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Kapitel 3

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Dolores zog mein Korsett zusammen und band es am unteren Saum zu einem festen Knoten. Sie war eine Marock. Ein Kind von Hexer und Hexe, dass aus einem unerfindlichen Grund keine besonderen Fähigkeiten besaß und nicht wie ihre Eltern eins der Elemente beherrschte. Feuer, Erde, Wasser und Luft. Das machte sie zu Dienern der Fürsten, Adligen und deren Familien, die im Adel ganz oben auf der Liste standen. Das war die Vorraussetzung dafür, dass sie weiter in Amastasia bleiben durften. Die Fürsten waren die Magier von Amastasia und viel mächtiger und höher angesehen als die Hexen. Diese standen direkt unter ihnen. Die Marocks befanden sich auf der untersten Ebene der Hierarchie. Da ich eine Magierin war und noch dazu die Tochter von Helena, hatte ich in Dolores meine eigene Zofe.

>>Darf ich fragen, wo ihr euren freien Nachmittag verbringt, Zarai?<<, fragte Dolores interessiert.

Ich stand vor dem Spiegel und musterte mein neu erworbenes Kleid. Ein Geschenk von Fernandez. Ich fühlte mich geschmeichelt. Der Stoff war wirklich erstklassig. Dieses Kleid musste ihn ein Vermögen gekostet haben.

>>Ich werde ein wenig im Park spazieren gehen Dolores. Und noch etwas Sonne tanken.<<

Ich drehte meinen Körper hin und her, um mich von allen Seiten betrachten zu können.

>>Ganz alleine? Haltet ihr das für klug, während manche Dunkle sich ebenfalls dort aufhalten?<<

Ich musterte ihr besorgtes Gesicht. Dolores war eine treue Dienerin und manchmal glaubte ich sogar, dass sie sich genauso um mich sorgte, wie um ihre eigene Tochter.

>>Tom wird mich dort treffen. Er hat mich zu einem Picknick eingeladen. Sein Vater möchte die Bindung unserer beiden Reiche aufrecht erhalten und hat deshalb meiner Mutter den Vorschlag gemacht, dass sein Sohn und ich uns etwas anfreunden sollten.<<

Ohne es zu wollen schoss mir die Röte in die Wangen. Dolores entging dies natürlich nicht und sie beäugte mich dementsprechend skeptisch.

>>Seid ihr sicher, dass ihr euch nur mit ihm anfreunden wollt?<<

Wütend stampfte ich mit dem Fuß auf und antwortete:

>>Was unterstellt ihr mir da?<<

Die Wände begannen zu zittern und ein Gemälde fiel dabei zu Boden und ging zu Bruch.

>>Seid ihr euch bewusst, was ihr mit solchen Vermutungen anrichten könnt? Mehr als Freundschaft ist zwischen den Reichen nicht erlaubt und führt zur Todesstrafe!<<

Sie wich erschrocken zurück und verbeugte sich tief vor mir.

>>Bitte verzeiht Herrin Zarai. Wie dumm von mir so etwas anzunehmen.<<

Ich entspannte meine Muskeln und das Beben erstarb. Dolores atmete sichtlich erleichtert auf.

>>Ich mache mir nur Sorgen um euch. Ihr nennt den dunklen Herrn de Almaro bereits bei seinem Kosenamen. Auch das ist riskant.<<

Ich schnaubte und betrachtete mich nochmals im Spiegel. An diesem Tag war es mir sehr wichtig, perfekt auszusehen.

>>Ihr braucht euch keine Sorgen zu machen. In drei Wochen werde ich Fernandez heiraten, genau wie Mutter es verlangt.<<

Mit einem Mal wurde ich traurig. Fernandez trug mich zwar auf Händen. Es war jedoch keine Liebe in unserer Verbindung. Es war alles arrangiert worden. Die Tochter der obersten Fürstin würde einen der mächtigsten Herzöge des Hellen Reiches heiraten. Magierin und Hexer würden bald vereint sein und somit würde Fernandez im Adel aufsteigen. Aber das machte mich nicht glücklich. Bei Tom fühlte ich mich einzigartig. Er brachte mich zum lachen, zeigte mir seine weiche und liebevolle Seite. Jedoch war eine Verbindung dieser Art zwischen uns nicht erlaubt, auch wenn ich mir wünschte, dass es anders gewesen wäre. Wie gerne hätte ich einmal sein bleiches Gesicht berührt. Doch das war mir nicht gestattet. Meine Mutter lies unsere Treffen nur zu, um den Frieden zwischen dem Dunklen und dem Hellen Reich zu wahren. Und für diese wenigen Augenblicke dankte ich ihr von ganzem Herzen. Leider hatte ich mittlerweile das Gefühl mich in Tom verliebt zu haben. Und so sehr ich es auch abzustellen versuchte, wollte ich seine Nähe nicht missen. Ob es ihm genauso erging, wusste ich nicht.

Ich ging zur Tür und lies Dolores einfach stehen. Sollte sie sich mit ihren Sorgen sonst wohin scheren. Ich hatte genug eigene.

Der Weg zum Park war nicht weit. Ich spannte meinen Sonnenschirm auf und freute mich über das schöne Wetter. Im hellen Reich war der Sommer fast alltäglich. Wir Lichtmagier und auch die Lichthexer kannten keinen kalten Winter. Das Dunkle Reich hatte ich noch nie besucht. Meine Mutter erlaubte es nicht, mich dort mit Tom zu treffen. Sie traute den Schattenmagiern und deren Hexern nicht über den Weg. Denn sie bezogen ihre Macht aus der Dunkelheit. Und dunkel galt gleich böse. Sie hatte Respekt vor Caleb de Almaro, Toms Vater. Einen Krieg wollte sie auf gar keinen Fall herauf beschwören. Ich konnte es ihr nicht verübeln. Manchmal wenn Tom schlechter Laune war, machte selbst er mir ein bisschen Angst, obwohl ich mir sicher war, dass er nie Hand an mich legen würde. Seine Augen waren dann auf besondere Weise beängstigend. Dieses eisblau wirkte dann noch kälter. Auf mich jedoch umso attraktiver. Vielleicht reizte mich einfach die Gefahr.

Ich betrat den Eingang und hielt mich rechts, bis ich die Eiche erblickte, an der wir uns immer verabredeten. Im Schatten darunter befand sich bereits eine ausgebreitete Decke mit sämtlichen Leckereien, zwei Gläsern und einer Flasche Portwein. Von Tom war nichts zu sehen. Ich blieb vor der Decke stehen, faltete meinen Schirm zusammen und schaute mich um. Heute waren viele Leute beider Reiche in unserem Park unterwegs. Ein junges dunkles Marock Paar ging Hand in Hand an mir vorüber, aber keine Spur von ihm. Plötzlich überfielen mich von hinten zwei Hände, die sich auf meine Augen legten. Im ersten Moment erschrak ich, bis ich die raue, verführerische Stimme erkannte, die mir ganz nah ins Ohr flüsterte.

>>Na na, wen haben wir denn da? Eindeutig die schönste Frau im ganzen Reich.<<

Sein kalter Atem kitzelte mein Ohr. Und er wandte sich an die andere Seite.

>>Ich habe euch schon erwartet.<<

Er lies seine Hände sinken und drehte mich geschickt zu sich um. Seine Augen strahlten heute besonders hell und mir blieb wie jedes mal bei seinem atemberaubendem Anblick das Herz fast stehen. Seine starken Hände berührten meine Oberarme und fuhren ganz leicht, kaum spürbar hinunter bis zu meinen Handgelenken. Ich bekam Gänsehaut. Er zog mich zur Decke und bedeutete mir mich zu setzen. Ich gehorchte und lächelte ihm zu.

>> Na dann. Greif zu und erzähl mir von deinem Tag.<<

Wir stießen gemeinsam mit dem Wein an und alberten herum, erzählten Unfug und lachten uns dabei halb tot. Seine Gegenwart war so berauschend. Ich konnte alles und jeden um mich herum vergessen. Ich weiß nicht, wie lange wir dort saßen. Es dämmerte irgendwann. Der Himmel färbte sich blutrot als die Sonne langsam unterging. Wir erhoben uns und machten uns auf den Heimweg. Am Ausgang des Parkes verabschiedete ich mich. Von dort an mussten wir in verschiedene Richtungen weiter gehen.

>>Ich habe ihre Gesellschaft wie immer sehr genossen Zarai.<<

Er kam einen Schritt näher und küsste mich sanft auf beide Wangen. Meine Haut brannte an den Stellen wo seine Lippen mich berührten.

>>Ganz meinerseits. Bestellt eurem Vater einen aufrichtigen Gruß und kommt gut nach Hause.<<

Er verbeugte sich, gab mir noch einen flüchtigen Handkuss und verschwand in der Dunkelheit, die zu seiner Heimat führte. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge schaute ich ihm noch nach, bis er nicht mehr zu sehen war. Und mein Herz blutete.

>>Sie an, sieh an.<<

Eine Stimme hinter mir. Ich drehte mich um und erblickte das Gesicht von Fernandez. Sein schneeweißer Smoking funkelte im Mondschein. Seine grünen Augen fixierten mich hart. Er sah alles andere als erfreut aus. Mit grobem Griff packte er mein Kinn und zwang mich, ihm in die Augen zu sehen. Was war nur mit ihm los? Diese grobe Seite kannte ich nicht von ihm.

>>Meine Geliebte. Darf ich fragen warum ihr euch mit dem Feind eure Zeit vertreibt, statt mit mir, eurem zukünftigen Ehemann?<<

Zorn stand in seinem Gesicht geschrieben. Und sein Griff wurde fester.

>>Enrico, Thomas ist nicht unser Feind. Die Zeiten des Krieges sind vorüber. Meine Mutter schätzt unsere Freundschaft sehr und möchte diese auch aufrecht erhalten. Und genau deshalb habe ich mich mit ihm getroffen. Ihr braucht nicht eifersüchtig zu sein.<<

Ich schaute ihn trotzig an. Was fiel ihm ein, mich derart unangemessen zu behandeln.

Er lies mein Kinn los und trat einen Schritt zurück.

>>Freundschaft?<< zischte er abfällig.

>>Zarai ihr seid so naiv. Ihr seid für ihn nur unerreichbare Fleischeslust!<<

Ich lachte spöttisch auf. >>Für euch bin ich ja wohl auch nichts anderes.<<

Mit diesem Satz wandte ich mich um, um zu gehen. Sollte er sich doch zum Teufel scheren. Da packte er mich grob um die Taille, zog mich rücklings an seine Brust und flüsterte bedrohlich an meiner Rechten.

>>Ihr seid für mich weit mehr als ihr glaubt.<<

Sein Griff festigte sich, sodass ich Probleme hatte zu atmen. Ich versuchte mich zu befreien und Panik stieg in mir auf.

>>Fernandez, ihr tut mir weh.<<

Er lachte nur boshaft.

>>Wenn ihr euch auch nur wagt mich mit diesem Dunklen Abschaum zu betrügen meine Geliebte, werdet ihr euer blaues Wunder erleben. Betrachtet euch als gewarnt.<<

Er zog seine Hände zurück und gab mir einen Schubs Richtung Ausgang wobei ich unsanft zu Boden fiel. Seine Gestalt baute sich vo mir auf.

>>Noch drei Wochen und ihr seid MEIN! Vergesst das nicht. Und jetzt schiebt euren fürstlichen Hintern in den Palast, wo ihr um diese Zeit hingehört.<<

Erschrocken wachte ich aus meinem Traum auf. Es war dunkel um mich herum und ich war allein. Ich blinzelte ein paar mal mit den Augen um mich an die Dunkelheit zu gewöhnen und stellte fest, dass ich mich in meinem Schlafzimmer befand. Wie war ich hier hin gekommen? Ich erinnerte mich verschwommen an das Geschehene. Ein Kampf. Mit Richard. Richard. Oh mein Gott, er war tot. Tom hatte ihn getötet nachdem er mich angegriffen hatte. Anne. Wie sollte ich das Anne erklären? Tausend Gedanken schossen mir durch den Kopf. Ich atmete schwer ein und aus. Meine Lunge brannte bei jedem Atemzug. Mein Rücken schmerzte höllisch und meiner Nase erging es auch nicht besser. Ich fasste mit den Fingern darum. Sie war nicht mehr gebrochen, nur noch stark geschwollen. Wie lange war ich weg getreten gewesen? Etwa Wochen? Wie konnte meine Nase sonst so schnell weitesgehend geheilt sein? Nein, das konnte nicht sein. Ich richtete mich auf und stöhnte, als mir ein stechender Schmerz durch den Rücken fuhr. Unter der Decke trug ich nur Unterwäsche. Ich konnte mich nicht mehr erinnern, wie ich ins Bett gekommen war. Und wie ich überhaupt in meine Wohnung gekommen war. Meinen Schlüsselbund hatte ich doch verloren, als ich von Richard durch die Luft geschleudert wurde. Ein Klopfen an der Tür lies mich aufschreien. Ich war wohl doch nicht allein. Aber wer war hier? Die Tür öffnete sich einen Spalt und Raphael linste mit einem Auge herein.

>>Zarai? Bist du wach? Darf ich rein kommen?<<

Ohne eine Antwort abzuwarten schaltete er das Licht ein und kam mit großen Schritten in meine Richtung. Automatisch wich ich an das Kopfende des Bettes zurück. Woher sollte ich wissen ob ich ihm trauen konnte. Ich konnte niemandem vertrauen. Schließlich wurde ich vor kurzem halb tot geprügelt und wusste nicht mal warum. Und dann ständig dieser eigenartige Name. Zarai. In meinen Träumen wurde ich auch immer so genannt.

>>Keine Angst.<< Er setzte sich zu mir ans Bett und strich mir meine wirren Haare aus dem Gesicht. Ich schlug erschrocken seine Hand weg.

>>Geh weg von mir.<<

Raphael staunte, stand aber anstandshalber auf und entfernte sich ein paar Schritte..

>>Wie geht es dir?<<, fragte er mit einem besorgtem Blick.

>>Wie solls mir schon gehen? Wie lange habe ich geschlafen?<<

Ich zog die Decke ein wenig höher, um mich nicht ganz und gar ausgeliefert zu fühlen. Vergeblich.

Raphael reichte mir ein Glas Wasser.

>>Nur ein paar Stunden. Toms Kräuter wirken Wunder. Du wirst bald wieder fit sein.<<

Ich nahm ihm das Wasser ab und trank es in einem Zug leer.

>>Was für Kräuter habt ihr mir da eingeflößt? Und warum bist du noch hier?<<

Er hob einen Bündel kleiner Sträucher vom Nachttisch und wedelte damit vor meiner Nase herum. Ein merkwürdig beißender gestank, stieg in meine Nase und mir wurde promt schlecht.

>>Keine Panik, alles pflanzlich, nur um deine Heilung etwas zu unterstützen. Deine Nase musste Tom allerdings nocheinmal brechen um sie wieder gerade zu biegen. Ich habe mich nur um dich gekümmert.<<

Ich fühlte wieder nach meiner Nase, sie war definitiv gerade. Das grenzte an Zauberei. Nein, es war Zauberei. Schlagartig erinnerte ich mich an die Blitze die sich durch Toms Arm gezogen hatten. Ich hatte die Magie gespürt, als er sie einsetzte.

>>Was zum Teufel seid ihr? Ihr seid doch irgendwelche Freaks.<<

Meine Hände krallten sich noch fester in die Decke.

Raphael zog eine Augenbraue hoch und grinste.

>>Das sagt gerade die Richtige.<<

Ich schwang langsam die Beine aus dem Bett. Ich musste dringend ins Bad, wusste aber nicht ob ich den Weg bis dort hin alleine schaffen würde. Als ich gerade saß wurde mir ein wenig schwindelig und ich musste mich mit den Händen am Rand des Bettes abstützen.

>>Ich bin nicht wie ihr.<<

>>Ach nein?<<, fragte er herausfordernd.

>>Nein!<<, antwortete ich jetzt etwas gereizter.

>>Ich habe noch nie jemanden getötet, im Gegensatz zu deinem Freund. Ich weiß gar nicht was ihr eigentlich alle von mir wollt.<<

Er kam einen Schritt näher, als ich mich, mit der Decke fest umschlungen, erheben wollte. Ich schwankte ein wenig und er hielt mich am Ellebogen aufrecht.

>>Fass mich nicht an!<<, knurrte ich.

Meine Selbstbeherrschung lies zu wünschen übrig. Kein Wunder nach den letzten Ereignissen und den vielen Fragen in meinem Kopf. Wer wäre da nicht durch gedreht?

>>Lass dir helfen Zarai.<< sagte er fürsorglich. Das machte mich nur noch wütender. Immer dieser dämliche Name.

>>Nenn mich nicht so. Mein Name ist Samira verdammt.<< Ich schüttelte seine Hand ab und ballte die Fäuste. Mein ganzer Körper zitterte und die Wände bebten. Von der Decke bröckelte Putz herunter und Raphael wich erschrocken zurück.

>>Ganz ruhig Zar......., äh Samira.<<

>>Ich kann mich nicht beruhigen. Was wollt ihr alle von mir? Lasst mich doch einfach in Ruhe und verschwindet.<<, schrie ich verzweifelt.

Ein paar Tränen liefen meine Wange hinunter. Ich war kurz davor auszurasten.

Die Fenster wackelten heftig, eins zerbrach und die Splitter flogen quer durch den Raum. Raphael konnte gerade noch sein Gesicht mit den Armen schützen, bevor die Splitter auf ihn herab rieselten. Ich hatte mich nicht unter Kontrolle und konnte mich nicht beruhigen. Und wollte es auch gar nicht. Ich wusste nicht was hier eigentlich los war, wo die Männer aufeinmal herkamen und warum ich angegriffen wurde. Mein Schock war vorüber und ich verarbeitete gerade das Geschehene des letzten Abends. Nur leider nicht unbedingt auf die beste Weise. Die Wände knackten bedrohlich von allen Seiten. Sie sollten mich in Ruhe lassen.

>>Was ist hier los?<<, brüllte jemand.

Ich blickte zur Tür und erkannte Tom. Meine Haare peitschten um mein Gesicht herum. Mit einem Mal glaubte ich Wind zu spüren. War ich das etwa? Toms Augen weiteten sich erschrocken, als er mich ansah. Sofort ging er in Verteidigungsstellung indem er seine Hände erhob um mir mit seiner Magie Wiederstand zu leisten.

>>Wage es nicht......<<, brüllte ich, lies die Decke achtlos fallen und ging auf ihn los. So schnell würde ich mich nicht nocheinmal ausschalten lassen. Ob die Wohnung zusammenfiel, war mir in diesem Moment scheiß egal.

Ich kam nicht weit. Bevor ich auch nur zuschlagen konnte, hatte Tom mich bereits umklammert und hielt mich fest. Ich versuchte mich mit allen Mitteln zu befreien, trat um mich und schrie. Das Zimmer bebte immer mehr. Er packte mich noch fester und murmelte irgendwelche Worte in mein Ohr, immer und immer wieder. Ich verstand kein einziges davon. Doch je öfter er sie sagte, desto verschwommener wurde meine Umgebung. Mein Sichtfeld wurde trüb. Ich fühlte mich mit einem Mal wie benebelt und konnte mich nicht mehr aufrecht halten. Meine Knie gaben nach und er lies sich mit mir langsam zu Boden gleiten. Ich war so erschöpft und wollte nur noch schlafen. Meine Wut war verflogen. Das Zimmer stand wieder langsam still. Ich hörte nur noch Toms beruhigende Worte. Alles um mich herum wurde schwarz. Ich war geliefert.

Diesmal schlief ich traumlos, bis ich von leise murmelnden Stimmen geweckt wurde. Es waren die Stimmen von Raphael und Tom, die im Zimmer miteinander leise diskutierten.

>>Hast du die Schutzzauber ums Haus errichtet?<< fragte Tom.

>>Ja, und zwar alle, die mir einfielen. Kein Magier oder Hexer kommt so leicht an ihnen vorbei ohne das wir es rechtzeitig bemerken. Sie ist hier erst einmal sicher.<< Ich lies meine Augen geschlossen um sie weiter belauschen zu können. Vielleicht würde ich so ein paar Antworten erhalten.

>>Ich dachte wir verlieren sie.<<, Tom klang bestürzt.

>>Sie war nicht mehr sie selbst. Ihre Kraft ist zu stark für eine unerfahrene Magierin. Wenn wir nicht aufpassen und sie unkontrollierbar ist, könnte sie uns alle zu Staub verwandeln.<<

Raphael seufzte.>>Und was gedenkst du jetzt zu tun?<<

>>Ich weiß es nicht. Wenn ich sie nicht eingeschläfert hätte..........Ich weiß nicht was dann passiert wäre. Sie ist weitaus stärker als damals. Ich begreife nur nicht wo plötzlich diese Macht her kommt. Ich werde vorerst hier bleiben um sie zu beaufsichtigen. Wenn jemand erfährt wie viel Macht in ihr steckt, werden weit aus mehr Leute hinter ihr her sein als nur Fernandez.<<

Fernandez? Der Name kommt mir bekannt vor! Ich bemühte mich möglichst flach zu atmen um mich nicht zu verraten. Jedenfalls war ich schon einmal etwas schlauer. Ich war nicht verrückt. Diese beiden waren tatsächlich Magier, und ich anscheinend auch. Mir wurde schlecht. Daher hatte ich also diese unkontrollierbaren und unberechenbaren Kräfte. Ich hatte sie mein Leben lang mit dem Alkohol unterdrückt. Und dann diese merkwürdigen Träume. So langsam glaubte ich wirklich, dass es Erinnerungen waren. Sie fühlten sich so real an. Und plötzlich ergaben sie einen Sinn. Es kam mir so vor, als würde ich Tom schon seit Ewigkeiten kennen. Und auch dieser Raphael wirkte mir vertraut. Der Name Helena sagte mir jedoch gar nichts. Aber das konnte alles nicht sein. Meine Träume spielten in einer völlig anderen Zeit. Und an so etwas wie Widergeburt hatte ich noch nie geglaubt.

>>Ok Kumpel. Egal was du tust, ich stehe hinter dir. Kann ich dich hier allein mit ihr lassen? Ich muss mich unbedingt um unser Ablenkungsmanöver kümmern. Ich hoffe Richard hatte nicht die Zeit dazu jemandem von ihrem Aufenthaltsort zu berichten.<<

Tom schnaufte.

>> Das hoffe ich auch. Geh nur. Ich werde mit ihr fertig falls sie nocheinmal ausrasten sollte.<<

Langsam und vorsichtig öffnete ich ein Auge einen Spalt breit. Die beiden Männer umarmten sich kurz, worauf hin Raphael das Zimmer verlies. Schnell schloss ich meine Lider wieder. Tom kam zu mir, setzte sich langsam aufs Bett, beugte sich vor und gab mir einen flüchtigen Kuss auf die Stirn. Das meine Wangen erröteten, konnte ich in diesem Moment nicht verhindern. Mein Herz klopfte wie wild und mir wurde ganz warm. Er war einfach unwiderstehlich. Ich hoffte innerlich, dass er die Reaktion meines Körpers nicht bemerkte.

>>Schlaf Sam. Ich werde nicht noch einmal zulassen, dass dir etwas passiert.<<

Er strich mir über den Kopf und erhob sich dann wieder, um ebenfalls das Zimmer zu verlassen. Als die Tür ins Schloss fiel, setzte ich mich auf. Meinem Rücken ging es schon viel besser. Was auch immer für komische Kräuter das waren. Sie taten ihren Zweck und ich war dankbar dafür. Aus irgendeinem Grund hatte ich ein schlechtes Gewissen. Vielleicht hatte ich den beiden Unrecht getan und sie wollten wirklich nur das Beste für mich. Ich musste ihnen vertrauen. Es blieb mir gar keine andere Wahl. Zumindest so lange, bis ich heraus gefunden hatte, was hier eigentlich gespielt wurde und wer es hier auf mich abgesehen hatte. Tom hatte den Namen Fernandez genannt. Ich erschrak, als mir ein Bild durch den Kopf schoss. Fernandez, mein zukünftiger Ehemann aus meinen Träumen. Ich bekam Panik. Nein, nein, nein.

Also kurze Zusammenfassung. Ich legte meine Hände an die Schläfen um einen kühlen Kopf zu bekommen. Ich war also eine Art Zauberer, genau wie Raphael und Tom. Oh mein Gott. Ich war mächtig, ohne es auch nur geahnt zu haben. Fernandez war hinter mir her und wollte allerdings nichts Gutes. Richard war tot. Und meine Träume hatten irgendeinen Sinn. Tom und Raphael blieben erst einmal hier und mir blieb keine andere Wahl, als ihnen zu vertrauen, da sie anscheinend einiges mehr wussten als ich. Noch dazu wurde ich aus Tom nicht schlau. Er hatte erhebliche Stimmungsschwankungen. Mein größtes Problem war jedoch,.............Ich hatte mich hoffnungslos in ihn verliebt und es gab kein Entkommen, da ich eine ganze Weile mit ihm aushalten musste.

Ich atmete schwer aus und ging langsam schleichend aus meinem Schlafzimmer. Das Bad lag direkt gegenüber. Ich flitzte hinein und schloss mich schnell ein, indem ich die Tür doppelt verriegelte. Was ein Quatsch. Mit ein bisschen Hokus Pokus wäre Tom sowieso hinein gekommen, wenn er gewollt hätte. So hatte Raphael wahrscheinlich auch meine Haustür geöffnet. Trotzdem fühlte ich mich so etwas sicherer. Ich hüpfte unter die Dusche und lies das warme Wasser über den Rücken laufen. Es war der reinste Segen. Tom hatte die Kräuter wohl zu einer Art Paste angerührt. Überall an meinem Körper entdeckte ich grünliche Überreste. Darunter kamen leicht rötlich verblichene Narben zum Vorschein. Alte Wunden, die fast wieder verheilt waren. Nach der Dusche sprintete ich wie von der Tarantel gestochen nur mit Handtuch bekleidet wieder zurück in mein Schlafzimmer und zog Joggingsachen an. Unten in der Küche hörte ich Geschirrgeklapper und der Duft von Eiern stach mir in die Nase. Mein Magen knurrte laut. Wann hatte ich das letzte mal was gegessen?

Auf Zehenspitzen dackelte ich die Treppe hinunter und blieb an der Küche im Türrahmen unsicher stehen. Tom stand am Herd und brutzelte etwas in der Pfanne. Als ich mich räusperte drehte er sich um und musterte mich hart. Ich erschrak vor seinem feindlichen Blick. So so, der alte Tom war also zurück gekehrt. Was für ein Spiel treibte er da? Eben noch war er beängstigend fürsorglich und im nächsten Moment setzte er wieder seine feindliche Maske auf. Ich lies mich davon nicht einschüchtern und ging stumm zum Esstisch um mich zu setzten. Er lud die Eier auf einen Teller und stellte sie vor mir auf den Tisch.

>>Iss!!!<<, war das einzige was er sagte. Wäre ich nicht so hungrig gewesen hätte ich ihm die Mahlzeit vor die Füße geworfen. Mit seinen Stimmungsschwankungen konnte ich absolut nicht umgehen. Ich schaufelte das Essen in Rekordgeschwindigkeit in mich hinein während er mir vor der Anrichte stehend dabei stumm zusah. Nachdem ich gesättigt war, schob ich den Teller von mir und lehnte mich wohl genährt im Stuhl zurück. Er sagte immer noch nichts, durchbohrte mich nur mit seinen Blicken, als würde er darauf warten, dass ich den Anfang machen würde. Nun gut! Ladies first!

>>Du bist mir ein paar Erklärungen schuldig.<<

Meine Worte klangen vorwurfsvoll.

Er zog eine Augenbraue hoch, verschränkte die Arme vor der Brust und antwortete

>>Bin ich das?<<

>>Oh ja, bist du.<< Ich stand auf, ging um ihn herum zum Kühlschrank und nam eine Wodkaflasche heraus. Er hielt mir bereits ein Glas entgegen.

>>Danke.<<, sagte ich leise und schaute verlegen auf meine Flasche, um mir etwas einzuschenken.

>>Muss das jetzt sein? Du trinkst eindeutig zu viel!<<

Ich überhörte dieses Kommentar und trank das Glas in einem Zug aus, woraufhin ich es direkt wieder füllte. Das hatte ich jetzt gebraucht.

>>Lass das mal meine Sorge sein.<<

Ich setzte mich wieder an den Tisch und überkreuzte die Beine auf dem Stuhl zu einem Schneidersit.

>>Also Mr. Harry Potter. Warum hilfst du mir?<<

Er ging ebenfalls zum Tisch und lies sich mir gegenüber nieder.

>>Erstens wäre ich keine Art Harry Potter, sondern wenn dann eher ein dunkler Lord Voldemort. Und zweitens......Ist das so wichtig?<<

Ich blickte in sein atemberaubendes Gesicht und musste mich daran erinnern zu atmen. Außerdem durfte mir jetzt bloß kein Sabberfaden aus dem Mund laufen.

>>Ja für mich schon. Woher soll ich wissen, dass du nicht auch irgenetwas im Schilde führst. Es scheinen ja alle ganz scharf auf mich zu sein!<< Ich lachte bitter.

Er lehnte lässig einen Arm um die Rückenlehne und seufzte vor sich hin.

>>Ich nehme an du hast bereits selber heraus gekriegt, was mit dir nicht stimmt.<<

Ich nickte. >>Jap.<<

Er redete weiter und seufzte erneut.

>>Und ich nehme auch an, dass du weißt das jemand hinter dir her ist.<<

Ich nickte wieder.

>>Ja ein Kerl namens Fernandez. Und ich denke, dass er Richard geschickt hat. Er muss auch wie wir sein, sonst hätte er nicht einen halben Tornado auf dem Parkplatz herauf beschworen. Er hatte sich an Anne ran gemacht, um sicher zu gehen, ob ich die Richtige bin, die er suchen sollte. Auch wenn ich nicht weiß warum eigentlich ich.<<

Tom tippte sich mit dem Zeigefinger an die Stirn.

>>Du hast Köpfchen Kleine. Mit deinen Vermutungen hast du absolut recht. Ich bin hier um ein Auge auf dich zu werfen und dich ein bisschen zu trainieren, damit du dich selber vor diesen Leuten schützen kannst. Du bist zwar tausendmal stärker als Richard war, aber kannst mit deiner Kraft nicht umgehen. Du bist eine Lichtmagierin und nicht nur ein Lichthexer wie Richard es war. <<

Ich überlegte kurz.

>>Hm, ist ja alles ganz interessant mit diesem Abra Kadabra, aber das beantwortet noch nicht meine Frage.<<

Oder eine von meinen tausend Fragen. Er stöhnte entnervt. >>Und die wäre?<<

>>Warum hilfst du mir?<<

Er lehnte sich näher über den Tisch.>>Das brauchst du im Moment noch nicht zu wissen. Wenn die Zeit gekommen ist, werde ich dir alles erklären. Bis dahin...........<<, er schaute mir streng in die Augen >>.......wirst du mir wohl oder übel vertrauen müssen.<<

>>Aber.....<<, setzte ich an.

>>Nichts aber. Ich werde in deiner Nähe bleiben, ob du willst oder nicht. Solange du dich an mich hälst, wird dir nichts passieren, klar?<<

Und damit wollte er mich schon abspeisen?

>>Und was wenn ich mich nicht an dich halten will?<<

Er stand auf und ging zur Tür.>>Es ist mir relativ egal was du willst.<<

Wow was ein Eisklotz. Mein Herz wurde schwer. Es tat weh, wenn er so mit mir sprach. Meine Augen brannten und ich musste das Weinen unterdrücken. In diesem Moment war mir alles zu viel.

>>Ich habe diese Träume Tom.<<

Aprupt blieb er im Türrahmen stehen. Er sagte nichts. Ich wusste nicht ob ich weiter reden sollte, fasste jedoch Mut.

>>Sie handeln von dir.<<

Er wandte sich um. Erschrocken aber überraschend sanft sah er zu mir hinab.

>>Von mir?<<, flüsterte er.

Da war es wieder, sein wahres Gesicht. Es gefiel mir um einiges besser als dieser mürrische kalte Vollidiot.

>>Ja!<<, antwortete ich und schaute dabei auf meine Hände im Schoß.

Mit einem großen Schritt war er bei mir und ging vor mir in die Hocke, um mir ins Gesicht sehen zu können. Seine Augen waren so schön. So tiefblau, wie das Meer. Wenn er wütend war veränderten sie sich, wirkten dann wie Eis. Im Moment jedoch waren sie wie flüssiges Wasser. Selbst wenn ich wollte, ich hätte nicht weg sehen können. Ich war gefangen in seinem Blick.

>>Das sind nicht nur Träume Sam. Das sind Erinnerungen aus deinem Unterbewusstsein.<<

Er lies den Kopf hängen. >>Aber nicht alle sind gut. Ich bin nicht gut.<<

Ich war verwirrt. Alle meine Erinnerungen an ihn waren bis jetzt der Himmel gewesen. Ich schob meine Hand unter sein Kinn und zwang ihn diesmal damit mich anzusehen. >>Das glaube ich dir nicht.<<

Er schob meine Hand weg und erhob sich wieder.

>>Lass das!<<, zischte er plötzlich gereizt.

>>Deine Antworten wirst du schon aus deinen Erinnerungen bekommen. Und dann wirst du sehen, wer ich wirklich bin. Du bist rein! Und hell. Wenn du deine Magie einsetzt leuchtest du wie die Sonne.<<

Er riss verärgert den rechten Ärmel seines Pullovers nach oben. Seine Tribaltattoos wurden sichtbar. Zornig hielt er den Arm unter meine Nase.

>>Siehst du das?<<, brüllte er fast.

Ich zuckte zurück, seine Augen waren wieder eisig.

>>Ein paar Tattoos?<<, antwortete ich kleinlaut und duckte mich schon innerlich.

Er atmete zischend und beherrscht aus und streckte seinen Arm noch mehr in mein Gesicht.

>>Das sind nicht nur Tattoos, du dumme Gans. Das sind Male. Male der Dunkelheit. Meine Magie ist schwarz und deine nicht. Ich bin böse, du bist gut.<<

Jetzt stand ich auch auf und stellte mich ganz nah vor ihn. Wieso behandelte er mich jetzt schon wieder wie ein Stück Vieh?

>>Deshalb musst du mich nicht so anschreien du Gorilla. Ich verstehe so einiger Maßen was du meinst. Aber wärst du wirklich von Grund auf böse, hättest du mich gestern sterben lassen. Und laut dir, hat mich gestern ein heller Hexer angegriffen, kein dunkler. Schwarze oder weiße Magie macht da für mich also keinen Unterschied.<<

Ich war außer mir und funkelte ihm zornig entgegen. Meine Hände kribbelten energisch und die Küchenschränke wackelten. Er atmete ein paar mal tief durch und auch ich beruhigte mich wieder. Da standen wir nun. Eigentlich waren wir uns vom Charakter gar nicht so unähnlich. Ich lies mich wieder auf den Stuhl fallen. Er wandte seinen Blick ab.

.>>Danke.<<, flüsterte ich.

Tom verlies die Küche.

>>Bleib im Haus. Es ist von Schutzzaubern umgeben. Wenn du es verlässt, brichst du sie wieder. Ich werde mich etwas auf die Couch hauen.<<

Und damit lies er mich mit meinen wirren Gedanken in der Küche allein.

Tom legte sich auf die Couch und schloss die Augen. An Schlafen war nicht zu denken, aber er musste sich definitiv etwas ausruhen. Sein Telefon vibrierte in seiner Hosentasche. Ein Blick auf den Display zeigte ihm, dass es Raphael war.

>>Raph! Alles in Ordnung?<<

Sein Freund lachte am anderen Ende.

>>Ja, keine Panik. Ich bin im Anwesen. Ich habe alles erledigt. Lucius und Jeanine sind auf dem Weg nach Europa. Er hat mir versichert, dass ein paar von Fernandez Leuten ihm gefolgt sind. Die sind erst mal aus dem Weg.<<

Tom atmete erleichtert auf.

>>Und konnte Candy dir ein paar Soldaten überlassen?<<

>>Ja sie hat unsere verbündeten hellen Hexer ins Anwesen gerufen, sie aufgeklärt und nach Manhatten geschickt. Dolores wird sie begleiten. Sie wollte Zarai unbedingt wieder sehen. Sie dürften bald eintreffen. Lass sie rund um den Block pattroullieren. Ein paar Marocks sind auch dabei. Sie sind mit Waffen ausgestattet.<<

Tom setzte sich auf und blickte in Richtung Küche. Samira stand mit einer Kaffeetasse am Fenster und schaute abwesend den rieselnden Schneeflocken zu.

>>Du bist der Beste Raph. Komm bald zurück. Ich brauche dich hier. Aber sei vorsichtig.<<

>>Immer Tom. Wir sehen uns bald.<<

Er legte auf und lies sich zurück sinken. Der erste Schritt war getan. Sam war erst mal in Sicherheit und er konnte unbekümmert etwas schlafen



Amastasia

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