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Der Leichnam von Cameron Whiteman lag auf dem Tisch des Bestattungsinstituts. Mit dem von seinem Gesicht heruntergezogenen Laken, erweckte er den Eindruck eines in eine weiße Toga gekleideten altrömischen Senators.

Pontypool und Dr. Charles Finch sahen sich den Toten an. Auf dem Weg zum Anwesen der Whitemans hatten sie beim Bestatter einen kurzen Halt eingelegt.

»Sieben tiefe Wunden«, bemerkte der Kronanwalt. »Der Polizeiarzt hat bestätigt, dass zwei davon sofort tödlich waren.«

Finchs Gesicht blieb ausdruckslos. »Und die Waffe?«, fragte er nach.

»Der Abgeordnete reiste zu seiner Zeit durch den gesamten Commonwealth«, erwiderte Pontypool. »Sein Haus gleicht einem Souvenirmuseum. Er verwendete eine Art Dolch als Brieföffner … Irgendwo aus dem asiatischen Raum, Indien, glaube ich. So weit mir gesagt wurde, lag er immer auf seinem Schreibtisch.«

»Die Forensik bedient sich seit zwei Jahren eines Fingerabdruckverfahrens. Gab es welche?«

»Keine … abgewischt«, seufzte Pontypool. »Die ganze Sache muss plötzlich und unglaublich gewalttätig abgelaufen sein.« Er griff nach dem Tuch und zog es über das wächserne Gesicht des Toten. »Sollen wir gehen?«

Dr. Finch antwortete nicht, folgte Pontypool aber durch das vordere Geschäft des Bestatters zum Einspänner des Kronanwalts, den dieser am Gehweg abgestellt hatte. Dabei bahnten sie sich den Weg durch eine Schar Schaulustiger.

»Es gibt nichts zu sagen«, lautete Pontypools Antwort auf die auf ihn einstürmenden Fragen.

Finch setzte sich neben ihn auf den Kutschbock. Pontypool nahm die Führleine in die Hand, ließ das Pferd antraben und fädelte sich in den, um diese Stunde, noch spärlichen Verkehr ein. Für eine geraume Weile sprach keiner von ihnen. Finch schien nur Augen für die ausgetrocknete Landschaft im August zu haben, dennoch war er es, der als erster das Schweigen brach.

»War der Abgeordnete hier in Barking beliebt?«

»Beliebt? Der Mann hat sehr viel für die Stadt getan, werter Doktor«, antwortete der Anwalt der Krone lächelnd. »Immerhin war er der Organisator und Hauptaktionär des Stromversorgungsunternehmens. Mit seinem Geld wurde die neue öffentliche Bibliothek gebaut. Er war auch für die Landschaftsgestaltung im Dorf verantwortlich. Außerdem hat er versucht die Lokalzeitung am Laufen zu halten und sich um ein Krankenhaus bemüht.«

»Das beantwortet meine Frage nicht«, gab Finch zurück. »Ich habe schon häufig die Erfahrung machen müssen, dass Großzügigkeit und Popularität nicht unbedingt Hand in Hand gehen.«

Pontypool verzog ein wenig das Gesicht. »Einige Leute hielten ihn in der Tat für ausgesprochen rechthaberisch. Er liebte es, die Zügel straff in der Hand zu halten und dürfte vermutlich selbst nicht daran geglaubt haben, damit bei allen Einwohnern gut anzukommen.«

Schweigend fuhren sie weiter, bis Pontypool schließlich nach rechts zeigte. »Dort ist der Sitz des Abgeordneten … dort auf dem Hügel. Sehen Sie die große Villa?«

Finch runzelte die Stirn. »Alles was ich im Augenblick sehe ist eine hohe steinerne Mauer. Ich frage mich, warum jemand eine solche massive Umfassung um sein Haus errichtet.«

Der Kronanwalt nickte. »Ich muss zugeben, dass auch mich diese Umfassung sehr an eine Festungsmauer erinnert«, bemerkte Pontypool und fügte hinzu »Sie umschließt übrigens nicht nur seine Villa. Auf dem Arreal befinden sich auch die Wohngebäude von seiner Tochter Lorraine Nicholson und seinem Sohn Joseph.«

»Ich kann mir vorstellen, dass es dort jedem schwer fällt zu atmen«, murmelte Finch nachdenklich.

Pontypool lenkte den Einspänner durch das große, eiserne Tor und über die dahinterliegende kurvenreiche Auffahrt zum Haus des Ermordeten hinauf.

***

Charles Finch: Gedächtnisverlust

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