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3. Die Tagespille

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Peter Pinkelbein (genannt Einstein):

Warum soll Tentorius den ersten Vortrag halten. Eine völlig unbegründete, willkürliche Festsetzung von Lady Lonedale, deren Rechtmäßigkeit ich in Frage stelle. Tentorius ist nicht einmal Nobelpreisträger. Er kann sich keines Vorrangs vor mir, Darwin oder Krzsymanski rühmen. Die Lady hätte das Los entscheiden lassen oder eine Abstimmung durchführen sollen. Zwangsläufig muss so der fatale Eindruck entstehen, als wäre Tentorius gewissermaßen der Senior in unserer Runde, was schon aufgrund seines Alters nicht möglich ist. Brunhilde sieht darin einen Bruch mit der wissenschaftlichen Etikette. Sie hat völlig recht.

Warum hat sie nicht dich an die erste Stelle gesetzt, aufgrund deiner akademischen Leistungen und deines Rufs bist du es doch, der das größte Prestige genießt!

Brunhilde meint es, wie immer, so gut mit mir. Aber ich persönlich denke natürlich nicht in den Kategorien von Prestige und wissenschaftlichem Rang. Missgunst oder gar Neid sind meinem Wesen fremd. So etwas habe ich schlicht nicht nötig, die Zahl meiner Ehrendoktorate liegt, wenn ich recht gezählt habe, zwanzig Prozent über der von Tentorius, aber andererseits wäre es doch korrekt gewesen, die Reihenfolge unseres Auftretens nicht so diktatorisch festzulegen.

Ist das nicht? Ja, natürlich, das ist mein Assistent Spinster, der sich offenbar in einem angeregten Gespräch mit einem Serviermädchen befindet. Er ist ein Luftikus, wenn auch ein guter Wissenschaftler. Diese Anmacherei geht mir auf die Nerven, offenbar reicht ihm die Wissenschaft nicht. Ich sollte höhere Anforderungen an ihn stellen, der Mann ist nicht ausgelastet. Brunhilde hat einen Narren an ihm gefressen, sie hält fest an Spinster. Ich hätte ihn sonst längst in die Wüste geschickt.

Jetzt entdeckt er mich, drückt dem jungen Ding noch schnell die Hand und eilt auf mich zu.

Herr Professor, nach dem gestrigen Abend, als Newton, also dieser Krzsymanski, uns mit seinen Ideen zum Quantengehirn überfiel, weiß ich erst recht, was mir Ihre Happiness Pill bedeutet. Schaurig, was Newton uns da erzählte. Der Schädel soll von innen her ausgekratzt, die gesamte Neuronenmasse wegen möglicher septischer Prozesse sorgfältig herausgespachtelt werden, bevor sich das digitale Gehirn einsetzen lässt. Also wenn Sie mich fragen, ich bin strikt dagegen. Lieber mein altes, fehleranfälliges, am Ende wegfaulendes Hirn, als dieser Ersatz aus Silizium. Mir ekelt richtig.

Spinster, Du brauchst nicht so auf mich einzureden. Meinst du, ich durchschaue dich nicht? Du willst mir schmeicheln. Das der Grund, warum du dich als Gegner von Newtons Erfindung gerierst. Aber andererseits kann ich dich durchaus verstehen. Wer wird sich denn freiwillig dieser unappetitlichen Operation unterziehen?

Sie haben völlig recht mit Ihrer Kritik, mein lieber Spinster. Krzsymanski ist ein Phantast. Leider kann er trotzdem darauf zählen, von Lord Palmerstone gefördert zu werden, sonst hätte der ihn nicht hierher eingeladen.

Spinster nickt mir eifrig zu. Er ist ein Schürzenjäger, leider, aber sein Lächeln hat etwas Gewinnendes, außerdem setzt sich Brunhilde für ihn ein.

Unsere Happiness Pill – der Mann sagt tatsächlich unsere, solche Anmaßung kann ich nicht leiden! – macht doch in Wahrheit alle anderen Erfindungen völlig überflüssig. Wenn der Mensch glücklich ist, denkt er über die Endlichkeit seines Lebens nicht länger nach. Der Tod schreckt ihn nicht mehr. Er akzeptiert das Leben und natürlich auch das eigene Gehirn so wie es ist – da werden dann auch alle Krzsymanskis mit einem Schlag überflüssig.

Richtig Spinster, so sehe ich es auch. Das Problem der Menschheit war immer und einzig das Glück, das sie leider bisher nie erreichte, weil die Wissenschaft auf diesem Gebiet bis vor kurzem noch in den Kinderschuhen steckte. Dann kam ich und habe das Problem mit der Happiness Pill gelöst. Mit einer gewissen Berechtigung hat mir das den Titel Einstein der Neurologie eingebracht. Keine Übertreibung, das darf ich mit aller Bescheidenheit sagen. Denn damit sind auch alle anderen Probleme gelöst. Der glückliche Mensch kennt keine Probleme mehr. Genau das wollen Krzsymanski und Co. allerdings nicht begreifen. Ich hoffe aber, dass der Lord klug genug ist, um die Spreu vom Weizen zu trennen. Im Grunde kann er sich die Förderung aller übrigen Projekte sparen.

Spinster setzt seine übliche unterwürfige Assistentenmiene auf. Das versöhnt mich einigermaßen.

Herr Professor, sagt er, ich habe mein Leben Ihrer Erfindung gewidmet. Sie ist an sich schon genial, das brauche ich ja nicht zu betonen. Aber was mich von Anfang an so beeindruckt hat, ist der leichte, eigentlich kinderleichte Weg, den sie der Menschheit zum Glück eröffnet haben: Eine Pille in etwas Wasser gelöst und jeden Morgen zum Frühstück eingenommen.

Mein lieber Spinster, vergessen Sie bitte nicht, dass wir im Augenblick noch nicht ganz so weit sind. Fürs erste brauchen wir noch drei Pillen auf vierundzwanzig Stunden. Viele Menschen müssten einmal in der Nacht aufstehen, wodurch ihr Glück eine fühlbare Einbuße erleidet. Deshalb brauchen wir unbedingt die Förderung durch den Lord. Die Tagespille ist unser Ziel, die müssen wir unbedingt noch entwickeln.

Ja, die Tagespille!

Spinster ist auf einmal ganz bei der Sache, so sehe ich es gern.

Aber noch besser wäre es zweifellos, wenn wir eine Wochen- oder Monatspille auf den Markt bringen könnten. Der Mensch ist ja vergesslich und besonders dann, wenn er sich in einer glücklichen Stimmung befindet.

Halten Sie ein, Spinster, alles der Reihe nach! Wir dürfen nicht über die Stränge schlagen. Zuerst die Tagespille, das allein ist schon eine umwälzende Neuerung. Bitte schön, alles der Reihe nach!

Die Weltenretter

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