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Es gibt auch Paella

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Zusammen mit ihren neuen Kolleginnen und Kollegen putzt Elisabeth Gemüse und schält Zwiebeln. Dann lässt sie sich treiben durch Bankreihen, besetzt mit schwatzenden Lehrern. Holt sich ein Bier, eins geht, trotz Auto. Das braucht sie jetzt, um locker zu werden. Da sitzt Herr Stein, den sie vertreten wird. Er hat Krebs. Soll sie ihn ansprechen, sich vorstellen? Wirkt das aufdringlich und störend?

„Hallo, ich bin der Carlo, gefällt es dir hier?“ Carlo hält eine Flasche Bier in der Hand. Lächelt freundlich. Elisabeth schätzt ihn auf 45fünfundvierzig. Orangefarbene

Worker-Jeans, ein selbst gebatiktes blaues Shirt. Die langen blonden Haare hat er zusammengebunden. Typ ewiger Junge.

„Ich bin Elisabeth Schmied-Behrendsen, die neue Krankheitsvertretung für Herrn Stein.“

„Ich mache das schon ziemlich lange, na ja. Musik, Sport und Englisch.“ Musik, das ist ein brandaktueller Anhaltspunkt, denn Anna soll auch Musiklehrerin werden.

„Musik – interessant, dann spielst du ja Klavier!“

„Nee, Perkussionsinstrumente. Da braucht man kein Klavier. Ich habe fünf Kinder. Vier hat meine Frau mit in die Ehe gebracht. Das jüngste, da bin ich der Vater. Gehen alle in die Waldorfschule.“

„Ach, du als Lehrer an einer Staatsschule schickst deine Kinder in eine Privatschule?“

„Das ging eigentlich von meiner Frau aus. Die hatte ihre vier Kinder schon da, als ich sie kennenlernte. Mittlerweile bin ich überzeugt, dass es die richtige Entscheidung war.“

„Meine beiden Töchter waren auch Waldorfschülerinnen. Beide haben dort Abitur gemacht. Bei mir war mein Mann die treibende Kraft. Wir haben vor unserer Entscheidung Seminare in der Waldorfschule besucht. Das hat mich befremdet, diese verblasenen und abgehobenen Theorien. Aber die praktische Arbeit, die hat mich überzeugt. Das Engagement der Lehrer, der nicht nur intellektuell ansprechende Unterricht, die Theateraufführungen, das Schulgebäude, die Gestaltung der Unterrichtsräume. Alles ansprechend, durchdacht und wertig.“

„Na, hier in der Dorfschule habe ich ja das ultimative Kontrastprogramm zur Schule meiner Kinder.

Ich bin noch nicht angekommen im Alltag. Wir waren fünf Wochen auf Jamaika – paradiesisch.“

„Ich wäre auch gerne länger in Spanien geblieben.“ Die leise Stimme gehört zu einer kleinen Frau. Elisabeth hat sie vorher noch nicht bemerkt.

„Relaxen auf einer Finca, ab und zu baden im Meer. Das könnte ich auch wieder mal gebrauchen.“

„Ich war in der Nähe von Madrid, habe mir natürlich den Prado angesehen. Übrigens, ich bin Monika Bäker-Schulz. Ich unterrichte Deutsch und Kunst.“

„Elisabeth Schmied-Behrendsen. Ich bin die Krankheitsvertretung.“

„Die meiste Zeit habe ich im Escorial verbracht. Die Kunstschätze, die Bibliothek, die Deckengemälde, dafür reicht ein Urlaub nicht.“

„Ist das nicht die riesige Klosteranlage in der Nähe von Madrid? Sie wurde von Philipp II. erbaut zu Ehren des Heiligen Laurentius. Der Grundriss hat die Form eines Gitters wie der Feuerrost, den der Heilige Laurentius angeblich freudig bestiegen hat, um sich für seinen Glauben grillen zu lassen.“ Komisch, dass Elisabeth das jetzt einfällt. Frau Bäker-Schulz jedenfalls ist Feuer und Flamme für die Kunst.

Und Carlo? So recht scheint er nicht an diese Schule zu passen. Ob er sich hier wohlfühlt? Ist Carlo gerne Lehrer? Vielleicht ist er auf der Suche nach dem passenden Lebensentwurf in der Schule hängen geblieben. Und hier kann er Musik machen. Sport liegt ihm auch, das geht ohne lange Vorbereitungszeit. Dann die langen Ferien.

Vorsicht Schule

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