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Prolog - Ein ganz normaler Tag

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Ich war fertig.

Wie um alles in der Welt, konnte man auch nur auf die Idee kommen sich einen Mann zu kaufen? Das war dämlich. Also, so richtig dämlich. Okay, ich wolle ihn mir nur borgen. Aber selbst das …

Jetzt hatte ich den Salat.

Und das Schlimmste war, das hatte ich mir selbst eingebrockt.

Acht Stunden, beinahe am Stück, hatte ich an der Kasse von „Verenas Biosupermarkt“ gesessen. Wer selbst noch nicht als Verkäuferin gearbeitet hat, dem kann ich eins verraten: ein Zuckerschlecken ist dieser Job nicht. Nie wieder würde ich zu anderen Kassierern unfreundlich sein. Allein das herablassende Verhalten von den Kunden kann einen ganz schön fertig machen.

Wie war ich bloß hier gelandet?

Unterm Strich kamen mir die Ereignisse der letzten Wochen immer noch wie ein böser Traum vor. Eben war ich noch auf dem direkten Weg zur Star-Architektin - jetzt zog ich überteuerte Lebensmittel über eine Scannerkasse, während das immerwährende Piepen sich wieder und wieder in meine Erinnerungen fraß.

Die Arbeit im Biosupermarkt fühlte sich an, als müsste ich Sozialstunden ableisten, um nicht ins Gefängnis zu wandern. Dabei hatte ich doch gar kein Verbrechen begangen! Okay, zugegeben - ich hatte versucht, mir einen Mann zu kaufen. Das war zwar keine Information, die man sich auf die Visitenkarte drucken ließ. Aber es war auch nicht illegal. Vielleicht hatte mein moralischer Kompass nicht direkt nach Norden gezeigt, aber ich war deshalb noch lange nicht das weibliche Gegenstück zu Silvio Berlusconi.

Hoffte ich zumindest.

Dabei war ich auch überhaupt nicht der italienische Typ. Das fing schon bei meiner Haarfarbe an. Ich nannte sie zwar hartnäckig blond, aber eigentlich hatte ich rote Haare. Im Sommer bekam ich auch noch Sommersprossen, allerdings nur auf der Nase. Ich war zwar, Gott sei Dank, nicht so blass wie manch andere Rothaarige. Trotzdem band ich meine Haare immer zu einem kleinen Zopf zusammen, damit man nicht so viel von ihnen sah.

Das Problem war ja nicht, dass ich keine roten Haare mochte. Es waren die überzogenen Erwartungen, die alle Welt an Rothaarige stellte. Frech, leidenschaftlich, witzig – das alles schwebte wie eine permanente Forderung über meinem roten Schopf. Sofort kam ich mir sterbenslangweilig vor, wenn ich keine Wildkatze im Bett war oder keine Lust auf Bunjee-Jumping hatte.

Ein Pferd, einen Affen und eine Vila besaß ich auch. Obwohl ich insgeheim erstes ziemlich cool fand und letztes gerne hätte.

Im Gegensatz zu den gängigen Klischees war ich nämlich alles andere als abenteuerlustig oder unberechenbar. Auch was Sex anging, hatte ich es lieber kuschelig und gemütlich. Das klingt zwar nicht so toll, ist aber leider die Wahrheit.

Nicht jeder lernt schließlich bei einem Interview-Termin auf der Uni einen gut aussehenden Milliardär kennen, der die Dame des Herzens in eine Welt entführt, die man sich nie hätte träumen lassen. Für alle anderen blieb nur die Ochsentour, um Männer kennenzulernen. Also Partys, Bars, Internet und jegliche anderen gesellschaftlichen Gepflogenheiten.

Ich hatte mein Leben gern geordnet und ich steckte mir hohe Ziele, die ich unbedingt erreichen wollte. Obwohl ich zugeben musste, dass ich mich in den letzten Wochen wesentlich rothaariger verhalten hatte, als jemals zuvor in meinem Leben.

„Bekommen Sie denn auch bald wieder die Bio-Feigen herein?“, fragte meine letzte Kundin und riss mich aus meinen Gedanken.

Ich hatte keine Ahnung, nickte aber. „Ja, nächste Woche sollten die wieder da sein“, sagte ich ins Blaue hinein.

Ich verabschiedete die Frau und stellte das „GESCHLOSSEN“-Schild auf mein Laufband. Dann hob ich die schwere Metallkasse aus der Schublade, um sie nach hinten zu bringen. Die andere Kasse war noch besetzt - ich hatte heute die frühe Schicht gehabt.

Meine Schritte wurden beschwingter, als ich durch den Laden ging. Immerhin hatte ich wieder einen Tag mit Dinkelbrot und Sojamilch überstanden. Das war im Moment alles, was zählte. Ich verließ den großen Verkaufsraum durch eine Tür, auf der „NUR FÜR MITARBEITER“ stand. Zügig durchquerte ich den dunklen Flur, der zu den Lagerräumen führte und bog in den kleinen Gemeinschaftsraum ab. Ich hängte meinen blauen Arbeitskittel an einen Haken und griff nach meiner Tasche.

Eine Stimme ließ mich in der Bewegung verharren. „Isabel, könnte ich dich einen Moment sprechen?“

Verdammt, ich war nicht schnell genug gewesen. Durch die halb geöffnete Tür schob sich der Kopf von Katharina, der Geschäftsführerin.

„Sicher“, seufzte ich und hängte meine Tasche zurück an den Haken. Unauffällig warf ich einen Blick auf die Uhr. Ich hatte eigentlich seit zehn Minuten Feierabend.

Katharina winkte mich zu sich heran und zeigte auf ihr kleines Büro. Sie war mindestens fünf Jahre jünger als ich, gerade mal Mitte zwanzig. Seit einem Jahr war sie für die vier Hamburger Verena-Biosupermärkte zuständig. Soweit ich sehen konnte, war das ein recht übersichtlicher Job. Aber Katharina benahm sich gerne so, als müsste sie ein international operierendes Milliarden-Unternehmen managen.

„Worum geht es denn?“, fragte ich und versuchte, jeden aggressiven Unterton aus meiner Stimme zu verbannen.

„Pass auf“, sagte sie, als spräche sie mit einem Kind. „Wir haben hier ein paar einfache Regeln. Erstens: Unter den blauen Kitteln tragen wir weiß. Und zweitens: Wenn wir uns an der Kasse von den Kunden verabschieden, fragen wir: Haben Sie alles bekommen?

Ich sah an mir herunter. Ich trug ein T-Shirt in hellstem Beige. Und ich hatte diese dämliche Frage wirklich so gut wie allen Kunden gestellt und ihre genervten Blicke heldenhaft ertragen. Ich atmete tief durch. „Tut mir leid, ich werde in Zukunft daran denken.“

„Das wird schon noch.“ Mein unterwürfiges Verhalten stimmte sie milde, aber sie konnte sich eine spitze Bemerkung trotzdem nicht verkneifen. „Eigentlich solltest du doch in der Lage sein, dir diesen einfachen Satz merken zu können“, fügte sie hinzu.

Ich dachte an mein mit Auszeichnung bestandenes Architektur-Studium. An mein Auslandssemester in Oxford. Ich hatte nach meinem Abschluss mit achtundzwanzig Jahren einen Job in einem der führenden Architektur-Büros Deutschlands ergattert. Ich war noch vor ein paar Wochen federführend für ein Millionenprojekt zuständig gewesen. Aber Fakt war: jetzt war ich hier und arbeitete als Kassiererin.

Manchmal war das Karma ein wirklich mieser Verräter.

Mein Lächeln vereiste, aber ich nickte brav. „Wie gesagt, ich werde mein Bestes tun“, erwiderte ich.

„Na, gut“, schloss sie das Gespräch ab. „Dann sehen wir uns morgen.“

Ich holte schnell meine Tasche und atmete tief durch, als ich den Laden endlich durch die Hintertür verließ. Was war bloß mit mir passiert? Wie konnte es sein, dass ich mit dreißig Jahren vor den Trümmern meines Lebens stand?

Ich holte mir einen Döner am nächsten Kiosk und nahm einen kleinen Umweg in Kauf, um durch den Park nach Hause zu gehen. An einer Brücke blieb ich stehen und beobachtete einen Vater, der mit seiner Tochter ein Papierboot in den Bach setzte. Er sah aus wie Daniel – die gleichen dunklen Haare, die gleiche Statur. Der Anblick traf mich mitten ins Herz.

Ich schloss die Augen und wünschte mir, ich könnte die Zeit zurückdrehen. Ich hätte von Anfang an alles anders machen sollen. Na ja, vielleicht nicht alles. Denn dann hätte ich Daniel ja nie kennengelernt. Aber vielleicht hätten wir eine Chance gehabt, wenn ich nicht so eine Idiotin gewesen wäre.

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