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Kollektive Angst in Europa

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Fast 1.000 Jahre lagen zwischen dem ersten muslimischen Vorstoß nach Südfrankreich, ja bis in die heutige Schweiz hinein, und der „Kapitulation“ in Carlowitz. 300 Jahre sind inzwischen seit Carlowitz vergangen, in denen die Europäer zumindest hätten versuchen können, ihren Schauer vor dem Islam zu vergessen. „Tatsache bleibt“, sagt der tunesische Schriftsteller Hichem Djait, „dass die Vorurteile des Mittelalters sich in das kollektive Bewusststein des Westens so tief eingegraben haben, dass man sich voller Schrecken fragen mag, ob sie jemals wieder ausgemerzt werden können.“

Solche Alpträume kennt man aber nur im christlich geprägten Europa. Während des längsten Teils ihrer Geschichte hatten die Muslime keinerlei Anlass, Europa gegenüber Komplexe zu haben. Abgesehen von der relativ kurzen Periode der Kreuzzüge konnten sie es sich leisten, Europa schlicht zu ignorieren. Während des Mittelalters reisten muslimische Gelehrte, Prediger und Kaufleute durch die gesamte Welt des Islam zwischen Spanien und Indonesien. Ihr Pass war das Glaubensbekenntnis, und ihre Abenteuerlust wurde ihnen durch die Tatsache leicht gemacht, dass im Islam Gastfreundschaft und Hilfe für den Reisenden eine religiöse Pflicht sind.

Sie reisten aber vorzugsweise in die von ihnen zivilisierte Welt und wagten sich nicht bis ins dunkelste Europa vor – wo sie mit größter Wahrscheinlichkeit getötet worden wären. Ein früher islamischer Autor vertrat die damals sehr fortschrittliche Meinung, dass der weiße Mann nicht weniger intelligent sei als der schwarze Mann in Afrika.

Im Ganzen gesehen hatte es aber den Anschein, als sei das mittelalterliche Europa jenseits der Pyrenäen eine Region des Schmutzes und der Barbarei. Die Europäer, die als Kreuzzügler in Palästina eingefallen waren, sind in ihrer Kriegsführung barbarisch gewesen und kannten keinen Respekt gegenüber Frauen und Kindern. Sie waren schmutzig in ihren Angewohnheiten und haben so sicherlich etliches zur Schaffung schlechter Vorurteile beigetragen. Die Muslime konnten nichts von dem geheimen spirituellen Leben der Christenheit ahnen, das vor ihrem Blick in Klöstern und Einsiedeleien verborgen war. Ebenso wussten selbst moderne Europäer nur wenig von dem geheimen spirituellen Leben der Muslime und sahen nur die äußerliche Maskerade.

Schon vor den Kreuzzügen hatte ein gewisser Saìd Ibn Ahmad von Toledo ein Buch über die „Kategorien der Nationen“ geschrieben, das die Menschheit in zwei Arten einteilt: Solche, die sich mit Wissenschaft befassen, und solche, die davon nichts wissen. Die erste Gruppe schloss Araber, Perser, Byzantiner, Juden und Griechen ein. Die übrige Menschheit bestand aus nördlichen und südlichen Barbaren – den Weißen und Schwarzen.

Die Geschichte des Islam

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