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Das Graben des Tunnels

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Vermögen kann auf verschiedenen Wegen transferiert werden. Entweder Realgüter werden von einem Besitzer zu einem anderen bewegt, ohne entsprechende Gegenleistungen dafür zu erbringen. Dies war der Fall beim Bankraub in Berlin-Schlachtensee. Dies ist ein Weg, der so offensichtlich ist, dass er nur in den übelsten Fällen, häufig unter Einsatz von Gewalt beschritten wird. Ein anderer Weg, der aufgrund des genutzten Instruments der Verschleierung viel mehr Erfolg verspricht, besteht darin, risikobehaftete Forderungen von einem Besitzer auf einen anderen zu verlagern.

Das Prinzip ist bei Kindern als Kartenspiel beliebt und heißt „Schwarzer Peter“. Das harmlose Kartenspiel lässt sich mit einem Gedankenexperiment auch auf die Finanzwelt übertragen. Ein Vermögensbesitzer tauscht seine nahezu wertlosen Forderungen gegen werthaltige Forderungen eines anderen Vermögensbesitzers aus, die er im zweiten Schritt sogar in Realgüter umtauscht, um weiteren Risiken auf den Finanzmärkten fortan aus dem Weg zu gehen. Das Nachsehen hat derjenige, der den „Schwarzen Peter“ dann noch in seiner Hand hält, wenn alle anderen Spieler ihre Karten bereits gespielt haben.

Um den „Schwarzen Peter“ zu erkennen, müssen wir im ersten Schritt risikobehaftete Forderungen suchen. Das ist in der aktuellen Schuldenkrise ziemlich einfach. Es bieten sich die Staatsschulden und die Bankenschulden in den Krisenländern an, die sich aus verschiedenen Gründen in den letzten Jahren in Europa aber auch in anderen Teilen der Welt aufgetürmt haben. Die Gründe für deren Existenz sind zunächst unbeachtlich. Wichtig ist im ersten Schritt nur die Feststellung, dass die Forderungen gegenüber den Staaten und Banken risikobehaftet sind und die Frage, wem diese Forderungen gehören.

Die Forderungen gehören den Investoren, die den Staaten und den Banken in den letzten Jahren Geld zur Verfügung gestellt haben. Mit zunehmender Höhe der Verschuldung werden die Investoren nervös und versuchen, ihr Geld zurückzubekommen. Aufgrund von Fehlinvestitionen der Banken oder aufgrund staatlich finanzierten Konsums stehen den Forderungen der Investoren keine Realwerte in ausreichender Höhe gegenüber. Die ersten, meist privaten Investoren ziehen ihre Gelder ab, in dem sie entweder Staatsanleihen oder Bankanleihen auf dem Sekundärmarkt verkaufen oder gar keine neuen Papiere auf dem Primärmarkt von den Staaten kaufen, wenn die alten Papiere ausgelaufen sind und somit die Rückzahlung seitens des Schuldnerstaates oder der Bank ansteht.

Durch die massiven Verkäufe von Staatsanleihen und Bankenanleihen seitens der bisherigen Investoren sinken die Kurse der Anleihen. Durch die sinkenden Kurse treten also Vermögensverluste bei den Investoren ein, die den Verlust aus den Fehlinvestitionen widerspiegeln. Da die Zinszahlungen der Anleihen in der Regel fixiert sind, ergibt sich durch die sinkenden Kurse eine steigende Verzinsung. Diese Reaktion ist in einer funktionierenden Marktwirtschaft ein erwünschter Effekt, da aufgrund der getätigten Fehlinvestitionen in den Schuldnerländern das Risiko eines Zahlungsausfalls der Forderung gestiegen ist. Die verbliebenen Investoren sind also nur bereit, Ihre Forderungen gegenüber dem Schuldnerland oder gegenüber der Bank in Form der Anleihen weiter zu behalten, wenn sie für das gestiegene Insolvenzrisiko mit erhöhter Verzinsung bezahlt werden.

Dies ist der Zeitpunkt, in dem eine neue Form des Finanzmarktakteurs auf den Plan tritt, der sich gern selbst als EURO-Retter bezeichnet. Gekennzeichnet ist der EURO-Retter dadurch, dass er das einfach verständliche Problem der Staats- und Bankenschulden zu einem komplexen EURO-Problem aufwertet und den Untergang des Abendlandes beschwört, falls der EURO nicht gerettet werden sollte. Häufig wird die lapidare Frage, wer die aufgetürmten Schulden später zurückzahlt, sogar mit der Frage von Krieg und Frieden in Europa vermischt und die Diskussion mit militärischen Begriffen angereichert, um den Ernst der Lage zu beschwören.

Die eifrigen EURO-Retter spannten also Rettungsschirme auf, d.h. es wurde Geld von den Steuerzahlern der wirtschaftlich starken Länder beschafft, um die bisherigen Investoren der wirtschaftlich schwachen Länder auszuzahlen und die Schulden dieser Staaten und deren Banken weiterhin zu günstigen Zinsen zu finanzieren. Dieser Ansatz funktionierte bis etwa Anfang 2011 für die Investoren recht gut, da die Mittel für die Unterstützung der kleineren Krisenländer Griechenland, Portugal und Irland ausreichten.

Den Menschen in den Krisenländern halfen die Rettungsschirme jedoch nicht. Die vorgebliche Rettung der Krisenländer wurde als Rettung für die Investoren umfunktioniert. Hier liegt der eigentliche Skandal. Eine ursprünglich als Solidarleistung gedachte und so auch in der Öffentlichkeit verkaufte Unterstützungsmaßnahme der Geberländer für die Krisenländer wurde als Tunnel missbraucht, durch den die Investoren ihr Geld aus den Krisenländern abziehen konnten. Wie wir später sehen werden, schadete die Kapitalflucht nicht nur den Krisenländern selbst, sondern führte auch in den Geberländern zu Ungerechtigkeiten.

EURO-Bankraub

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