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Kapitel 1 Rückkehr der Hoffnung

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Kapitel 1

Rückkehr der Hoffnung

eara lag in ihrem pompösen Gewand auf einem mit Gold verzierten Bett und war so verzweifelt, wie wohl noch nie in ihrem Leben. Gerade hatte sie sich mit dem grausamen Hochkönig Adamath verlobt – eine Verlobung, der sie niemals zugestimmt hatte. Ceara stammte nicht einmal aus dieser Welt. Sie war eine Weltenwanderin, die durch ein geheimnisvolles Tor in Irland nach Dìonàrah gelangt war. Mit ihren Freunden, Bran und Alan, die ebenfalls aus Irland stammten, half sie dem Zauberer Myrthan, der Fiilja-Kriegerin Fio´rah und Daron, die sieben magischen Runen zu suchen. Diese sollten das Zepter des Drachen zum Guten kehren, welches Myrthans Widersacher, der Schattenmagier Krethmor, besaß. Es war eine gefahrvolle und beschwerliche Reise gewesen, die Ceara und ihre Freunde durch halb Dìonàrah geführt hatte. Sie dachte an den Kampf mit den Schattenwölfen im Schloss von Monalyth, die Reise auf die Insel Esgath, bei der sie und Daron beinahe ums Leben gekommen wären, und den Winter in Drago´llaman, wo Ceara das Höhlenmädchen Nara und deren Verwandte kennen gelernt hatte. Außerdem war sie mit Bran in der gewaltigen Festung von Druidor gewesen. Dort hatten sie nicht nur ein Gedicht gefunden, welches ihnen den Weg zu den restlichen Runen wies, sondern auch das Amulett mit dem Baum des Lebens. Dieses machte es möglich, dass Daron mit ihr und den anderen reisen konnte, denn auf ihm lag ein Fluch. Jeder, der länger als zwei Monate mit ihm zusammen war, starb eines qualvollen Todes.

Schon wieder traten Ceara Tränen in die Augen und sie holte das Amulett hervor. Daron liebte sie, das wusste sie jetzt endlich, aber Adamath hatte sie beide gefangen und Daron arbeitete nun als Sklave an den Geheimgängen des Schlosses. Krethmor würde ihn morgen foltern und wenn er seine Antworten hatte, höchstwahrscheinlich umbringen.

»Verdammt, Myrthan, warum bist du denn nicht mehr bei uns?«, schluchzte Ceara verzweifelt und schlug auf die weichen Kissen. Der Zauberer war beim Kampf mit Krethmor an der Feuerquelle in den Schwarzen Bergen ins Feuer gestürzt, das hatte Bran ganz eindeutig gesehen. Allerdings lebte Krethmor noch, was Ceara ein wenig wunderte, aber viel mehr Gedanken machte sie sich um Daron. Sie wusste einfach nicht, wie sie ihn retten sollte, denn ihr Zimmer wurde schwer bewacht.

Sie hörte Geräusche vor ihrer Tür, dann wurde diese aufgestoßen und ein Soldat kam herein.

»Verschwinde«, murmelte sie und drehte den Kopf zur Seite.

Doch plötzlich beugte sich Fio´rah mit blitzenden spitzen Zähnen über sie.

Ceara fuhr auf und starrte sie an.

»Na los«, meinte Fio´rah grinsend. »Zieh dir die Sachen der Soldaten an. Oder willst du wirklich Königin werden?«

Von unglaublicher Erleichterung durchströmt lachte Ceara auf, während Fio´rah die bewusstlosen Soldaten in das Zimmer zerrte und sie ihrer Kleider entledigte. Fio´rah entkleidete auch den zweiten Soldaten, da sie nicht beliebig oft die Gestalt ändern konnte, und zog sich seine Sachen an. Ceara tat es ihr gleich. Alles war ihr zu groß und zu weit, doch es musste gehen. Dann legten sie die Soldaten gefesselt und geknebelt aufs Bett. Währenddessen erzählte die Fiilja, wie sie ins Schloss gelangt war. Die Kriegerin mit den vielen silberblonden Zöpfen konnte für kurze Zeit ihre Gestalt wandeln und war so unentdeckt hierher gelangt. Als Ceara dann noch hörte, dass Bran, Alan und Gron, ein Höhlenmann, in der Nähe warteten, konnte sie ihr Glück kaum fassen.

Grinsend zog sich Ceara den Ring vom Finger und steckte ihn dem Soldaten an. »So, jetzt hat Adamath seine Verlobte.« Anschließend holte sie noch etwas aus der Kommode und ließ es unter ihrem Umhang verschwinden.

Fio´rah lachte und vorsichtig machten sich die beiden auf den Weg nach draußen.

Bevor sie die Tür öffneten, hielt Ceara Fio´rah zurück.

»Daron ist auch hier, wir müssen ihn befreien.«

Die Fiilja blickte sie überrascht an. »Er lebt noch?«, fragte sie erfreut.

Ceara nickte. »Ich weiß, wo er ist, aber es wird nicht einfach sein, hinaus zu kommen.«

Gemeinsam eilten sie durch die hallenden Gänge. Niemand war unterwegs. Aus dem großen Festsaal dröhnte Musik, alle waren mit der Feier beschäftigt.

»Fio´rah, kannst du dich in Krethmor verwandeln?« Urplötzlich war Ceara eine Idee gekommen.

Fragend blickte die Fiiljakriegerin sie an. »Ich denke schon, aber warum?«

»Krethmor lebt. Ich habe ihn selbst gesehen und er wollte Daron befragen. Wenn er bei den Sklaven erscheint, wird niemand Probleme machen.«

»Gut, eine Zeit lang kann ich die Illusion aufrechterhalten, aber dann müssen wir irgendwie zum Tor hinaus.«

Ceara war furchtbar aufgeregt − sie mussten es einfach schaffen zu fliehen. Kurz vor den Kerkern verwandelte sich Fio´rah in den kleinen Zauberer mit dem weißen Spitzbart und Ceara zuckte unwillkürlich zurück.

»Aber beeil dich, wenn ich mich schon ein paar Mal verwandelt habe, hält es nicht ewig«, flüsterte die Fiilja ihr zu.

Ceara zog sich das Visier ihres Helms herunter und beide traten vor die Wachsoldaten.

»Ich brauche einen der Gefangenen«, befahl Fio´rah mit Krethmors schnarrender Stimme. »Der Soldat hier wird ihn für mich holen.«

Der Wachsoldat nickte hektisch. Wie alle hatte er panische Angst vor dem Schattenmagier und so gab der Soldat den Weg frei. Ceara lief so schnell sie es wagen konnte die Stufen hinunter. Der Wächter begleitete sie und sagte den anderen Bescheid. Die Männer lehnten schläfrig an der Wand und warteten auf die Ablösung. Ceara hastete durch die schlafenden Sklaven und drehte einige zu sich um, bis sie Daron schließlich fand. Er blinzelte schläfrig, stand dann hektisch auf, und wich zurück.

Sie hätte ihm gerne etwas Beruhigendes gesagt, doch der Wachmann kam jetzt hinter ihr her und fragte: »Hast du ihn endlich?«

Wortlos nickte Ceara und packte Daron am Arm. Sie merkte, wie er sich sträubte und wohl nach einer Fluchtmöglichkeit suchte, aber erst, als sie die unteren Wachmänner hinter sich gelassen hatten und auf dem Weg zum Ausgang waren, flüsterte sie: »Ich bin´s.«

Er blieb kurz stehen und schaute sie ungläubig an.

»Weiter«, zischte sie, »Fio´rah wartet oben, wir müssen uns beeilen.«

Daron nickte erleichtert und sie rannten die Treppen hinauf, bis sie auf die anderen Wachen trafen. Dem Abbild von Krethmor standen schon die Schweißperlen auf der Stirn. Offensichtlich kostete es die Fiilja große Anstrengung, die Illusion aufrechtzuerhalten.

»Sehr gut«, sagte sie in der schnarrenden Stimme des Zauberers und folgte Ceara und Daron nach draußen.

Die Wachmänner atmeten erleichtert aus. In Krethmors Nähe fühlte sich niemand wohl.

Die drei Freunde rannten über den Hof zu den Stallungen. Fio´rah hatte kurzfristig wieder ihre wirkliche Gestalt angenommen. Einen schlafenden Stallburschen schlugen sie bewusstlos und sattelten in Windeseile drei Pferde.

»Wir müssen dich fesseln«, sagte Fio´rah bedauernd.

Daron stimmte zu und es machte ihm auch nichts aus. So fesselten sie seine Hände locker und banden sie am Sattelknauf seines Pferdes fest. Ceara führte es am Zügel und Fio´rah verwandelte sich erneut seufzend in Krethmor. Zu dritt trabten sie zum Tor. Zwei schwer bewaffnete Männer stellten sich ihnen in den Weg.

»Öffnet das Tor, ich muss einen Gefangenen nach Kes´kadon bringen«, herrschte Fio´rah die Wachmänner an.

Die warfen einen Blick auf Daron, der zusammengesunken auf seinem Pferd saß und auf Ceara, die unter ihrem Helm schwitzte.

»Jetzt macht schon!« Drohend hob Fio´rah die Hand.

Die Männer öffneten das schwere Tor und Fio´rah und ihre Gefährten trabten hinaus. Als sie halbwegs außer Sichtweite waren, schnitten sie Darons Fesseln auf.

»Kannst du reiten?« Fio´rah wirkte besorgt. »Du siehst nicht sehr gut aus.«

Er grinste halbherzig. »Es wird schon gehen. Also los!«

So schnell ihre Pferde sie trugen galoppierten sie zu dem kleinen Wald, wo die anderen warteten. Es gab eine große Begrüßung, doch lange aufhalten konnten sie sich leider nicht, denn es würde sicher bald auffallen, dass Ceara fehlte.

»Zum Glück habt ihr Pferde dabei«, meinte Bran lächelnd. »Wir konnten auch einige stehlen, aber für alle hätte es nicht gereicht.« Er deutete auf die vier Kriegspferde, die an einem Baum angebunden waren.

Rasch stiegen sie auf und galoppierten wie der Wind nach Nord-Osten. Sie wollten sich in einem der Wälder in der Nähe des Nyrmensees verstecken. Doch zunächst mussten sie möglichst viel Abstand zwischen sich und das Schloss bringen. Die ganze Nacht ritten sie durch. Als es langsam hell wurde, hofften sie, genügend Strecke zurückgelegt zu haben und hielten in einem Wald mit dichtem Unterholz an. Bran half Daron, der sich nur noch mit Mühe hatte oben halten können, vom Pferd und führte ihn zu einem der Bäume. Ceara kniete sich neben ihn und nahm ihn in den Arm.

»Danke, dass du mich da rausgeholt hast«, keuchte er. »Ich bin in Ordnung, ich bin nur ein wenig müde.« Dann schloss er die Augen und schlief auf der Stelle ein.

Die anderen ließen sich ebenfalls erschöpft nieder.

»Wo ist eigentlich Gron?«, fragte Ceara und wusch Daron mit dem Wasser aus einem der Trinkschläuche den Schmutz und das alte getrocknete Blut vom Gesicht.

»Der ist nach Drago´llaman zurückgegangen«, erzählte Bran. »Wir wussten nicht, ob wir nicht noch mehr Männer brauchen würden, um dich aus dem Schloss herauszuholen.«

Ceara nickte schaudernd. »Vielen, vielen Dank, dass ihr mich befreit habt. Der Typ war ekelhaft!«

Alan betrachtete sie besorgt. »Adamath hat doch nicht … oder?«, fragte er und wurde ein wenig rot.

»Nein, ich glaube, hier macht man so etwas erst, wenn man verheiratet ist. Zumindest, falls man längerfristig etwas mit der Dame vorhat.« Jetzt, wo die Gefahr vorüber war, konnte Ceara schon wieder grinsen.

Alan seufzte erleichtert. Er war lange Zeit in Ceara verliebt gewesen, hatte jedoch akzeptieren müssen, dass sie sich für Daron entschieden hatte.

»Ihr werdet beide neue Kleidung brauchen.« Fio´rah blickte kritisch auf Cearas Uniform und Darons zerrissene und vollkommen verdreckte Kleidung. »Ich werde später losreiten und etwas besorgen.«

»Meinst du, er kommt wieder in Ordnung?« Ceara warf einen ängstlichen Blick auf Daron, der fest schlief.

»Wenn er erst geschlafen und etwas gegessen hat, dann geht es ihm besser«, versprach die Fiilja. Anschließend riss sie sein zerfetztes Hemd auf und verzog das Gesicht, als sie die vielen Blutergüsse sah.

Daron stöhnte im Schlaf auf, als sie ihn abtastete.

»Ich denke, er hat ein paar gebrochene Rippen. Aber das wird schon wieder. Er hat schon schlimmere Sachen überlebt.« Fio´rah verschwand, um Kräuter zu sammeln und als die Sonne ihren höchsten Punkt erreicht hatte, wachte Daron ruckartig auf. Als er seine Freunde sah, ließ er sich erleichtert zurücksinken.

»Dann war es also doch kein Traum.«

Ceara schüttelte den Kopf und gab ihm Brot und kaltes Fleisch zu essen. Mit glücklichem Gesicht biss er hinein und schloss genießerisch die Augen. Alan und Bran hielten in der Nähe Wache.

»Bist du wirklich in Ordnung, tut dir irgendetwas weh?«

»Eigentlich tut mir so ziemlich alles weh«, gab er zu, »aber das wird schon wieder.« Daron blickte sie ernst an. »Die Arbeit in den Tunneln ist grausam, wir müssen die Sklaven befreien.«

Gerade kehrte Fio´rah zurück. »Sicher, aber im Moment können wir auf keinen Fall zurück. Ich habe Kräuter mitgebracht. Wir sollten dir einen Verband um die Rippen wickeln.«

Mit einem Stöhnen stand Daron auf. »Ist hier irgendwo Wasser? Ich sollte mich dringend mal waschen.«

Fio´rah grinste. »Das sehe ich ähnlich. Da vorne, hinter den Birken, fließt ein kleiner Bach.«

Daron verschwand im Unterholz und Fio´rah rührte eine Kräuterpaste an. Wenig später kam er zurück und sah frisch rasiert und mit gewaschenen Haaren schon deutlich besser aus. Zwar wirkte Daron etwas abgemagert, aber das würde sich durch regelmäßiges Essen bald ändern. Fio´rah legte den Verband an und er verdrehte die Augen, als sie fest zuzog.

»Na, da hat Cearas Verlobter ja ganze Arbeit geleistet.«

Verwirrt blickte Daron zu Fio´rah auf und Ceara knurrte wütend: »Diese Verlobung habe ich wieder gelöst.«

»Adamath hat sich mit dir verlobt?«, fragte Daron entsetzt.

Sie verzog das Gesicht und nickte.

Gerade kam Bran zurück. »Du hättest sie in dem teuren Kleid und dem Schmuck sehen sollen, Daron. Sie war wirklich wunderschön.«

»Das weiß ich auch so«, sagte Daron und Ceara lief knallrot an.

»Auf die teuren Kleider kann ich verzichten«, erwiderte sie wütend und ihre dunkelgrünen Augen funkelten.

»Er wird dich überall suchen …« Daron wirkte besorgt.

»Nein, ich werde nicht durch das Tor gehen, falls du das sagen willst!« Ceara hatte einen wilden Blick bekommen.

»Das will ich auch gar nicht. Was ich dir damals im Kerker gesagt habe, ist wahr.« Beruhigend nahm er sie in den Arm.

Sie lächelte glücklich und runzelte plötzlich die Stirn. »Du hast damals noch etwas sagen wollen, bevor sie dich geholt haben.«

Eine Weile blickte er sie nachdenklich an und behauptete dann: »Weiß ich nicht mehr.«

Ceara nahm das Amulett aus ihrer Tasche und gab es ihm zurück.

»Ach ja, ich habe übrigens das Zepter des Drachen«, erwähnte sie beiläufig und holte es unter ihrem Umhang hervor.

Die anderen starrten sie überrascht an und nahmen das silberne Zepter mit den sieben Vertiefungen nacheinander ehrfürchtig in der Hand. Bran holte den Beutel mit den Runen hervor und drückte vier der sieben Steine in das Zepter.

»Es wäre schön, wenn Myrthan das sehen könnte«, meinte er traurig.

»Ich weiß nicht«, begann Ceara, »Krethmor lebt. Vielleicht ist auch Myrthan dann nicht tot.«

»Aber dann hätte er uns doch schon gesucht«, warf Fio´rah ein.

Die anderen stimmten traurig zu. So wäre es wohl gewesen.

Am Abend ritten sie noch ein Stück und Fio´rah verschwand in der Nacht, um neue Kleidung zu organisieren. Ceara hatte etwas von dem Goldschmuck mitgenommen, den Adamath ihr geschenkt hatte und gab ihn nun Fio´rah.

»Gib es ruhig aus. Er hat es ohnehin seinem Volk gestohlen.«

Im Schutz einer Felsgruppe entzündeten sie ein Lagerfeuer und aßen gemeinsam.

Als alle satt waren, wandte sich Bran mit einem Augenzwinkern an Alan: »Komm, wir halten zusammen Wache.«

Der wollte erst widersprechen, kam dann aber mit und warf seufzend einen Blick auf Ceara und Daron, die nebeneinander an einem Baum saßen.

Ceara holte eine der Decken und legte sie über sich und Daron, dann legte sie ihren Kopf an seine Schulter.

»Du schickst mich nicht mehr weg, oder?«

Er nahm sie in den Arm und drückte sie an sich. »Nein, und es tut mir wirklich leid. Ich wollte nur nicht, dass dir etwas passiert. Außerdem war ich wegen der Hexe ziemlich durcheinander. Ich hatte so sehr gehofft, dass ich sie dazu bringe, den Fluch zurückzunehmen.« Wütend runzelte Daron die Stirn. Es ärgerte ihn noch immer, dass Zuenta, die Hexe, in den Schwarzen Bergen ins Feuer gestürzt war und er seinen Fluch nun vielleicht nie wieder loswerden würde. Er streichelte Ceara über die dicken, kupferfarbenen Haare. »Aber jetzt haben sie dich auch entführt, obwohl ich fort war. Also liegt es wohl nicht an meinem Fluch. Wir bleiben zusammen, solange es geht.«

»Wie meinst du das?« Verwirrt blickte Ceara ihn an.

»Na ja, man weiß ja nie«, antwortete er ausweichend und musste an Norn denken, dem er sein Leben im Tausch gegen ihres angeboten hatte. Eines Tages würde der Hüter des Waldes es einfordern, aber damit wollte Daron Ceara nicht belasten.

»Würde es dir etwas ausmachen, wenn ich dir einen Kuss gebe?«¸fragte er vorsichtig.

Kurz tat sie so, als würde sie nachdenken. »Nein«, meinte sie dann lächelnd. Als sie wieder Luft zum Atmen hatte, seufzte sie glücklich. »Das war schon etwas anderes!«

»Als was?«

»Dieser widerliche Verlobungskuss.« Ceara schauderte.

»Dafür bringe ich Adamath eines Tages um!«

»Das musst du nicht, Daron, das ist er nicht wert.«

»Doch, das muss ich. Er hat mein ganzes Volk ausgelöscht und dich wollte er gegen deinen Willen zur Frau nehmen. Ich darf gar nicht daran denken, wenn er dich wirklich geheiratet hätte.«

»Ich auch nicht«, meinte sie düster und streichelte ihm über das Gesicht. »Ich hatte solche Angst, dass er dich umbringt.«

Daron gab ihr einen Kuss auf die Stirn. »Es ist ja zum Glück alles gut ausgegangen«, sagte er und gähnte.

Ceara war ebenfalls müde und so schliefen sie bald Arm in Arm ein.

Als Bran und Alan zurückkamen, knurrte Alan: »Jetzt kann ich sie mir wohl ganz aus dem Kopf schlagen.«

Bran lächelte und schlug ihm freundschaftlich auf die Schulter.

»Tut mir leid, aber das war mir von Anfang an klar.«

Alan nickte düster, doch dann grinste er schon wieder. »Na ja, wenn ich ehrlich bin, dann fehlt mir die kleine Nara sogar ein wenig. Ich hätte vielleicht doch etwas deutlicher mein Interesse an ihr zeigen sollen.«

»Dafür ist es ja noch nicht zu spät. Du kannst ja nach Drago´llaman zurückgehen«, schlug Bran vor.

»Dann hat sie wahrscheinlich einen anderen.« Wie meist zeigte sich Alan nicht gerade von seiner optimistischen Seite.

»Glaub ich nicht.«

Die beiden hielten in dieser Nacht abwechselnd Wache, sie wollten Ceara und Daron nicht wecken. Erst im Morgengrauen kehrte Fio´rah mit Kleidern für Ceara und Daron zurück.

Die beiden schliefen noch immer tief und fest.

»Na endlich, ich dachte schon, sie finden nie zueinander«, sagte Fio´rah grinsend zu Bran.

Der große, kräftige Mann mit den von Grau durchzogenen schwarzen Haaren nickte lächelnd. »Wie sieht es aus? Hast du Verfolger gesehen?«

Als die Fiilja den Kopf schüttelte, wirbelten ihre langen Zöpfe umher. »Nicht direkt. Ich konnte einige Reiter über die Ebenen galoppieren sehen und es sind wohl auch Schattenwölfe unterwegs. Aber ich glaube, sie suchen eher in der anderen Richtung.«

»Aber dieser Krethmor muss doch wissen, wo wir hin wollen, oder?« Bran wirkte besorgt.

»Ich weiß es auch nicht. Aber wir sollten auf jeden Fall so schnell wie möglich aufbrechen.«

Hochkönig Adamath war außer sich gewesen, als er entdeckt hatte, dass seine Verlobte verschwunden war. Linna, die Zofe, hatte es zuerst bemerkt. Sie hatte nach Ceara sehen wollen und sich noch gewundert, dass keine Wache vor ihrem Gemach gestanden hatte. Dann hatte sie den gefesselten Soldaten entdeckt. Zwar hatte die Zofe keine Ahnung, wie es Ceara gelungen war zu fliehen, doch sie wollte ihr zumindest einen Vorsprung lassen. So wartete Linna so lange sie sich traute und schlug schließlich Alarm.

Der König kam mit hochrotem Gesicht hereingestürmt, schlug den gefesselten Soldaten in seiner Wut halbtot, und ließ das gesamte Schloss durchsuchen. Von seiner Verlobten war jedoch keine Spur zu finden. Er ließ Männer ausschwärmen und beauftragte Krethmor, seine Schattenwölfe zu holen. Doch wie sollte Ceara ungesehen aus dem Schloss gekommen sein? Die ganze Nacht lang schrie und tobte Adamth, doch es half nichts. Ceara blieb verschwunden.

Der nächsten Schock erwartete den König, als Krethmor am nächsten Tag den Gefangenen befragen wollte und die verwirrten Aufseher meinten, er habe ihn doch bereits am vorigen Abend geholt. Selbst Krethmor konnte sich darauf keinen Reim machen, doch da der Aufseher selbst unter Folter bei seiner Geschichte blieb, erkannte der kleine Zauberer mit dem Spitzbart, dass Magie mit im Spiel gewesen sein musste.

»Dann haben sie doch zusammengehört!«, donnerte Adamath und schleuderte einen Kelch voll Wein gegen die Wand, wo er eine rote Spur hinterließ. Sein narbiges, grobes Gesicht war hassverzerrt. »Ich bekomme sie beide und dann schneide ich ihm vor ihren Augen die Kehle durch!« Er war außer sich und seine Augen, über denen sich graue Brauen nach oben wölbten, funkelten wahnsinnig. »Diese kleine Schlampe, sie wird meine Frau und wenn es das Letzte ist, das ich tue!«

Krethmor betrachtete den König mit Abscheu. Er konnte Leute, die die Fassung verloren, nicht ausstehen.

»Sie hatte etwas Merkwürdiges an sich, das habe ich gespürt. Wahrscheinlich ist sie eine der Weltenwanderer«, schnarrte er.

»Warum hast du das nicht gleich gesagt?« Der riesige König packte den wesentlich kleineren Krethmor am Kragen.

Dessen Augen funkelten böse auf und er fasste Adamaths Arm. Diesem versetzte es einen Energiestoß. Perplex torkelte er zurück.

»Vergesst Euch nicht, König«, drohte der Schattenmagier.

Adamath schluckte. Diese magischen Sachen waren ihm nie ganz geheuer gewesen, auch wenn sie ihm stets von Nutzen gewesen waren. Schließlich lebte er dank Krethmors Zauberkraft schon über dreihundert Sommer. Aber als Waffe bevorzugte Adamath ein Schwert, das er in den Körper seines Feindes treiben konnte. Er musste das Blut spritzen und die Panik in den Augen seines Opfers sehen.

Schließlich straffte er die Schultern. »Ich verlange, dass Ihr Euer Möglichstes tut, um die beiden zu finden«, sagte er herrisch. »Ich denke, wir haben beide Interesse daran.«

Mit einer Verbeugung verließ Krethmor den Raum. Er ärgerte sich noch immer, den Text über die Runen nicht ganz gelesen zu haben, als er in Druidor gewesen war. Wo würden Myrthans Gefährten als nächstes hingehen? Von einer bösen Vorahnung erfasst erstarrte Krethmor plötzlich und kehrte in den Thronsaal zurück. Ohne auf Adamaths fragendes Gesicht zu achten, blickte er zur Wand und stieß einen Fluch aus.

»Wo ist das Zepter?«, fragte er gefährlich leise.

»Das was?«

»Das Zepter, verdammt!«, schrie der Zauberer, der nun doch die Beherrschung verlor.

»Das habe ich dieser Schlampe, die meine Verlobte ist, gegeben. Ihr hat es gefallen.«

Fluchend schlug Krethmor mit seinem Stock gegen die Säule.

So hatte Adamath den Zauberer noch nie gesehen und es verwunderte ihn sehr. »Was ist denn mit Euch los?«

Der Schattenmagier kam näher und blickte Adamath mit irr funkelnden Augen an. »Jetzt habt Ihr ihnen den Schlüssel zu unserer Vernichtung gegeben.«

Dionarah - Das Geheimnis der Kelten

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