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2. Fragen und Antworten

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Der Heidelberger Katechismus stellt 129 Fragen und gibt 129 Antworten. Man darf sicher fragen, warum. Er hätte ja auch einfach nur 129 Behauptungen in den Raum stellen können. So wie es etwa Martin Luther mit seinen 95 Thesen gemacht hatte. Solche Sätze ohne Wenn und Aber haben manchmal durchaus ihr Recht. Es gibt Situationen, da muss man einfach mal sagen: So ist es. Punktum. Für Luther war das angesichts des berüchtigten Ablasshandels so gewesen. Bei einem solch eklatanten Missbrauch kirchlichen Handelns, wo man meinte, mit Gott mit klingender Münze ins Geschäft kommen zu können, konnte man wohl nicht anders, als „Punktum“ zu sagen und eben entsprechende Thesen an die Kirchentür zu hämmern.

Der Heidelberger Katechismus geht da einen etwas anderen Weg. Nicht, dass es ihm an klaren Positionierungen mangelte. Aber indem er nicht von Behauptungen, sondern eben von Fragen ausgeht, versucht er von vornherein, den Leser in ein Gespräch hineinzuziehen. Man merkt nämlich – nicht allen, aber – sehr vielen dieser Fragen an, wie sehr sie etwa die Einwände und auch Zweifel kennen, die man ja durchaus bei manchen Glaubensaussagen haben kann. Die hier gestellten Fragen sind also weder pädagogisch-fiktiv noch rein rhetorisch, so dass man sozusagen schon ahnt, was die Lehrerin hören möchte. Sie sind vielmehr Ausdruck eines ehrlichen Ringens um eine bessere Erkenntnis. Insofern ist der Heidelberger nicht zuerst ein Buch zum Nachsprechen oder gar Auswendiglernen – das hier und da gewiss auch –, sondern vor allem ein Buch zum Selber-Denken.

Nehmen wir beispielsweise nur einmal die wichtigste reformatorische Einsicht, nämlich dass der Mensch vor Gott ohne jegliches Eigenverdienst gerecht wird. „Ja, wofür sich dann noch anstrengen?“ Mehr als einmal habe ich solche oder ähnliche Äußerungen in dem Zusammenhang von meinem Gesprächspartner gehört. Und genau das formuliert etwa die Frage 64 des Heidelberger Katechismus, wenn sie fragt: „Macht aber diese Lehre die Menschen nicht leichtfertig und gewissenlos?“ Tja, das kann man vom gesunden Menschenverstand aus durchaus fragen. Auf die Antwort dürfen wir gespannt sein.

Natürlich kann einem ein solches Frage- und Antwort-Schema auch auf die Nerven gehen. Es erweckt ja fast den Anschein, als gebe es auf jeden Pott einfach einen passenden Deckel. So ist es ja schon im Leben nicht. Und im Glauben noch viel weniger. Der Heidelberger Katechismus zerbricht nicht an solch einer Kritik. Wenn wir uns nur für einen Moment in die Zeit seiner Entstehung hineinversetzen, merken wir rasch, wie „revolutionär“ allein dieser methodische Ansatz war. Menschen, die es gewohnt waren, auch glaubensmäßig nur zu ducken und zu schlucken, werden nun in ein Gespräch verwickelt. Ihre Fragen werden aufgegriffen und einer biblischen Orientierung zugeführt. Das allein verdient immer noch höchsten Respekt.

Uns, die wir spätestens seit den Zeiten der Reformpädagogik gewohnt sind, Dinge noch einmal zu „hinterfragen“, Pro und Contra abzuwägen, uns ein eigenständiges Urteil zu bilden, hindert indes niemand daran, genauso mündig nun auch mit dem Heidelberger umzugehen. Seine Fragen zu hören und vielleicht ganz eigene zu stellen. Seine Antworten ernst zu nehmen und vielleicht ganz eigene neu zu finden. Und genau dabei mögen uns dann die bereits erwähnten Hinweise auf die Bibel wieder hilfreich sein.

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