Читать книгу Die verrückte Viererbande - Wolfram Hanel - Страница 8

3. Kapitel

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Ich habe mich nicht geirrt. Es gibt ein Problem!

„Pass auf, Charles Theobald Brösel von der Apfelbaumwiese“, sagt der Bauer. „Es wird nicht gebellt und nicht geknurrt. Sondern du benimmst dich und zeigst jetzt mal, dass du ein schlauer Hund bist. Haben wir uns verstanden?“

Nicht wirklich, denke ich. Aber immer wenn der Bauer mich mit meinem vollen Namen anredet, weiß ich, dass es ernst wird. Sehr ernst sogar. Schluss mit lustig!

Ich winsle kurz und klopfe mit der Schwanzspitze auf den Boden.

„Braver Hund“, sagt der Bauer und öffnet die hintere Tür seines Autos.

Nichts passiert. Auch nicht, als der Bauer mit der Zunge schnalzt.

„Jetzt komm schon, Fusselchen!“, lockt der Bauer. Seine Stimme klingt ungefähr so wie bei dem letzten Besuch von seiner Freundin. Als sie sich gestritten haben und sie die Tür von innen abgeschlossen hat, damit der Bauer nicht mehr ins Haus konnte.

Ganz kurz überlege ich, ob der Bauer wohl eine neue Freundin in seinem Auto hat. Die vielleicht Fusselchen heißt. Aber gleichzeitig rieche ich etwas. Und das riecht nicht nach Freundin! Ich strecke meine Nase vor, bis ich mir sicher bin. Es riecht nach Wolle. Nach feuchter und ängstlicher Wolle …

„Was ist los?“, grummelt Müsli, die neugierig näher gekommen ist. „Hat der Bauer Möhren mitgebracht? Warum holt er sie nicht raus?“

Auch Rübe ist inzwischen da. Er muss sich mal wieder unter dem Zaun durchgewühlt haben. Und er grunzt so laut, dass der Bauer ärgerlich ruft: „Jetzt seid doch endlich mal still! Sonst traut sich Fussel nie raus!“

„Fussel?“, grunzt Rübe.

„Er hat sich nur versprochen“, erklärt Müsli. „Er meint bestimmt Möhren. Oder es ist eine besondere Art von Müsli, mit extra viel Nüssen, die ein bisschen … fusseln, wenn man draufbeißt.“

„Meint er nicht“, sage ich. „Nüsse fusseln nicht. Und Möhren haben kein nasses Fell. Und sie sitzen auch nicht auf der Rückbank und gucken zum Fenster raus.“

Und dann sehen wir erst ein dünnes Bein, das sich vorsichtig aus der Tür streckt. Dann noch ein Bein. Und dann kommt etwas kleines Weißes und Wolliges hinterhergehüpft! Mit großen dunklen Augen, die erschreckt in die Gegend blicken.

Müsli wiehert leise.

Rübe quiekt vor Überraschung.

Und ich lecke mir mit der Zunge über die Schnauze. Aber nur weil ich nicht weiß, was ich sonst machen soll. Und weil ich ja nicht bellen und nicht knurren darf. Sondern mich benehmen soll!

„So“, sagt der Bauer stolz. „Darf ich vorstellen, das ist Fussel. Fussel ist ein Schaf und wohnt jetzt bei uns. Wenn Fussel mal größer geworden ist, mache ich mir einen schönen, warmen Pullover aus seiner Wolle. Und vielleicht auch noch eine Mütze und einen Schal.“

Müsli pustet ein bisschen staubige Luft zu Fussel.

Das Schaf wackelt mit dem Stummelschwänzchen.

„Komm bloß nicht auf die Idee, in meiner Matschkuhle spielen zu wollen“, grunzt Rübe. „Da kann ich keinen brauchen, aus dem später mal ein Pullover wird.“

Fussel fängt an zu zittern.

„Mach einfach, was wir dir sagen“, erklärt Müsli freundlich. „Und nerv uns nicht, dann brauchst du auch keine Angst zu haben.“

„Platz da! Ich kann nicht bremsen!“, gackert Adler.

Offensichtlich hat er sich von seiner letzten Bruchlandung erholt und kommt jetzt flügelschlagend dicht über dem Boden angeflattert.

Das Schaf reißt entsetzt die Augen auf und rennt los. Genau zwischen den Beinen vom Bauern durch und so dicht an Rübe vorbei, dass der sich vor Schreck auf seinen dicken Hintern setzt. Und dabei Müsli anrempelt, die schnell einen Schritt zur Seite machen will, aber da stehe ja blöderweise ich! Und bevor ich noch irgendwas machen kann, hat Müsli auch schon ihren Huf auf meinen Schwanz gestellt.

Ich jaule laut auf. Adler gackert schrill und kriegt die Kurve nicht rechtzeitig – und kracht voll in die Haustür. Oben auf dem Dach taucht der bucklige Kater auf und will sehen, was los ist. Aber dabei beugt er sich zu weit vor und rutscht ab. Und überschlägt sich in der Luft und landet auf dem Rücken vom Bauern. Weshalb der Bauer das Gleichgewicht verliert und nach vorne torkelt, genau auf mich zu! Und ich kann ja nicht weg, weil Müsli immer noch ihren Huf auf meinem Schwanz hat …

Es dauert eine Weile, bis wir uns alle wieder aufgerappelt haben. Als wir uns umblicken, ist das Schaf verschwunden!

„Fusselchen!“, ruft der Bauer. „Wo bist du?“

Im selben Moment kommt das Schaf um die Ecke des Stalls gerannt, und dicht hinter ihm Frau Schmidt, die Gans vom Bauern. Mit weit vorgestrecktem Hals und ausgebreiteten Flügeln!

Seit Frau Schmidt mir mal ein Büschel Haare aus dem Fell gerissen hat und ich ihr dafür am nächsten Tag in die Pfütze gepinkelt habe, in der sie gerade baden wollte, haben wir eine Absprache getroffen. Ich pinkle der Gans nicht mehr in ihre Badewanne, und Frau Schmidt lässt mich in Ruhe, wenn ich in der Sonne liege und träume. Normalerweise klappt das auch ganz gut. Frau Schmidt watschelt sowieso am liebsten schnatternd hinter dem Gartenzaun auf und ab und wartet darauf, dass der Briefträger kommt.

Wenn der Briefträger dann die Gartenpforte öffnet, richtet sich Frau Schmidt auf und schlägt mit den Flügeln. Dabei faucht sie und schnappt mit dem Schnabel nach der Hose des Briefträgers. Weshalb der Briefträger schnell losrennt, um es bis zum Haus zu schaffen, bevor Frau Schmidt ihn erwischt.


Aber von dem Lärm werde ich jedes Mal aus meinen schönsten Träumen geweckt und bin dann echt sauer. Also springe ich bellend auf und schneide dem Briefträger den Weg ab. Meistens endet es damit, dass der Briefträger die Hände hochnimmt und laut um Hilfe ruft. Bis der Bauer aus dem Haus kommt und ihn rettet.

Man könnte also sagen, dass Frau Schmidt und ich uns manchmal sogar ganz gut verstehen. Zumindest wenn es darum geht, den Briefträger zu ärgern.

Aber das Schaf ist kein Briefträger! Und deshalb muss ich ihm helfen. Auch auf die Gefahr hin, dass Frau Schmidt mir wieder ein Büschel Haare ausreißt.

Das Schaf steht jetzt zitternd vor der Stallwand und weiß nicht weiter. Und Frau Schmidt faucht und zischt und schlägt mit den Flügeln.

Als ich mich zwischen das Schaf und die Gans dränge, ist Frau Schmidt so verblüfft, dass sie nur den Schnabel weit aufreißt.

„Pass auf, dass keine Fliegen reinkommen“, knurre ich leise. „Außerdem schielst du, und das sieht ganz schön albern aus!“

„Was willst du?“, schnattert Frau Schmidt los. „Siehst du nicht, dass ich beschäftigt bin? Also los, zieh Leine! Ich hab das Wollknäuel entdeckt, und deshalb darf ich auch mit ihm machen, was ich will. Das geht dich überhaupt nichts an!“

„Geht es doch. Hör auf zu schnattern und lass das Schaf in Ruhe.“

„Aber es gehört nicht hierher! Und deshalb muss es weg.“

„Es bleibt“, knurre ich und stelle die Nackenhaare auf, damit Frau Schmidt begreift, dass ich es ernst meine.

„Hä? Willst du dich etwa mit mir anlegen? Wegen dem Fusselteil da? Spinnst du jetzt völlig?“

Ich drehe mich zu dem kleinen Schaf.

„Hau ab! Lauf zum Bauern rüber. Hab keine Angst, ich passe auf, dass der Schnatterschnabel dir nichts tut.“

„Ich will nach Hause!“, blökt das Schaf. „Zu meiner Mama.“

„Der Bauer ist jetzt deine Mama“, erkläre ich, weil ich keine Lust habe, jetzt auch noch irgendwelche Nebensächlichkeiten zu diskutieren. „Jetzt lauf schon zu ihm!“

Immer noch zitternd stakst das Schaf quer über den Hof auf den Bauern zu.

Ich knurre warnend, als Frau Schmidt die Brust rausstreckt und wieder mit den Flügeln schlägt. Aber sie will gar nicht das Schaf verfolgen! Sie sieht sogar so aus, als würde sie noch nicht mal mitbekommen, dass es gerade abhaut. Stattdessen schnattert sie nur empört: „Hast du eben Schnatterschnabel zu mir gesagt?“

„Nee, da musst du dich verhört haben“, belle ich schnell. „Außerdem schielst du schon wieder! Pass bloß auf, dass das nicht zu einer dummen Angewohnheit wird.“

Ich drehe mich um und lasse Frau Schmidt einfach stehen.

Der Bauer bückt sich und hebt das Schaf hoch.

„Was machst du denn, Fussel? Du darfst doch die liebe Frau Schmidt nicht ärgern!“

„Mama?“, blökt Fussel leise.

„Oh Mann“, grunzt Rübe. „Ich wusste ja, dass Schafe ein bisschen doof sind. Aber so doof, das hätte ich jetzt doch nicht gedacht.“

„Es ist noch klein“, grummelt Müsli. „Und es gibt noch andere, die mindestens genauso doof sind.“

Dabei schiebt sie sich wie zufällig ganz dicht an den Bauern. Und ehe er überhaupt merkt, was sie vorhat, steckt sie ihr Maul in seine Jackentasche und zieht die Tüte mit den Hustenbonbons heraus.

„He, lass das!“, ruft der Bauer. „Gib mir sofort meine Bonbons wieder!“

Aber Müsli galoppiert schon quer über die Wiese davon. Mit der Tüte zwischen den Zähnen!


„Klasse!“, ruft Rübe. „Es gibt Hustenbonbons! Alle Mann hinterher!“

„Hustenbonbons!“, gackert Adler und stürzt sich von der Dachrinne. Nur dass er dabei vor Aufregung vergisst, die Flügel zu benutzen. Und als es ihm wieder einfällt, ist es schon zu spät.

Mit dem Kopf voran landet Adler gackernd im Misthaufen. Weshalb er dann auch erst mal aufhört zu gackern, weil er feststeckt und keine Luft mehr kriegt.

Ich hab’s doch gleich gewusst, denke ich. Ein Schaf bringt alles durcheinander. Und wahrscheinlich geht der Ärger jetzt erst richtig los!


Die verrückte Viererbande

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