Читать книгу ...und dann ist nur noch Liebe - Tiago Maria Alma - Страница 7

Der erste Brief 24. April1998

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geliebter stern, mein herz,

ich bin nicht in der lage, dir einen handschriftlichen brief zu schreiben. ich zittere zu sehr in gedanken an dich und vor sehnsucht nach deiner nähe. die situation ist normalerweise zum verzweifeln aussichtslos, aber wir beide spüren, dass das wenige, was wir konkret voneinander haben mehr ist, als wir erwarten durften – so wie es aussieht.

ich kann ohne einen gedanken an dich keine sekunde mehr sein und das beeinflusst mein ganzes verhalten. die anstrengung funktionieren zu müssen sieht und merkt man mir an und alles in mir vibriert – und das vom aufwachen bis zum einschlafen. woher kommst du nur? wieso kenne ich dich schon so lange, ohne dich jemals zuvor getroffen zu haben? wieso verstehen wir uns „blind“? oder sind wir etwa erblindet durch den hellen blitz, der uns in umkirch getroffen hat?

fragen, fragen, fragen... und antworten sind nicht notwendig. jede frage, die ich mir stelle kann unbeantwortet bleiben weil wir jede antwort schon vor der fragen kannten. alles ist vertraut, jeder gedanke an dich ist nähe, geborgenheit, achtung und verständnis und offenheit. und ruhe! rückkehr zum ursprung des ichs. da wir offensichtlich beide irgendwann mal unser ich betrogen haben, ist der gleichklang dessen was wir ausstrahlen von jedem von uns erkannt worden. wir suchen hilfe bei uns und haben sie gefunden. zumindest spüren wir, dass es so ist und kämpfen gegen die „normalität“ an, weil wir wissen, dass wir da raus müssen. aber wie viel kraft haben wir?

wir haben unser geschenk angenommen und schauen es unentwegt an und freuen uns darüber. wir können es kaum jemanden zeigen, denn dann nimmt man es uns vielleicht wieder weg??? könnten wir das zulassen? nein, man kann es uns nicht wegnehmen, es sei denn, man reißt unsere herzen raus – und dann leben unsere seelen trotzdem weiter. das was wir haben ist unzerstörbar, selbst wenn wir es aus rationalen gründen selbst zerstören, lebt es für immer in uns weiter, unauslöschbar. wir haben das helle licht unseres ichs wiedergesehen und können nie mehr wegsehen. denn die erfahrung, die uns auf dem weg zu uns mitgegeben wurde sagt, dass es die prüfung war. wir haben sie nicht bestanden und können nur noch wirklich glücklich werden, wenn wir uns nicht selbst verleugnen. hier, wo wir sind, leben wir nicht lange und nur einmal. diese kurze zeit, milliardenstel sekunden von der ewigkeit, ist sicherlich nicht das, was das sein ausmacht.

wie viele menschen müssen eigentlich sterben, ohne dass sie denjenigen lieben durften, nach dem sie das ganze leben lang gesucht haben? wie viele menschen finden genau das in ihrem leben und leben eine liebe, die nicht beschrieben werden kann? so, wie in der literatur und in der kunst alle formen und arten der beschreibung von endgültiger liebe nur klägliche versuche, suche danach bleiben. nur dieser umstand machte es überhaupt interessant, darüber zu lesen, zu schreiben, es darzustellen...

ich habe mal gelesen „...wahre liebe gibt es nicht, sondern nur die ewige suche danach. in wahrheit lieben wir nur uns selbst...“ hier wird wahrscheinlich auch ausgedrückt, dass es wohl unter den menschen höchst selten vorkommt, dass sich zwei treffen, die füreinander bestimmt waren. wann auch immer sie sich treffen, früher oder später, bedarf es keiner worte, taten oder gesten, es bedarf nur eines: die wahrheit erkennen und akzeptieren, dass man angekommen ist. der eigentliche selbstmord ist, wenn man die für sich bestimmte seele trifft und sie ignoriert, wegschickt. es ist mord und selbstmord zugleich.

ich bin durch dich zum ursprung aller meiner visionen, träume und sinnhaftigkeit zurückgekommen und habe alles in sekunden wieder entdeckt. meine prüfung auf dem weg dahin war hart, aber ich habe immer gefühlt, dass irgendwann etwas ganz großes kommt; und das in letzter zeit immer stärker. bevor ich zu dieser messe gefahren bin habe ich große unruhe in mir verspürt, das etwas auf mich zukommen wird. aber ich wusste nicht was. alleine die tatsache, dass ich die messe nicht als normalen job oder eine von vielen gesehen habe, hat mich richtig aufgeregt gemacht. hätte ich dich nicht getroffen, hätte ich zumindest eine spitzenleistung auf der messe erbracht, die ich durch deine gegenwart dann natürlich erst recht vollbracht hätte. hätte ich dich nicht getroffen, wäre ich aber mit sicherheit nach der messe wieder in die tiefe dunkelheit und leere zurückgekehrt und weiter gedacht, gesehnt, gesucht, geträumt und gehofft.

ich bin sicher, dass uns unsere wege auf jeden fall igendwann zusammengeführt hätten. dass es jetzt war, kommt daher, dass es für alles den richtigen zeitpunkt gibt. und für uns ist jetzt der richtige zeitpunkt. vorher wäre irgendetwas in uns noch nicht fertig gewesen, die prüfungen noch nicht beendet, die bereitschaft zur endgültigen wahrheit noch nicht ausgeprägt genug, der mut zur ehrlichkeit sich selbst gegenüber nicht stark genug gewesen. und auch der mut den anderen gegenüber ehrlich zu sein, denn damit verletzen wir diejenigen, die uns vielleicht nur lieben, weil sie uns brauchen. aber sie brauchen uns nicht weil sie uns lieben!

ich könnte mehrere tage ohne nachzudenken weiterschreiben, wobei mein schreiben denken ist, dass sich automatisch auf meine finger überträgt. ohne dass ich es weiß, was ich da tue. jedes wort ist gedacht, mitgeteilt, aber nicht geschrieben. es ist trance, euphorie, glück, seligkeit, l i e b e

auch bin ich gerade zurückgerufen worden in die „realität“ und muss aufhören, denn die unehrlichkeit beginnt mich einzuholen, indem ich die uhrzeit (17:30) in mein gefühlsleben eindringen lasse und trotzdem mich dagegen wehre. doch berücksichtige, dass ich noch funktionieren muss. alles ist im fluss, alles schreit nach dir, nach deiner nähe, nach deinem blick, nach deinen worten und nach deiner liebe. alles schreit ins all hinaus und du kannst es hören und ich dich auch. es schmerzt und es streichelt unsere seelen gleichermaßen. wir spüren die unendlich ersehnte symbiose in der tatsache, dass es uns wirklich gibt. wir haben es immer gewusst. und jetzt, da es gewissheit ist, überwältigt es uns. wenn wir das nicht zulassen geben wir uns auf und geben alles auf.

mehr kann ich jetzt nicht mehr schreiben. ich verglühe sonst vor sehnsucht dir durch millionen ungesagter worte alles erklären zu können, was ich empfinde. auch wenn es keine wirklichen worte dafür gibt, wir würden jedes gespürte wort hören und empfinden. der umstand, dass ich schreibe ist nur ein zeichen meiner selbst. die versinnbildlichung, dass da eine seele liebt und gibt, was sie geben kann. trotz der ständigen nähe zu dir sehne ich mich danach, dich endlich wieder ganz nah bei mir zu haben.

lass uns mutig

zum horizont blicken

und den horizont

nach der

aufgehend sonne

absuchen,

auch wenn

die sonne die gefahr

des erblindens birgt!

Brief 27. April 1998

mein geliebter stern,

ich fange ganz oben an, weil ich nicht weiß, ob am ende der wenige platz ausreicht, wenn ich dir schreibe.

unser telfongespräch von heute war wie eine therapie. seit mehr als drei tagen keine möglichkeit, unser stimmen zu hören, ist zwar schlimm, aber die unglaubliche nähe hat den ausgleich gerade noch geschafft. ohne diese, unbekannte, im ersten moment erschreckende nähe, würden vielleicht rational völlig falsche schlüsse gezogen oder entscheidungen getroffen. uns ist alles nach intensiver und näher als zuvor. ich verzehre mich vor sehnsucht nach dir und bin gleichzeitig so glücklich wie noch nie. ich trinke jedes wort von dir, sauge es in meine seele und alle deine gefühle und empfindungen und zärtlichkeiten erwecken mich zu dem, was ich bin, was ich mal war.

meine seele war – bevor wir uns endlich, nach langer, unbewusster suche gefunden haben – ein scherbenhaufen, verursacht durch die unachtsamkeit eines dienstmädchens, das ein tongefäss fallen ließ und es in 1000 scherben zerspringen ließ. die scherben waren mehr, als ton an dem gefäß. nun, da du die möglichkeit aufzeigst, jedes einzelne teil wieder zum dem zusammenzufügen, was es ursprünglich einmal war, um dadurch freude, glück und achtung zu zeugen, fängt eine neue epoche an, die dem wiedererstandenen gefäß die aufgabe zugesteht, die ihm zugedacht war. von wem auch immer. das war nur eine (komplizierte?) metapher. aber ich weiß, dass du sie nachempfinden kannst.

die fügung und bestimmung, die uns nach ewigkeiten der prüfung und des suchens nun endlich vereint hat, ist zugleich die endgültige fügung und prüfung unseres ichs. so empfinde ich das. nichts vorher war so nahe. nichts vorher war so unvermeidlich. nichts vorher war so ersehnt, so frei, so natürlich, so gesteuert von liebe, zuneigung, sensibilität und zärtlicher sehnsucht nach symbiose. endlich riechen, was immer schon gerochen wurde, ohne dass der geruch wirklichkeit war. endlich fühlen, was man glaubte niemals fühlen zu können. endlich strahlen, wie man immer schon strahlen wollte. endich angekommen!!!!

ja, angekommen. jedoch geprügelt und geknebelt von uralten, seit jahrtausenden gelebten und gebrochenen einheitsverhaltensweisen, die uns von ein „paar pfaffen“ im mittelalter gesteuert aufgezwungen wurden, trifft es uns schwer, damit umzugehen, dass alle signale, energien und ströme und strahlen uns ans ziel bringen wollen. lass es uns als das größte geschenk betrachten, dass wir erwarten durften. und wenn es so bleibt, wie es jetzt ist, dann ist es grösser, als alles was wir erwartet haben. wenn es mehr wird, ist es erfüllung. sinn des seins. ich liebe dich.

Brief 05. Mail 1998

...im zug nach leipzig

diese ersten geschriebenen worte erwecken in mir buchstabe für buchstabe ein sich steigerndes gefühl von seeligkeit und wärme. ich will die ruhe im bahnhof der seele genießen bevor ich die ankunft des endgültigen zuges auf mich zukommen sehe. meine abreise ist wie eine metapher; die abreise aus dem alten leben, nutzlosen (?) leben, das man besser verließe wie eine bewachte kerkerzelle. ich verspüre die wirkliche abreise in der magengrube, schon bevor ich den fuß auf das trittbrett setze. ich, der nie gelernt hat, gefühllos zu bleiben, sooft ich abreiste.

auf wiedersehen ihr nicht zum abschied erschienen, auf wiedersehen abstrahlende familie, bahnsteig von heute, maskentragende darsteller des vermeintlichen ichs. könnte ich nur im bloßen gedanken an das abreisen verharren, und nach der fahrt vom schaffner gefunden werden, wie ein päckchen mit der aufschrift „vergessen“. ich fahre in die zukunft wie in eine schwierige prüfung. was wäre, wenn der zug niemals gekommen wäre? hätte gott sich meiner erbarmt? da er aber gekommen ist und ich fahre, fahre, fahre... hat sich gott erbarmt!? abreisen und nie wiederkehren. denn man kehrt nie wieder. wenn man zurückkommt ist der ort, an dem man zurückkommt ein anderer; nicht mehr dieselben leute, dasselbe licht. es erscheint mir, als öffnet die abreise alle tore. ich muss hindurch. mein losungswort: lily. aber ich gehe auch ohne erklärung hindurch, wenn nötig, breche ich die tore auf. ja, ich, der sensible, brave zivilisierte, breche tore auf, denn seit der abreise bin ich nicht mehr zivilisiert, schmächtig, eingesperrt in den kerker der kraftlosen seelen. jetzt bin ich ich. ein weltall, denkend sich ausdehnend, aus geistiger materie und grenzenlosen kraftfeldern des seins. ob ich zum ziel gelange hängt von mir ab, von gott und von dem ich-sinn des wortes unendlichkeit.

ich gebe sporen und bin selbst das pferd auf dem ich reite. zärtliche sporen voller drang und euphorie das ziel zu erreichen: anzukommen. und wenn gott es selbst verhindern will, wir gehen vorwärts ins irgendwo... unendlichkeit, ziel ohne ziel, da unsere seelen das ziel kennen, denn sie sind das bekannte ziel. hey! öffnet alle fenster für mich damit ihr alle da draußen mich hört. reißt alle türen ein. stürzt über mich eure ordentlichen, sauberen häuser. ich will unter freiem himmel leben, wie regen an der wand herunterrinnen, auf den meeresgrund sinken. ich will nach der ankunft keine schlösser mehr in den türen, will mich wieder einmischen, forttragen lassen, das tolle eigentum eines anderen sein, für den besitz dem tode gleich ist. ich will fliegen und fallen aus höchster höhe und landen auf unserem heimatstern, getragen von deiner liebe. und zu dir zurückgekehrt, denn seit meiner abfahrt vor ewigkeiten befand ich mich auf der suche nach dem ausgangspunkt der reise: auf der suche nach dir. die suche danach war rückblickend der sinn des seins. die prüfungen gewollt und voraussetzung zur ankunft. die tiefe resignation, gepaart mit einer, nie versiegenden sehnsucht, die auch der tiefen, auf der seele lastenden müdigkeit standhielt, war ein kurzes ausruhen des geistes, der die nahrung verweigert hatte.

nun, da wir wieder trinken können, aus köstlichen liebesquellen, glasklar, rein, unbedenklich (!), genießbar, uns nähren können von früchten, die wir nie aßen, aber selbst mit endloser gedult gezüchtet haben, beginnt das leben,... mit der erkenntnis, dass wenn wir sonst keine fähigkeiten besäßen, wir doch die fähigkeit zur ständigen erneuerung der befreiten sinneswahrnehmung besitzen. doch wir haben weitaus andere fähigkeiten, die von den meisten, die uns kennen, weder wahrgenommen, noch geachtet werden, denn achtung entsteht durch wahrnehmung. für andere klingt es vielleicht sogar lächerlich, weil wir vielleicht sagen, dass die blumen lächeln, die flüsse singen, weil wir so den verlogenen menschen das wirkliche wesen der blumen und flüsse zeigen. jemand, der nicht weiß, was es heißt, die dinge anzuschauen, begreift demnach auch nicht, wenn wir auf eine weise von den dingen sprechen, die ihr anblickt lehrt. dabei sind wir nur dolmetscher des seins, weil es menschen gibt, die ihre eigene sprache nicht verstehen, nicht fassen, weil ihre sprache keine ist. wenn man aber nicht bereit ist, eine sprache zu lernen, um zu verstehen, verweigert man das leben...

wir, du und ich, sind davon umgeben, betroffen, betrübt und konnten trotz aller kraftaufwendungen nichts ändern. alle versuche, es zu erklären, sprachlehrer zu sein, es vorzuleben, es zurückzubekommen, scheiterten an dem abprallen unserer strahlen an den gepanzerten wänden der zusätzlich durch riegel gesicherten seelen. ich glaube, ich schreibe schon wirres zeug, indem ich tief verborgene gefühle denke und schreibe, bevor sie gedacht sind. ich kann einfach wieder schreiben! ein glückszustand und von dir verursacht und beflügelt. ich werde jetzt noch eine stunde von dir träumen und an dich denken und meine ganzen empfindungen aussenden um sie dir zu schenken. ich weiß dass es dich zeitgleich erschaudern lässt in einer ersehnten wohligkeit, die keinem physischen genuss vergleichbar sein kann. ich liebe dich und spüre deine gedanken auf meiner haut. ich habe immer daran geglaubt, dass es dich gibt – aber hatte nicht mehr die kraft zu hoffen, dich (wieder)zusehen. aber für alles gibt es den richtigen zeitpunkt. ich freue sooooo auf deine umarmung!

Brief 05.05.1998 22:45 h

ich hab mich allem entzogen, ganz schnell, abrupt, viel unverständnis verursachend. ich der „benutzt“ wurde den frohsinn zu schüren, die gesellschaft zu stützen, den esprit anzudenken, an dem sich alle laben konnten; ich, ich gehe aufs zimmer. meine ge- und verlogenen ausflüchte erkennbar, unglaubwürdig, obwohl wahrheit, wurden von einigen als wahrheit, die undefinierbar ist empfunden, aber nicht geäußert. all das führt mich zurück zu mir, weil es mich berührt, das sich fremde gedanken, ja vielleicht sogar sorgen um mich machen, ob meiner glücklichen unbekümmertheit, ich selbst zu sein und ein vermeintliches geheimnis in mir verbergend. das geheimnis meiner vergangenheit. ich weiß nicht, wessen sie ist, meine vergangenheit, die, an die ich mich erinnere, ist, dass ich ein anderer war. auch erkenne ich mich nicht, wenn meine seele jene freude fühlt, die mich fühlend erinnert und mich fröstelnd macht. die permanente, tiefe, intensive sehnsucht nach dir, deinen worten, gesten, bewegungen, deinen sprachvollen blicken und wortlosen mitteilungen, deinen zärtlich liebenden berührungen und nach deiner mir vertrauten sehnsucht, lässt mich nicht zur ruhe kommen. gerade das ist es, was mich in sicherheit wiegt und mich verunsichert. und dort, wo du jetzt bist, fühlst du es. so, wie ich dich fühle. die tatsache, dass wir uns vor vielleicht 15 jahren begegnet wären, stürzt mich nicht in gedankenstürme, weil wir uns vor 15 jahren nicht begegnet sind und nicht begegnen konnten. es war nicht bestimmt, dass es so gewesen sein könnte. das wir uns jetzt begegneten, ist darin begründet, dass es erst jetzt einen sinn hat. erst jetzt sein sollte und musste. weil es erst jetzt soweit ist. alles, was darauf folgt ist die entscheidung für die endgültigkeit, für die wahrheit unseres eigentlichen ichs. jede entscheidung zählt und hat ihre berechtigung. aber es gibt einen unterschied zum bisherigen sein: wir können sie nur gemeinsam treffen. und wir werden unsere entscheidung so sehr achten, wie wir uns lieben. gibt es noch mehr? du jedenfalls wirst für immer mehr sein für mich. sogar mehr als ich! ich liebe dich mehr, als sandkörner an allen stränden der welt sind.

Brief von ihr

Mai 1998

just a perfect night?

fremd sein und doch verstehen,

am anfang, das gespräch offen

und ehrlich,

zuerst verhalten und dann bestehen.

augen in denen sich meine

seele spiegelt?

oder nur der wunsch: endlich eine

männlich verwandte seele!

schon lange liegt diese hoffnung begraben,

begraben unter einem meer von asche,

asche einer jeden hoffnung.

bin ich vielleicht zu naiv?

immer wieder daran zu glauben?

heißt es nicht: phönix entstieg der asche?

asche ist fruchtbar.

mit meiner asche wäre die ganze erde fruchtar.

und jetzt auf einmal soll es so sein?

dass ich diese männliche seele gefunden habe?

wo nicht sex das thema ist, sondern die

befriedigung auf einer anderen ebene stattfindet

und dass dann körperliche befriedigung ergibt,

nur noch der abschluss ist.

mein traum, er ist gefunden,

es wird sich zeigen mit der zeit,

zeit heißt warten

ich lebe, ich liebe, ich sterbe.

Brief 08. Mai 1998

ich habe nun endlich deinen brief und die fotos (die ich gerne behalten würde) und es war für mich wie folter, sie 6 stunden in meinem schreibtisch zu haben, ohne den umschlag öffnen zu können. der brief von gerti ist „wunderbar“. so tief, liebevoll, besorgt und vor allem der brief einer freundin, die das glück ihrer freundin sehen will. jetzt weiß ich auch warum du überlebt hast – trotz verkümmerter seele.

ich habe überlebt, weil ich gewartet habe. ich gebe aber zu, dass ich vielleicht nicht mehr lange hätte warten können. meine resignation war schon in einem stadium, das in richtung depression unterwegs war. die sinnlosigkeit allen tuns und seins wollte macht von mir ergreifen. ich war kurz davor ein nichts zu sein und es auch sein zu wollen. ich habe mir alle menschen in mich hinein gewünscht, nur um nicht mehr ich zu sein. ich habe die dummen, ungebildeten, die sandler und die machos beneidet nicht ich zu sein.

nun, da der zeitpunkt gekommen ist, die schönen und die schlechten träume zu vergessen, ist – wie gerti sagt – der zeitpunkt gekommen, die sehnsuchtsträume zu leben. nun ist es an der zeit zu erkennen, dass das was hinter uns liegt, unbedeutend zu dem ist was vor uns liegt. aber auch das was vor uns liegt, ist winzig im vergleich dazu, was in uns liegt und so lange brach gelegen hat, verkümmern musste. wir müssen nun entdecken, was in uns liegt und damit meistern was vor uns liegt. nur das kann das ziel sein. nicht das vegetieren zu erhalten, nicht uns unablässig zu belügen und damit den partner zu hintergehen.

die abfahrt des zuges haben wir nicht verpasst. niemand ist zum abschied erschienen auf dem bahnsteig der entscheidung. wir konnten uns von niemandem verabschieden, der zug kam zu schnell und hielt zu kurz. wir steigen beide ein, weil wir ihn niemals verpassen durften. es war der letzte zug der in richtung horizont abfuhr auf eine reise, die weiter ist als unser auge jemals sehen kann. vor der abfahrt waren wir ein teil des kleinen, begrenzten universums in dem wir lebten. begrenzt von uns selber, weil wir es so wollten. sonst hätten wir es ja geändert. in wirklichkeit sind wir ein teil des ganzen universums und nicht begrenzt von zeit und raum. wir erfahren unsere gedanken und gefühle getrennt von dem rest. das ist aber eine art optische täuschung des bewusstseins. diese täuschung ist wie ein gefängnis für uns, das uns auf unsere persönlichen wünsche und auf die zuneigung zu den wenigen personen, die uns am nächsten sind (nicht räumlich) beschränkt.

wir haben schon während des aufeinanderzurasens erfasst, dass sich die endgültige chance ergibt, uns aus dem gefängnis zu befreien. es öffnete sich ein großes tor, das von unseren seelen mit letzter kraft, mit der intuition, die lebensrettende gelegenheit zu sein, durchflogen wurde, damit sie sich für immer umarmen können. welche kraft kann sich umarmende seelen auseinanderreißen? gott selber wäre dazu vielleicht in der lage, aber es wäre eines gottes nicht würdig es zu tun, denn er würde unglaubwürdig. unser weg war bestimmt dazu, die bisherigen lebenssymbole zu verstehen und daher sind wir nun (aber offensichtlich schon seit längerer zeit) dazu in der lage, die sprache unserer seelen so zu übersetzen, dass der verstand sie deuten und einordnen kann. betrachten wir es als botschafter des schicksals.

es schreit aus unseren seelen ins all hinaus, dass wir erreichen können, was wir wirklich wollen. sie haben die sprache gelernt und wenden sie jetzt energetisch an. bisher hat vermeintlich das wollen gereicht. nun müssen wir es tun, oder unsere seelen verstummen für immer. sind wir uns selbst eigentlich gar nichts mehr wert? wenn wir so weiter gemacht hätten, wie bis zum zusammenknall, hätten wir weiterhin nichts anderes bewirkt, als von denen, die uns am nächsten sind, das zurückzubekommen, was wir selbst aussenden. welche schwachen, kümmerlichen signale haben wir doch ausgesendet!!!? wir wissen beide zur genüge, was wir zurückbekommen haben. aber auch was wir an signalen empfangen haben. unsere seelen haben mit höchster anstrengung gelauscht und das all abgesucht nach den winzigsten zeichen - und nur fragmente des nichts empfangen. die tatsache, dass sie weiterlauschten betrachte ich heute als prüfung.

wenn wir die tatsache, dass mit einem schlag – kurz vor abschalten der „horchposten“ – urplötzlich erwartet unsere aussendungen auf eine irrsinnig starke resonanz stießen, ignorieren und mit dem verstand und dem fortwährenden betrug an uns und „den anderen“ unser bewusstsein hintergehen und täuschen, ist es wahrscheinlich das ende. nie wieder werden wir so sein, wie wir sein wollten. nie wieder werden wir so angestrengt horchen wie bisher und wenn wir überhaupt noch jemals signale empfangen, werden wir ihnen misstrauen wie einer fremden macht.

nur was in uns ist, kann unsere lebensumstände bestimmen. nur was in uns vorhanden ist, in uns vorgeht, kann das, was wir wirklich wollen festigen. in bezug auf unsere „partner“, die natürlich denselben gesetzen unterworfen sind, haben wir das bewirkt und zurückbekommen, was von den inneren dimensionen bestimmt wurde.

das ergebnis dessen ist unzweifelhaft. haben wir deshalb so lange unser innerstes eingekerkert in uns, es zwar gepflegt, es geliebt, umsorgt und mut zugesprochen, aber nicht herausgelassen, weil wir ja wussten, dass wir nicht berechtigt sind zu hoffen und deshalb warten mussten? ich meine ja. sorgen wir doch jetzt endlich für die befreiung der seelen aus dem kerker und lassen sie frei in die grenzenlose unendlichkeit, in die dimension zurück, in die sie hineingeboren wurden. führen wir sie an den ort, wo sie zu gleicher zeit geboren wurden, dann verändern wir unser leben wirklich. nur dann finden wir die wirkliche erklärung, warum wir uns niemals fremd waren, warum wir uns seit ihrer geburt suchten. wäre es bestimmt gewesen, dass sie sich ab der geburt vor ewigkeiten nicht mehr trennen, wären wir seither eins. so aber kannten wir uns nur, liebten uns und suchten deshalb so sehr.

wir empfinden uns als symphonie aus nie gekannten instrumenten und tönen, die kein komponist jemals erdenken und niederschreiben könnte. unser innerstes jubelt der symphonie begeistert zu, vergisst alle jemals komponieren symphonien und applaus braust weit über die grenzen der unendlichkeit hinaus. all das findet in uns statt und wir schwelgen darin, lassen uns gehen, hören nichts anders mehr, saugen die symbiose aus den tönen, empfindungen, harmonien und gleichklang in die endlosesten winkel unserer grenzenlosen seelen auf – um doch so weiter zu machen wir bisher????

nein, das wird nicht so sein, wie wir glauben, uns vor uns selbst zu schützen, um andere zu schützen. nein, das wird nicht funktionieren. das geschenk haben wir erhalten, das geschenk können wir betrachten, aber dann stellen wir es in den keller? zu den andern geschenken – und machen nichts damit? jawohl, ich meine das genau so! ich rase innerlich vor empfindungen, unruhe, ungeduld, liebe, zärtlichkeit, sehnsucht. ich bin unfähig irgendwas konkretes zu tun oder zu denken. meine gedanken werden beherrscht von deinem wesen, von deinen signalen, die ich millionenfach pro sekunde empfange und noch versuche, die geschwindigkeit und menge zu erhöhen. und es gelingt mir!

ich kann es nicht mehr verbergen, weil ich es auch nicht mehr verbergen will. es ist völlig unbestimmt, was an diesem vor mir liegende wochenende passiert. es ist aussichtslos, die nicht mehr vorhandene gleichgültigkeit und „normalität“ wieder herzustellen. ich sende es von innen aus, dass meine seele brennt und das wird von demjenigen, der mir (noch irgendwie) nahesteht empfangen. ein wort von ihr und ich gebe das versteckspiel meiner seele auf, höre auf sie selbst zu foltern. ein wort von ihr und ich bekenne alles freudig. ein wort von ihr und ich gehe. ein wort von dir und ich stehe vor deiner tür. ich werde mich bekennen und bin niemandem, wirklich keinem einzigen wesen auf der welt rechenschaft schuldig!

ein wort von dir und die kannst zu mir kommen. bringe nur dich mit und das was du am meisten liebst. ein wort von dir und alles ist möglich. kein ort, keine zeit, keine sprache, kein umstand kann wichtiger sein als dein wort. kein ziel kann zu weit sein, kein weg kann zu lang sein und keine gewalt kann so groß sein, dass es wichtiger würde als dein einziges wort. wir brauchen keine langen erklärungen, wir brauchen eigentlich noch nicht mal worte. so wie alle worte in diesem brief optische signale der bestätigung der empfangenen resonanzen sind. so, wie du inmitten meiner verzweiflung anrufst und von deinem streit vor den kindern berichtest, mit tränen in den augen, (ich habe jede einzelne weggeküsst), habe ich alles mitgehört, gespürt, empfangen.

du und ich werden uns nun nicht mehr verstellen. nicht mehr verleugnen. während der messe werden wir zusammen sein. jede sekunde. alle glauben, dass sie darüber bestimmen können, was recht und was unrecht ist, was gut und was böse ist, was sie glauben, wie wir uns verhalten sollten, damit sie sicher sein können dass sich alle so schön verhalten wie sie selbst (oh gott, was für eine vorstellung). alle haben nur ein problem: ein problem mit sich selbst. nicht wir haben ein problem; es ist uns völlig egal was alle denken, es wäre völlig verlogen, unehrlich und unerträglich für unsere innersten gefühle, das zu missachten, was wir wirklich fühlen. unsere seelen sind eins und das betrifft nur uns. wollen wir sie verletzen, indem wir ihre sprache verfälschen? wollen wir sie belügen, indem wir alle um uns herum belügen? wollen wir lügen?

nein. ich will frei sein dich lieben zu dürfen. was irgendwer dabei denkt, sagt, wispert, flüstert weitergibt ist mir scheissegal, interessiert mich nicht. es geht nicht um sie, es geht um uns. wir werden völlig normal sein, aber nicht verlogen. wir werden eins sein, aber nicht provozieren, denn das hieße wiederum unehrlich sein. nein, ich kann und werde nicht verbergen, dass wir uns lieben. ja, lieben!!! und sobald unser job getan ist, sind wir! und nicht funktionierende partikel einer verspießerten gruppe von leuten, über die ich mich im einzelnen nicht auslassen möchte – und auch nicht auslassen werde. weil das, was sie sind und das was sie tun ihre sache ist. ich ziehe mich nur zurück, wenn es mich berührt. das ist alles. mehr nicht. es ist nicht mein problem, wie sie sich verhalten, was sie denken und was sie sind. aber ich lasse es auch nicht zu meinem problem machen, indem ich mich damit auseinandersetze, was sie über uns denken.

liebstes wesen, ich liebe dich so, dass es weder verbal, noch geschrieben darstellbar ist, weil es auch nicht notwendig ist. es wären so oder so nur worte. der satz „ich liebe dich“ bedeutet, dass ich in dem moment, wo ich ihn schreibe oder sage alle empfindungen für dich in einer unendlichkeit spüre und es dir durch diese worte mitteile. ich will nach der messe alle kräfte in mir freisetzen. was diese freigesetzten kräfte dann bewirken können ist unermesslich. ich bin mir sicher, diese drei tage und zwei nächte entscheiden unser endgültiges leben. auch wenn die entscheidung die gefahr in sich birgt, dass der verstand sich weigert, die lebensspendende sprache unserer seelen zu verstehen. auch wenn es die gefahr in sich birgt, dass der verstand mit millionen kriegswaffen unser bewusstsein vernichten will. ich werde es akzeptieren und ohne seele und bewusstsein weiterleben. aber unsere seelen werden sich nicht wehrlos ergeben. sollten sie es doch, dann waren sie nicht stark genug, oder wir haben ihre sprache nicht verstanden. ich umarme dich ganz innig, zart, mit unendlicher liebe und küsse dich weich und warm. ich liebe dich.

...und dann ist nur noch Liebe

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