Читать книгу Schulausflug des Grauens - A. Kaiden - Страница 5
ОглавлениеTag 1
Ihre Haut prickelte, als würden Tausende von kleinen Ameisen darüber krabbeln. Nicole hatte ein ungutes Gefühl. Sie hatten ihre betreuende Lehrerin nun schon seit Stunden nicht mehr gesehen und spätestens jetzt, wo es Zeit war, das gemeinsame Mittagessen vorzubereiten, musste sie eigentlich wieder zu ihnen stoßen. In ihrem Zimmer war Frau Mann nicht gewesen. Die Jugendliche wusste nicht genau warum, doch irgendetwas führte sie zielstrebig zu den Duschen.
„Frau Mann, sind Sie da drin?“
Nicole wartete ungeduldig, doch es kam keine Antwort. Stattdessen hörte sie ein leises Quietschen, so als hätte man einen viel zu schweren Wäschesack aufgehängt. Mit zittrigen Händen öffnete sie die Tür. Ihr Herz schlug bis zum Hals und sie war so angespannt, dass sie sich fast übergeben hätte.
„Oh … oh Gott!“
Wie erstarrt stand Nicole da – unfähig, irgendeine Bewegung zu tätigen. Frau Mann hing an einem Seil mitten im Raum. Ihre Augen und ihr Mund waren weit aufgerissen und ihr Gesicht war vor Furcht und Schmerz verzerrt. In ihrem Torso klaffte ein großes Loch. Wer auch immer das getan hatte, hatte die Lehrerin regelrecht ausgeweidet.
„Frau Mann?“, flüsterte Nicole fassungslos und Tränen liefen über ihre blasse Haut. Sie versuchte, einen dicken Kloß im Hals herunterzuschlucken, doch stattdessen musste sie würgen, als der säuerliche Geschmack von Erbrochenem ihren Mund füllte. Angewidert schluckte sie die Brühe wieder herunter und ließ ihre Augen über den baumelnden Körper ihrer Klassenlehrerin gleiten. Ein Rinnsal Blut bahnte sich seinen Weg über die kalten Fliesen zu ihr und umrahmte sanft ihre Füße wie auf einem Gemälde. Jetzt erst wurde Nicole schlagartig die Realität dieses Momentes bewusst.
„AAAAHHHHH!“
Schreiend rannte sie hinunter in das Erdgeschoss, wo der Rest der Gruppe im Aufenthaltsraum vor dem großen, steinernen Kamin auf der Couch saß und sich angeregt und unbefangen unterhielt. Verwundert sahen sie Nicole an, die ungestüm die breite Wendeltreppe herunterstolperte.
„Sie ist tot! Oh Grundgütiger, sie ist tot! Hinüber!“
Schmunzelnd starrten sie die anderen an und ein amüsiertes Prusten ging durch den Raum. Sie schienen ihre Klassenkameradin nicht ernst zu nehmen.
„Wer denn?“, fragte Natascha süffisant und bemühte sich, so interessiert wie möglich zu klingen, was ihr ziemlich misslang. Doch Nicole bemerkte dies nicht. Sie war viel zu aufgebracht.
„Unsere Lehrerin – Frau Mann – sie ist tot!“
„Ah ja, klar und wo ist sie?“
Mario grinste seine Kameraden breit an. Diese grienten höhnend zurück. Keiner glaubte Nicole, sie hielten es alle für einen ziemlich schlechten Scherz.
„Ihr glaubt mir nicht!“
Nicoles schrille Stimme hallte laut und verzweifelt durch den großen Wohnraum, sodass die düsteren Gemälde an der Wand bedrohlich zu wackeln begannen.
„Oben im Bad … dort … dort … oh Gott.“
Sie brach in Tränen aus. Langsam verging den anderen das Lachen. Das Prusten verstummte und eine belastende Stille breitete sich in dem Zimmer aus. Nun kamen ihnen die ersten Zweifel, ob Nicole nicht doch die Wahrheit sagte, denn so am Boden zerstört hatten sie ihre Mitschülerin noch nie gesehen, und für ein Schauspiel war dies zu echt.
„Ich gehe nach oben und sehe nach.“
Stephanie stand auf, durchquerte den Raum und schritt eilig und besorgt die Treppenstufen hinauf. Die Klassenkameraden tauschten zögernde Blicke aus. Angespannt richteten auch sie sich endlich auf, um Stephanie zu folgen.
Sandra blieb kurz stehen und wollte irgendetwas Beruhigendes zu Nicole sagen, doch da ihr nichts Passendes einfiel, gab sie den Versuch auf und schloss sich schnell den anderen an.
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