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Jennifer wendete den weißen Briefumschlag in ihren Händen. Er war an Reiner adressiert, aber nicht mit seiner Privatadresse, sondern mit der Adresse des Präsidiums. Die Kommissarin beugte ihre Nase über das Papier und schnupperte vorsichtig daran, aber es war nichts Besonderes zu entdecken. Die Aufschrift war mit einem blauen Kugelschreiber geschrieben worden. Eine Marke klebte nicht darauf, also musste jemand den Brief eigenhändig in den Briefkasten an der Front des Hauses geworfen haben.

„Ein Liebesbrief scheint es nicht zu sein“, murmelte Jennifer und legte den Umschlag auf Reiners Platz.

Sie hatte einen Bericht fertig getippt und beim Chef abgegeben. Reiner sollte sich nicht damit herumärgern, denn sie hoffte, dass er gestern Abend endlich mit Undine essen war. Bei dem Gedanken an sein Gesicht, das er gemacht haben musste, als Undine in seinem Büro aufgetaucht war, grinste sie.

„Hoffentlich haben die beiden sich zusammengerauft.“

In dem Moment wurde die Tür schwungvoll aufgerissen und Reiner stürmte in seiner üblich rasanten Art ins Zimmer. Er pfiff vor sich hin und warf seine Jacke auf den Stuhl. Dann lief er an Jennifer vorbei zur Kaffeemaschine und setzte sie in Gang.

„Einen wunderschönen guten Morgen, Frau Kollegin“, schmetterte er ihr entgegen.

„Den wünsche ich dir auch. War es denn schön?“

„Du kannst dir nicht vorstellen, wie unser Abend war. Ich führe die Dame in ein schickes Restaurant, wir bestellen gutes Essen und einen edlen Wein. Wir kommen ins Gespräch und Undine gesteht mir, dass sie mich mag, da geht die Tür auf und Günther Betzberger stürmt herein, setzte sich an unseren Tisch, redet den ganzen Abend ununterbrochen über den Fall und das war es dann. Nichts mit Romantik und so. Als er endlich weg war, war auch die Stimmung futsch. Egal, es war trotzdem nett. Was ist das denn?“

„Trefft ihr euch wieder?“

„Wir wollen telefonieren.“

„Gut, das ist ein Anfang. Der Brief hat heute Morgen im Postfach gelegen. Kein Absender und er riecht nach nichts.“

„Wie sollte denn ein Brief riechen?“

„Nach Parfüm zum Beispiel. Heiße Liebesgrüße von Undine oder so.“

„Quatsch.“

Reiner nahm einen Bleistift und öffnete den Umschlag. Ein schmales weißes Blatt Papier kam zum Vorschein. Es war mit derselben Schrift und mit blauem Kugelschreiber eng beschrieben. Der Kom­missar las schweigend, dann reichte er das Blatt kopfschüttelnd über den Tisch.

„Da hat sich jemand einen Scherz erlaubt.“

Jennifer las laut: „In einem Haus in Nastätten befindet sich eine Überraschung für euch. Merkt euch: In einem Stein, den ihr nicht finden werdet, in einer Mauer, die ihr nicht kennt, in einem Haus, das ihr nicht benennen könnt, befindet sich eine Sprengladung. Wenn sie explodiert, werdet ihr diese Stadt verlassen müssen, denn das, was in der Bombe ist, wird euer Trinkwasser für alle Ewigkeit verseuchen. Wer davon trinkt, wird sterben. Versucht nicht, nach dem Stein zu suchen, denn auch, wenn ihr ihn entdeckt habt, wartet die zweite Überraschung auf euch: In einem weiteren Stein, den ihr nicht finden werdet, in einer Mauer, die ihr nicht kennt, in dem Haus, das ihr nicht benennen könnt, ist ein Sender. Wenn ihr die Bombe aus dessen Reichweite entfernt, wird sie ebenfalls explodieren. Ihr glaubt mir nicht? Dann lasst euch überraschen.“

„So ein Blödsinn. Es ist unfassbar, worauf die Leute kommen, wenn sie Langeweile haben. Schmeiß den Mist weg und dann fangen wir mit unserer Arbeit an. Das Protokoll muss fertiggemacht werden.“

„Das Protokoll liegt schon oben.“

„Oh, vielen Dank.“

„Wir müssen den Brief ernstnehmen.“

„Es ist MEIN Brief und so einen Quark darf man nicht ernstnehmen. Gib her!“

Reiner nahm den Brief, ohne ihn noch einmal zu lesen und warf ihn in den Papierkorb.

„Ich lasse mir doch von einem Spinner keine Angst machen. Und jetzt sag mir, was anliegt. Was war denn noch mal mit dem Diebstahl des Bootes am Hafen?“

„Reiner, du kannst diesen Brief nicht einfach wegwerfen. Wir müssen ihn wenigstens in die Spusi bringen.“

„Papperlapapp, ich fahre jetzt zu dem Bootsbesitzer. Wenn du mitkommen willst, dann los.“

„Ich muss noch auf einen Rückruf wegen der Schlägerei am Bahnhof warten.“

Reiner griff nach seiner Jacke, verabschiedete sich und verließ pfeifend den Raum. Jennifer wartete, bis sie ihn nicht mehr hörte und ging zu seinem Schreibtisch. Sie nahm den Briefumschlag aus dem Papierkorb, strich den Briefbogen mit dem Ärmel glatt, steckte ihn zurück in den Umschlag und versteckte ihn in ihrem Schreibtisch.

Angst in Nastätten

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