffüllen, ohne zum Fluss hinunter abbiegen zu müssen.“

„Irgendwelche Indianer?“, erkundigte sich Braxton.

„Spuren eines kleinen Trupps. Schon älter“, antwortete der Scout. „Sieht nach einem kleinen Jagdtrupp aus.“

„Kein Kriegstrupp?“

Curley Bill lachte leise. „Zu wenige Krieger und die hätten dann Pferde dabei. Wenn die sich mit der Cavalry anlegen wollen, dann haben die immer ihre Gäule mit. Indianer mögen ja schnell und ausdauernd laufen, aber so schnell wie ein Quarterhorse sind sie nicht.“ Er deutete zur Hüfte des Lieutenants. „Die haben schon ihre Erfahrungen mit euch Langmessersoldaten gemacht.“

Thomas, der Indianer einfach nicht mochte, lächelte bei dieser Anspielung zufrieden, während Braxton verständnisvoll nickte.

„Anzeichen für die vermissten Wagen?“

Der Scout kratzte sich im Nacken und schüttelte den Kopf. „Ja und nein, Lieutenant. An einigen Stellen des Weges kann man noch Radspuren erkennen. Man muss natürlich schon sehr genau hinschauen, da sie bereits ein paar Wochen alt sind und ihnen die Witterung zugesetzt hat. Nun ja, meine Augen sind ja noch sehr gut. Ich habe mir die wenigen Abdrücke genauestens angesehen. Sie führen nach Westen, auf Duncan zu. Es gibt keine, die in die Gegenrichtung zeigen.“ Er lächelte schwach. „Kann man an den Bruchkanten erkennen, Sir. Der Wagenzug war also noch nicht auf dem Rückweg nach Fort Winnebago.“

„Ich weiß, dass Sie ein guter Scout sind, Curley“, versicherte Braxton. „Nun, es war auch nicht zu erwarten, dass die Spuren wieder nach Winnebago führen. Wir hätten dem Treck begegnen müssen. Also gut, Curley, führen Sie uns zu Ihrem Lagerplatz.“

Eine knappe Stunde später passierten sie ein Waldstück, in dem eine breite Schneise zu einer Lichtung führte. Sie errichteten dort das Lager, da sie dann bequem den dort fließenden Bach nutzen konnten, um den eigenen Durst und den der Tiere zu stillen und die Vorräte aufzufüllen. Der Weg nach Fort Duncan verlief zwar parallel zum Turkey River, doch es war ein Abstecher von mehreren Meilen, wollte man sein Ufer erreichen. Jene, welche den Verlauf der „Straße“ einst festlegten, hatten die stellenweise dicht bewaldeten Ufer berücksichtigt und einen bequemeren Weg gewählt.

Der Wimpelträger rammte den Bodendorn des Feldzeichens am Standort des Lieutenants in den Boden und würde sich, ebenso wie der Hornisten, in dessen Rufweite aufhalten.

„Sergeant, lassen Sie die Zugpferde ausspannen, aber halten Sie sie in der Nähe der Wagen“, befahl Braxton. „Unsere Pferde an die Pickett-Leine und gesattelt lassen. Nur die Gurte lockern. Stellen Sie vier Wachen auf.“

„Zu Befehl, Sir“, bestätigte Mandrick und winkte den anderen Sergeanten und die beiden Corporals zu sich, um die erforderlichen Maßnahmen mit ihnen zu besprechen. „Die Wachen sollen nicht in den Wald eindringen“, schärfte er den Männern ein. „Abstand halten und die Ohren auf. Die sind in der Nacht zuverlässiger als die Augen.“

Die Fahrer wendeten die drei Planwagen, sodass sie mit den Deichseln zur Schneise standen, die Tiere wurden versorgt und eine Gruppe drang an den Waldrand vor, um Feuerholz zusammenzutragen. Bald flackerten drei Lagerfeuer, an denen die Soldaten ein bescheidenes Mahl zubereiteten. Es waren kleine Kochfeuer, denn die Nächte waren nun warm genug um sie mit Hilfe von Mantel und Decke überstehen zu können. Man führte keine Zelte mit, zumal man aus zwei der schwarzen gummierten Regenponchos, von denen jeder Soldat einen mitführte, ein kleines Zeltdach für zwei Männer errichten konnte. Zwei rasch hergestellte Stöcke oder zwei Gewehre als Zeltstangen reichten dazu aus.

Matt Dunhill wartete auf den Kaffee und zog Papier und Bleistift aus seiner Tasche. Langsam und bedächtig begann er zu schreiben. Er schreckte auf, als der Schatten seines Freundes Thomas auf ihn fiel.

„Ein Brief an Mary-Anne?“

Matt nickte. „An Mary-Anne und Mark.“

Der Freund ging in die Hocke und lächelte. „Wird schwierig ein Postamt zu finden.“

Matt erwiderte das Lächeln. „Ja, da hast du wohl recht. Ich werde den Brief in Winnebago aufgeben. Wahrscheinlich sind wir selber noch vor ihm zu Hause.“

„Warum schreibst du ihn dann? Nimm deine Mary-Anne in den Arm, wenn ihr euch wiederseht. Davon hat sie mehr als von einem Brief, der ohnehin zu spät ankommt.“

Matt schüttelte den Kopf. „Für mich ist es wichtig, dass sie weiß, dass ich auch unterwegs an sie beide denke. Und ich schreibe in die Briefe, was mich derzeit bewegt.“

„Dann schreibe ihr nicht zu viel. Von wegen Gefahr und so … Na, du weißt schon.“

Matt lachte. „Du kennst Mary-Anne. Sie ist eine Soldatenfrau und denkt sich ohnehin ihren Teil.“

Der Freund nickte. „Wahrhaftig, Matt, manchmal beneide ich dich von Herzen. Ich hoffe, eines Tages werde ich ebenfalls ein Prachtweib wie deine Mary-Anne finden.“

„Das wirst du, Thomas, das wirst du. Da bin ich mir sicher.“

Ein paar der Kavalleristen stimmten ein paar der traditionellen Lieder mit ihren melancholischen oder auch fröhlichen Texten an.

„Ein paar schöne Stimmen darunter“, kommentierte Matt, der den Takt mit der Hand auf sein Knie schlug.

„Ja, schön laut und weithin zu hören“, stimmte Thomas ironisch zu.

Sie saßen an dem Feuer, welches den Offizieren und dem Scout vorbehalten war. Curley Bill pustete in den Becher mit heißem Kaffee, den er in Händen hielt. „Keine Sorge, Gentlemen, die Winnebagos sind nicht auf Krieg aus und Streiftrupps anderer Stämme kommen kaum hierher. Die Winnebagos waren einst ein durchaus kämpferischer Stamm. Konflikte mit anderen indianischen Gruppen und mit uns Weißen haben dem Stamm aber schwer zugesetzt. Hm, da war auch noch eine Pocken-Epidemie. Jedenfalls ist der Stamm der Winnebagos so sehr geschrumpft, dass sie in andere Stämme einheirateten, um wieder zu Kräften zu kommen. Im Grunde gibt es kaum noch reinrassige Stammesangehörige. Die sind alle mit irgendwelchen anderen Völkern verwandt.“ Er grinste. „Immerhin haben sie dadurch weitestgehend Ruhe vor Beutezügen anderer Gruppen.“ Er deutete mit dem Becher um sich. „Außerdem haben wir hier rund dreißig Mann. Das ist mächtig viel für eine normale Eskorte. Jedenfalls bei einem derartig mickrigen Wagenzug. Vielleicht würden ein paar mutige Krieger versuchen uns ein paar Gäule zu stehlen, aber die sind nicht so blöde sich ernsthaft mit uns anzulegen.“

„Wir haben schon anderes erlebt“, wandte Thomas ein. „Comanchen und Apachen sind gerade in kleinen Gruppen oder als einzelner Krieger gefährlich.“

„Mag so sein, Captain, aber das hier sind friedliche Waldindianer. Ein paar Jäger, ansonsten Fischer und Sammler.“

„Sie sollten das nicht auf die leichte Schulter nehmen, Bill.“ Matt wies in die zunehmende Dunkelheit. „Immerhin vermissen wir einen Wagenzug. Es muss ja einen Grund dafür geben, dass er überfällig ist.“

Curley Bill erwiderte Matts Blick und nickte bedächtig. „Den gibt es sicher und den werden wir auch herausfinden. Die vermissten Wagen können ja nur irgendwo an der Straße oder in Duncan stehen, nicht wahr?“

„Wir werden es bald wissen. Es sind ja nur noch ein paar Tage bis zum Fort.“ Matt leerte den eigenen Becher und spülte damit den letzten Bissen seines Hardtacks hinunter. Der viereckige Armee-Zwieback aus Mehl, Wasser und Salz war erst ein paar Wochen alt und konnte ohne langes Einweichen gegessen werden. „Ich wünsche eine gute Nacht, Gentlemen.“

Am kommenden Morgen ging es bei Tagesanbruch weiter.

Die kleine Kolonne folgte wieder der Straße, deren Verlauf häufig nur schwer zu erkennen war. Hier waren Planwagen und Frachtwagen noch nicht oft genug verkehrt, um die typischen Räderfurchen in den Boden zu graben.

Am darauffolgenden Tag klärte sich dann das Schicksal des vermissten Wagenzuges.

Curley Bill wartete an der Stätte des Überfalls, bis die Kolonne zu ihm aufgeschlossen hatte.

Der Verwesungsgeruch war nur gering. Die zerfallenden Leiber waren längst aufgetaut. Inzwischen waren Wildtiere und Insekten über die Überreste hergefallen. Es war kein schöner Anblick und für viele der Soldaten die erste Konfrontation mit dem gewaltsamen Tod. Einige der Männer übergaben sich, während Braxton mit tonloser Stimme seine Befehle gab.

„Sergeant Keller, ihre Gruppe nach rechts und links als Flankenschutz. Zwanzig Yards in den Wald, nicht tiefer. Sergeant Mandrick, lassen Sie ein Grab ausheben.“ Der Lieutenant sah Matt und Thomas mit traurigem Gesicht an. „Ich schätze, wir müssen nach Spuren suchen, nicht wahr?“

Matt stieg bereits vom Pferd. „Wir haben gar keine Wahl, so unschön das auch sein mag. Aber wir müssen erfahren, wer hierfür verantwortlich ist.“

Es war nahezu unmöglich die Todesursachen noch festzustellen. Die Körper waren zu stark zerfallen und von den Tieren übel zugerichtet. Sergeant Mandrick entdeckte in einer der Leichen den abgebrochenen Schaft eines Pfeils. „Hey, Curley Bill, ich habe hier was.“

Der Scout betrachtete den Pfeil sorgfältig. „Die Markierungen sind nicht mehr vollständig, aber ich würde behaupten, das ist ein Pfeil der Winnebagos.“

Thomas Deggar nickte mit düsterem Gesicht. „Damit steht dann ja wohl fest, wer die Schuld an diesem Massaker trägt.“

„Waffen und Pferde fehlen, was ebenfalls für Indianer spricht“, meinte Braxton.

Matt schüttelte den Kopf. „Banditen haben ebenfalls Verwendung dafür.“ Er deutete um sich. „Seht euch doch genauer an, wie das hier aussieht. Alle Leichen liegen in der direkten Nähe der verbrannten Wagen. Sie kamen nicht dazu sich zu verteilen.“

„Rote können sich prima anschleichen und verstecken“, versicherte Sergeant Mandrick. „Die verstehen sich auf einen überraschenden Hinterhalt.“

„Jetzt, wo die Bäume begrünt sind, würde ich dem zustimmen“, hielt Matt dagegen, „aber als der Überfall stattfand, war noch kein Frühling. Alles kahl und der Boden wahrscheinlich noch mit Schnee bedeckt.“

„Hm.“ Mandrick trat gegen einen der verbrannten Wagenkästen. Mit vernehmlichem Krachen brachen die Trümmer zusammen. Der Sergeant zog seinen schweren Säbel und begann in den Überresten herumzustochern. „Hey, Curley, können die Roten eigentlich etwas mit unseren Vorräten anfangen?“

Der Scout grinste. „Einige schätzen sogar unseren Kaffee.“

„Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, hier sind Mehlsäcke verbrannt“, brummte Mandrick. „Ich weiß ja nicht, ob die Roten Pfannkuchen mögen, aber ich denke, im Winter lassen die doch keine Vorräte verbrennen, die sie eigentlich gut gebrauchen könnten.“

„Mag so ein.“ Der Scout trat an die Reste eines anderen Fahrzeuges und untersuchte sie. „Aber man weiß nie genau, welche Launen die Roten so haben.“

„Jedenfalls sind wir im Gebiet dieser Winnebago und haben einen ihrer Pfeile in einem der Toten gefunden.“ Thomas Deggar nahm den Pfeilschaft mit der Spitze aus Curley Bills Hand und betrachteter ihn nachdenklich. „Ich würde schon sagen, dass es die verdammten Heiden waren.“

„Möglicherweise werden wir das nie klären.“ Matt seufzte. „Bestatten wir die Toten und räumen wir die Trümmer aus dem Weg. Fort Duncan hat die letzte Lieferung an Vorräten offensichtlich nicht erhalten. Die werden schon sehnsüchtig auf Nachschub warten.“

Es war eine widerliche Arbeit die Überreste in die ausgehobene Grube zu legen.

Matt las einen Psalm aus seiner Bibel, Mandrick befehligte drei Ehrensalven und dann ließ Roscoe sein C-Horn erklingen.

Ein paar Minuten später blieb der Ort des Massakers hinter ihnen zurück. Schon bald würde die Kolonne ihr Ziel, Fort Duncan, erreichen. Doch das Gefühl relativer Sicherheit war von den Soldaten gewichen. Ihre Blicke waren nun aufmerksam und die Hände in der Nähe ihrer Waffen.

Pferdesoldaten 4 - Das Fort der Verlorenen

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