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Über den Umgang mit Menschen

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[Inhalt]

Inhalt des ersten Teils

Einleitung

1) Warum man mit großen und glänzenden

Eigenschaften dennoch nicht immer in der Welt sein

Glück mache? Über den esprit de conduite. Mancher will

sich nicht nach den Sitten andrer fügen; manchem fehlt

es dazu an der nötigen Weltkenntnis; mancher ist zu voll

Forderungen. Aber auch mit dem besten Willen und

guten Anlagen glückt es nicht jedem; warum? 2) In

Deutschland ist es schwer, allgemein gute Eindrücke in

Gesellschaften zu machen; warum? Bilder von

Verschiedenheit des gesellschaftlichen Tons in einigen

Provinzen von Deutschland und Bilder von den Sitten

verschiedener Stände. 3) Von meinem Berufe über diesen

Gegenstand zu schreiben. 4) Meine eigenen Erfahrungen.

Erstes Kapitel

Allgemeine Bemerkungen und Vorschriften über

den Umgang mit Menschen

1) Jeder Mensch muß sich in der Welt selbst gelten

machen. Anwendung dieses Satzes. 2) Strebe nach

Vollkommenheit; aber nicht nach dem Scheine der

Vollkommenheit! 3) Sei nicht zu sehr ein Sklave der

Meinung andrer! 4) Enthülle nicht die Schwächen Deiner

Nebenmenschen! 5) Eigne Dir nicht das Verdienst andrer

zu! 6) Verbirg Deinen Kummer! 7) Rühme nicht zu laut

Dein Glück! 8) Verliere nicht die Zuversicht! 9) Suche

Gegenwart des Geistes zu haben! 10) Nimm, so wenig als

möglich, von andern Wohltaten an! 11) Halte streng

Wort und sei wahrhaft! 12) sei pünktlich, ordentlich,

fleißig! 13) Interessiere Dich für andre, wenn Du willst,

daß andre sich für Dich interessieren sollen! 14) Sei nicht

zu offen herzig! 15) Alle Menschen wollen amüsiert sein.

Über das Spaßmachen. 16) Sage jedem etwas Lehrreiches

oder Angenehmes! Über Schmeichelei. 17) Über Spott

und Medisance. 18) Über Anekdoten. 19) Trage keine

Nachrichten aus einem Hause in das andre! 20) Sei

vorsichtig in Tadel und Widerspruch! 21) Rede nicht zu

viel und nicht langweilig! 22) Noch von Dingen, die nur

Dich interessieren! 23) Über Egoismus. 24) Widersprich

Dir nicht im Reden! 25) Wiederhole Dich nicht! 26)

Vermeide Zweideutigkeiten; 27) Gemeinsprüche; 28)

Unnütze Fragen! 29) Lerne Widerspruch ertragen! 30)

Wo man sich zur Freude versammelt, da rede nicht von

Geschäften! 31) Über Religionsgespräche. 32) Sei

vorsichtig in Gesprächen über andrer Gebrechen! 33)

Regeln beim Briefwechsel. 34) Suche niemand lächerlich

zu machen! 35) Schrecke, zerre, beunruhige und necke

niemand! 36) Bringe bei niemand unangenehme Dinge in

Erinnerung! 37) Nimm nicht teil an fremdem Spotte! 38)

Über Disputiergeist. 39) Laß jeden seine Handlungen

selbst verantworten, wenn Du nicht sein Vormund bist!

40) Betragen, wenn uns Langeweile gemacht wird. 41)

Über Verschwiegenheit; 42) Leichtigkeit im Umgange;

43) Wohlredenheit und äußerlicher Anstand; 44)

Kleidung. 45) Über kleine gesellschaftliche

Unschicklichkeiten. 46) Soll man viel oder wenig in

Gesellschaften gehn? 47) Man hüte sich vor zu großen

Forderungen! 48) Unterschied im äußern Betragen. 49)

Sei, was Du bist, immer und ganz! 50) Gib andern

Gelegenheit zu glänzen! 51) Man kann in jeder

Gesellschaft etwas lernen. 52) Mit wem soll man

umgehn? 53) Über den Umgang in großen Städten, in

kleinern, und auf dem Lande. 54) In fremden Gegenden.

55) Verflechte niemand in Deine Privat-Zwistigkeiten!

56) Wenn Du etwas in der Welt erlangen willst, so mußt

Du darum bitten. 57) Grenzen der Dienstfertigkeit. 58)

Wie man die Menschen beurteilen solle. 59)

Vorsichtigkeits-Regeln. 60) Ob diese Regeln für alle

Menschen passen? 61) Vor allen Dingen handle immer

konsequent! 62) Habe immer ein gutes Gewissen! 63)

Inwiefern auch Frauenzimmer von diesen Regeln

Gebrauch machen können.

Zweites Kapitel

Über den Umgang mit sich selbst

1) Es ist nützlich und interessant, über dem Umgang mit

andern Menschen seine eigene Gesellschaft nicht zu

vernachlässigen. 2) Es kommen Augenblicke, wo wir uns

selbst am nötigsten sind. 3) Gehe eben so vorsichtig, fein,

redlich und gerecht mit Dir selber um als mit andern! 4)

Sorge für Deine Gesundheit, aber verzärtle Dich nicht! 5)

Respektiere Dich selbst und habe Zuversicht zu Dir

selber! 6) Verzweifle nicht bei dem Bewußtsein

mangelnder Vollkommenheiten, bei den Schwierigkeiten,

ein großer Mann zu werden! 7) Sei Dir ein angenehmer

Gesellschafter! 8) Aber sei Dir auch kein Schmeichler,

sondern ein aufrichtiger und gerechter Freund! Sei

ebenso streng gegen Dich, als Du gegen andre bist! 9)

Wie man Abrechnung mit seiner Moralität halten solle.

Drittes Kapitel

Über den Umgang mit Leuten

von verschiedenen Gemütsarten, Temperamenten

und Stimmungen des Geistes

und Herzens

1) Über die vier Haupt-Temperamente und deren

Mischungen. 2) Über herrschsüchtige Leute. 3) Über

Ehrgeizige. 4) Eitle. 5) Hochmutige, im Gegensatze von

Stolzen. 6) Über sehr empfindliche Leute. 7) Über den

Umgang mit Eigensinnigen. 8) Mit Zanksüchtigen,

Widersprechern und solchen, die Paradoxa lieben. 9) Mit

Jähzornigen. 10) Mit Rachgierigen. 11) Mit

unentschlossenen, faulen und phlegmatischen Leuten. 12)

Mit menschenfremden, mißtrauischen, argwöhnischen,

mürrischen und verschlossenen Leuten. 13) Mit

neidischen, hämischen, verleumderischen,

schadenfrohen, mißgünstigen und eifersüchtigen

Menschen. 14) Über den Geiz und die Verschwendung.

15) Über das Betragen gegen Undankbare. 16) Gegen

ränkevolle Leute und Lügner. 17) Gegen Windbeutel. 18)

Gegen Unverschämte, Müßiggänger, Schmarotzer,

Schmeichler und zudringliche Leute. 19) Gegen

Schurken. 20) Gegen zu bescheidene, zu furchtsame

Menschen, 21) Gegen Unvorsichtige und Plauderhafte,

Vorwitzige und Neugierige, Zerstreute und Vergessene.

22) Gegen Wunderliche, Sonderlinge und Launenhafte.

23) Über den Umgang mit dummen, schwachen,

übertrieben gutherzigen, leichtgläubigen und solchen

Menschen, die gewisse Liebhabereien und Steckenpferde

haben. 24) Mit munteren und satirischen Leuten. 25) Mit

Trunkenbolden, groben Wollüstlingen und andern

lasterhaften Leuten. 26) Mit Enthusiasten, Überspannten,

Romanhaften, Kraftgenies und exzentrischen Leuten. 27)

Etwas von Andächtlern, Heuchlern und abergläubischen

Leuten. 28) Von Deisten, Freigeistern und

Religionsspöttern. 29) Über die Art, wie man

Schwermütige, Tolle und Rasende behandeln müsse.

Geschichte zweier Wahnsinniger.

Inhalt des zweiten Teils

Einleitung

Nachricht von der Art der Einteilung aller in den drei

Bänden dieses Werks verhandelten Gegenstände.

Erstes Kapitel

Von dem Umgange

unter Personen von verschiedenem Alter.

1) Der interessanteste Umgang hat wohl unter Menschen

von gleichen Jahren statt, doch verrücken Temperament,

Erziehung u.dgl. auch hier die Grenzen. 2) Alte Leuten

sollen die Freuden der jüngeren nicht stören, sondern so

viel möglich sich in die frühern Jahre zurückdenken. 3)

Sie sollen aber nicht auf eine lächerliche Art jung

scheinen wollen. 4) Ihr Umgang muß der Jugend

lehrreich sein. 5) Es ist nicht mehr Mode, ältern Leuten

Achtung zu beweisen; die heutige Generation ist weit

klüger als die Väter waren; der Verfasser gehört aber

noch zur alten Welt. 6) Regeln, wie sich Jünglinge gegen

alte Leute betragen sollen. 7) Über den Umgang mit

Kindern.

Zweites Kapitel

Von dem Umgange

unter Eltern, Kindern und Blutsverwandten.

1) Ob Anhänglichkeit an Familie und Vaterland Vorurteil

sei. Etwas über Weltbürger-Geist. 2) Über das Betragen

der Eltern gegen ihre Kinder. 3) der Kinder gegen ihre

Eltern. 4) Über den Umgang unter Verwandten. Etwas

von alten Oheimen und Basen.

Drittes Kapitel

Von dem Umgange unter Eheleuten.

1 ) Gute Wahl der Gatten ist das sicherste Mittel zu

künftigem Eheglucke, und das Gegenteil hat traurige

Folgen. 2) warum so manche in der Jugend mit sehr

wenig Überlegung geschlossene Ehen dennoch glücklich

ausfallen? 3) Ob vollkommene Gleichheit in

Temperamenten und Denkungsart zu einer glücklichen

Ehe notwendig sei? 4) Vorschriften, welche man

beobachten soll, um sich einander immer neu, angenehm

und wert zu bleiben. 5) Hauptregel: Erfülle sorgsam jede

Deiner Pflichten! 6) Wie wir uns zu verhalten haben,

wenn die liebenswürdigen Eigenschaften fremder

Personen zu lebhafte Eindrücke auf unsre Ehegenossen

machen. 7) Wie man sich gegen solche Eindrücke

wappnen solle, besonders gegen die feinern Koketten; in

der Jugend; im reifern Alter. 8) Eheliche Pflicht schließt

aber nicht alle zärtlichen Empfindungen für andre

Personen aus. 9) Man soll voneinander auch nicht

Aufopferung alles eigenen Geschmacks, aller andern

unschuldigen Neigungen verlangen, sich aber nach und

nach in gleiche Stimmung zu setzen suchen. 10) Wie man

wirkliche Ausschweifungen vermeiden solle? 11) Ob man

Geheimnisse voreinander haben dürfe? 12) Jeder

Ehegenosse soll seine angewiesenen Geschäfte haben.

13) Wie es mit Verwaltung der Kassen zu halten? 14) Wie

aber, wenn ein Teil die Verschwendung liebt? Häusliche

Sparsamkeit ist ein Mittel zum Eheglücke. 15) Ist es

besser, daß der Mann oder daß die Frau reich sei?

Ersteres! warum? Betragen gegen eine reiche Frau. 16) Ist

es besser, daß der Mann klüger sei als das Weib, oder

umgekehrt? 17) Oh man seiner Gattin sein Unglück

klagen dürfe? Verhalten in wirklichen Unglücksfallen. 18)

Betragen bei gar zu großer Ungleichheit der

Denkungsart. 19) Wie man sich verhalten solle, wenn das

Schicksal uns mit einer unmoralischen lasterhaften

Person auf ewig verbunden hat. 20) Leide nicht, daß

Fremde sich in Deine häuslichen Geschäfte mischen!

Etwas über böse alte Schwiegermütter. 21) Über

Verletzung ehelicher Treue und Ehescheidung. 22) Ob

diese Regeln auch anwendbar auf die Ehen unter sehr

vornehmen und sehr reichen Leuten sind.

Viertes Kapitel

Über den Umgang mit und unter Verliebten.

1) Kurze Vorschrift, wie man mit Verliebten umgehn

solle. 2) Warum man den Verliebten keine Vorschriften

für ihren Umgang untereinander geben könne? 3)

Glückseligkeit der ersten Liebe, im Gegensatz mit den

Empfindungen eines Herzens, das schon oft Tausch und

Handel getrieben. 4) Eifersucht und Zwist unter

Verliebten knüpfen das Hand fester, doch nicht die

Eifersucht einer Kokette. 5) Ob Weiber oder Männer

inniger und beständiger lieben? 6) Sei verschwiegen in der

Liebe! Es gibt ein Glück, das man sich selbst kaum

gesteht, und Gefälligkeiten, die ihren Wert verlieren,

wenn sie erläutert werden. 7) Warnung vor übereilten

Eheversprechungen. 8) Nach dem Bruche mit der

Geliebten soll man edel handeln.

Fünftes Kapitel

Über den Umgang mit Frauenzimmern.

1) Erklärung des Verfassers über das, was er etwa zum

Nachteile des weiblichen Geschlechts in diesem Kapitel

sagen müßte. 2) Umgang mit Frauenzimmern dient zur

Bildung des Jünglings und gewährt reine Freuden. 3)

Warum äußere und innere Vorzüge nicht immer das

einzige sichre Mittel sind, uns in dem Umgange mit

Frauenzimmern angenehm zu machen. 4) Die

Frauenzimmer lieben an den Männern keine Infirmitäten;

warum? 5) Warum man es den Damen nicht zum

Vorwurfe machen solle, wenn sie sich für ausschweifende

Männer interessieren? 6) Was für ein Anzug den Weibern

an uns gefällt. 7) Man soll nicht mehrern Frauenzimmern

zugleich einerlei Huldigung bezeigen; 8) Nicht in ihrer

Gegenwart andre Damen von eben solchen Ansprüchen

zu sehr loben. 9) Bestrebe Dich, ein angenehmer

Gesellschafter zu sein, wenn Du den Damen gefallen

willst! Schmeichelei gefällt ihnen vorzüglich wohl. 10)

Über die Neugier der Weiber. 11 ) Wie man sich nach

ihren Launen richten müsse? Man soll sich ihnen nicht

aufdrängen. 12) Sie finden Vergnügen an kleinen

Neckereien. 13) Man lasse ihnen den Triumph und

beschäme sie nicht! 14) Über Weiberrache. 15) Wie man

sich hüten könne nicht verliebt zu werden? 16)

Niederträchtigkeit derer, die junge Mädchen betrügen,

täuschen, verführen, zu Grunde richten. 17) Über den

Umgang mit Koketten und Buhlerinnen. 18) Etwas von

gelehrten Weibern. 19) Über die Verstellung der Weiber.

20) Über alte Koketten, Prüde, Spröde, Betschwestern,

Gevatterinnen. 21) Noch etwas im allgemeinen, von den

Freuden im Umgange mit edlen und verständigen

Weibern.

Sechstes Kapitel

Über den Umgang unter Freunden.

1) Über die Wahl der Freunde, in der Jugend und im

reifern Alter. 2) Inwiefern zur Freundschaft Gleichheit

des Alters, des Standes, der Denkungsart und der

Fähigkeiten erfordert werde? 3) Warum sehr vornehme

und sehr reiche Leute wenig Sinn für Freundschaft

haben: 4) Rechne nie auf die dauerhafte Freundschaft

solcher Menschen, die von unedlen, heftigen oder

törichen Leidenschaften regiert werden! 5) Ob es so

schwer sei, treue Freunde zu finden? Wie sie beschaffen

sein müssen? Ob man deren viele antreffe? 6)

Bestimmung der Grenzen der Anhänglichkeit für einen

Freund. 7) Freunde in der Not. 8) Ob man seinen

Freunden sein Unglück klagen solle? 9) Was wir tun

sollen, wenn uns ein Freund seine Not klagt? 10)

Grenzen der Vertraulichkeit. 11) Schmeichelei muß unter

Freunden wegfallen, nicht aber Gefälligkeit. Man muß

den Mut haben, Wahrheit zu sagen und anzuhören. 12)

Vorsichtigkeit im Fordern und Annehmen von

Freundschaftsdiensten, Wohltaten und Gefälligkeiten. 13)

Wie man es anzufangen habe, daß wir unserm Freunde

nicht überlästig werden, und daß der öftere, zu

vertrauliche Umgang nicht widrige Eindrücke erzeuge?

Daß man auch Trennung von geliebten Freunden

ertragen lernen müsse. 14) Über den Briefwechsel mit

abwesenden Freunden. 15) Über Eifersucht in der

Freundschaft. 16) Alles, was Deinem Freunde angehört,

sei Dir heilig! 17) Man soll seine Freunde nicht nach der

Warme beurteilen, die sie äußerlich zeigen. 18) Man soll

nicht ängstlich um Freunde werben. 19) Es gibt

Menschen, die gar keine vertrauten Freunde haben, und

andre, die jedermanns Freunde sind. 20) Vorschriften

über die Aufführung, wenn Mißverständnisse unter

Freunden entstehen. 21) Wie aber, wenn uns Freunde

täuschen, verlassen, oder wir uns in unsrer Meinung von

ihnen betrogen glauben? 22) Betragen nach dem Bruche

mit einem uns würdig befundenen Freunde.

Siebentes Kapitel

Über die Verhältnisse zwischen

Herrn und Diener.

1) Man soll der unterwürfigen Menschenklasse die

Dienstbarkeit leicht zu machen suchen. 2) Die mehrsten

Menschen scheinen zwar zur Sklaverei geboren zu sein;

woher aber das komme? 3) Doch fühlen sie den Wert des

größern Verdienstes und einer edlen Behandlung. Regeln,

daher genommen. Gutes Beispiel wird empfohlen. 4)

Nachsicht und Vertraulichkeit mit Dienstboten soll nicht

übertrieben werden. Mittel, gut bedient und von seinen

Leuten geliebt zu werden. 5) Auf welchem Fuß

gewöhnlich heutzutage der Hausvater mit dem Gesinde

lebt. Vorteile und Nachteile von dem Unternehmen,

seine Domestiken sich selber zu erziehen. 6) Warum man

das Gesinde nicht schlagen noch schimpfen solle? 7)

Betragen gegen fremde Bediente. 8) Über Friseurs,

Barbiers und Putzmacherinnen. 9) Etwas über das

Betragen des Dieners gegen den Herrn. 10) Diebstahl zu

hindern.

Achtes Kapitel

Betragen gegen Hauswirte,

Nachbarn und solche, die mit uns in demselben

Hause wohnen.

1) Nächst den ersten natürlichen Verhältnissen ist man

zuerst seinen Nachbarn und Hausgenossen Rat, Tat und

Hülfe schuldig. 2) Man soll sich ihnen aber nicht

aufdrängen noch ihre Handlungen ausspähn. 3) Kleine

Gefälligkeiten gegen Personen, die unter, neben uns und

uns gegenüber wohnen. 4) Verhalten gegen Hauswirte

und Betragen des Hauswirts gegen Mietsleute. 5) Kleine

Mißhelligkeiten müssen gleich geschlichtet werden.

Neuntes Kapitel

Über das Verhältnis zwischen Wirt und Gast.

1) Über die Rechte der Gastfreundschaft in alten und

neuern Zeiten. 2) Einige Regeln für den, welcher

Gastfreundschaft erzeigt. 3) Betragen des Gastes gegen

den Wirt. 4) Es gibt Menschen, die den Wert der

erwiesenen Gastfreundschaft zu hoch anrechnen.

Zehntes Kapitel

Über das Verhältnis zwischen

Wohltätern und denen, welche Wohltaten empfangen,

wie auch unter Lehrern und Schülern,

Gläubigern und Schuldnern.

1) Dankbarkeit für empfangene Wohltaten. Auch dann,

wenn uns der Wohltäter nicht mehr nützen kann. 2) Man

soll nie durch unedle Schmeichelei Wohltaten weder

erringen noch vergelten. Ob erwiesene Menschenpflicht

besondern Dank verdiene? 3) Grenzen der Dankbarkeit

gegen schlechte Menschen. 4) Über die Art, Wohltaten

zu erzeigen, und über den Umgang mit dem, welchem

man sie erwiesen. 5) Verhältnis zwischen Lehrer und

Schüler. Betragen gegen Personen, die sich dem

Erziehungsgeschäfte widmen. 6) Über das Betragen

gegen Schuldner und Gläubiger.

Elftes Kapitel

Über das Betragen

gegen Leute in allerlei besondern Verhältnissen

und Lagen.

1) Gegen Feinde, Beleidiger und Beleidigte. 2) Über den

Umgang mit Leuten, die einander feind sind. 3) Über die

Art, Kranke zu behandeln. 4) Über das Betragen gegen

Arme, Leidende, Verlassene, Verirrte und Gefallene.

Zwölftes Kapitel

Über das Betragen bei verschiedenen Vorfällen

im menschlichen Leben.

1) In eigenen und fremden Gefahren. 2) Auf Reisen.

Einige Regeln, um bequem, angenehm, wohlfeil und

nützlich zu reisen. 3) Über das Betragen in Gesellschaft

betrunkener Leute. 4) Regeln beim Ratgeben und

Ratfragen. 5) Bei feierlichen Gelegenheiten. 6) Beim

Tanze.

Inhalt des dritten Teils

Einleitung

Übergang zu den in diesem Teile verhandelten

Gegenständen.

Erstes Kapitel

Über den Umgang mit den Großen der Erde,

mit Fürsten, Vornehmen und Reichen.

1) Charakter der mehrsten Großen und Reichen. 2)

Unterschied im Umgange mit ihnen, je nachdem man

von ihnen abhängt, ihrer bedarf oder nicht. 3) Man soll

sich den Vornehmern und Reichern auf keine Weise

aufdrängen. 4) Man muß sich nicht das Ansehn geben, als

gehörte man zu der Klasse der Vornehmen oder lebte

mit ihnen in der engsten Vertraulichkeit, noch ihre

Gewohnheiten oder gar ihre Fehler sich eigen machen. 5)

Man baue nicht auf alle freundlichen Blicke der Großen

und lasse sich da durch nie bewegen, sich mit ihnen

gemein zu machen! 6) Grenzen der Gefälligkeit gegen

solche Großen, in deren Händen unser bürgerliches

Glück ist. 7) Man soll sich von ihnen zu unedeln und

gefährlichen Diensten nicht mißbrauchen, sich in keine

bedenklichen Händel ziehn noch gewisse Dinge vertraun

lassen. 8) Über die Dankbarkeit der Vornehmen und

Reichen. Man soll ihnen nichts aufopfern, nichts

schenken, nichts leihen, von ihnen nichts borgen. 9)

Trage nichts dazu bei, sie und die Ihrigen noch mehr zu

verderben, weder durch Schmeichelei noch auf andre Art!

10) Überhaupt soll man bei ihnen vorsichtig im Reden

sein und sich aller Medisance enthalten, übrigens aber sie

angenehm zu unterhalten suchen. 11)

Vorsichtigkeitsregeln in Ansehung solcher Vertraulichkeit

mit andern Menschen, woraus Fürsten und Vornehme

Verdacht schöpfen können. 12) Rede mit den Großen

der Erde nicht von Deinen häuslichen Umständen! Klage

ihnen nicht Dein Leid! Vertraue ihnen nichts! Suche

ihnen zu zeigen, daß Du ihrer nicht bedarfst! Mache Dich

vielmehr ihnen notwendig! 13) Aber hüte Dich, sie Dein

Übergewicht fühlen zu lassen, sie zu verdunkeln,

besonders Deine Vorgesetzten! 14) Über kleine

unschädliche Gefälligkeiten gegen die Großen. Über ihre

Liebhabereien und ihren Hang zum Reisen. 15) Betragen,

wenn Vornehme und Reiche um Rat fragen. 16) Alle

diese Vorsichtigkeitsregeln werden doppelt wichtig im

Umgange mit vornehmen Dummköpfen. 17) Betragen,

wenn man der Liebling eines Erdengötzen ist. 18)

Aufführung gegen einen gestürzten Großen. 19) Über die

Almosen der Großen. 20) Nicht alle Großen der Erde

haben die Fehler ihres Standes. Es gibt edle, gute

Menschen unter ihnen. 2l) Noch etwas über den Umgang

der Großen und Reichen untereinander. 22) Spöttle nicht

über das Kleine an kleinen Höfen!

Zweites Kapitel

Über den Umgang mit Geringern.

1) Der Leser wird zum Teil auf das verwiesen, was im

siebenten Kapitel des zweiten Teils ist gesagt worden. 2)

Man sei höflich gegen Geringre, auch dann, wenn man

ihrer nicht bedarf! Man ehre das Verdienst, auch im

niedern Stande, auch in Gegenwart der Großen, und aus

reiner Absicht! 3) Aber diese Höflichkeit sei weder

übertrieben noch beleidigend noch abgeschmackt! 4)

Man hüte sich vor grenzenloser Vertraulichkeit gegen

Leute, die keine Erziehung haben! 5) Man soll sich im

Wohlstande nicht rächen, wenn Leute von niederm

Stande uns im Unglücke nicht geachtet, sondern unsern

mächtigen Feinden gehuldigt haben. 6) Man soll sie nicht

mit leeren Versprechungen, nicht mit falschen

Hoffnungen täuschen. 7) Man muß auch abschlagen

können. 8) Zu viel Aufklärung taugt nicht für niedre

Stände. 9) Noch etwas über das Betragen gegen

Subalterne.

Drittes Kapitel

Über den Umgang

mit Hofleuten und ihresgleichen.

1) Hierher gehören die Bemerkungen über den Umgang

mit Leuten, die in der sogenannten großen Welt leben,

überhaupt. Bild der dort herrschenden Sitten. 2) Wer da

kann, der bleibe fern von Höfen und großen Zirkeln!

Und das steht öfter in unsrer Gewalt, als man

gemeiniglich glaubt. 3) Will oder muß man aber in der

großen Welt auf immer oder auf einige Zeit leben, ohne

den Ton derselben annehmen zu können, so gibt es doch

Mittel, sich geachtet zu machen. Welche sind diese? 4)

Lebt man endlich immer in der großen Welt, so soll man

sich in derselben nicht auszeichnen. 5) Wie weit man in

Nachahmung der Hofsitten gehen dürfe? 6) Etwas über

den heutigen Hofton junger Leute. 7) Verachte nicht

alles, was bloß konventionellen Wert bat! 8) Der beßre

Mann wird in der großen Welt nicht leicht unangetastet

bleiben. Betragen dabei. 9) Sei in der großen Welt

zuversichtlich frei und mache Dich gelten, doch ohne

Unverschämtheit und Prahlerei! 10) Man messe sein

Betragen gegen Hofleute pünktlich nach dem ihrigen

gegen uns ab! Über Klatschereien. 11) Man sei höflich

gegen sie, mache sich aber fürchten, setze sich in Ansehn

und Würde und sage ihnen nach Gelegenheit die

Wahrheit! 12) Noch einige Vorsichtigkeitsregeln über

Vertraulichkeit und Offenherzigkeit! 13) Wieviel größre

Vorsicht noch derjenige beobachten müsse, welcher nicht

bloß in der großen Welt leben, sondern auch in derselben

wirksam sein will? 14) Wozu das Leben in der großen

Welt nützen könne?

Viertes Kapitel

Über den Umgang mit Geistlichen.

1) Bild eines redlichen Priesters, im Gegensatz mit einem

echten Pfaffen. 2) Vorsichtigkeitsregeln im Umgange mit

allen Geistlichen, ohne Unterschied. 3) Betragen in

Prälaturen, Klöstern, Stiften und gegen Domherrn.

Fünftes Kapitel

Über den Umgang

mit Gelehrten und Künstlern.

1) Was man heutzutage unter einem Gelehrten und

Künstler versteht? 2) Ob man den Gelehrten nach seinen

Schriften beurteilen könne, und ob ein Schriftsteller auch

im Umgange immer anders reden müsse als gewöhnliche

Menschen? Es ist sehr zu verzeihn, wenn ein Mann gern

von seinem Fache redet. Über Verlästerung berühmter

Männer. Über rezitierende junge Gelehrte. 3) Einige

Vorsichtigkeitsregeln im Umgange mit Schriftstellern. 4)

Über den Umgang der Gelehrten untereinander. 5) Man

soll nicht prahlen mit der Freundschaft der Gelehrten,

noch mit den Brocken aus ihren Schriften. 6) Vorsicht im

Umgange mit Journalisten und Anekdotensammlern. 7)

Über den Umgang mit Dichtern, Musikern, Dilettanten,

und wie sich ein Künstler betragen solle, der heutzutage

sein Glück machen will? 8) Etwas über das

Schauspielerleben. Warnung für den Jüngling, der sein

Leben den gefälligen Musen und dem Umgange mit ihren

Priestern widmet. 9) Wie man sich zu betragen habe,

wenn man die Direktion über Tonkünstler und

Schauspieler führt? 10) Man soll den jungen Künstler

nicht durch Schmeichelei verderben. Regeln für diesen.

11) Glück im Umgange mit dem echten philosophischen

Künstler beschrieben.

Sechstes Kapitel

Über den Umgang mit Leuten von allerlei Ständen

im bürgerlichen Leben.

1) Etwas von Ärzten; welche man wählen und wie man

sich gegen sie betragen solle? 2)Über Juristen und die Art,

mit ihnen zu verfahren. 3) Über den Soldatenstand und

den Umgang mit Offiziers. 4) Über Kaufmannschaft, den

Umgang und den Handel mit großen und kleinen

Kaufleuten. Etwas vom Pferdehandel. 5) Etwas über

Buchhändler, Nachdrucker und dergleichen. 6) Über

Sprachmeister, Musikmeister und dergleichen. 7) Von

dem Umgange mit Künstlern und Handwerksleuten. 8)

Über Juden und die Art mit ihnen zu verfahren. 9) Über

die Art, wie man Bauern und überhaupt Landleute

behandeln müsse.

Siebentes Kapitel

Über den Umgang

mit Leuten von allerlei Lebensart und Gewerbe.

1) Mit Aventuriers, von der unschädlichern Art. 2) Mit

denen von schlimmrer Gattung. 3) Etwas von Spielern;

über das Spiel und von dem Betragen bei demselben. 4)

Über mystische Betrüger, Geisterseher, Goldmacher und

dergleichen und über die Anhänglichkeit unsers Zeit

alters an Mystik.

Achtes Kapitel

Über geheime Verbindungen und den Umgang

mit ihren Mitgliedern.

1) Über Unnützlichkeit und Schädlichkeit geheimer

Verbindungen. 2) Vorsichtigkeitsregeln in Rücksicht auf

dieselben. 3) Betragen, wenn man ein Mitglied einer

solchen Verbindung ist.

Neuntes Kapitel

Über die Art, mit Tieren umzugehn.

1) Ob dieser Gegenstand hierher gehöre? 2) Über

Grausamkeit gegen Tiere. 3) Über abgeschmackte

Empfindelei in Rücksicht auf Behandlung der Tiere. 4)

Über das Vergnügen an eingesperrten Tieren. 5) Über

abgerichtete Tiere. 6) Über die Torheit derer Leute, die

mit Tieren wie mit Menschen umgehen.

Zehntes Kapitel

Über das Verhältnis

zwischen Schriftsteller und Leser.

1) Über den Schriftstellerberuf. Es kann auch einem

verständigen Manne begegnen, etwas Mittelmäßiges

drucken zu lassen, nie aber etwas, das der Moralität

schadet, Unsinn verbreitet und einen andern vorsätzlich

kränkt. 2) Was noch mehr dazu gehöre, in der Welt als

Schriftsteller sein Glück zu machen. 3) Über das Betragen

des Lesers gegen den Schriftsteller und über Kritik. 4)

Über Lektüre.

Elftes Kapitel

Schluß.

1) Anrede an die Leser über dies Buch. 2) Über den

Nutzen desselben. 3) Anmerkungen über den Satz: daß

man aus den Menschen machen könne, was man wolle.

4) Warum der Verfasser die Fehler mancher Klassen von

Leuten hat aufdecken müssen, und was er noch mehr

hätte tun können?

Vorrede zu dieser dritten Auflage

Die gütige, nachsichtsvolle Aufnahme, deren das

Publikum in und außer Deutschland dies Buch würdigt,

übertrifft sehr meine Erwartung. Der schnelle Absatz der

ersten beiden Auflagen; die vorteilhaften Urteile

einsichtsvoller Kunstrichter; die Auszüge, welche der

Herr Prediger Fest und andre daraus gemacht haben, und

endlich die Übersetzungen desselben – das alles fordert

mich auf, keine Mühe zu sparen, nach und nach das

Fehlerhafte darin auszumerzen, und durch nötige

Zusätze sowie durch Verbesserung der Schreibart

meinem Werke mehr Vollkommenheit zu verschaffen.

Aufmerksame Leser werden finden, welche große

Veränderungen, sowohl was die Anordnung, als was den

Inhalt selbst betrifft, ich bei dieser dritten Auflage, wenn

man sie gegen die ersten beiden hält, vorgenommen

habe. Ich bin dabei neben meiner eigenen Überzeugung

der Zurechtweisung würdiger Männer gefolgt. Unter

diese zähle ich, wie billig, mit Dankbarkeit auch den

Herrn Rezensenten im siebendundachtzigsten Bande der

Allgemeinen Deutschen Bibliothek, dessen milde, aber

verständige und ernsthafte Winke ich größtenteils zu

meinem Vorteile genützt habe.

Über unweisen, nicht reiflich durchgedachten Tadel

hingegen habe ich mich hinausgesetzt. Ohne der

verachtenswerten Beschuldigung des salzburgischen

Herrn Kritikers Erwähnung zu tun, will ich nur des

Vorwurfs der den deutschen Schriftstellern so eignen, zu

großen Vollständigkeit gedenken, womit der undeutsche

Herr Rezensent in der Allgemeinen Literatur-Zeitung

mich beehrt. Ich werde mich bestreben, dieses Vorwurfs

in vollem Maß würdig zu werden. Hat mein Buch einigen

Wert, so bestimmt gewiß eben diese möglichste

Vollständigkeit einen großen Teil desselben, und

jedermann wird zum Wohltäter an mir werden, der mir

jetzt anzeigt, über welche Verhältnisse und Lagen im

menschlichen Leben ich noch Bemerkungen und

Vorschriften zu liefern versäumt habe.

Man hat gegen den Titel dieses Werks die Erinnerung

gemacht: daß er nur Regeln des Umgangs ankündigte, da

hingegen das Buch selbst fast über alle Teile der

Sittenlehre sich ausdehnte. Billige Richter haben indessen

eingesehen, wie schwer dies zu vermeiden war. Wenn die

Regeln des Umgangs nicht bloß Vorschriften einer

konventionellen Höflichkeit oder gar einer gefährlichen

Politik sein sollen, so müssen sie auf die Lehren von den

Pflichten gegründet sein, die wir allen Arten von

Menschen schuldig sind, und wiederum von ihnen

fordern können. – Das heißt: ein System, dessen

Grundpfeiler Moral und Weltklugheit sind, muß dabei

zum Grunde liegen. Sollte man an meinem Buche das

tadeln dürfen, daß es mehr leistet, als der Titel verspricht,

so könnte man dem Übel auf einmal abhelfen, wenn man

diesem Werke etwa die Überschrift gäbe: »Vorschriften,

wie der Mensch sich zu verhalten hat, um in dieser Welt

und in Gesellschaft mit andern Menschen glücklich und

vergnügt zu leben und seine Nebenmenschen glücklich

und froh zu machen.« Allein dieser Titel kommt mir

ebenso geschwätzig als prahlerisch vor. Man verzeihe

mir's also, daß ich es damit beim alten gelassen habe!

Andre haben hier Vorschriften für junge Leute

vermißt, die als Studenten, Offiziere usf. in die Welt

treten. – Vorschriften, wie diese sich gegen andre junge

Leute gleichen Standes zu betragen hätten. Der Herr

Rezensent in den Würzburger gelehrten Anzeigen hat

dagegen sehr vernünftig angemerkt, daß, wenn ich so

hätte in das Detail gehn wollen, ich vielleicht in zehn

Bänden meinen Gegenstand nicht würde erschöpft

haben, und daß ich mich sehr vielfach hätte wiederholen

müssen. Ich füge noch hinzu, daß unter jungen Leuten,

die noch keinen festen Charakter haben, die

Mannigfaltigkeit der Sonderbarkeiten, welche sie in ihrer

Art sich zu betragen zeigen, zwar unendlich groß, aber

auch zugleich so unwichtig scheint, daß ein Jüngling, dem

es ernst ist, sich für die Welt zu bilden, auf diese weiter

keine Rücksicht zu nehmen braucht, wenn er sich, im

Umgange mit Menschen von gleichem Alter, so

vorsichtig, ordentlich und redlich beträgt, als die

Vorschriften dazu in diesem Buche, sowohl im

allgemeinen, als nach den verschiedenen Stimmungen

und Verhältnissen unter allen Gattungen von Menschen,

angegeben werden.

Hannover, im Januar 1790.

Vorrede zu den ersten beiden Auflagen

Der Gegenstand dieses Buchs kommt mir groß und

wichtig vor, und irre ich nicht, so ist der Gedanke, in

einem eignen Werke Vorschriften für den Umgang mit

allen Klassen von Menschen zu geben, noch neu. Eben

dieser Umstand aber und daß mir in Deutschland, soviel

ich weiß, niemand vorgearbeitet hat, muß einen Teil der

Unvollkommenheiten meiner Arbeit entschuldigen. Es ist

ein weites Feld vollständig und gründlich zu bearbeiten,

vielleicht für einen Menschen und gewiß für meine

Kräfte zu groß. Kann aber das in magnis voluisse aliquid

Verdienst geben, so darf ich einigen Anspruch auf den

Dank des Publikums machen, um so mehr, wenn etwa

meine Arbeit bei einem größern Menschenkenner und

feinern Philosophen einst die Lust erwecken sollte, etwas

Vollkommneres hierüber zu liefern.

Vielleicht wird man mir Weitschweifigkeit vorwerfen

und mich beschuldigen, ich hätte Räsonements

eingemischt, die nicht eigentlich zu den Regeln über den

Umgang mit Menschen gehören; allein es ist hier schwer,

die wahre Grenzlinie zu finden. Wenn ich zum Beispiel

lehren will, wie vertraute Freunde im Umgange

miteinander sich betragen sollen, so scheint es mir sehr

passend, erst etwas über die Wahl eines Freundes und

über die Grenzen freundschaftlicher Vertraulichkeit zu

sagen, und wenn ich über das Betragen im geselligen

Leben in manchen Klassen von Menschen rede und

zeige, wie man ihrer Schwächen schonen soll, so stehen

philosophische Bemerkungen über diese Schwächen

selbst und über deren Quellen nicht am unrechten Ort.

Übrigens habe ich dies Buch nicht flüchtig

hingeschrieben, wie wohl andre meiner Schriften,

sondern lange an den Materialien dazu gesammelt. – Es

enthält Resultate aus meinem ziemlich unruhigen Leben

unter Menschen mancher Art. Bei dem veränderlichen

und leichtfertigen Geschmacke des deutschen Publikums

und der übertriebenen Nachsicht, mit welcher dasselbe

unbedeutende Romane, leere Journale, platte Schauspiele

und nichtswürdige Anekdotensammlungen aufnimmt,

möchte es zwar kaum einer Entschuldigung bedürfen,

wenn man diesen größern Teil des Publikums nicht so

sehr respektierte, daß man streng gewissenhaft in Wahl

und Ausfeilung der Produkte wäre, welche man in die

gelehrte Welt schickt. Schriftstellerei ist in jetzigen Zeiten

nicht viel mehr als Gespräch mit der Lesewelt; in

freundschaftlichen Unterredungen wiegt man aber nicht

jedes Wort ab. Der müßige Haufen will ohne Unterlaß

etwas Neues hören; ernsthafte, wichtige Werke werden

von den Buchhändlern nicht halb so gern in Verlag

genommen und vom Publikum nicht halb so eifrig

gelesen als jene Modeware; wenn man sich nun herabläßt,

die Wahrheiten, die man zu sagen hat, wenigstens in ein

solches Gewand zu hüllen, wie es der große Haufen gern

sieht, so läuft wohl freilich je zuweilen ein unnützes Wort

mit unter, und das ist vielleicht auch mein Fall gewesen.

Doch will ich offenherzig genug sein, noch etwas zur

Entschuldigung meiner bisherigen Vielschreiberei

anzuführen.

Niemand kann lebhafter als ich selbst fühlen, welcher

Ausfeilung meine zuerst herausgegebenen Schriften noch

bedurft hätten, um irgendeinen Grad von

Vollkommenheit zu erreichen. Indessen wurden sie und

werden noch immer häufiger gelesen und öfter aufgelegt,

als sie es verdienen. Der Verleger bat um mehr Ware von

der Art, machte mir vorteilhafte Bedingungen, und ich

wies den Erwerb nicht von mir. Ich schäme mich dieses

Geständnisses nicht: Wer nur irgend weiß, auf welche

Weise mein Vermögen eine lange Reihe von Jahren

hindurch, sehr ohne meine Schuld, ist verwaltet worden,

der wird mir das gern verzeihn, und wer mit meiner

häuslichen Lebensart bekannt ist, muß mir das Zeugnis

geben, daß ich das Gewonnene auf keine unedle Art

verwendet habe.

Nicht immer habe ich mich vor meinen Schriften

genannt; zuweilen hat man mich als Verfasser von

Büchern angegeben, die ich nicht einmal gelesen hatte.

Das hat mich bis jetzt wenig bekümmert; anders aber

handelt der Mann, der in fremden Provinzen lebt, ohne

an den Staat geknüpft zu sein, dem es desfalls weniger

ängstlich um seinen bürgerlichen und gelehrten Ruf zu

tun ist, und anders der, welcher in seinem Vaterlande

wohnt, und dem die Achtung, auch des Geringsten unter

seinen Mitbürgern, nicht gleichgültig sein darf. Nach

achtzehnjähriger Abwesenheit befinde ich mich nun

wieder in dem letztern Falle. Ich würde fürchten, man

möchte das Unkraut, das ich hergäbe, dem

vaterländischen Boden zur Last legen, auf welchem es

gewachsen wäre, wenn ich fortführe, so schnell zu

arbeiten; ich würde fürchten, mein liebes Vaterland zu

beschimpfen, in welchem gottlob der Haufen elender

Scribler noch nicht so groß ist als in den mehrsten andern

Provinzen Deutschlands. Was ich also hier liefre und

etwa ferner liefern werde (wenn ich je noch außer diesem

Werke etwas schreiben sollte), muß wenigstens keine lose

Ware sein, und nicht leicht werde ich wieder etwas

drucken lassen, ohne meinen Namen davorzusetzen.

Es hat nicht Unzufriedenheit mit meinem Herrn

Verleger in Frankfurt am Main, sondern andre

Rücksichten haben mich bewogen, dies Buch einer

hiesigen Buchhandlung in Verlag zu geben; vielmehr muß

ich dem Herrn Andreä das Zeugnis geben, daß er sich

jederzeit sehr billig, redlich und freundschaftlich gegen

mich betragen hat.

Einige meiner Schriften sind in Wien und Leipzig

nachgedruckt worden; sollte einer von der berüchtigten

Zunft etwa auch auf dies Büchelchen eine korsarische

Unternehmung von der Art wagen wollen, so dient

demselben zur Nachricht, daß alle Vorkehrungen

getroffen sind, den Schaden eines solchen Diebstahls auf

den Räuber selbst fallen zu machen.

Hannover im Jänner 1788.

KNIGGE: Über den Umgang mit Menschen - 279 Seiten

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