Читать книгу Der Kreis des Vertrauens - Sanja Panea - Страница 13

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Die erste Berührung

Das ist eine Geschichte einer Warmblutstute, welche in den Bergen von Colorado aufgewachsen ist. Dieses Pferd hatte absolut keinen Kontakt zum Menschen. Man könnte sie gleichstellen mit einem wilden Mustang. In Wirklichkeit gehörte sie schon jemandem, den hat sie aber noch nie gesehen und noch nie berührt. Sie wuchs in einer Herde Wilder Pferd auf, wurde in dieser Herde auch geboren und war, wie all die anderen frei lebenden Pferde völlig auf sich gestellt. Eines Tages entschied sich dieser Besitzer dieser Stute, sie aus der Herden heraus zunehmen und zu sich auf die Ranch zu bringen. Das zu vollbringen, stellte sich als richtige Herausforderung dar. Als sie sich dann in dem Transporter befand, wurde sie auch direkt in ein Trainings- und Ausbildung-Zentrum für Pferde gebracht. Sie wurde in einen hoch eingezäunten sicheren Roundpen gebracht, wo sich zur gleichen Zeit ca. 5 Personen befinden. Das ist Absicht. Die sofortige Konfrontation mit dem Mensch.

Diese Menschen sind ausgebildet mit Wildpferden zu arbeiten, und sie wissen genau wie sie sich verhalten müssen. Alle schauen das Pferd nicht an, und tun so als ob sie anderweitig beschäftigt wäre. Das sieht so aus, dass das Pferd nicht im Mittelpunkt steht. Sie sind alle ganz ruhig und führen nur langsame Bewegungen aus. Keiner schaut das Pferd direkt an. Die Stute ist nervös und aufgeregt, doch die Leute lassen sich nicht beeindrucken. Sie schaut ständig nach einem Fluchtweg. Doch es gibt keinen. Das bedeutet, dass sie sich mit dieser Situation auseinandersetzten muss. Immer, wenn sie auf eine der Leute zu schnell zugeht, nehmen sie einfach nur beide Arme in die Höhe und halten die Arme oben bis das Pferd sofort wieder zurücktritt. Das bedeutet, dass das Pferd diese Gestik versteht. Auf eine Aktion folgt eine Reaktion. Kommt sie zum Stehen, geht der Arm wieder runter. Positives Verhalten wird belohnt und der Druck, in dem Fall Arme hochreißen, wird wieder weggenommen. Niemand aus der Gruppe darf zum Pferd. Sie müssen alle auf ihrem Platz stehen bleiben. Sie hatte noch nie ein Halfter an, sie wurde noch nie geputzt und noch nie von Menschenhand berührt.

In dem Roundpen wurde eine Schleuse aus Panels vorbereitet. Die untere und die obere Öffnung bleiben offen. Diese Schleuse ist ca. 1,50 breit und ca. 15 Meter lang. Die Stute hat die Schleuse gesehen und steuert direkt darauf zu. Sie betritt die Schleuse und trabt frei hindurch. Dadurch, dass ihr das obere Ende nicht versperrt wurde, war alles gut. Sie konnte bequem durchlaufen. Wäre der Ausgang versperrt gewesen, wäre sie sofort in Panik geraten. Das Ziel ist es, dass das Pferd in die Schleuse geht und von allein Komfort in der Schleuse findet und stehen bleibt.

Erst dann wird ganz langsam das obere Tor geschlossen, das untere bleibt aber noch offen. Das Pferd muss immer wissen, dass es weg kann, wenn es Angst bekommt. Hier findet jetzt eine Zähmung statt. Es ist keinerlei Druck erlaubt. Alles basiert auf der Freiwilligkeit des Tieres, egal wie lange es dauert. Für diese Aktion sind die Menschen vorbereitet, auch wenn es 2 Tage lang dauern würde. Keinen Stress verursachen und ruhig die Aufgabe lösen und warten bis das Pferd das Signal gibt. Immer wieder geht sie selbst durch die Schleuse. Die Stute ist sehr athletisch und groß. Ihre Dynamik in der Bewegung ist phänomenal. Sie läuft wieder in die Schleuse, aber dieses Mal von der anderen Seit. Sie lernt. Sie macht das jetzt so lange bis sie das Gefühl hat, dass ihr nichts passiert. Jetzt steht die Stute ruhig in der Schleuse. Einer der Leute verschließt nun zuerst die obere Seite, wo jetzt der Kopf des Pferdes ist, fast zeitgleich verschließt eine andere Person die hintere Seite, somit befindet sich das Pferd in einer Art Käfig. Sie kann sich nicht umdrehen und sie kann weder nach vorne treten noch nach hinten. Sie steht nun ruhig drin. Jetzt findet der erste Kontakt satt. Die linke Seite der Stute steht für die ersten Berührungen frei. Das Ziel ist es mit dieser Methode, dass sich die manchen nicht hinter, oder seitlich oder vor dem Pferd aufhalten. Das macht alles nur schwieriger. Sondern man geht hier systematisch vor. Von Seite zu Seite. Jetzt nähert sich eine Person dem Pferd. Niemals alle gleichzeitig. Die anderen bleiben ganz außen am Zaun stehen.

Die erste Person berührt das Pferd mit dem Handrücken an der linken Seite des Widerristen. Nur paar Sekunden, dreht sich weg und läuft vom Pferd weg in Richtung Zaun. Die nächste Person macht das Gleiche. Das wird so lange gemacht bis alle durch sind. Hier wird die Methode von Annäherung und Rückzug angewendet. Die Körperhaltung der Personen die sich dem Pferd nähern ist enorm wichtig. Absolute Entspannung, Schulter unten, keine Energie im Körper, der Blick ist gesenkt, das Pferd wird nicht angeschaut, langsame Bewegungen. Jetzt passiert etwas ganz wichtiges und interessantes. Nach der fünften oder sechsten Berührung schaut das Pferd dem Menschen hinterher als sich dieser entfernt. Hier die Erklärung:

Kein Raubtier nähert sich seiner

Beute, berührt diese und geht

wieder weg!

Das ist völlig neu für das Pferd. In der Wildnis passiert so etwas nicht, wo es Raubtiere gibt. Denn jedes Raubtier, wenn es zur Berührung kommt, kommt es zum Tod des Fluchttieres. Diese Experimente wurden in Echtzeit gezeigt. Von der Ankunft bis zur Ersten Berührung sind gerade mal 6 Minuten vergangen! Das Pferd zuckt jetzt auch nicht mehr bei jeder Berührung zusammen. Sie ist entspannt. Gleich in der siebten Minute stellen die Trainer eine Aufsteigehilfe neben den Käfig. Das erlaubt dem Mensch größer zu werden, während dessen sie das Pferd berühren und streicheln. Auch das ist eine neue Situation für das Pferd. Später werden die Menschen die Aufsteigehilfe benutzen, deswegen wird diese sofort bei der Zähmung mit eingesetzt. Denn alles was größer ist als das Pferd selbst oder es aus der Luft kommt, versetzt das Pferd in Angst. Das ist noch die Urangst von Millionen von Jahren als noch die Dinosaurier flogen und sich ihre Beute holten. Hier wird dem Pferd gleich vermittelt, auch wenn wir über Dir stehen und größer sind als Du, werden wir Dich nicht verletzen oder Dich töten. Das ist eine völlig neue Situation für das Pferd.

Durch diese Technik ist es möglich ein wildes Pferd noch am selben Tag zu halftern und zu führen. Nach zehn Minuten bereits kommt das Halfter ins Spiel. Es wird nicht versucht es anzulegen. Das Halfter ist jetzt in der Hand, mit der das Pferd zuvor gestreichelt wurde. Jetzt berührt man das Pferd mit dem zusammengelegen Halfter in der Hand. Kurze Streicheleinheiten und wieder weg. Dasselbe System von vorhin. Nun kommt der Führstrick dazu, mit dem das Pferd genauso berührt und gestreichelt wird wie zuvor. In kurz kleinen Abstände wird sie auf das gesamte Equipment vorbereitet. Das Pferd steht immer noch entspannt in dem Käfig und fängt jetzt schon an die Berührungen des Menschen zu mögen. Diese Schleuse, die da vorbereitet wurde, hat mehrere Effekte. Sie bringt Sicherheit für das Pferd und für den Menschen. Der “Beruhigungseffekt” ist effektiv. Die seitlichen Panels erlauben viel Spielraum das Pferd zu berühren. Eine ganz wichtige Sache kommt hier noch dazu. Wenn sich der Mensch in Sicherheit befindet und weiß, dass ihm absolut nichts passieren kann, dann ist das Adrenalin unten. Wenn beim Mensch das Adrenalin unten ist, dann ist das Adrenalin beim Pferd auch unten. Befindet sich der Mensch aber in einer Situation, welche Gefahren birgt, kann er sich nicht entspannen, ob er will oder nicht, dann steigt das Adrenalin. Automatisch überträgt sich das auf das Pferd und auch bei ihm steigt das Adrenalin.

Wichtig ist also einen Bereich der Sicherheit zu schaffen, damit man in aller Ruhe mit dem Tier arbeiten kann, ohne sich um etwas anderes Sorgen zu machen. Dann liegt auch der gesamte Focus nur an dieser einen Sache. Es hört sich jetzt vielleicht auch so an, dass es normal nicht möglich wäre, das Zähmen in so kurzer Zeit zu machen. Aber wenn man das richtige Trainingsareal und das Zubehör alles hat, dann ist es durchaus möglich. Am Anfang als ich das gehört habe, konnte ich es auch nicht glauben. Dann setzte ich mich hin und schaute mir alle Dokumentationen aus den USA in Bezug auf Pferdezähmung an und studierte dieses Material. Ich las tonnenweise Bücher darüber und konnte viele verschiedenen Techniken, die da benutzt werden, selbst schon in meinen Coachings bei traumatisierten Pferden anwenden.

Die Technik muss richtig ausgeführt werden und dazu muss unbedingt auch Deine Körpersprache stimmen. Dann ist es wirklich möglich binnen kurzer Zeit Zugang zu einem traumatisierten Pferd zu bekommen. Zurück zu unserer Stute. In der vierzehnten Minute kann man das Seil um den Hals des Pferdes legen. Dann wird ein spezieller Sicherheitsknoten gemacht. Der sogenannte “Bowline knot”. Dieser Knoten ist der King aller Knoten, die bei Pferden je verwendet wurden. Schon alleine wegen seiner Sicherheit ist er so extrem wichtig. Das ist ein Knoten, der sich bei Belastung nicht zuzieht. Man kann ihn auch ganz schnell in ein Halfter verwandeln. Angenommen Dein Pferd bückst aus, Du hast auf die schnelle nur ein Seil, dann kommt Dir genau das hier zur Hilfe: der Bowline knot. Dieser Knoten wird dann eingesetzt, wenn ich beispielsweise ein Pferd habe, welches panische Angst vor Halftern hat oder sich gar nicht halftern lässt. Mit diesem rutschfesten Knoten um den Hals des Pferdes kannst Du ihn schon mal führen, und ihn langsam auf das Halfter vorbereiten. So macht man das auch bei den Wildpferden. Damit konnte man sehr gute Ergebnisse erzielen.


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