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1.4 Die abschließende Argumentation (73a–73c)

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Auf den Einwand der Disanalogie durch Menon reagiert Sokrates mit einem abrupten Wechsel der Argumentation und präsentiert folgendes Argument zugunsten der Einheitsthese:

(1) Die Tugend des Mannes bzw. der Frau besteht darin, die Angelegenheiten der Polis bzw. die privaten Angelegenheiten gut zu regeln.

(2) Es ist nicht möglich, etwas gut zu regeln, wenn man es nicht besonnen und gerecht tut.

(3) Wer etwas besonnen und gerecht tut, tut es mit Besonnenheit und Gerechtigkeit.

(4) Mann und Frau – auch Kind und Greis etc. – brauchen also dasselbe, wenn sie gut sein wollen.

(5) Also sind alle Menschen auf dieselbe Weise gut.

(6) Alle Menschen haben dieselbe Tugend.

Diese Argumentation ist offensichtlich sehr schwach. Zum einen beruht der Übergang von (2) über (3) zu (4) und von (5) zu (6) auf einer problematischen Substantivierung adverbialer Ausdrücke. Wenn A und B etwas auf besonnene und gerechte Weise tun, heißt das nicht, dass beide über Besonnenheit und Gerechtigkeit als Eigenschaften verfügen würden, folglich auch nicht, dass sie beide über dieselben Eigenschaften der Besonnenheit und Gerechtigkeit verfügen würden, und wenn A und B „auf dieselbe Weise gut“ sind, heißt das nicht, dass sie über „dieselbe Tugend“ verfügen würden. Zudem folgt (4) aus (3) auch aus dem Grund nicht, dass überhaupt nicht ausgeschlossen ist, dass Männer und Frauen etc. auf verschiedene Weisen besonnen und gerecht handeln können. Des Weiteren werden mit Besonnenheit und Gerechtigkeit bestenfalls notwendige, keine hinreichenden Bedingungen für tugendhaftes Handeln genannt, so dass aus (4) auch (5) und (6) nicht folgen, denn es mag ja sein, dass die Differenz zwischen den Tugenden von Mann und Frau durch andere als die beiden genannten notwendigen Bedingungen konstituiert wird. Der Passus enthält schlicht kein ernstzunehmendes Argument dafür, dass, wenn zwei Personen etwas besonnen und gerecht tun, sie es auch auf dieselbe Weise tun müssten. Die Argumentation ist so mangelhaft, dass die Annahme nicht von der Hand zu weisen ist, dass sie von Platon nicht ernst gemeint ist und Sokrates hier als „Ironiker“ in dem Sinne auftritt, dass er eine offensichtlich fehlerhafte Argumentation ernsthaft vorzutragen vorgibt, um sein Gegenüber, in diesem Fall Menon, zu einer Kritik dieser Argumentation und zu einem eigenständigen Nachweis ihrer Fehlerhaftigkeit zu ermuntern. Selbst wenn man aber diese Vermutung als zu weit gehend ablehnt, wird man sagen, dass die Einheitsthese mit dem vorgetragenen Argument keineswegs überzeugend begründet wird und Platon hier kenntlich macht, dass es weiterer Argumente zugunsten dieser These bedarf.

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