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Die Dorfschule

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„16 Uhr 30 am Haupteingang. Ich brauche keine Wegbeschreibung. Ich kenne mich aus im Dorf, eine Freundin meiner Tochter wohnte in der Nähe der Dorfschule.“

Elisabeth ist mit dem Auto unterwegs. 40 vierzig Kilometer nur Landstraße. Hier gibt es keine Autobahn auf Elisabeths neuem Schulweg ab morgen. Sie liebt diese Gegend. Die Straße führt durch ein Tal inmitten von grünen Wiesen, die nach Heu duften. Pferde weiden, Kühe dösen im Schatten eines Baumes, Schafe bilden eine keilförmige Verteidigungsformation, weil ein Hund am Zaun entlang springt. Es geht durch Dörfer mit Fachwerkhäusern, durch schattige Wälder den Berg hinauf.

Die Schule liegt am Rande des Ortes, ein gemütlicher Bau aus den Fünfzigern, umstanden von Bäumen, im Hintergrund Wald. Das spitze rote Giebeldach, der weiße Putz und die langen Fensterreihen mit den grünen Fensterläden aus Holz, das wirkt freundlich und einladend. Elisabeth wartet vor dem verschlossenen Haupteingang. Kein Konrektor in Sicht.

„Sie stehen vor der Grundschule. Die Verwaltung finden Sie dort nicht. Ich hole Sie ab.“

„Beschreiben Sie mir doch einfach den Weg.“

„Zu kompliziert. In zehn Minuten bin ich bei Ihnen.“

Herr Keil führt Elisabeth in den Oberstufenbereich. „Am besten gehen Sie zu Fuß, die Parkplätze oben sind knapp.“ Sie gehen durchs Dorf. Die Oberstufe ist anderswo und sieht anders aus: Klinkerbauten mit Flachdach und betonierte Hofflächen laden nicht zum Spielen ein, und das ist gut so.

Die Schule platzt aus allen Nähten. Die Schulhöfe sind zu klein, deshalb dürfen sich die Schüler in der Pause auf den Fluren in den Gebäuden aufhalten. Ohrenbetäubender Lärm, versiffte Toiletten beherbergen die heimlichen Raucher. Graue Steintreppen, schadhafter grauer PVC-Boden, kahle Wände, zu großeselbst die größten Klassenräume sind für die Riesenklassen immer noch zu klein. Die Ausstattung: hässlich, trostlos, die obligatorische Tafel, verdreckte Bänke und Tische – geputzt wird nur noch einmal die Woche. Sparmaßnahme. Unter der Woche sind die Schüler gefordert. Eine Seite Fensterfront gibt den Blick auf Berge und Wiesen frei. Das Lehrerzimmer fensterlos, fahles Licht von der Decke, permanenter Sauerstoffmangel, Teppichboden, zwei lange Tische, Polsterstühle, jeder hat seinen Platz, sein Fach – auf dem Flur das Gekreische der Kinder in der Pause.

So eine Schule dürfte es nicht geben. 1700 Schüler von Klasse eins1 bis 13dreizehn. Lernfabrik. Die Schüler werden mit Bussen heran- und weggekarrt. Drei Lehrerzimmer für 150 Lehrer. Lehrerzimmer wie die Abflughalle eines Flughafens. An den Wänden Monitore, die über kurzfristig geänderte Vertretungs- und Raumpläne informieren. Alle Lehrer kann man nicht kennen, nur jene, mit denen man etwas zu tun hat, bei Klassenkonferenzen, bei Konfliktgesprächen über schwierige Schüler.

Immer öfter müssen die Schüler hier den ganzen Tag ausharren, von 8 bis 16 Uhr. Damit sie das aushalten, wurde eine Cafeteria gebaut, Glas und Beton, aggressiv -rote Stahlträger, PVC auf dem Boden, was sonst. Mittagstisch, Massenverpflegung: Fahlbraune, fade Schnitzel, abgestandene Kartoffeln, verkochte Nudeln, Altöl-Pommesgeruch. Warteschlangen an der Essensausgabe. Laut, viel zu laut. Das deckt keine Lärmschutzverordnung.

Vorsicht Schule

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