Читать книгу Yoga Nidra in der Schwangerschaft - Nadja Brenneisen - Страница 7

Warum braucht es dieses Buch?

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Durch meine Arbeit als Doula und Yogalehrerin wird mir Woche um Woche aufs Neue bewusst, wie viele Frauen mit einer Grundhaltung in die Geburt gehen, die das Geburtserleben negativ beeinflusst. Diese Grundhaltung nährt sich aus der Annahme, dass man die Verantwortung für die Geburt des eigenen Kindes abgeben kann. Man geht davon aus, dass das Spital, die behandelnde Ärztin und die Hebamme schon wissen, was gut für einen ist. Viele Frauen gehen pflichtbewusst zur Vorsorge, machen jede vorgeschlagene Untersuchung, leiten dann ein, wenn die Ärztin es vorschlägt, und gebären im nächstgelegenen Spital. Das mangelnde Bewusstsein darüber, wie eine Geburt abläuft und welche Ressourcen der Körper dafür bereithält, halten sie davon ab, den Geburtsprozess aktiv mitzubestimmen. Die Frauen geben sich nicht ihrem Körper, sondern dem medizinischen Personal hin, das in der Folge die Verantwortung übernimmt.

Eine Folge dieser Grundhaltung ist unter anderem, dass viele Frauen unzureichend vorbereitet in die Geburt gehen. Ich mache die Erfahrung, dass viele Frauen im Geburtsprozess schon relativ früh vom Schmerz übermannt werden. Nicht, weil der Schmerz nicht zu bewältigen wäre, sondern weil die Frauen schlicht und einfach keine Strategien erlernt und geübt haben, mit ihm umzugehen. Und wenn eine Frau merkt, dass sie keine Möglichkeit hat, sich in den Schmerz hinein zu entspannen, und sich deshalb instinktiv gegen ihn wehrt, dann droht die Angst vor dem Schmerz in Panik auszuufern und sie zu übermannen. Hebammen, Ärzte und auch viele werdende Co-Elternteile tun ihr Bestes, um Frauen aus diesen Zuständen herauszuholen – mit gutem Zureden, mit Hilfestellung bei der Atmung und mit Medikamenten. Doch das Gefühl des Ausgeliefertseins und vor allem das Gefühl, dass man es nicht alleine geschafft hätte, verändert das Geburtsempfinden der Frauen und somit den Start in ihre Mutterschaft auf einer tiefer liegenden Ebene.

Mit diesem Buch möchte ich dir dabei helfen, in deine innere Kraft und Gebärfähigkeit zurückzufinden. Ich möchte klarmachen, dass jede Frau die Verantwortung für die Geburt ihres Kindes übernehmen soll, im Wissen, dass sie alles Nötige in sich hat, um selbstbestimmt und vor allem aus eigener Kraft zu gebären. Eine Geburt ist nicht nur der Start ins Leben eines Kindes, sondern eben auch der Start ins Leben der Frau als Mutter. Die Mutter wird geboren. Und es ist unendlich kostbar und heilsam, wenn sie in einem Selbstvertrauen geboren wird, das ihr Grundvertrauen festigt, als Frau und als Mutter den weiteren Weg in eigener Kraft gehen zu können.

In meinem ersten Jahr als Doula ließ ich mich in klassischem HypnoBirthing ausbilden und stellte einige Parallelen zu meiner Lieblingspraxis der yogischen Techniken – dem Yoga-Nidra – fest. Nach einigen HypnoBirthing-Kursen, die ich leitete, bemerkte ich aber auch relevante Unterschiede, und mir wurde klar, dass Yoga-Nidra tiefere und ganzheitlichere Aspekte bereithält, die durch HypnoBirthing nicht erreicht werden. So begann ich, mit dem yogischen Schlaf zu experimentieren und »meine« Frauen damit gezielt auf die Geburt vorzubereiten. Als ich während der Corona-Krise eine Frau während der Geburt ihres Kindes unterstützen durfte, die ich zuvor mit Yoga-Nidra begleitet hatte, fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Diese Technik gehört in die Welt. Jede Frau sollte die Chance haben, so zu gebären.

Ich hatte Tamara schon früh in ihrer Schwangerschaft kennengelernt. Sie war frisch schwanger, als sie mich engagierte. Wir trafen uns einige Male in dieser Phase, und ich bereitete sie und ihren Freund auf die Geburt vor. Mit Tamara übte ich Yoga-Nidra, leitete sie an und erklärte ihr, dass sie von nun an, bis zur Geburt, die Übung täglich machen sollte.

Als ihr Freund mich einige Monate später zur Geburt rief und ich im Spital ankam, war Tamara schon beinahe zur Hälfte eröffnet. Sie saß in der Badewanne, in einer Anmut, die ich bis dahin selten gesehen hatte. Wenn eine Wehe kam, beugte sie sich vor und ließ ihr Becken intuitiv kreisen, stöhnte, blieb aber absolut entspannt. Die Geburt ging zügig voran. Tamara stieg aus eigener Kraft aus der Wanne und begann durchs Zimmer zu gehen. Wie eine Tänzerin. Zwischen den Wehen lief sie andächtig durch den Raum und bewegte ihre Hüften. Während der Wehen stütze sie sich auf dem Wannenrand ab und schien tief in ihrem Inneren zu versinken. Ich tat wenig in diesen Stunden. Tamara hat mich kaum gebraucht. Sie gebar so selbstbestimmt und selbstsicher, animalisch, instinktiv und wunderschön, wie ich es bisher kaum erlebt habe.

Tamara unterschied sich von anderen Frauen insofern, dass sie ihrem Körper vertraute und ihn spürte. Sie wusste, dass nur die Angst ihr Feind war und dass sie sich vor dem Schmerz nicht fürchten musste. Sie verstand, dass ihre Wehen von ihrem Körper kamen und so nie stärker sein konnten als sie selbst. Ich begriff, dass Tamara ihre Entspannung tief in ihrem Körper verankert hatte, sodass sie während der Geburt, die eine Extremsituation darstellt, nicht darüber nachdenken musste, wie sie sich entspannen und atmen sollte, sondern intuitiv auf dieses im Körper gespeicherte Wissen zugreifen konnte.

In diesem Buch möchte ich dir Schritt für Schritt erklären, wie du Yoga-Nidra für dich nutzen kannst, um deinen Körper auf Entspannung zu konditionieren, wie du ruhiger und gelassener durch die Schwangerschaft gehen und deinen Geist so verändern kannst, dass du ihn kontrollierst und er dir als Freund zur Seite steht, statt im falschen Moment Panik auszulösen.

Yoga Nidra in der Schwangerschaft

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