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Der erste Abtransport des deutschen Vermögens

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Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, hat den Banken der Krisenländer im Dezember 2011 und im Februar 2012 zweimal unbegrenzt Zentralbankgeld angeboten und diese Maßnahme mit dem Begriff der Dicken Bertha verbunden59. Einmal abgesehen von der Tatsache, dass der Begriff Dicke Bertha aus dem ersten Weltkrieg stammt und der Name für ein eisenbahngestütztes Geschütz deutscher Herstellung mit einem Kaliber von 42 cm steht, das mit einem Geschoss von etwa einer Tonne Gewicht Tod und Verderben über die Soldaten in ihren Stellungen gebracht hat, ist es für die Beschreibung geldpolitischer Maßnahmen aufgrund des militärischen Hintergrunds völlig ungeeignet.

Beim Einsatz geldpolitischer Maßnahmen darf das Ziel nicht auf die Vernichtung von Marktteilnehmern oder Marktmechanismen gerichtet sein, sondern es sollte darauf geachtet werden, mit angemessenen geldpolitischen Maßnahmen die Geldwertstabilität im EURO-Raum zu sichern. Das Zurückfallen in eine militärische Sprache und damit auch in längst für überwunden gehaltene Denkmuster ist in Friedenszeiten schockierend und erscheint bei näherer Betrachtung auch in der Wortwahl für einen Präsidenten der Europäischen Zentralbank als nicht angemessen. Häufig steckt in jeder noch so seltsamen Formulierung ein Funken an Wahrheit, den es zu ergründen gilt.

Sehen wir einmal von der unpassenden Rhetorik ab und wenden uns den Fakten zu. Insgesamt wurde in zwei Aktionen 1 Billion EURO an die Banken der Krisenländer verteilt. Mit diesem von den Notenbanken der Krisenländer bereitgestellten Geld wurden Forderungen der Gläubiger dieser Banken befriedigt oder die Banken haben dafür Staatsanleihen ihrer Regierungen gekauft. Im Jahr 2012 wurden Bankanleihen in Höhe von 780 Milliarden EURO fällig, die Banken fanden jedoch kaum Abnehmer dafür, da sie auf einem Berg fauler Kredite und Schrottanleihen der Krisenländer saßen60.

An diesem Punkt konstatierte Herr Draghi den Fall einer Störung des Transmissionsmechanismus. Dies ist unverständlich, da es sich – wie wir bereits im vorangegangenen Kapitel analysiert haben - um den Fall einer Überschuldung der Banken handelte, der sich aufgrund der notwendigen Abschreibungen aus einer Unterversorgung mit Eigenkapital ergab. Nun lag es jedoch nicht im Auftrag der EZB, überschuldete Banken zu retten, sondern sie durfte nur den sehr eng gefassten Auftrag der Geldwertstabilität erfüllen. So wurde der Auftrag der EZB das erste Mal bewusst überdehnt und Herr Draghi brachte sich in die Funktion des Bankenretters für die Krisenländer.

In diesem Fall stellte die Zentralbank zusätzliches Geld für lächerliche 1% Zinsen 3 Jahre lang den Banken zur Verfügung. Falls die bisherigen Kreditnehmer die auslaufenden Bankanleihen nicht durch neue Engagements erneuern, hätten die Banken die Kredite in einer funktionierenden Marktwirtschaft an die Gläubiger zurückzahlen müssen. Wird der Schuldner, in diesem Fall eine Geschäftsbank, durch Zahlung der Notenbank von dieser Rückzahlungsverpflichtung befreit, entspricht das einem Vermögenstransfer von der Notenbank zum Schuldner (Geschäftsbank) und anschließend vom Schuldner zum Gläubiger der Geschäftsbank (Investor).

Als Investoren werden in diesem Zusammenhang Banken, Versicherungen, Hedge-Fonds, staatliche Anlagefonds, aber auch Privatpersonen verstanden, zusammengefasst alle Wirtschaftseinheiten, die auf den Finanzmärkten in der Hoffnung Geld angelegt haben, um später (inkl. der Zinsen) einen höheren Betrag vom Schuldner zurückzuerhalten. Wenn die Investoren also davon ausgehen können, dass sie im Fall von Fehlinvestitionen von den Staaten und deren Notenbanken gerettet werden, gibt es einen Anreiz, deutlich höhere Risiken einzugehen. Höheres Risiko heißt höhere Gewinnaussichten, das Risiko von Verlusten tragen die Staaten und Notenbanken.

Die Geschäftsbanken haben das Geld dankend für 1% Zins angenommen und dafür Staatsanleihen der Krisenländer gekauft, die Zinsen von etwa 5% einbrachten. Dies ist eine relativ einfache Art und Weise, als Geschäftsbank risikolose Gewinne zu erwirtschaften. Wenn die Geschäftsbanken die gekauften Staatsanleihen als Sicherheit bei ihrer Notenbank einreichen dürfen, ist die Lizenz zum Gelddrucken für die Geschäftsbanken perfekt. Zusätzlich konnten die Geschäftsbanken mit dem seitens der EZB bereitgestellten Geld aus der „Dicken Bertha“ auch eigene Anleihegläubiger auszahlen, die bei Fälligkeit aufgrund des hohen Insolvenzrisikos keine neuen Bankanleihen mehr zeichnen wollten. Praktisch zeitgleich zum Start des Anleihekaufprogramms, das wir im nächsten Kapitel als zweiten Bankraub beschreiben werden, hat die EZB die Sicherheitsstandards für die bei Kreditgeschäften bei der EZB zu hinterlegenden Wertpapiere auf „BBB-„ reduziert61, und akzeptierte damit auch Beinahe-Ramschanleihen von Krisenländern.

Die Risiken liegen dann bei der EZB, bzw. in den Bilanzen der Notenbanken, die diese Kredite gewährt haben. Bis zum 30.01.2013 sind aus der ersten Tranche 137 Milliarden EURO von den Geschäftsbanken an die Notenbanken zurückgezahlt worden62. Das Volumen der bei den Notenbanken des EURO-Raums seitens der Geschäftsbanken hinterlegten Sicherheiten liegt bei 2 Billionen EURO, in Europa gibt es insgesamt Wertpapiere in Höhe von 14 Billionen EURO, die noch für eine Beleihung in Frage kommen63.

Durch abgesenkte Mindeststandards wird das in Frage kommende Volumen an besicherbaren Wertpapieren und damit auch das Kreditvolumen der Pleitebanken in den Krisenländern sicher noch weiter wachsen, da es den Notenbanken in den Krisenländern seit Februar 2012 auch gestattet ist, auf eigenes Risiko auch Kleinkredite von ihren Geschäftsbanken als Sicherheiten anzunehmen, ohne dass dies der EZB-Rat genehmigen muss. Aufgrund der laxen Sicherheitsstandards geben die Notenbanken der Krisenländer deutlich mehr Geld an ihre Geschäftsbanken aus, als sie zur Wahrung der Geldwertstabilität unter normalen Umständen ausgeben dürften.

Die zur Bekämpfung der Bankenkrise von der EZB erzeugte Geldschwemme hat neben der mittel- bis langfristigen Inflationswirkung auch noch andere, sofort wirksame Auswirkungen, die deutlich gravierender sind und in der öffentlichen Wahrnehmung häufig übersehen werden. Diese Auswirkungen lassen sich exemplarisch anhand der Bankenschuldenkrise in Irland und Zypern eindrucksvoll betrachten. In beiden Ländern sind die Banken besonders weit über das vertretbare Maß hinaus gewachsen und sind riskante Investitionen eingegangen, die sich als nicht werthaltig erwiesen haben.

In Zypern haben die Geschäftsbanken weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit Notkredite in Höhe von 9,4 Milliarden EURO von der Notenbank Zyperns erhalten64. Zieht ein Investor also Geld aus einer Geschäftsbank in Zypern ab, erhält diese das für die Auszahlung benötigte Geld von der eigenen Notenbank als sog. Liquiditätshilfe. Diese Liquiditätshilfe muss von der EZB geduldet werden. Der Investor hat somit die Möglichkeit, sein Geld aus Zypern abzuziehen und in anderen Ländern bei Banken mit besserem Risikoprofil anzulegen.

Am Beispiel Zyperns wird dargestellt, wie der Transfer des Geldes aus Zypern ins Ausland stattfinden konnte, wenn ein Investor seine risikobehafteten Bankanleihen loswerden wollte. Innerhalb Europas wurde hierfür das System der europäischen Notenbanken genutzt. Bevor wir in einige wichtige Details der Liquiditätshilfen einsteigen, möchten wir das Zusammenspiel von Notenbanken und Geschäftsbanken darstellen, das zum Verständnis der EZB-Maßnahmen zur Krisenbewältigung notwendig ist.

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