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In Peters Garten

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Der goldgelbe Mondschein, der durch das Fenster auf die beiden Freunde, die auf dem mit Kacheln bedeckten Boden in Peters Küche ihren Weinrausch ausschliefen fiel, beleuchtete auch den Trompetenbaum in Peters Garten. Das war eigentlich nichts Außergewöhnliches, denn das kam durchaus des Öfteren vor.

Aber im nächtlichen Schatten der Pflanze mit den trompetenförmigen Kelchen ging etwas Merkwürdiges vor, - etwas wie es der Mond auf diesem Fleck Erde noch nicht gesehen hatte und er hatte immerhin schon einige Jährchen auf dem mit Kratern übersäten Buckel.

Vier winzige Wesen, keines davon größer als ein handelsübliches Streichholz und jedes mit ähnlich rot gefärbtem Kopf, waren dort heftigst miteinander am diskutieren.

Diese vier Wesen waren nicht immer so klein wie momentan, sondern hatten sich aus Gründen der Vorsicht zeitweilig selbst auf diese ungewöhnliche Größe geschrumpft.

Einer der vier Winzlinge, ein Mann in seltsamem, dunkelviolettem Umhang mit vielen bunten Kugeln und Kringeln darauf und langem, weißen Bart, stand mit verlegen gesenktem Kopf vor einer Frau, die von zwei Männern flankiert wurde.

Auch wenn die Frau noch so klein war, wurde man trotzdem von ihrer atemberaubenden Schönheit sofort in den Bann gezogen.

Sie hatte tiefschwarzes Haar, in dem sich der Glanz der Sterne spiegelte, das ihr, sich seidenweich ihrer wohlgeformten Figur anschmiegend, bis fast zur Taille herab reichte. Doch die eigentliche Faszination ging von ihren herrlichen Augen aus, die obwohl tiefschwarz wie ihr Haar, Liebe und Sanftmut ausstrahlten. Wer das Glück hatte, aus nächster Nähe in diese Augen sehen zu können, dem wäre allerdings auch die gezügelte Wildheit aufgefallen, die keinen geringen Anteil an diesem Glanz hatte.

Die Beschaffenheit und das Aussehen der Bärte der beiden Männer zu ihrer Rechten und zu ihrer Linken, unterstrich deren jeweilige Physiognomie fast perfekt. Der des Linken lang und dünn wie ein Ziegenbart, aus empfindlich feinem, schlohweißen Haar, der des Rechten dagegen kraftvoll, massig borstig, in widerspenstigem Grau und Weiß. Der Langbart wie ein Leuchtturm, der Borstenbart, halb dessen Größe, ein Bollwerk an Muskeln.

Jedenfalls waren diese Drei abwechselnd ihre Köpfe am schütteln, um dann wieder wie wild auf den Langbärtigen einzureden.

Dieser hatte anscheinend etwas ausgefressen.

„Salidor, ich weiß ja, das Du den Menschen die Gewohnheit abgeschaut hast, einander Schabernack zu spielen, aber ehe wir nicht genau wissen, ob es vorbestimmt ist, dass einer dieser Beiden unser neuer Schüler werden soll, dürfen wir uns ihnen nicht offenbaren.“

Der Spargel an ihrer linken Seite nickte zustimmend. Er sah eigentlich eher weniger aus wie ein Mensch. Er hatte sehr blasse Haut und überhaupt war alles an ihm irgendwie sehr farblos. Seine Gesichtszüge und seine Mimik deuteten auf eine, vielleicht schon ungesund hohe, Sensibilität und Intelligenz hin, dies spiegelte sich auch in seinen blaß- blauen Augen wieder, wurde aber momentan von einem Ausdruck großer Müdigkeit überdeckt. Er sah so aus, wie einer dieser Elfen, die man in manchem Märchenbuch abgebildet sieht.. Zu diesem Bild paßte auch der obligatorische, lange Stab, auf den er sich stützte. Wenn man noch genauer hinsah, konnte man meinen, einen leichten Touch von Arroganz in diesen ansonsten so feinen Zügen wahrzunehmen. Aber hören wir einmal mit eigenen Ohren an, was er so zu sagen hat: „Bea hat Recht, Salidor. Wir müssen uns gedulden! Jeder besiegte Schüler stärkt die Macht der Dunklen. Die letzten beiden Schüler haben versagt. Das darf nicht noch ein drittes Mal geschehen. Es gibt noch keinen Grund zu überstürztem Handeln. Ich habe mit dem Rat der Lehrer gesprochen. In keiner der magischen Zonen wurde ein Anzeichen gefunden, das auf die Anwesenheit einer Kreatur der Dunklen deuten lassen.“

Der grau- weiße Kraftbart mit dem markanten Gesicht, offensichtlich ein Zwerg, der lässig am Stamm des Trompetenbaumes lehnte, übernahm trotzig mit sonorer Stimme das Wort: „Ich denke, wir sollten Salidor wenigstens einmal fragen, warum er den Dicken hat fliegen lassen. Also ich fand‘s lustig. Ist mal was anderes als dieser ewige Kampf für die Menschen, die uns es eh nicht danken, egal wie wir uns den Arsch auch für sie aufreißen!“.

Salidor grinste: „Sie danken es uns nicht, weil sie nichts von uns wissen, Knorx. Aber sie kennen Begriffe wie Glück und Wunder. Sie gehen in die Kirche, in Moscheen, zu besonderen Plätzen, sie beten, und auch die, die nicht an einen Gott glauben hoffen, - und wenn ein befürchteter Schicksalsschlag ausbleibt, oder wenn es ihnen gut geht, dann sind sie dankbar dafür. Auch wenn sie nicht wissen, dass wir im Verborgenen dazu beitragen, ihnen viele Steine aus dem Weg räumen. Ihr Dank gilt somit auch uns. Es ist unsere Aufgabe sie zu beschützen, so gut wir können, bis sie vielleicht irgendwann tatsächlich einmal stark genug sind, sich selbst gegen die Machenschaften der Dunklen zu wehren. Es ist unsere Aufgabe, ihnen zu helfen. Und genau aus dem Grund bin ich heute Abend hier!“.

Champingnioll, der Elf, blickte brüskiert: „Du denkst also tatsächlich, Du hättest einen neuen Schüler gefunden? Diesen dürren Hering etwa, der beim kleinsten Windstoß schon umgeweht wird, oder gar diesen fetten Tolpatsch, der sich von seinem Haustier tyrannisieren läßt? Pah!“.

Bea blickte den jetzt äußerst abschätzig dreinschauenden Elfen beschwichtigend an, ehe sie sich mit sanfter Stimme an Salidor wendete: „Champignioll hat nicht unrecht, Salidor. Die Schüler, die wir bisher ausgebildet haben, sie waren alle sehr stark und tapfer.“ Sie schwieg einen Moment, ehe sie hinzufügte: „Aber vielleicht hast Du einen guten Grund für Deinen Vorschlag!“

Salidor, dem man den Elf am Bart ebenfalls ansah, der aber nicht so zerbrechlich und eingebildet wirkte wie Champignioll, lächelte der Schwarzhaarigen Schönheit zu.

„Danke für Dein Vertrauen, Bea. Ja, Du hast recht, meine kleine Waldfee. Ich habe sogar einen guten Grund! Vielleicht sind Stärke und Tapferkeit nicht alles, worauf es ankommt. Wie Champignioll uns bestätigen kann, hat es den letzten beiden Schülern weder an Kraft noch an Mut gemangelt, trotzdem wissen wir von beiden, dass sie ihren Kampf nicht für sich entscheiden konnten. Es kommt aber noch etwas Wesentliches hinzu. Aber das sollte unser Freund Knorx hier besser erzählen. Er hat es nämlich selbst erlebt und es hat ihm, wenn ich es richtig sehe, doch einen gehörigen Schrecken eingejagt“, grinste der Langbart.

Auch Knorx mußte lachen. „Tja, gestern Nacht ging ich so mit Zwubicks und Ompbicks zur Zwergenkantine, wir waren etwas spät dran und wollten die Kräuter, die wir den ganzen Tag gesammelt hatten unserem Köchlein vor die Hintertüre legen, da steh' n doch plötzlich diese beiden Menschen vor uns und der Riese kommt auf mich zu und macht’ n dummen Witz von wegen ob wir nich’ n paar Zwerge rumrennen gesehen hätten! Ich hab ja schon viel erlebt, dafür sorgt Zwubicks schon, ihr wißt ja, was das für’ n Problemzwerg ist, aber das war schon’ n gewaltiger Zwergenhammer. Dann stellt sich der Strohhalm noch daneben und guckt uns genauso blöde an! Also da gibt’s nix. Die Beiden haben uns gesehen, aber Salidor kann dazu auch noch was sagen, er wollt’s mir ja erst nicht glauben, hat wieder mal gedacht, ich hätte zuviel Zwergenbier gesoffen. Hab ich auch, aber ich versprech’s euch eure Lordschaft Hochwürden Champignioll, erst hinterher...“.

„Ja es stimmt. Ich wollte es wirklich erst nicht glauben. Aber die Beiden sind dann heute Mittag schnurstracks in Richtung des verborgenen Eingangs zur Zwergenwiese getappt. Unser schöner, ausgeklügelter Abschreckungszauber hat sie nicht davon abhalten können. Zumindest der Dünne hat gesucht und gesucht. Da hab ich mich nicht zurückhalten können und einen Test gemacht. Er konnte mich sehen! Ich mußte mich sogleich von dort weg teleportieren, sonst wäre er sicher noch zu mir den Stein rauf geklettert gekommen und hätte mir die Hand gegeben!“

Champignioll wäre fast mitsamt seinem Stab umgekippt, sogar Knorx und Bea schauten Salidor nun mit großen Augen an.

„Das kann nicht sein, es ist kein einziger Fall überliefert, der bestätigt, dass je ein Mensch uns sehen konnte, es sei denn wir wollten, dass er dies kann und haben den entsprechenden Zauber auf ihn gewirkt. Kein Fall, Salidor, kein Einziger!“ regte sich Champignioll auf.

„Und doch verspreche ich Dir, mein guter Champignioll, dass dem so ist. Er konnte mich sehen ... Und ich bezweifle keinen Moment, dass mich Peter, sein Freund, ebenfalls sehen würde, wenn er schon Zwubicks und Konsorten gesehen hat. Und genau hier kam mir die zweite Idee. Immer wurden bisher die Schüler einzeln in den Kampf geschickt. Die Kreaturen der Dunklen sind aber mittlerweile so intelligent und mächtig, dass ein Schüler ihnen alleine nicht mehr entgegen treten kann. Das haben die letzten beiden Begegnungen doch eindeutig gezeigt. Was wäre wenn wir zwei ...“

„Das ist absolut nicht möglich!“ warf der Elf fast schon spuckend dazwischen, „die Überlieferung sagt eindeutig:

da Gerechtigkeit ist des Lichtes Ansinnen

darf der Kampf nur in Balance beginnen:

da die Tugend nicht auf unfairen Vorteil bedacht,

kämpfe somit Einer des Lichtes gegen Einen der Nacht.

Mit mürrischem Blick auf den Elfen schnaufte Knorx laut: „Auf welcher Seite bist Du eigentlich, Champignioll?“.

Der Angesprochene verlor sofort alle Blässe und wollte sich zornigen Hauptes gegen den Zwerg wenden, doch Bea hielt ihn zurück, mit den Worten an Knorx gerichtet: „Unser Freund Champignioll hat nur die überlieferten Worte wiedergegeben. Beruhige Dich bitte, Knorx.“

Dann wandte sie sich ihrem Gegenüber zu: „Deine Idee war gut, Salidor, aber wie Du gehört hast, wir dürfen mit der Überlieferung nicht brechen. Ein Sieg durch uns errungen wäre sonst nicht wirksam. Da bin ich mit Champignioll einer Meinung. Wir dürfen nicht mit den selben unfairen Mitteln wie die Dunkle arbeiten. So verlockend das auch manchmal wäre ...“, seufzte sie. Salidor hob den Kopf und schaute resigniert in Richtung des Küchenfensters, in dem sich der sichtbare Teil des Mondes wie ein löchriger Brotkrumen zeigte. Nur Champignioll schien wieder besserer Laune zu sein: „Na, dann können wir ja jetzt diesen merkwürdigen Platz wieder verlassen.“

Bea wollte gerade zustimmen, als Knorx plötzlich einen Satz bis fast auf Kopfhöhe des Elfen machte und freudestrahlend fragte: „es heißt: darf der Kampf nur in Balance beginnen. Versteht ihr: Beginnen! Da ist keine Rede von Verlaufen, oder Weitergehen oder Enden! Nur von Beginnen!“

Champignioll ließ sofort sein spitzes Kinn fallen und widersprach energisch: „Es heißt aber eindeutig weiter: kämpfe somit Einer des Lichtes gegen Einen der Nacht. Eins zu Eins also! Wir dürfen nicht ...“

„Sag mal Champignioll, Du scheinst Dich ja fast zu freuen, das ....“

„Knorx! Laß Champignioll zufrieden! Er befolgt nur seine Aufgabe. Er hat Recht. Wir sind an die Überlieferung gebunden. Es geht so nicht. Aber vielleicht könnte es einen anderen Weg geben...“, vermittelte Bea zwischen den beiden Streithähnen, die sich grimmig anstarrten.

„Wie geht eigentlich der Text der Überlieferung weiter, Champignioll?“ fragte Salidor.

Der Angesprochene machte ein Gesicht, als hätte er in etwas Fauliges gebissen, rezitierte aber den weiteren Verlauf:

Und schließt sich der Ring auf einer der Seiten

Muß also einer zum Schatten hin schreiten

Und ist es ein Sohn des Lichtes der unterliegt

Folgt bald schon ein anderer und der siegt!

Salidor sah ganz überrascht aus. Er wiederholte die letzte Zeile: „Folgt bald schon ein anderer und der siegt! Bisher haben wir das immer so verstanden, dass irgendwann der nächste Schüler gefunden und ausgebildet wird und siegt.

Aber jetzt ist mir klar, man kann das bald auch so auslegen, dass sofort danach ein zweiter Schüler den Kampf aufnimmt, wenn der erste Schüler unterliegt! Und der siegt. Versteht ihr die Vorhersage? Der wird siegen! Es ist ganz klar, oder?“.

Champignioll wollte vehement widersprechen, wurde aber von den anderen dreien, die sich diesmal einig waren, dass die Überlieferung mit etwas Wohlwollen durchaus auch so interpretiert werden konnte, überstimmt. Doch die Freude währte bei Salidor nur kurz. Er sah Bea mit besorgtem Blick an und sah sofort, dass sie die selben Gedanken hatte.

Allerdings wollte keiner von Beiden seine Befürchtungen offen aussprechen. So war es denn Knorx, der geistig manchmal etwas hinterher hinkte, der es dann doch tat: „Hm, zum Schatten hin schreiten, das hört sich nicht gut an. Gar nicht gut! Wenn das allerdings eine Art Prophezeiung ist, können wir eh nichts daran machen. Wir müssen es riskieren und wollen hoffen, dass es nicht dazu kommt!“.

Salidors Miene wurde finster wie eine Mondlose Nacht. Er sah hinauf zu den Sternbildern und suchte darin nach einer Antwort.

der freche Papagei Muppel und die Reise zum Zauberbaum

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