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Sittliche Wurzeln

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Wir werden noch viele Probleme, gerade im Hinblick auf die Medizinethik kennen lernen. Aber wichtig ist, dass wir bei diesem ersten Schritt in die Ethik verstehen, dass es ohne eine Menge sittlicher Wurzeln keine Ethik geben würde. Zur Sittlichkeit, zu den Sitten gehört nicht nur der „Tirolerhut“ und die Art zu grüßen. Wesentlich gehört der mitmenschliche Respekt dazu, den wir nicht erst in der Schule lernen können. Den wir überhaupt nur dann wirklich erweitern und vertiefen können, wenn wir rechtzeitig den Sinn, das Gespür für den anderen Menschen und auch natürlich für uns selbst entwickelt haben.

Das gehört zur Sitte. Ohne diese sittliche Basis würden wir nicht einmal im Ansatz verstehen können, was ethische Begriffe wie zum Beispiel Freiheit und Gleichheit eigentlich bedeuten. Wir brauchen also eine sittliche Basis, einen Sinn, ein Gespür um diese wissenschaftlich geprägte Art des Nachdenkens über das, was wir sollen, über das, was wir uns und den anderen schuldig sind, entwickeln zu können. Ohne die Herkunft können wir das sicherlich nicht. Aber nicht alles, was in den Sitten, die wir mit der Muttermilch mitbekommen, ist im ethischen Sinne „gut“. Wir werden schwierige und ernste Beispiele dafür kennenlernen. Aber zunächst einmal müssen wir festhalten: Das ist das Grundverhältnis und aus diesem Grundverhältnis Sitte-Ethik entsteht das, was man im modernen Sinn die praktische Wissenschaft der Ethik nennen kann.

Das Verhältnis zwischen Sitte und Ethik ist deswegen so wichtig, weil die Ethik für alle ihre Forderungen einen Hintergrund, eine Grundlage, eine Wurzel benötigt, die sie selbst gar nicht herstellen kann. Da werden Sie sich sagen: Das ist ja eine schöne Wissenschaft, wenn sie nicht einmal ihre eigenen Grundlagen selbst produzieren kann. Allerdings stellt keine Wissenschaft ihre Grundlagen selbst her. Die Physik produziert doch nicht „Welt“, in der sie nach physikalischen Gesetzen sucht. Und genau das gleiche trifft auf die Ethik zu. Nehmen wir etwas so selbstverständliches wie die Menschenwürde oder die Forderung nach Gleichheit, Gleichbehandlung aller Menschen, egal welcher Herkunft, Rasse, Religion sie sind. Diese Forderungen sind in der Ethik zentral, aber sie stammen nicht aus der Ethik. Besser gesagt: Die Ethik setzt diese Ansprüche voraus. Wie ist das zu verstehen?

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