Читать книгу Jesus von Nazaret - Norbert Scholl - Страница 8

Paulus über die Geburt Jesu

Оглавление

Paulus übernimmt in seinem rund 20 Jahre nach dem Tod Jesu entstandenen Brief an die Gemeinde von Philippi einen wahrscheinlich bereits in einigen christlichen Gemeinden verbreiteten Christus-Hymnus: „Er war Gott gleich, / hielt aber nicht daran fest, wie Gott zu sein, / sondern er entäußerte sich / und wurde wie ein Sklave / und den Menschen gleich. / Sein Leben war das eines Menschen; / er erniedrigte sich / und war gehorsam bis zum Tod, / bis zum Tod am Kreuz.“2

Der Hymnus gibt den Exegeten manche Rätsel auf. Verbirgt sich dahinter ein alter griechischer Mythos vom Sterben und Wiederauferstehen einer Gottheit? Ist er ein altorientalisches Lied von einem Urmenschen, der als Befreier und Erlöser wirkte? Geht er auf die jüdische Spekulation zurück, in der die bei Gott wohnende „Weisheit“ eine besondere Rolle spielt?3 Wie dem auch sei: Der christliche Dichter dieses Liedes dürfte seine Gedanken für die Beschreibung eines schon vor seiner Menschwerdung bei Gott lebenden und nach seiner tiefsten Erniedrigung zu ihm zurückkehrenden Wesens einem im griechischen und jüdischen Raum verbreiteten Traditionsgut entnommen haben. Möglicherweise hat Paulus diesen Hymnus nochmals umgeformt.4

Auch in dem etwa zur gleichen Zeit entstandenen Brief an die Gemeinden in Galatien kommt Paulus auf die Geburt Jesu zu sprechen: „Als die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau und dem Gesetz unterstellt.“5 Jesus, der von Gott Gesandte, ist wie jeder Mensch „geboren von einer Frau“, in aller Schwäche und Hilflosigkeit. Er ist wie jeder Jude „dem Gesetz unterstellt“, das heißt für Paulus: dem Zwang, der Unfreiheit und all ihren Folgen.

Es ist menschlich verständlich, dass sich die frühen christlichen Gemeinden mit diesen dürftigen und vor allem wenig anschaulichen Aussagen nicht zufrieden gaben, zumal im hellenistischen und römischen Umfeld eine ganze Reihe von Legenden über die Kindheit und Jugend großer Gestalten erzählt wurde, die auf deren zukünftige Größe und Bedeutung hinweisen sollten.

Doch auch das um 70 n. Chr. entstandene Markusevangelium enthält noch keinen Abschnitt über die Vorgeschichte Jesu. Es beginnt mit dem Auftreten Johannes des Täufers und einer Erzählung über die Taufe Jesu. Erst die beiden folgenden Evangelien nach Matthäus und Lukas (die zwischen 85 und 95 n. Chr. entstanden) stellen ihren Erzählungen über das öffentliche Auftreten Jesu längere Ausführungen über seine Vorgeschichte voran.

Jesus von Nazaret

Подняться наверх