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III
Der Kranke
Оглавление– – – Die Braut
Des Bruders, Mensch! und Liebe?
Basil in der Albaneserin. III, 4.
Gegen Mitternacht kam ich zurück. Meine Mutter und meine Schwester hatten sich des Kranken sorgsam angenommen; er lag zu Bett. Der Arzt fand ihn im Fieber, aber bei vollem Bewußtseyn. Ich bat ihn daher sofort um die nöthige Auskunft über die häuslichen Verhältnisse des Verunglückten. Derselbe hatte, außer Ferdinand und einem mütterlichen Oheim in Philadelphia, keinen Blutsverwandten am Leben. Ein Handlungsdiener, ein Lehrling und ein Markthelfer machten seinen Hausstand aus. Ferdinand selbst war zweiter Commis des Wechslers, Kammerrath Brand, und wohnte im Hause seines Principals. Es war daher nöthig, dem Civilgericht in B. . . Nachricht von dem Unfalle zu geben, um die Versiegelung des Mobiliarnachlasses, die Inventur der Handlung und die Bestellung eines Administrators der Letzteren zu veranlassen. »Vielleicht« – bemerkte ich: »wären diese Weitläuftigkeiten zu vermeiden oder zu vermindern, wenn Sie selbst morgen zurückreisen könnten; denn Sie sind der Erbe.«
»Wer? Ich?« antwortete er mit Befremdung.
»Wenn kein Testament vorhanden ist, ohne Zweifel.«
Dies schien ihn zu beunruhigen. Er fragte mit einer Art von Aengstlichkeit, ob er diese Erbschaft annehmen müsse. Als ich ihm erwiederte, daß er dieselbe ausschlagen könnte, wenn er das Vermögen den Schulden nicht gewachsen fände, ließ er eine Empfindlichkeit des kaufmännischen Ehrgeizes blicken, und erklärte seine Bedenklichkeit gegen die Annahme der Erbschaft dadurch, daß er nie daran gedacht habe, seinen Bruder zu beerben, der nur um wenige Jahre älter gewesen, als er selbst, und unfehlbar geheirathet haben würde. Als er vernahm, daß ich mit Tages-Anbruch die gerichtliche Anzeige nach B. . . senden würde, bat er um Material zu zwei Zeilen an seinen Principal. Der Versuch mit Feder und Dinte zu schreiben, mißlang seiner Schwäche. Doch mit der Bleifeder brachte er die Worte auf das Papier: »Heinrich ist ermordet, ich liege krank, aber nur Erschöpfung, bringen Sie es Ihrer Tochter mit Vorsicht bei, ehe sie das Gerücht erfährt. Ich bitte um andere Kleider und Wäsche.« Ich siegelte das Billet, überschrieb es an den Kammerrath Brand »zu eigenhändiger Eröffnung,« sprach diese Worte laut, und bemerkte absichtlich, daß sie mir nöthig schienen, damit der Brief auf keinen Fall von Fräulein Marianen geöffnet werde. Es fiel ihm nicht auf, daß ich den Namen wußte.
»Sie wird nicht,« sagte er: »und am Ende –« Er wendete sich ab, seufzte beklommen, und verbarg sein Gesicht in dem Kissen. Ich zweifelte nicht mehr, daß er den Schmerz im voraus mitfühlte, womit die traurige Nachricht die Braut seines Bruders erfüllen würde.